Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. Mai 2009
Aktenzeichen: 26 K 3314/08
(VG Düsseldorf: Urteil v. 22.05.2009, Az.: 26 K 3314/08)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je 1/2.
Das Urteil ist wegen der Kosten für jeden Kostengläubiger gegen Si-cherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Be-trages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 11. März 2008 wandte sich der Kläger zu 2. mit der Absenderangabe "Rundfunk C-C1/Redaktion L ... C" an die Beklagte und bat "um die Zusendung der Zuwendungsbescheide bezüglich der Fördergelder für O C2 seit 1988 bis heute." Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Ministerin für Wirtschaft des Landes NRW habe darum gebeten, sich wegen der erwünschten Auskunft direkt an die Beklagte zu wenden. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich zum einen presserechtlich, zum anderen über das Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW und dasjenige des Bundes. Von Interesse seien vor allem die Zuwendungen (Höhe, Zeitraum) und die Bedingungen, die dafür erfüllt sein müssten (Arbeitsplätze, Zeitraum, Investitionen etc.). Das Begehren des Klägers zu 2. lehnte die Beklagte unter dem 14. März 2008 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der geltend gemachte presserechtliche Informations und Auskunftsanspruch sei bereits durch ein am 22. Februar 2008 zwischen Vertretern der Klägerin zu 1. und der Beklagten geführtes Gespräch erfüllt worden. Letztendlich komme die Herausgabe von Kopien der vertraglich vereinbarten Investitionszuschusszusagen auch deshalb nicht in Betracht, weil dadurch die Betriebs und Geschäftsgeheimnisse ihrer, der Beklagten, Vertragspartner offenbart würden.
Unter dem 1. April 2008 begehrte sodann die Klägerin zu 1. unter Bezugnahme auf den vg. Antrag des Klägers zu 2. ebenfalls die "Herausgabe der Kopien der an O ergangenen Subventionsbescheide". Unter dem 28. April 2008 teilte die Beklagte der Klägerin zu 1. mit, dass sie ihre Entscheidung vom 14. März 2008 dahingehend abändere, dass
1. der Antrag der Klägerin zu 1. auf Auskunftserteilung nach dem Pressegesetz NRW und nach dem RundfunkStaatsvertrag (RStV) abgelehnt werde, da derzeit kein Auskunftsanspruch in Form der Übersendung von Investitionszuschusszusagen bestehe und
2. der Antrag des Klägers zu 2. auf Informationszugang nach dem IFG NRW zunächst abgelehnt werde, soweit und solange durch die Bekanntgabe der begehrten Informationen der Verfahrensablauf der laufenden Rückforderung von Investitionszuschüssen aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes NordrheinWestfalen gegen die Beigeladene und der Erfolg noch bevorstehender Maßnahmen der Beklagten in diesem Verfahren erheblich beeinträchtigt würden.
Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW und § 9 a RStV auf Zusendung der Investitionszuschusszusagen komme nicht in Betracht. Zunächst seien bereits in der Besprechung am 22. Februar 2008 ausreichende Auskünfte erteilt worden. Schließlich sehe das Presserecht auch nur einen Anspruch auf Auskunftserteilung, nicht jedoch auf Herausgabe oder Einsicht in Unterlagen vor. Auch handele es sich bei der derzeit laufenden Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen gegen die Beigeladene um ein schwebendes Verfahren i.S. des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW und des § 9 a RStV. Die Zusendung der Investitionszuschusszusagen an die Klägerin zu 1. könne dazu führen, dass die sachgemäße Durchführung dieses Verfahrens erschwert oder gefährdet werde, insbesondere auch die Chancen auf eine außergerichtliche Einigung beeinträchtigt würden. Der Kläger zu 2. habe keinen Anspruch nach dem IFG NRW. Dies zum einen, weil er den Anspruch als Mitarbeiter der Klägerin zu 1. geltend gemacht habe und der Antrag daher als solcher der Klägerin zu 1. zu werten sei. Doch auch wenn seine Antragsbefugnis zu bejahen sei, müsse der Antrag nach § 6 S. 1 b) IFG NRW abgelehnt werden. Nach alledem komme eine Herausgabe der begehrten Unterlagen frühestens nach Abschluss der Zuschussrückforderung in Betracht, wobei dann allerdings Betriebs und Geschäftsgeheimnisse aller Verfahrensbeteiligten zu beachten seien.
