Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 3. März 2010
Aktenzeichen: 6 A 1176/08
(Hessischer VGH: Urteil v. 03.03.2010, Az.: 6 A 1176/08)
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Treuhandkommanditistin einer AG & Co. KG, die lediglich eine weitere Gesellschafterin hat, führt zum Ausscheiden der Kommanditistin aus der KG und zur liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft unter Gesamtrechtsnachfolge der Komplementär-AG (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB).
Die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB findet grundsätzlich auch im Fall der sog. Simultaninsolvenz Anwendung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil desVerwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 2007 wirdzurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zutragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung inHöhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagtevor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin - eine AG & Co. KG - begehrt die Aufhebung eines Bescheides der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte die Beklagte der Klägerin gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG), das Finanzkommissionsgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass sie auf der Grundlage von Verträgen über sog. treuhänderische Beteiligungen Gelder von Anlegern entgegen nimmt, um hiermit Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anzuschaffen und zu veräußern (I. des Bescheids). Gleichzeitig wurde der Klägerin die Werbung für Finanzkommissionsgeschäfte untersagt (II. des Bescheids), die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte angeordnet (III. des Bescheids) und Rechtsanwalt X... zum Abwickler der ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte bestellt (IV. des Bescheids). Darüber hinaus wurden der Klägerin Weisungen erteilt (V. des Bescheids), Zwangsgelder angedroht (VI. und IX. des Bescheids), eine Gebühr festgesetzt (VII. des Bescheids) sowie ein Auskunfts- und Vorlegungsersuchen erlassen (VIII. des Bescheids).
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 20. Juni 2005 Widerspruch ein.
Über das Vermögen der Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 12. September 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt A. zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 10. November 2005 wurde auch über das Vermögen der B. - der einzigen Kommanditistin der Klägerin - das Insolvenzverfahren eröffnet. Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C. - Komplementärin der Klägerin - wies das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 5. Januar 2006 mangels Masse ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2006 - gerichtet an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Klägerin - stellte die Beklagte das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 15. Juni 2005 teilweise ein und wies den Widerspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück. Dabei ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin als Adressatin des Bescheids nicht weggefallen sei. Die Anordnungen hätten ihre Adressatin weder dadurch verloren, dass über das Vermögen ihrer Treuhandkommanditistin das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, noch dadurch, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Komplementärin mangels Masse abgelehnt worden sei. Zwar führe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des vorletzten Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft nach §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) regelmäßig zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt sei, und damit zur Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft. Das Amtsgericht Hamburg, Insolvenzgericht, gehe allerdings davon aus, dass die Klägerin fortbestehe. Damit komme es auf die streitige Frage, ob eine Kommanditgesellschaft fortbestehe, die sich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des vorletzten Gesellschafters bereits in der Insolvenz befunden habe, nicht an. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin habe im Übrigen die Untersagungsverfügung und Abwicklungsanordnung in Ziffern I. und III. des Bescheids vom 15. Juni 2005 ihren Regelungsgegenstand nicht verloren. Der Insolvenzverwalter habe alle die Insolvenzmasse betreffenden öffentlich-rechtlichen Pflichten der Schuldnerin zu erfüllen.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Klägerin zugestellt.
Am 25. September 2006 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 20. September 2006 beigefügt, mit dem dieser das streitige Verwaltungsrechtsverhältnis aus der Insolvenzmasse und dem Insolvenzbeschlag freigegeben hatte.
Auf die von dem Vorsitzenden der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main mit Verfügung vom 15. August 2007 geäußerten Zweifel an der Beteiligungsfähigkeit der Klägerin hat diese sich wie folgt geäußert:
In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass im Streit um die Beteiligungsfähigkeit eines €Beteiligten€ oder um die Auflösung einer juristischen Person oder einer Vereinigung auch ein Beteiligungsunfähiger als beteiligungsfähig zu behandeln sei. Vorliegend richte sich die Klage zwar nicht unmittelbar gegen eine auf die Auflösung der Klägerin gerichtete Verfügung; die Verfügung sei aber der primäre Insolvenzgrund und damit der Rechtsgrund für die Aufrechterhaltung des laufenden Insolvenzverfahrens. Werde die angefochtene Verfügung aufgehoben, so spreche vieles dafür, dass auch der Insolvenzgrund der Klägerin und der B. wieder wegfalle und die Gesellschaften nach Beendigung der Insolvenzverfahren wieder wirtschaftlich tätig werden könnten.
Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Insolvenzgerichte konstruktiv annähmen, dass im Falle des Ausscheidens des einzigen Kommanditisten oder der daraus resultierenden Gesamtrechtsnachfolge des einzigen Komplementärs ein Partikularinsolvenzverfahren in Analogie zu den Vorschriften über das Nachlassinsolvenzverfahren statthaft sei. Wenn aber insolvenzrechtlich über das Vermögen der Klägerin ein Partikularinsolvenzverfahren durchgeführt werde, müsse zum Zweck der Herstellung objektiven Rechtsschutzes eben diesem Rechtssubjekt des Partikularinsolvenzverfahrens auch die Möglichkeit gegeben werden, verwaltungsrechtlich gegen die Verfügung zu streiten, die den wesentlichen Insolvenzgrund darstelle.
Des Weiteren entsprächen die Regelungen über die Beteiligungsfähigkeit im Verwaltungsprozess gem. § 61 VwGO den Vorschriften über die Beteiligungsfähigkeit an einem Verwaltungsverfahren gem. § 11 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Da die Beklagte den Widerspruchsbescheid nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Klägerin und über die B. an die Klägerin gerichtet habe, gehe auch die Beklagte von der Beteiligungsfähigkeit der Klägerin für das Verwaltungs-(gerichts)verfahren aus. Der Widerspruchsbescheid sei mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbunden gewesen, wonach die Adressatin der Verfügung - die Klägerin - gegen den Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids binnen eines Monats Klage erheben könne. Damit habe die Beklagte zumindest den Anschein erweckt, dass sie ungeachtet der Entwicklung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse an einer Klärung der materiell-rechtlichen Fragen in einem Verwaltungsprozess interessiert sei. In einer vergleichbaren Konstellation habe der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom €05.08.2005€ - 6 TG 2208/05 -) ergänzend darauf abgestellt, dass die Beklagte die streitbefangenen Verwaltungsakte hätte aufheben können, um den mit ihnen jedenfalls verbundenen Rechtsschein zu beseitigen. Wenn sie dies aber nicht tue und stattdessen einen Widerspruchsbescheid mit materiellrechtlichem Inhalt an die Klägerin adressiere, müsse die Klägerin auch die Möglichkeit haben, diesen Bescheid im Verwaltungsprozess anzufechten, so dass ihr die Beteiligungsfähigkeit gem. § 61 Nr. 1 VwGO oder gem. § 61 Nr. 2 VwGO analog zugesprochen werden müsse.
Hilfsweise hat sich die Klägerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts gewandt, wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Treuhandkommanditistin zwingend dazu führe, dass diese nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus der Klägerin ausscheide. Tatsächlich sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Regelung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen sei. Für den Fall, dass die Treuhandkommanditistin - aus welchen Gründen auch immer - aus der Gesellschaft ausscheide, bestimme § 29 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, dass die Treugeber durch Gesellschafterbeschluss eine Treuhandkommanditistin wählten, die im Wege der Sonderrechtsnachfolge alle Rechte und Pflichten der ausgeschiedenen Treuhandkommanditistin übernehme. Hier lasse sich der Wille der Vertragsschließenden erkennen, die Kommanditgesellschaft in jedem Fall fortzusetzen oder - wenn dies bei einer Vollbeendigung rechtlich nicht möglich sein sollte - neu zu gründen, so ausdrücklich der Hessische Verwaltungsgerichtshof in dem Verfahren 6 TG 1447/05 mit einem vergleichbaren Sachverhalt und identischer Verfahrensgestaltung.
Höchst hilfsweise wäre für den Fall der fehlenden Beteiligungsfähigkeit der Klägerin davon auszugehen, dass das Vermögen auf die Komplementärin - die C. - übergegangen und diese damit als Beteiligte des Verwaltungsstreitverfahrens anzusehen sei. Für diesen Fall werde hilfsweise beantragt - so die Ankündigung des Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 31. August 2007 -, das Aktivrubrum entsprechend zu berichtigen und als Klägerin die C. in Liquidation, vertreten durch den Vorstand D., zu führen. Eine entsprechende Rubrumsberichtigung habe der Senat im Verfahren 6 TG 2208/05 für zulässig erachtet. Für den Fall, dass das Gericht einen hilfsweise beantragten Klägerwechsel nicht für zulässig halte, hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2007 angekündigt, einen Antrag auf Parteierweiterung und Aufnahme der C. als weitere Klägerin (in das Rubrum) zu stellen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 24. August 2006 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich die Einschätzung des Vorsitzenden der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zur fehlenden Beteiligungsfähigkeit der Klägerin zu Eigen gemacht und darauf hingewiesen, dass diese durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung gestützt werde. Bei der mit Schriftsatz vom 31. August 2007 hilfsweise beantragten Berichtigung des Aktivrubrums handele es sich nicht um eine Berichtigung, sondern um eine unzulässige, bedingte Klageänderung in Form des gewillkürten Parteiwechsels.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Klage der Klägerin mit Urteil vom 11. Oktober 2007 (1 E 3941/06[V]) abgewiesen. Dabei hat sich das Verwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass die Klägerin nicht (mehr) beteiligungsfähig i. S. v. § 61 VwGO und ihre Klage damit unzulässig sei. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 12. September 2005 sei das Verwaltungs- und Verfügungsrecht der Schuldnerin über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen nach § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung (InSO) auf den Insolvenzverwalter übergegangen. Die zeitlich nachfolgende Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der einzigen Kommanditistin der Klägerin, der B. durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 10. November 2005 habe nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB zum Ausscheiden der einzigen Kommanditistin der Klägerin geführt. Dem stehe § 29 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages nicht entgegen, da die dortige Nachfolgeregelung nicht auf den Fall der Insolvenz des Kommanditisten erstreckt werden könne, zumal ohne ausdrückliche Regelung nicht anzunehmen sei, dass die Gesellschafter die Gesellschaft mit dem Insolvenzverwalter fortsetzen wollten. Abgesehen davon sehe der Gesellschaftsvertrag eine sofortige Nachfolgeregelung vor, die tatsächlich nicht erfolgt sei. Das Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin führe - da es im Recht der Personengesellschaft grundsätzlich keine Einpersonengesellschaft gebe - zum Erlöschen der Kommanditgesellschaft ohne Liquidation und zur Gesamtrechtsnachfolge des verbliebenen Gesellschafters. Daraus folge, dass die C. Gesamtrechtsnachfolgerin der Klägerin geworden sei. Der Umstand, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C. mangels Masse abgelehnt wurde, stehe der Gesamtrechtsnachfolge nicht entgegen.
Eine Änderung des Aktivrubrums - wie von der Klägerin beantragt - sei nur dann möglich, wenn die Rechtsnachfolge während eines laufenden Verwaltungsstreitverfahrens eintrete. Vorliegend sei die Rechtsnachfolge aber bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. am 10. November 2005 eingetreten. In der Sache stelle die begehrte Änderung des Aktivrubrums eine subjektive Klageänderung i. S. d. § 91 Abs. 1 VwGO dar, die ungeachtet der Sachdienlichkeit jedenfalls wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig wäre.
Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 31. Oktober 2007 zugestellt.
Der Senat hat die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil mit Beschluss vom 21. Mai 2008 (6 UZ 2556/07) wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen, die daraus resultierten, dass die Frage, ob § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB auch im Falle der sog. Simultaninsolvenz über das Vermögen einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft und über das Vermögen eines ihrer Gesellschafter anzuwenden sei, noch nicht abschließend geklärt sei.
Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 27. Mai 2008 zugestellt.
Am 27. Juni 2008 hat die Klägerin die Berufung fristgerecht begründet. Dabei hat die Klägerin kritisiert, dass sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen auf das Urteil des OLG Hamm vom 30. März 2007 (30 U 13/06) beziehe, obwohl sich daraus nicht ergebe, dass eine Anwendung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB in den Fällen der Simultaninsolvenz zwingend geboten sei. Richtigerweise sei davon auszugehen, dass die Vorschrift nicht greife. Im Falle der Simultaninsolvenz liege keine werbende und aktive Gesellschaft mehr vor, so dass der Aspekt des €numerus clausus€ der Gesellschaftsformen in den Hintergrund trete. Es gehe allein darum, eine gesetzlich vorgesehene Gesellschafterstruktur (Kommanditgesellschaft, die aus einer Komplementär-Gesellschaft und einer Kommanditisten-Gesellschaft bestehe) im Falle der Insolvenz ordnungsgemäß abzuwickeln. Die Gefahr, dass der Rechtsverkehr durch eine gesetzlich nicht definierte Gesellschaftsform getäuscht oder verunsichert werde, bestehe nicht. Sinn und Zweck der €eigentlich€ gesellschaftsrechtlich gebotenen Betrachtungsweise werde durch die Insolvenzsituation überlagert.
Selbst wenn § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB anwendbar wäre, gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Nachfolgeregelung in § 29 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages dieser Rechtsfolge nicht entgegen stehe. Diese vertragliche Regelung laufe nicht zwingend darauf hinaus, die Gesellschaft mit dem Insolvenzverwalter fortzusetzen. Einzelne Anleger könnten vielmehr ihren gesellschaftsrechtlich verbrieften Anspruch geltend machen, unmittelbare Kommanditisten der Kommanditgesellschaft zu werden. Die Fortsetzung der Kommanditgesellschaft wäre dann - wie vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 14. Februar 2006 (6 TG 1447/05) ausgeführt - ohne die Zwischenschaltung einer Treuhandkommanditistin denkbar. Mit Aufhebung der angefochtenen Verfügung falle mit großer Wahrscheinlichkeit der Insolvenzgrund weg und die Klägerin erlange die Möglichkeit zurück, ihre Geschäfte zu betreiben. In dieser Situation sei es wahrscheinlich, dass zumindest einige der verbliebenen Treugeber beschließen würden, aus der bloßen Treugeberstellung in eine Kommanditistenstellung überzutreten und damit wieder eine Mehrpersonengesellschaft zu generieren.
