Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 160/02
(BPatG: Beschluss v. 09.08.2004, Az.: 30 W (pat) 160/02)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung OLYMPIC VIEW ist international registriert unter der Nr 710 236/9 für folgende Waren und Dienstleistungen 3 Preparations pour le nettoyage de verres de lunettes.
9 Lentilles; etuis à lentilles; lunettes, montures de lunettes; lunettes de soleil; verres de lunettes; etuis à lunettes;
42 Services d'opticiens, y compris consultation; services d'optometristes, y compris consultation Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der ua für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 42 3 Preparations pour blanchir et autres substances pour lessiver; preparations pour nettoyer, polir, degraisser et abraser;
9 Appareils et instruments scientifiques, nautiques, geodesiques, electriques, photographiques, cinematographiques, optiques, de pesage, de mesurage, de signalisation, de contrle (inspection), de secours (sauvetage) et d'enseignement;
42 soins medicaux, d'hygiène et de beauteunter der Nr 876 383 eingetragenen Gemeinschaftsmarke (Wort-/Bildmarke)
siehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 876 383 zurückgewiesen.
Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen seien teilweise zur Kennzeichnung wirtschaftlich nahestehender Waren und Dienstleistungen bestimmt, so dass ein erheblicher Markenabstand zu fordern sei. Dabei sei der Widerspruchsmarke insbesondere hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 42 keine erhöhte Kennzeichnungskraft zuzuerkennen, da diese im Gegensatz zu Waren und Dienstleistungen, insbesondere der Klassen 28 und 41 keinerlei Bezug zu Sport oder sonstige Berührungspunkte zu den Olympischen Spielen aufwiesen, so daß insoweit keine gesteigerte Verkehrsbekanntheit angenommen werden könne. Der Nachweis eines gesteigerten Schutzumfanges sei nicht geführt worden.
Im Gesamteindruck unterschieden sich die gegenüberstehenden Marken in klanglicher, begrifflicher und schriftbildlicher Hinsicht durch die Wortbestandteile "GAMES" und "VIEW" in den Vergleichsmarken sowie durch die graphische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke mit den fünf ineinander verschlungenen Olympischen Ringen ausreichend.
Eine Verwechslungsgefahr aufgrund des beiden Zeichen gemeinsamen Wortbestandteils "OLYMPIC" komme nicht in Betracht. Zum einen sei bereits fraglich, ob der Wortbestandteil in der Widerspruchsmarke eine prägende Bedeutung habe, da die Olympischen Ringe als olympisches Symbol deutlich hervorträten und wegen ihrer markanten Gestaltung, ihrer Bekanntheit und häufigen Verwendung in Einzelstellung nicht als Illustration des Wortbestandteils wirkten, so daß die Vorstellung einer zusammengehörigen, von beiden aufeinander bezogenen Elementen geprägten Einheit erweckt werde.
Selbst bei Annahme einer prägenden Bedeutung des Wortbestanteils orientiere sich der Verkehr nicht am Bestandteil "OLYMPIC", da die Bezeichnung "OLYMPIC GAMES" einen Gesamtbegriff darstelle, der nicht unnatürlich in seine Bestandteile aufgegliedert werde, zumal "OLYMPIC" das näher beschreibende Adjektiv zum Substantiv "GAMES" darstelle.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führt sie aus, es handele sich bei den gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen überwiegend um identische Produkte, so daß ein großer Abstand zu fordern sei.
Es bestehe keine Veranlassung, vom Grundsatz abzuweichen, daß dem Wortbestandteil in Kombinationsmarken eine prägende Bedeutung zukomme, zudem wirke gerade der begriffliche Bezug zwischen dem "olympischen" Bildbestandteil und dem Wortbestandteil "OLYMPIC" eine noch stärkere Betonung dieses Elements, was die Abweichung im hinteren Wortbestandteil noch stärker in den Hintergrund treten lasse.
