Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 147/02
(BPatG: Beschluss v. 24.03.2004, Az.: 26 W (pat) 147/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I Gegen die Eintragung der Marke 398 31 260 AC für die Ware
"Geräte für Haushalt und Küche, nämlich Putzgeräte"
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren
"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen"
eingetragenen Gemeinschaftsmarke 200 121 ACE.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen, weil zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Waren, für die sie eingetragen seien, bestehe wegen deren unterschiedlicher Beschaffenheit und der regelmäßig nicht identischen betrieblichen Herkunft keine Ähnlichkeit. Schon deshalb könne der Widerspruch keinen Erfolg haben. Auf die Frage der Markenähnlichkeit komme es angesichts der völligen Unähnlichkeit der Waren nicht an.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, zwischen den Waren der angegriffenen Marke und den Reinigungsmitteln, für die die Widerspruchsmarke eingetragen worden sei, bestehe eine große Ähnlichkeit. Der Verkehr gehe von einer regelmäßig gleichen betrieblichen Herkunft dieser Waren aus, weil diese teilweise zusammen als Kombipackung angeboten würden. Die beiderseitigen Marken seien in klanglicher Hinsicht identisch, weil der Verkehr sie übereinstimmend wie "AH-ZEH" aussprechen werde. Eine buchstabierende Aussprache entspreche nicht der Lebenserfahrung. Aber auch bei einer solchen Aussprache sei die Gefahr klanglicher Verwechslungen gegeben, weil das zweite "E" in der Widerspruchsmarke lediglich eine Wiederholung des vorangehenden "E" sei und infolge eines fehlenden Trennlauts die Gefahr bestehe, dass beide "E" zu einem Laut verschliffen würden. Eine klangliche Verwechslungsgefahr bestehe auch bei einer italienischen Aussprache der Widerspruchsmarke, weil die Laute "TS" und "TSCH" hochgradig klangverwandt seien. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke macht sich die Begründung des angegriffenen Beschlusses zu eigen.
II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, wenn es sich dabei auch um einen Grenzfall handeln mag.
Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.d. vorgenannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon). Der Bereich der Warenähnlichkeit ist anhand verwechslungsrelevanter Ähnlichkeitskriterien der Waren zu bestimmen (BGH GRUR 1999, 158, 159 - GARIBALDI). Diese Beurteilung erfordert eine umfassende Berücksichtigung der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wozu insbesondere die Herstellungsstätten und Vertriebswege der Waren, deren stoffliche Beschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sowie - wenn auch weniger - die Verkaufs- bzw Angebotsstätten als relevante Gesichtspunkte rechnen (BGH aaO - GARIBALDI; GRUR 1999, 245, 246 f - LIBERO).
Hiervon ausgehend besteht wegen der durch die unterschiedliche stoffliche Beschaffenheit der beiderseitigen Waren bedingten völlig verschiedenen Herstellungsverfahren sowie wegen der daraus weiterhin resultierenden regelmäßig verschiedenen Herstellungsstätten und Vertriebswege trotz des Umstands, dass es sich bei Reinigungsmitteln und Putzgeräten für Haushalt und Küche um einander ergänzende Waren handelt, die vereinzelt von größeren Unternehmen auch als Putzset angeboten werden, eine eher unterdurchschnittliche Ähnlichkeit dieser Waren, (- die bisher übrigens in ständiger Praxis verneint worden ist, vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 274).
Bei dieser Sachlage reichen die Unterschiede der beiderseitigen Marken für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr in jeder denkbaren Richtung aus, auch wenn zugunsten der Widersprechenden eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt wird, an deren Vorliegen angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem Wort "ace" um einen englischen Begriff mit der Bedeutung "As" handelt, vielleicht Zweifel bestehen können.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Ähnlichkeit von Wortmarken hat die Länge der Vergleichswörter. Kurzwörter werden durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflusst als längere Markenwörter und bleiben im allgemeinen besser und genauer in Erinnerung. Dies gilt auch insoweit, als die Zeichen vom Verkehr nicht als Wörter, sondern als Buchstabenfolgen angesehen werden (BGH GRUR 2002, 1067, 1070 - DKV / OKV). Die Verneinung einer Verwechselbarkeit setzt aber auch bei kurzen Marken voraus, dass die vorhandenen Abweichungen in jeder Hinsicht deutlich in Erscheinung treten. Das ist vorliegend entgegen der Ansicht der Widersprechenden der Fall.