Auf einen am 5. Mai 2008 bei Gericht anhängig gemachten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Verfahren VG Düsseldorf 26 L 719/08 mit dem Begehren,
1. die Beklagte zu verpflichten, den Klägern zu 1. und 2. Kopien aller privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP NRW) seit 1988 bis heute und aller etwaiger Modifikationen der privatrechtlichen Zusagen an die Hausbank Os zuzusenden,
hilfsweise,
2. den Klägern zu 1. und 2. Auskunft über folgende Fragen zu erteilen:
a) Welche konkreten Bedingungen musste O innerhalb welchen Zeitraums nach den privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des RWP NRW erfüllen€
b) Gab es nachträgliche Veränderungen der privatrechtlichen Zusagen der Beklagten an O bzw. deren Hausbank€ Falls ja, wann und welche€
c) Inwieweit wichen die tatsächlichen Zahlen für die von O garantierten und für die neu zu schaffenden zusätzlichen Arbeitsplätze von den Vereinbarungen ab€
erließ das erkennende Gericht bezogen auf den Kläger zu 1. eine dem Hilfsantrag entsprechende einstweilige Anordnung und lehnte die Anträge im Übrigen ab. Bereits unter dem 8. Mai 2008 erteilte die Beklagte dem Kläger zu 1. in Befolgung dieser einstweiligen Anordnung die dort angeführten Auskünfte.
Am 23. Mai 2008 stellte sodann der Kläger zu 2. erneut einen dem bereits im Verfahren 26 L 719/08 gestellten Hauptantrag entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Verfahren VG Düsseldorf 26 L 845/08). Diesen Antrag lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 27. Mai 2008 ab, die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des OVG NRW vom 21. August 2008 8 B 913/08 zurückgewiesen.
Zugleich mit dem Verfahren 26 L 719/08 haben die Kläger am 5. Mai 2008 die vorliegende Klage bei Gericht anhängig gemacht, mit der sie zunächst die selben Anträge wie in jenem Verfahren verfolgt haben und zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend gemacht haben: Der Kläger zu 2. sei seit vielen Jahren freier Mitarbeiter der Redaktion L des Klägers zu 1. Am 15. Januar 2008 habe O seine Absicht zur Schließung des Werkes in C2 bekannt gegeben. Seit 1988 seien O umfangreiche Investitionszuschüsse gewährt worden. Dies sei im Wege des sog. HausbankenVerfahrens durch die Beklagte auf der Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen geschehen, ohne das zuvor Zuwendungsbescheide erlassen worden seien. Die Beklagte habe insoweit die Entscheidungen der zuständigen Verwaltungsstellen umgesetzt. Nach den bisherigen Erkenntnissen habe O als Gegenleistung für die Subventionen in Millionenhöhe ursprünglich hunderte Arbeitnehmer zusätzlich neu einstellen sollen, sich jedoch nicht an diese Auflage gehalten, was jedoch vom Wirtschaftsministerium geduldet worden sei, ohne dass Subventionen zurückgefordert worden seien. Der Kläger zu 2. sei nach § 4 Abs. 1 IFG NRW auskunftsberechtigt. Dem Auskunftsanspruch stünden keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter entgegen. Staatliche Zuwendungen unterlägen festen für alle Marktteilnehmer geltenden Regeln, sodass O im Falle einer Veröffentlichung gegenüber der Konkurrenz keine schlechteren Bedingungen befürchten müsse. Außerdem bestehe durch den Rückzug vom deutschen Produktionsmarkt insofern kein Wettbewerbsverhältnis mehr zu Mitbewerbern. Selbst wenn aber ein schützenswertes Geschäftsgeheimnis tangiert wäre, stehe § 8 IFG NRW der Auskunftsverweigerung nicht entgegen. Da das Land NRW bereits Rückforderungsansprüche an O in zweistelliger Millionenhöhe öffentlich kommuniziere, dürfte das Risiko weiterer Image und Umsatzverluste als entsprechend geringfügig einzustufen sein. Außerdem bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der begehrten Information. Denn die Öffentlichkeit habe ein berechtigtes Interesse zu erfahren, nach welchen Kriterien öffentliche Gelder vergeben würden. Der Antrag könne auch nicht nach § 6 S. 1 b) IFG NRW abgelehnt werden, da die laufenden Vergleichsverhandlungen kein Verfahren i.S. dieser Vorschrift seien. Zudem sei es für die Durchsetzung des seitens des Landes geltend gemachten Rückforderungsanspruches völlig irrelevant, ob der Kläger zu 2. und damit die Öffentlichkeit über den Inhalt Bescheid wisse. Ein Auskunftsanspruch für beide Kläger folge schließlich aus § 4 PresseG NRW und § 9 a Abs. 1 RStV.