Auch handele es sich bei dem Bestandteil "GAMES" und "VIEW" um wenig prägnante Alltagsbegriffe der englischen Sprache, so daß der Verkehr sich vorrangig an den Anfangsbestandteilen der Marken orientiere. Außerdem weise der Bestandteil "VIEW" innerhalb der jüngeren Marke wegen seines ausgeprägten produktbeschreibenden Charakters eine erhebliche Kennzeichnungsschwäche auf, weil die beanspruchten Produkte alle auf das "Sehen" bzw. "Gesicht" bezogen seien, so daß er zur Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke allenfalls einen untergeordneten Beitrag leisten könne.
Daneben bestünden erhebliche begriffliche Ähnlichkeiten, die gleichermaßen unmittelbaren Bezug zu den Olympischen Spielen nähmen.
Wie aus der Begründung des inzwischen verabschiedeten Gesetzes zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (OlympSchG) erkennbar sei, gehe der Gesetzgeber von einer größtmöglichen Bekanntheit des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen aus, so dass dem Wortbestandteil "OLYMPIC" als kollisionsbegründendem Element weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme. Das angegriffene Zeichen stelle eine offene Anlehnung an die Widerspruchsmarke dar, denn der verwendete Ausdruck ziele offenkundig darauf ab, einen Bezug zu den Olympischen Spielen herzustellen, so dass zumindest assoziative Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und der IR-Marke 710 326 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt hierzu im wesentlichen vor, es bestünde eine mögliche Überschneidung von Waren in Form einer Produktnähe nur in Klasse 3 bei Präparaten für die Reinigung von Brillengläsern und Putzmittel.
Dem Bestandteil "OLYMPIC" komme in den kollidierenden Zeichen keine alleinprägende Funktion der Zeichen zu. Weder "OLYMPIC", noch "GAMES" sei in bezug auf die kollidierenden Waren und Dienstleistungen rein beschreibend, was aber Voraussetzung wäre, um die markenrechtliche Beurteilung auf einen dieser Markenteile zu beschränken.
Die Widersprechende habe auch durch keinerlei Unterlagen eine Bekanntheit ihres Zeichens für die hier maßgebenden Waren belegt.
Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung haben sich die Beteiligten mit dem Übergang ins schriftliche Verfahren einverstanden erklärt.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb gemäß §§ 42 Absatz 2 Nr 1, 43 Absatz 2 Satz 2 iVm §§ 107, 114, Markengesetz von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl BGH, WRP 2004, 357, 359 - GeDIOS; GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II).
1.) Ausgehend von der Registerlage können die Marken zur Kennzeichnung teilweise auch identischer, i.ü. stark ähnlicher Waren und Dienstleistungen verwendet werden, welche sich uneingeschränkt an allgemeine Verkehrskreise richten. Von den Begriffen Putzmittel der Klasse 3, optischen Instrumenten der Klasse 9, sowie den Dienstleistungen ärztliche Versorgung und Gesundheitspflege der Klasse 42 der Widerspruchsmarke werden nämlich die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen zum Teil mitumfaßt oder stehen mit ihnen zumindest in einem engen Zusammenhang.
2.) Bei seiner Entscheidung geht der Senat - wie bereits die Markenstelle - von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Für die hier maßgebenden Waren und Dienstleistungen ist ein beschreibender Gehalt nicht ohne weiteres feststellbar, es lässt sich auch nicht feststellen, dass das Widerspruchszeichen in Wort und Bild stets nur in dem damit ausgedrückten Sinn verstanden werde, so dass ihm Unterscheidungskraft zuzugestehen ist. Tatsachen, aus denen auf einen erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke geschlossen werden könnte, sind - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - insbesondere in bezug auf die hier maßgebenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 42 nicht ausreichend vorgetragen.
Der Hinweis auf die Begründung des Gesetzgebers zum Erlaß des OlympSchG, der von einer größtmöglichen Bekanntheit des olympischen Symbols und der olympischen Bezeichnungen ausgeht, reicht als Nachweis in bezug auf die genannten Waren und Dienstleistungen nicht aus. Das olympische Symbol und die olympischen Bezeichnungen sind für die Olympischen Spiele weltbekannt, aber deshalb noch nicht ohne weiteres auch für das internationale Komitee (vgl hierzu z.B. OLG Hamburg GRUR 1997, 297, 298 - WM, bezüglich Fußballweltmeisterschaft und FIFA), jedenfalls nicht als Hersteller von Waren oder als Erbringer von Dienstleistungen. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem allgemeinen Publikum ohne weiteres geläufig sei, dass das Komitee sich auch als Warenhändler und Dienstleistungsunternehmen betätigt, zumal auf einem Sektor, der keinen Zusammenhang mit sportlichen Ereignissen erkennen lässt. Ohne Darlegung von Tatsachen kann somit nicht von einer Verkehrsbekanntheit der Marke für die hier in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ausgegangen werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 299 ff.).