Selbst wenn man tatsächlich von einer liquidationslosen Vollbeendigung der Klägerin ausgehen müsste, hätte das Verwaltungsgericht die Klage nicht abweisen dürfen. Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid hätten rechtsgestaltende Wirkung und führten dazu, dass die ausdrücklich als weiterhin beteiligtenfähig bezeichnete Klägerin als Adressatin des Bescheids die Möglichkeit haben müsse, diesen Bescheid anzufechten. Jedenfalls aus Gründen der Beseitigung eines Rechtsscheins sei die Beteiligungsfähigkeit der Klägerin gem. § 61 Nr. 2 VwGO und damit die Zulässigkeit der Klage anzunehmen. Auch der Senat sei in einer vergleichbaren Konstellation im Beschluss vom 28. Juli 2006 (6 TG 2208/05) von der Zulässigkeit der dortigen Beschwerde ausgegangen. Unzutreffend seien auch die Rechtsauffassungen des Verwaltungsgerichts, wonach die Zustellung des Widerspruchsbescheids zu Recht an den Insolvenzverwalter erfolgt sei und die streitbefangene Verfügung die Insolvenzmasse betreffe. Dass die Untersagungsverfügung in Ziffer 1 des Bescheids vom 15. Juni 2005 nicht die Insolvenzmasse betreffe, folge aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2006 (5 C 21/05) und entspreche auch der Auffassung des Insolvenzverwalters, geäußert im Schreiben vom 21. Juni 2006. Mit der Argumentation der Klägerin, wonach eine Beteiligungsfähigkeit einer aufgelösten Gesellschaft jedenfalls dann in entsprechender Anwendung des § 61 Nr. 2 VwGO anzunehmen sei, wenn die Auflösungsverfügung selbst streitgegenständlich sei, habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Selbst wenn von der fehlenden Beteiligungsfähigkeit der Klägerin auszugehen wäre, hätte das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Es hätte die Klage jedenfalls insoweit für zulässig halten müssen, als sie im weiteren Verlauf des Verfahrens auch im Namen der C. erhoben worden sei. Dass das Verwaltungsgericht sowohl eine Rubrumsberichtigung als auch eine Klageerweiterung als unzulässig abgelehnt habe, mache das Urteil fehlerhaft. Eine Berichtigung der Parteibezeichnung könne zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beantragt werden und setze eine im Laufe des Verfahrens eintretende Rechtsnachfolge nicht voraus. Es liege kein Parteiwechsel vor, sondern es gehe allein um die Frage, an welcher Parteibezeichnung dieses Sonderrechtsvermögen richtigerweise anzuhängen sei. Auch der Senat habe in der Entscheidung 6 TG 2208/05 in einer vergleichbaren Situation eine Rubrumsberichtigung zugelassen. Soweit das Verwaltungsgericht die begehrte Änderung des Aktivrubrums im Schriftsatz vom 31. August 2007 als subjektive Klageänderung i. S. v. § 91 Abs. 1 VwGO gewertet habe, erweise sich das Urteil deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht die Klage der C. in Liquidation unzutreffender Weise wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig eingestuft habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 2007 - 1 E 3941/06 (V) - den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ihre Ausführungen zur fehlenden Beteiligungsfähigkeit der Klägerin unter Hinweis auf die zivilgerichtliche Rechtsprechung und Literatur. In Bezug auf die Ausführungen der Klägerin zur Regelung in § 29 Abs. 4 ihres Gesellschaftsvertrages weist die Beklagte ergänzend darauf hin, dass die Klägerin aus dem Beschluss des Senats vom 14. Februar 2006 (6 TG 1447/05) nichts für sich gewinnen könne, da Antragstellerin in dem dortigen Verfahren die Komplementärin einer erloschenen und vollbeendeten Kommanditgesellschaft gewesen sei. Auch der von der Klägerin ins Feld geführte Beschluss des Senats vom 28. Juli 2006 (6 TG 2208/05) gebe für eine Beteiligungsfähigkeit der Klägerin nichts her. Der Senat habe dort lediglich nach billigem Ermessen auf Grund von § 161 Abs. 2 VwGO entschieden, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen habe; zur Beteiligungsfähigkeit einer vollbeendeten und erloschenen Kommanditgesellschaft führe der Beschluss nichts aus.