Im Anschluss an den im Verfahren 26 L 719/08 ergangenen Beschluss vom 7. Mai 2008 hat der Kläger zu 2. hinsichtlich des Hilfsantrages mit Schriftsatz vom 23. Mai 2008 die Klage zurückgenommen, während der Kläger zu 1. und die Beklagte insoweit das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Zur Begründung der aufrechterhaltenen Klage führen die Kläger ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen noch aus: Es sei noch darauf hinzuweisen, dass im Sommer 2008 ein sog. Memorandum of Understanding zwischen dem Land NRW und O geschlossen worden sei. Dieses sei bis heute nicht öffentlich zugänglich. Jedoch habe die Landesregierung lanciert, dass ein Regionales Wirtschaftsförderprogramm mit dem Titel "Wachstum für C2" gegründet werde. Die nötigen finanziellen Mittel erhalte dieses Programm u.a. von O durch Anteile aus dem Verkaufserlös der C2er OGrundstücke. Diesbezüglich sei auch in einer gemeinsamen Presseinformation vom 3. Juli 2008 von einer erfolgten Einigung die Rede, die auch die Thematik der gewährten Fördergelder umfasse. Die Redaktion sei interessiert zu erfahren, warum die Landesregierung des Landes NordrheinWestfalen sich in dieser Angelegenheit nicht auf einen Rechtsstreit mit der Beklagten eingelassen habe, zumal der Nettoverkaufserlös der Betriebsgrundstücke bei weitem nicht den Umfang des mutmaßlichen Rückforderungsanspruches erreichen werde. Allein die Details des Vertragswerkes würden Aufschluss darüber geben, welchen besonderen Zwängen und Bedingungen sich die Landesregierung bei der Abwicklung der Subventionsverfahren gegenübergesehen habe. Im Endergebnis gehe es also darum, genau nachzuprüfen, ob die Landesregierung mit ihren Vereinbarungen möglicherweise zum Nachteil des Landes gehandelt habe.
Der Kläger zu 1. hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm Kopien aller privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP NRW) seit 1988 bis heute und aller etwaiger Modifikationen der privatrechtlichen Vereinbarungen, die O C2, die NRW.Bank bzw. die Regierung des Landes NRW betreffen, zuzusenden,
hilfsweise, ihm Akteneinsicht in die vg. Unterlagen zu gewähren.
Der Kläger zu 2. beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm Kopien aller privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP NRW) seit 1988 bis heute und aller etwaiger Modifikationen der privatrechtlichen Zusagen an die Hausbank Os zuzusenden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht sie geltend, entgegen der Behauptung der Kläger seien die Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten noch nicht abschlossen, sodass die Klagen daher aus den Gründen des Beschlusses des OVG NRW vom 21. August 2008 abzuweisen seien.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die zur Einsicht begehrten Unterlagen einhielten wesentliche Informationen zur ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. So sei u.a. eine Liste Bestandteil der Unterlagen, der sich im Einzelnen entnehmen lasse, in welche Wirtschaftsgüter investiert werden solle und welche Anschaffungskosten hierfür im Einzelnen veranschlagt worden seien. Sie habe ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung dieser Tatsachen. Es bestehe bei einer Herausgabe der gewünschten Unterlagen die Gefahr, dass nach außen dringe, in welchem Umfang und in welchen Bereichen bei ihr Investitionen vorgenommen würden und in welchem Umfang insoweit auf Eigen bzw. Fördermittel zurückgegriffen worden sei. Dann aber wären Rückschlüsse auf ihre wirtschaftliche und finanzielle Struktur und ihre Geschäftsstrategie möglich. Der presserechtliche Auskunftsanspruch sei im Übrigen aufgrund der infolge des im Verfahren VG Düsseldorf 26 L 719/08 ergangenen Beschlusses vom 7. Mai 2008 erteilten Auskunft erfüllt. Überdies lägen nach wie vor die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW vor, da die Verhandlungen über die Einzelheiten der bisher erfolgten nur grundsätzlichen Einigung weiterhin andauerten. Ansprüche auf der Grundlage des IFG NRW bestünden schließlich ebenfalls nicht, da diese nicht weiter gehen könnten als solche nach den presserechtlichen Vorschriften.
Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren VG Düsseldorf 26 L 719/08 und 26 L 845/08 ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet.
Weder der Kläger zu 1. noch der Kläger zu 2. haben einen Anspruch auf Aushändigung von Kopien der privatrechtlichen Investitionszuschusszusagen an die Beigeladene oder auf Gewährung von Akteneinsicht in dieselben (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Solche Ansprüche ergeben sich zunächst nicht aus §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 1 PresseG NRW. Gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW diese Vorschrift gilt gemäß § 26 Abs. 1 PresseG NRW für den Rundfunk entsprechend sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, wobei Abs. 2 der Vorschrift ein Anspruch auf Auskunft nicht besteht, soweit 1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder 2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder 3. ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder 4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet. § 4 PresseG NRW regelt einfachgesetzlich die durch Artikel 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film (Rundfunkfreiheit) und ist daher im Lichte dieser grundgesetzlichen Bestimmung auszulegen; § 4 Abs. 2 PresseG NRW ist dabei ein die Schranken der Rundfunkfreiheit aufzeigendes Gesetz i.S. des Artikel 5 Abs. 2 GG.
Dass die Berichterstattung über eine Betriebsverlagerung der hier in Rede stehenden Größe, die eine Vielzahl von Arbeitsplätzen betrifft und die in der Öffentlichkeit erhebliche Beachtung gefunden hat, in Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Rundfunks erfolgt, ist nicht zweifelhaft. Ob das weitere Tatbestandsmerkmal "Auskünfte zu erteilen" des § 4 Abs. 1 PresseG NRW auch die Vorlage vertraglicher Dokumente in Kopie oder die Gewährung von Akteneinsicht in diese umfasst, kann vorliegend dahin gestellt bleiben. Denn jedenfalls ist der Versagungsgrund des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW gegeben, da eine Veröffentlichung der Zuschussvereinbarungen im Detail jedenfalls die sachgemäße Durchführung der noch schwebenden Verhandlungen mit der Beigeladenen über eine vergleichsweise Regelung der gegenüber der Beigeladenen erhobenen Subventionsrückforderungen gefährden könnte. Darauf, dass es sich hier um Verhandlungen handelt, die nicht im Rahmen es förmlichen Verwaltungsverfahrens, sondern im Rahmen nicht im Einzelnen formalisiert geregelter Gespräche erfolgen, kommt es nicht an. Denn in der Begründung zum Neunten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge dort Seite 7 ist ausgeführt, dass "Verfahren" nach § 9 a Nr. 1 des Rundfunkstaatsvertrages (diese Vorschrift ist mit § 4 PresseG NRW nahezu wortgleich, sodass eine einheitliche Auslegung nahe liegt) nicht ausschließlich förmliche Verfahren sind.
Vgl. auch OVG NRW Beschluss vom 21. August 2008 8 B 913/08 , S. 3 des amtlichen Umdrucks.
Sind damit aber die vorliegend in Rede stehenden Verhandlungen dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW zuzurechnen, so ist die von der Beklagten bereits vorprozessual gegenüber den Klägern geltend gemachte Gefährdung dieser Verhandlungen im Falle einer Veröffentlichung der die Zuschüsse regelnden Dokumente jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, zumal die Beigeladene bereits im Vorfeld einer Veröffentlichung widersprochen hat. Dies gilt auch dann, wenn man an die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausschlussgrundes strenge Anforderungen stellt.