3.) Der danach zur Vermeidung von Verwechslungen erforderliche Abstand wird von der angegriffenen Marke eingehalten.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Rahmen der Verwechslungsgefahr ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (vgl BGH, MarkenR 2000, 20 "RAUSCH/ELFI RAUCH"; GRUR 2004, 235, 237, Davidoff II), der bei mehrgliedrigen Zeichen durch einzelne Bestandteile geprägt werden kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl. BGH, GRUR 2003, 880, 881 - City Plus).
Dabei ist bei Zeichen, die - wie hier - aus mehreren Bestandteilen bestehen, die Kennzeichnungskraft der den Gesamteindruck bestimmenden Bestandteile zu prüfen. Dabei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, dessen Aufmerksamkeit allerdings je nach der Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann. Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks ist zudem der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, daß der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl BGH, GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Die Vergleichsmarken stimmen zwar in dem Bestandteil "OLYMPIC" überein, unterscheiden sich aber im Gesamteindruck in klanglicher, begrifflicher und schriftlicher Hinsicht durch die beiden unterschiedlichen Elemente "GAMES" und "VIEW" im Wortbestandteil der Vergleichsmarken sowie durch den Bildbestandteil der Widerspruchsmarke mit dem olympischen Symbol, der in der angegriffenen Marke keine Entsprechung hat.
4.) Somit kommt Verwechslungsgefahr nur in Betracht, wenn der Bestandteil "OLYMPIC" die ältere Marke allein kollisionsbegründend prägen würde und die übrigen Markenteile - zum einen der Bildbestandteil zum anderen der weitere Wortbestandteil - in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können. Das lässt sich nicht feststellen.
Zwar ist regelmäßig von dem Erfahrungssatz auszugehen, daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen eher an dem Wort als an den Bildbestandteilen orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die Ware zu bezeichnen. Dieser Grundsatz verwehrt es indessen nicht, auch dem Bildbestandteil eine prägende Bedeutung zuzubilligen, wenn dieser neben dem Wortbestandteil eine eigenständige herkunftshinweisende Bedeutung für den Verkehr entfaltet (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze).
Im vorliegenden Fall hat der Wortbestandteil "OLYMPIC GAMES" innerhalb der kombinierten IR-Marke wohl eine eher untergeordnete Bedeutung. Das weltbekannte, seit 1914 und weltweit verwendete Symbol der Olympischen Spiele, die ineinander verschlungenen fünf Ringe - als Sinnbild der fünf Kontinente - (vgl. z.B. Der Neue Brockhaus, 6. Aufl.) ist größenmäßig herausgehoben über dem Wortbestandteil angeordnet. Bild- und Wortbestandteil sind hinsichtlich ihres Sinngehaltes zwar aufeinander bezogen, wobei der Wortbestandteil aber eher die Funktion eines erläuternden Zusatzes übernimmt, der wegen der Weltbekanntheit des olympischen Symbols eher in den Hintergrund tritt. Denn dieses Bild ist allgemein und auch schon Kindern ohne weiteres und eindeutig verständlich, während "OLYMPIC GAMES" jedenfalls vom deutschen Verkehrsteilnehmer zumindest erst übersetzt werden muß.
Damit ist zumindest fraglich, ob der Wortbestandteil die Widerspruchsmarke allein prägt und ihm eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukommt.
5.) Auch bei Annahme eines für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zu vernachlässigenden Bildbestandteils zugunsten der Widersprechenden ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten, ohne eine analysierende oder zergliedernde Betrachtungsweise vorzunehmen. Das gilt in besonderem Maße für erkennbar einheitliche Gesamtbegriffe (BGH GRUR 1998, 932 - MEISTER-BRAND).