Die Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht als unzulässig erweise sich auch noch aus einem weiteren Grund als richtig. Selbst wenn die Klägerin fortbestünde, mangelte es ihr am Rechtsschutzbedürfnis; denn die untersagte Geschäftstätigkeit könnte auch bei Aufhebung des Bescheids vom 15. Juni 2005 nicht fortgesetzt werden. Die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB sehe nicht vor, dass der Kommanditist wieder eintrete, wenn das Insolvenzverfahren über sein Vermögen aufgehoben wird. Auch bei Aufhebung des Bescheids vom 15. Juni 2005 würde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin voraussichtlich weiter durchgeführt. Aber selbst wenn die Klägerin als Rechtsträgerin fortbestünde und das Insolvenzverfahren aufgehoben würde, hätte sie mit der C. eine Komplementärin, die die Geschäfte der Klägerin nicht fortführen könnte, weil ihr Gesellschaftszweck unwiderruflich auf Vollbeendigung gerichtet sei; denn die C. sei gem. § 262 Abs. 1 Nr. 4 Aktiengesetz (AktG) aufgelöst. Zweifel daran, dass die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit noch möglich sei, ergäben sich schließlich daraus, dass die Klägerin mittlerweile eine Vielzahl ihrer Anleger verloren haben dürfte.
Die Klägerin tritt der Auffassung entgegen, dass die untersagte Geschäftstätigkeit auch bei Aufhebung des Bescheids nicht fortgesetzt werden könnte und es ihr deshalb am Rechtsschutzbedürfnis fehlte; gegebenenfalls - so ihre Auffassung - käme eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten (7 Bände sowie ein Ordner Anlagen B6 zum Schriftsatz der BaFin vom 24. August 2007) und den Inhalt der Verwaltungsvorgänge (41 Hefte und 3 Ordner zum Verwaltungsvorgang Q 32-71.30 [20424], eine Hängetasche, ein Ordner €Anlage zum Schreiben von RA E. vom 15.08.2007€ und 3 Hefte zum Widerspruchsvorgang Q 31-89.50.10.42-10/05-Je) sowie den Inhalt der Gerichtsakten des vorangegangenen Eilverfahrens (1 G 1938/05 bzw. 6 TG 1992/05, 7 Bände).
Gründe
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006 zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Der Klägerin fehlt die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Beteiligungsfähigkeit im Sinne des § 61 VwGO.
Eine Kommanditgesellschaft kann zwar gem. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 124 Abs. 1 Satz 2 HGB vor Gericht klagen und verklagt werden; sie ist damit beteiligungsfähig gem. § 61 Nr. 2 VwGO. Die Klägerin hat ihre Beteiligungsfähigkeit jedoch dadurch verloren, dass ihre einzige Kommanditistin - die B. - noch vor Klageerhebung ausgeschieden ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 10. November 2005 hat gem. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB zum Ausscheiden der B. aus der Klägerin - der F. - geführt. Das Ausscheiden der GmbH als einziger Kommanditistin hat bei der Klägerin, die lediglich eine weitere Gesellschafterin - die C. - als Komplementärin hatte, zur liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft geführt. Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft führt zur liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft unter Gesamtrechtsnachfolge ihres einzigen verbliebenen Gesellschafters, weil der sog. €numerus clausus€ der Gesellschaftsformen eine Personengesellschaft mit nur einem Gesellschafter nicht zulässt (BGH, Urteil vom 15.03.2004 - II ZR 247/01 -, ZIP 2004, 1047; OLG Hamm, Urteil vom 30.03.2007 - 30 U 13/06 -, ZIP 2007, 1233; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 33. Aufl., 2008, § 131 Rdnr. 35; jeweils m. w. N.). Die verbliebene Komplementärin der Klägerin, der C., ist - sei es durch Anwachsung des Anteils der ausgeschiedenen Kommanditistin an der Kommanditgesellschaft nach § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 738 BGB, seien im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu: Bork/Jacoby, a.a.O., S. 627 f.) - alleinige Inhaberin des Unternehmens geworden. Die Kommanditgesellschaft selbst - die F., also die Klägerin - ist ohne den sonst erforderlichen €Zwischenschritt€ der Auflösung und Liquidation unmittelbar vollbeendet.