Schriftbildlich unterscheiden sich die Marken durch die Zahl ihrer Buchstaben deutlich voneinander, wobei angesichts der Kürze der Gesamtbezeichnungen der zusätzliche, dritte Buchstabe der Widerspruchsmarken gegenüber der Bezeichnung "AC" eine unübersehbare Erweiterung der Wortlänge um 50% bewirkt.
Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit der Marken ist von Bedeutung, wie der Verkehr diese aussprechen wird. Insoweit stellt auch die Widersprechende nicht in Abrede, dass die Bezeichnung "AC" in der angegriffenen Marke als Abfolge zweier Einzelbuchstaben aufgefasst und demgemäß in rechtserheblichem Umfang nur wie "AH-ZEH" ausgesprochen werden wird. Soweit die Widersprechende sodann eine Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke mit der Begründung behauptet, ihre Marke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen - anders als die angegriffene Marke - in rechtserheblichem Umfang als Phantasiewort der deutschen Sprache verstanden und dementsprechend als "AH-ZE" ausgesprochen, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Gegen eine solche Wertung und eine Aussprache als deutschsprachiges Phantasiewort spricht nämlich bereits der Umstand, dass die Bezeichnung "ACE" eine Buchstabenfolge aufweist, die deutschen Wörtern völlig fremd ist, weil der Buchstabe "C" in deutschen Wörtern generell nicht in Alleinstellung auftritt, sondern nur in Verbindung mit weiteren, unmittelbar folgenden Konsonanten, wie "H" oder "K", Verwendung findet. Soweit ein dem phonetischen Wert des "C" ("ZEH") vergleichbarer Laut innerhalb deutscher Wörter erscheint, weisen diese durchweg den Buchstaben "Z" (z.B. Brezel, Weizen) oder Lautverbindungen wie "TS" oder "TZ" (Rätsel, Katze) auf. Gegen ein Verständnis und eine Aussprache als deutschsprachiges Phantasiewort spricht zudem der Umstand, dass dem Verkehr die Bezeichnung "ACE" in nicht unerheblichem Umfang aus anderem (alltäglichem) Zusammenhang, nämlich von Getränken, Brausetabletten und Vitaminpräparaten, als Buchstabenfolge "A-CE-E" geläufig ist, mit der bei diesen Waren allgemein auf die entsprechend bezeichneten Vitamine hingewiesen wird. Weiterhin im deutschen Verkehr nahezu allgemein bekannt ist die Bezeichnung der Zuggattung "ICE" und deren Aussprache als Abfolge der Buchstaben "I-CE-E". Angesichts dieser weitverbreiteten Vorerfahrungen des Verkehrs mit der Aussprache vergleichbar gebildeter Bezeichnungen wie auch seiner Neigung, solche dreigliedrigen Folgen von Großbuchstaben regelmäßig eher als Buchstabenfolge und nicht als Wort auszusprechen (vgl zB ARD, IOZ, NOK, MEZ, SED, OEZ usw), ist nach der Lebenserfahrung mit einer Aussprache der Widerspruchsmarke als deutsches Phantasiewort in einem rechtserheblichen Umfang nicht zu rechnen.
Bei einer Aussprache als Buchstabenfolge "AH-CEH-EH" oder - weil von der Widersprechenden dem deutschen Verkehr durch entsprechende Werbung nahegebracht - als "AH-TSCHE" weist diese Marke gegenüber der angegriffenen Marke, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, entweder durch die unterschiedliche Silbenzahl oder durch den deutlich unterschiedlichen Mittelkonsonanten in Verbindung mit einer veränderten Betonung so hinreichend verschiedene Gesamtklangbilder auf, dass eine rechtlich noch erhebliche Gefahr von Verwechslungen nicht mehr naheliegt. Auch mit einem Verschleifen des Schlussvokals "E" der Widerspruchsmarke ist bei einer Aussprache dieser Marke als Buchstabenfolge nicht zu rechnen, weil bei Buchstabenfolgen, die aus drei Buchstaben und damit (phonetisch) aus drei Silben bestehen, der die Schlußsilbe bildende letzte Buchstabe durchweg zumindest mitbetont wird (wenn er nicht ohnehin den Hauptakzent trägt) und deshalb im Gesamtklangbild deutlich in Erscheinung tritt.
Für eine begriffliche Verwechslungsgefahr oder für die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gerbacht werden könnten, sind ebenfalls keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Daher mußte der Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg versagt bleiben.
Gründe: dafür, einer der Beteiligten gemäß § 71 Abs.1 S. 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, liegen nicht vor.
Albert Kraft Reker Bb
BPatG:
Beschluss v. 24.03.2004
Az: 26 W (pat) 147/02
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