Auf dieser Grundlage kann dem Element "OLYMPIC" des Wortbestandteils "OLYMPIC GAMES" keine diesen Wortbestandteil wiederum prägende und damit selbständig kollisionsbegründende Wirkung beigemessen werden.
"OLYMPIC GAMES" für Olympische Spiele ist auch in der englischen Übersetzung ein feststehender Gesamtbegriff. Der Bestandteil "OLYMPIC" gibt in der Funktion des Adjektivs den erläuternden Zusatz, der jedoch ohne das in Bezug genommene Substantiv "GAMES" nicht den Sinn der Gesamtkombination wiedergeben kann. So wie in anderen Zusammensetzungen "Olympische Flagge, Olympische Hymne, Olympisches Komitee, Olympisches Dorf, Olympische Disziplin" gibt auch im Englischen der Bestandteil "OLYMPIC" die nähere Beschreibung des jeweiligen Substantivs (etwa olympic champion, flame, medallist, stadium). OLYMPIC wird daher in Alleinstellung nicht mit OLYMPIC GAMES gleichsinnig verstanden (anders (the) Olympics, vgl. Pons/Collins, Englisch-Deutsch, Stichwort Olympic). Dementsprechend wird auch olympisch, olympic in Alleinstellung in den Bedeutungen 1. Olympia betreffend, 2. den Olymp betreffend wiedergegeben.
6.) Aber auch in begrifflicher Hinsicht berührt die angegriffene Marke nicht den Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke, selbst, wenn auch hier zugunsten der Widersprechenden die Prägung durch den Wortbestandteil unterstellt wird.
Unmittelbar begriffliche Verwechslungen können nur erwartet werden, wenn sich Wörter gegenüberstehen, deren Sinn entweder vollständig oder im wesentlichen übereinstimmt, die also tatsächlich oder fast Synonyme sind (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 212 ff.).
Ebenso wie der Begriff "OLYMPIC GAMES" stellt auch die Kombination "OLYMPIC VIEW" eine begrifflich erkennbar zusammengehörige Einheit dar, die auf die sogenannte "olympische Sicht" (der Dinge) hinweist. Im Gegensatz zu dem feststehenden Begriff "OLYMPIC GAMES" stellt dabei das Adjektiv "OLYMPIC" keinen Bezug zu den olympischen Spielen her, sondern ist in seiner ursprünglichen und unmittelbaren Bedeutung "olympisch", den Olymp (als Griechenlands höchstem Berg und in der Mythologie "Sitz der Götter") betreffend" zu verstehen. Die Zusammensetzung kann in der deutschen Übersetzung "olympische Sicht" daher nicht ohne weiteres mit sportlichen Aktivitäten oder den Olympischen Spielen in Verbindung gebracht werden, zumal "OLYMPIC" auch außerhalb des Sportbereichs als Adjektiv Verwendung findet, wie beispielsweise im Namen der griechischen Luftfahrtgesellschaft "Olympic Airways", oder auch in "olympic collection" mit der ein namhafter Hersteller besondere Modelle bewirbt.
Der Verkehr wird daher unter der Kombination den einheitlichen Gesamtbegriff "olympische Sicht" verstehen, in der Bedeutung "herausragende Sicht" (Olymp als Sitz der Götter), oder auch Sicht "aus höherer Warte". Inwieweit es sich deshalb bei den angegriffenen Waren um einen beschreibenden Begriff handelt, ist hier nicht zu prüfen. Der Begriff "Olympische Sicht" ist insoweit auch ein Fachbegriff in der Literaturwissenschaft, um die Erzählperspektive des sogenannten "auktorialen Erzählens" zu beschreiben, bei dem der allwissende Erzähler aus olympischer Sicht, also von höherer Warte, aus zeitlich oder räumlicher Distanz und in einer Gesamtschau die Handlung erzählt. Es besteht dagegen keine Veranlassung, "OLYMPIC VIEW" in der Bedeutung von "Sicht der oder auf die Olympischen Spiele" zu verstehen.