Der Anwendbarkeit des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB mit der Folge des Ausscheidens der einzigen Kommanditistin - der B. - steht auch eine abweichende vertragliche Bestimmung nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der von der Klägerin eingereichte Gesellschaftsvertrag eine abweichende Bestimmung i. S. d. § 131 Abs. 3 Satz 1 HGB für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters nicht enthält. Der vorgelegte Gesellschaftsvertrag (Bl. 180 ff. der Gerichtsakte) regelt in § 29 das Ausscheiden von Gesellschaftern. Danach scheidet gem. § 29 Abs. 1c des Gesellschaftsvertrags - ebenso wie nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB - ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Regelungen, die die Rechtsfolgen des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft betreffen, sind in § 29 Abs. 2 bis 4 des Gesellschaftsvertrages enthalten. Die Regelung in § 29 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages besagt zwar, dass die Gesellschaft durch das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern unter den verbleibenden Gesellschaftern mit der bisherigen Firma fortgeführt wird. Im Hinblick darauf, dass der sog. €numerus clausus€ der Gesellschaftsformen eine Personengesellschaft mit einem Gesellschafter nicht zulässt, ist diese vertragliche Regelung indessen nicht geeignet, die Vollbeendigung der Klägerin nach Ausscheiden der B. als einziger Kommanditistin und Verbleiben nur einer weiteren Komplementärin abzubedingen.
Die Regelung in § 29 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags befasst sich mit dem Ausscheiden der Komplementärin und ist damit nicht einschlägig.
§ 29 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags sieht zwar eine Regelung für den Fall des Ausscheidens der Treuhandkommanditistin vor und verpflichtet die Komplementärin, unverzüglich eine neue Treuhandkommanditistin vorzuschlagen und eine Gesellschafterversammlung zur Wahl der Treuhandkommanditistin einzuberufen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - Seite 14 unten und 15 oben des Urteilsabdrucks - ist die Komplementärin der Klägerin - die C. - dieser vertraglichen Verpflichtung aber nicht nachgekommen, eine sofortige Nachfolgeregelung ist nicht erfolgt. Die Klägerin ist dieser Feststellung des Verwaltungsgerichts auch im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten. Selbst wenn man dem Gesellschaftsvertrag den Willen der Vertragsschließenden entnehmen wollte, die Kommanditgesellschaft in jedem Fall fortzusetzen (vgl. dazu: BFH, Urteil vom 04.10.2006 - VIII R 7/03 -, DStR 2006, 2168), und wenn man entgegen der herrschenden Meinung die - zumindest vorübergehende - Einmann-Personengesellschaft für zulässig hielte (vgl. dazu: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, Kommentar, Band 1, 2008, § 131 Rdnr. 10 m. w. N.), hätte dies das liquidationslose Erlöschen der Kommanditgesellschaft nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters nur dann verhindern können, wenn eine sofortige Nachfolgeregelung tatsächlich getroffen worden wäre.
Das liquidationslose Erlöschen der Klägerin lässt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht im Hinblick auf den Beschluss des Senats vom 14. Februar 2006 (6 TG 1447/05) in einem vergleichbaren Verfahren verneinen.
Antragstellerin in jenem Verfahren war die Komplementärin einer GmbH & Co. KG, bei der es €nahe lag€ - so die Formulierung des Senats -, dass sie - ebenso wie die hiesige Klägerin - nach Ausscheiden ihrer einzigen Kommanditistin durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll beendet und erloschen war. Aus einer Regelung im Gesellschaftsvertrag, die mit der hiesigen Regelung in § 29 Abs. 4 vergleichbar gewesen sein dürfte, hat der Senat in dem vorbezeichneten Beschluss lediglich die Schlussfolgerung gezogen, es erscheine möglich, dass die dortige Komplementärin nach erfolgreichem Abschluss ihres Beschwerdeverfahrens den Geschäftsbetrieb fortsetze oder wieder aufnehme. Im Hinblick auf die Unklarheiten im Sachverhalt hat der Senat dort ausdrücklich ausgeführt, es lasse sich der Wille der Vertragsschließenden erkennen, €die Kommanditgesellschaft in jedem Fall fortzusetzen oder - wenn dies wie bei einer Vollbeendigung rechtlich nicht möglich sein sollte - neu zu gründen€. Auch die Ausführungen des Senats in jenem Verfahren sprechen daher nicht gegen die Annahme, dass die vertraglichen Regelungen im vorliegenden Fall das liquidationslose Erlöschen der Klägerin nach Ausscheiden ihrer vorletzten Gesellschafterin - der B. - nicht abbedingen konnten.
Der Anwendbarkeit des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB steht - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht die Tatsache entgegen, dass nicht nur über das Vermögen der B., sondern zuvor bereits über das Vermögen der Klägerin selbst, und zwar mit Beschluss des Amtsgericht Hamburg vom 12. September 2005, das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.