Vgl. hierzu OVG NRW a.a.O..
Nach den auch von dem Kläger zu 2. nicht in Abrede gestellten Erklärungen der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ist es zwar im Jahre 2008 zwischen dem Land NRW und der Beigeladenen zu einer Grundsatzeinigung gekommen, in der diese die Rahmenbedingungen dieser Einigung festgelegt haben. Jedoch ist danach nach wie vor über einige Punkte zu sprechen, wobei ein Zeitpunkt für den endgültigen Abschluss der Einigungsverhandlungen nicht prognostizierbar ist. Es ist auch davon auszugehen, dass diese Verhandlungen nicht lediglich formal mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW geführt werden, denn nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beklagten und der Beigeladenen besteht bis heute auch noch keine Einigung über die von den einzelnen Vertragsparteien zu erbringenden Zahlungen, wobei von dem diesbezüglichen Verhandlungsergebnis das Zustandekommen der gesamten Einigungsvereinbarung abhängt. Aufgrund des vom OVG NRW in seinem o.g. Beschluss dargelegten für alle Verhandlungsbeteiligten bestehenden erheblichen Drucks (S. 4 und 5 des amtlichen Umdrucks) steht daher außer Frage, dass durch eine Herausgabe von Kopien der Investitionszuschusszusagen bzw. durch die Gewährung einer Einsicht in dieselben die sachgemäße Durchführung der Einigungsverhandlungen i.S. § 4 Abs. 2 Nr. 1 beeinträchtigt werden könnte, wobei angesichts des Tatbestandsmerkmals "könnte" der Eintritt einer solchen Beeinträchtigung jedenfalls nicht sicher festgestellt werden muss.
Einem nach den Ausführungen des OVG NRW in seinem o.g. Beschluss dem Kläger zu 2. jedenfalls potenziell zur Seite stehenden Anspruch nach der weiter in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 IFG NRW nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person nach Maßgabe des IFG NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen, zu denen auch die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts gehört, Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen steht die in § 6 S. 1 b) IFG NRW getroffene Regelung entgegen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit und solange durch die Bekanntgabe der Information der Verfahrensablauf eines anhängigen Verwaltungsverfahrens ... oder der Erfolg einer bevorstehenden behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn die Bemühungen einer Behörde, im Wege von Einigungsverhandlungen die Rückabwicklung eines Subventionsverhältnisses zu bewirken, lässt sich ohne weiteres dem sehr weiten Begriff der "behördlichen Maßnahme" zuordnen, da dieser Begriff hier in Abgrenzung zu dem ebenfalls als Tatbestandsmerkmal angeführten "Verwaltungsverfahren" ersichtlich als Auffangtatbestand formuliert ist und damit gerade auch sonstiges Verwaltungshandeln, wie es vorliegend in Rede steht, erfassen soll. Im Falle einer dem Begehren des Klägers zu 2. stattgebenden Entscheidung würden die zwischen der Beklagten und der Beigeladenen laufenden Einigungsverhandlungen schließlich auch im Sinne des § 6 S. 1 b) IFG NRW erheblich beeinträchtigt werden. Dies folgt allein schon daraus, dass die Beigeladene stets dem Bekanntwerden der von dem Kläger zu 2. begehrten Informationen energisch widersprochen hat und damit letztlich ein Abbruch der Verhandlungen im Raum steht. Nach alledem ist der Anspruch auf Informationszugang jedenfalls solange nicht gegeben, wie die Einigungsverhandlungen zwischen der Beklagten und der Beigeladenen nicht zum Abschluss gelangt sind. Erst nach diesem Zeitpunkt stellt sich die vorliegend somit noch nicht zu beantwortende Frage, ob auch Betriebs und/oder Geschäftsgeheimnisse i.S. des § 8 IFG NRW dem von dem Kläger zu 2. geltend gemachten Auskunftsanspruch entgegen stehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 161 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 709 ZPO.
VG Düsseldorf:
Urteil v. 22.05.2009
Az: 26 K 3314/08
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