Das Adjektiv "OLYMPIC" kann somit weder in der Widerspruchsmarke noch gar in der angegriffenen Marke als Kurzform für den durch die Gesamtmarken verkörperten Begriff gelten. Eine Gleichsetzung von olympisch mit den Olympischen Spielen findet im Deutschen nicht statt. Die hier angesprochenen deutschen Verkehrskreise werden dies erst recht auch nicht bei olympic vornehmen, zumal hier auch lexikalisch sich nur in bezug auf the Olympics die Gleichsetzung mit olympic games belegen lässt. Die einen feststehenden Begriff verkörpernde angegriffene Marke lässt überdies keinen Bezug zu den Olympischen Spielen erkennen.
Der Hinweis der Widersprechenden, games wie auch view seien als allgemein verständliche Wörter eher nichtssagend, erscheint nicht schlüssig. Bei den hier maßgebenden Waren handelt es sich nicht um Spielwaren oder Spielgeräte, so dass game kein die Waren beschreibender Begriff ist. Bezüglich view liegt zwar der Warenbezug deutlicher auf der Hand. Gleichwohl kann dies nicht dazu führen, das Zeichen auf olympic zu verkürzen, weil zum einen die Schutzfähigkeit von olympic ebenfalls zumindest sehr fraglich erscheint (vgl a.E.), zum anderen dadurch das Zeichen um seinen Sinn gebracht würde.
Soweit aus der bloßen Übereinstimmung in olympic gleichwohl einzelne Verkehrsteilnehmer eine gedankliche Verbindung zu den Olympischen Spielen knüpfen sollten, kann hieraus aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr abgeleitet werden. Die menschlichen Fähigkeiten, gedankliche Verbindungen herzustellen sind nämlich so unbegrenzt und unerschöpflich, dass eher fernliegende Assoziationen außer Betracht zu bleiben haben (BGH GRUR 1999, 240, 241 STEPHANS-KRONE I). Erst recht reicht diese abstrakte Möglichkeit nicht, um daraus eine assoziative Verwechslungsgefahr in Bezug zum Zeichen der Widersprechenden abzuleiten. Die Waren und Dienstleistungen, für die die Widersprechende Schutz genießt, sind nicht mit dem sportlichen Ereignis der Olympischen Spiele gleichzusetzen, sie tragen nur deren Namen.
Auf die Bestimmungen des OlympSchG kommt es vorliegend nicht an. Im Widerspruchsverfahren sind lediglich die in § 42 Abs. 2 genannten Widerspruchsgründe zu prüfen. Ob der Benutzung der angegriffenen Marke andere Gründe - z.B. wettbewerbsrechtliche - entgegenstehen, ist ebenfalls nicht Gegenstand der Entscheidung. Das abgeschlossene markenrechtliche Prüfungsverfahren gibt nämlich keine abschließende Benutzungserlaubnis. Ob die Inhaberin der angegriffenen Marke z.B. bei Zeichenverwendungen in engerem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Rechte der Widersprechenden eingreift, ist gegebenenfalls im Verletzungsprozeß zu klären.
Der Senat teilt allerdings nicht die Meinung der Widersprechenden, dass das OlympSchG nur die gleichsam bestehende Rechtslage bestätige. Es scheint vielmehr der Sinn des Gesetzes gerade darin zu liegen, den markenrechtlichen Gebrauch der olympischen Bezeichnungen zugunsten einer einzelnen Institution einzuschränken, weil dieser Schutz markenrechtlich nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - erzielbar war. Wie die Begründung zum OlympSchG anführt, ist die Schutzfähigkeit z.B. von olympic als Markenbestandteil in der Vergangenheit wiederholt auch Gegenstand von Beschwerdeverfahren beim BPatG gewesen und z.B. in 28 W (pat) 119/00 verneint worden (Kurzfassung auf PAVIS/PROMA -Kliems CD-ROM). Teilweise sind auch Beschwerden zurückgenommen worden (z.B. 30 W (pat) 288/96). Soweit "Olympiamarken" eingetragen sind, sind sie auch für Dritte als eintragbar erachtet worden, sodass auch aus diesem Grund das OlympSchG eine neue Rechtslage zu schaffen versucht, wie sich auch aus § 7 (Bestandsschutz bereits eingetragener Marken) ersehen lässt.
Zu einer Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Absatz 1 Markengesetz.
Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D74555.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 09.08.2004
Az: 30 W (pat) 160/02
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