Es wird zwar in der Literatur die Auffassung vertreten, dass im Fall der Doppelinsolvenz der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementärin - oder des einzigen bzw. aller Kommanditisten - § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB nicht anwendbar sein soll (Schmidt, Insolvenz und Insolvenzabwicklung bei der typischen GmbH & Co. KG, in: GmbHR 2002, 1209 ff.; derselbe, Insolvenzabwicklung bei der Simultaninsolvenz der Gesellschaften in der GmbH & Co. KG in: GmbHR 2003, 1404 ff.; im Ergebnis ebenso: Gundlach/Frenzel/Schmidt, Die Simultaninsolvenz einer GmbH & Co. KG und ihrer Komplementär-GmbH, in: DStR 2004, 1658 ff.). Ausgangspunkt für die Frage der Anwendbarkeit des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB muss indessen der Gesetzeswortlaut sein, der für eine einschränkende teleologische Auslegung im Falle der Insolvenz einer typischen GmbH & Co. KG - bzw. wie im vorliegenden Fall einer AG & Co. KG - nicht zulässt. Im Hinblick auf den uneingeschränkten Wortlaut des § 131 Abs. 3 Satz 1 HGB ist daher im Grundsatz davon auszugehen, dass die Vorschrift auch im Fall der sog. Simultaninsolvenz anwendbar ist (Bork/Jacoby, Das Ausscheiden des einzigen Komplementärs nach § 131 Abs. 3 HGB, in: ZGR 2005, 611 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 131 Rdnr. 46; Oetker, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2009, § 131 Rdnr. 32). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft wird nicht automatisch beendet, sondern als Partikularinsolvenzverfahren analog §§ 315 ff. Insolvenzordnung (InSO) - beschränkt auf das ehemalige KG-Vermögen - fortgeführt (vgl. dazu: Bork/Jacoby, a.a.O., S. 650 f.; OLG Hamm, a.a.O., Rdz. 93, 100 + 106 ff.). Die Frage, ob ein Eingreifen von § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB ausnahmsweise dann nicht in Betracht kommt, wenn alle Gesellschafter gleichzeitig insolvenzbedingt ausscheiden (so auch: Bork/Jacoby, a.a.O.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O.; Oetker, a.a.O.), kann im vorliegenden Fall unbeantwortet bleiben, da die Gesellschafter der Klägerin nicht gleichzeitig einen Ausscheidensgrund verwirklicht haben. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. lag in der Person der C. noch kein Ausscheidensgrund vor, so dass sie als Gesamtrechtsnachfolgerin neue Unternehmensträgerin werden konnte.
Ist es danach noch vor Klageerhebung zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft - also der Klägerin - gekommen und ist ihre Komplementärin - die C. - alleinige Inhaberin des Unternehmens geworden, so kommt eine Zulässigkeit der Klage auch nicht - wie vom Bevollmächtigten der Klägerin geltend gemacht - aus Rechtsscheingründen in Betracht.
Der Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin, dass der Widerspruchsbescheid insoweit rechtsgestaltende Wirkung habe, als die dort ausdrücklich als weiterhin beteiligtenfähig bezeichnete Klägerin als Adressatin des Widerspruchsbescheids die Möglichkeit haben müsse, diesen Bescheid anzufechten, hat das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils zu Recht widersprochen. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht die Klägerin selbst, sondern der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Klägerin Adressat des Widerspruchsbescheids gewesen sei. Selbst wenn die Klägerin die Begründung auf S. 12 des Widerspruchbescheids zum Anlass genommen haben sollte, davon auszugehen, dass es nicht zu einer Vollbeendigung gekommen sei und sie selbst nach Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag wieder klagebefugt sei, kann allein daraus eine Beteiligungsfähigkeit einer tatsächlich vollbeendeten Kommanditgesellschaft - wie der Klägerin - nicht erwachsen.
Für die Möglichkeit der Klageerhebung aus Rechtsscheingründen kann sich die Klägerin auch nicht auf einen Beschluss des Senats im Verfahren 6 TG 2208/05 berufen. Dabei handelt es sich um einen Beschluss vom 28. Juli 2006 und nicht - wie von der Klägerin benannt - vom 5. August 2005 (Datum des erstinstanzlichen Beschlusses), der von dem damaligen Vorsitzenden des Senats als Berichterstatter nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten erlassen worden war. Unabhängig davon, dass es sich bei den dortigen Ausführungen lediglich um Erwägungen zur Kostenverteilung nach billigem Ermessen i. S. v. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO handelt, sind die beiden Fälle auch nicht miteinander vergleichbar. Die Gesamtrechtsnachfolge in jenem Verfahren war nämlich erst nach Rechtshängigkeit des Eilverfahrens eingetreten, und zwar kurz vor Einreichung der Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung, und unterscheidet sich damit wesentlich von der Konstellation im vorliegenden Verfahren, die dadurch geprägt ist, dass der Klägerin - der F. - wegen Vollbeendigung bereits vor Klageerhebung die Beteiligungsfähigkeit fehlte.
Schließlich ist auch die Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin, wonach eine Beteiligungsfähigkeit einer aufgelösten Gesellschaft jedenfalls dann in entsprechender Anwendung des § 61 Nr. 2 VwGO anzunehmen sei, wenn Streitgegenstand die Auflösungsverfügung selbst sei, nicht zielführend.
Es gilt zwar der Grundsatz, dass im Streit um die Beteiligungsfähigkeit, einschließlich der Rechtsmittelverfahren gegen Prozessurteile, die wegen Fehlens der Beteiligungsfähigkeit ergangen sind, der Betroffene als beteiligungsfähig zu behandeln ist (Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, Band I., Stand: Juli 2009, § 61 Rdnr. 11, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.12.1954 - I C 194.53 -, BVerwGE 1, 266). Die Anwendung dieses Grundsatzes führt allerdings nur dazu, dass die Klägerin im vorliegenden Berufungsverfahren, das der Überprüfung des erstinstanzlichen Prozessurteils dient, und in einem etwaigen Revisionsverfahren im Falle der Zurückweisung der Berufung, als beteiligungsfähig zu behandeln ist in dem Sinne, dass ihr das Recht auf Einlegung des Rechtsmittels nicht unter Hinweis auf § 61 Nr. 2 VwGO abgesprochen werden kann.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Demgegenüber hat der Senat über eine Klage der C. gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006 nicht zu entscheiden.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Berufung der Klägerin - also der F. - gegen das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts, das - ausweislich des Rubrums - auch nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten ergangen ist.
Eine Rubrumsänderung - wie von der Klägerin im Schriftsatz vom 31. August 2007 hilfsweise beantragt - hat das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils zu Recht abgelehnt. Dabei können die Fragen, ob eine solche Prozesserklärung mit Eingang bei Gericht wirksam wird oder in der mündlichen Verhandlung abgegeben bzw. wiederholt werden muss und ob ein Antrag auf Rubrumsänderung überhaupt hilfsweise gestellt werden kann, offen bleiben. Jedenfalls ist das Verwaltungsgericht zutreffender Weise davon ausgegangen, dass ein Fall der zulässigen Änderung des Aktivrubrums nicht vorliegt.
Eine Änderung des Aktivrubrums - unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Klageänderung i. S. d. § 91 VwGO - setzt einen vom Gesetz angeordneten Parteiwechsel voraus, der im Verlauf des Prozesses eingetreten ist. Prozessual werden auf einen derartigen Parteiwechsel kraft Gesetzes während des Rechtsstreits gem. § 173 Satz 1 VwGO die §§ 239 ff. ZPO sinngemäß angewendet (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Großkommentar, 2. Aufl., 2006, § 91 Rdnr. 23; vgl. dazu auch: BGH, Urteil vom 15.03.2004 - II ZR 247/01 - BGHReport 2004, 1090; BFH, Beschluss vom 28.12.2007 - V B 166/06 -, BFH/NV 2008, 806).
Geht man von einem gesetzlich angeordneten Parteiwechsel aus, so ist dieser nicht während des Rechtsstreits, sondern bereits vor Klageerhebung erfolgt. Denn die Rechtsnachfolge fand bereits am 10. November 2005 statt, und zwar durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der einzigen Kommanditistin der Klägerin, der B., mit der Folge deren Ausscheidens nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB, des gleichzeitigen Erlöschens der Klägerin ohne Liquidation und der Gesamtrechtsnachfolge der verbliebenen Komplementärin, der C.. Die Rechtsnachfolge fand damit weit vor Erlass des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006 und vor Erhebung der Anfechtungsklage am 25. September 2006 statt.
In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis der Klägerin auf eine Rubrumsberichtigung in dem bereits zitierten, ihrer Auffassung nach auch insoweit vergleichbaren Verfahren 6 TG 2208/05 nicht zielführend. Der Senat hat zwar in dem genannten Verfahren mit Beschluss vom 28. Juli 2006 eine Rubrumsänderung vorgenommen und anstelle der ursprünglichen Antragstellerin - einer GmbH & Co. KG - deren Komplementärin - eine GmbH - als Antragstellerin aufgeführt. Die Gesamtrechtsnachfolge war in jenem Verfahren jedoch erst mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 15. August 2005 (67a IN 190/05) eingetreten und damit zu einem Zeitpunkt, in dem das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren in erster Instanz bereits seit dem Jahr 2004 anhängig war. Prozessual waren daher auf den Rechtsübergang während jenes Rechtsstreits die §§ 239 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.
Über eine subjektive Klageänderung i. S. d. § 91 VwGO hat das Verwaltungsgericht dagegen nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat im Rubrum des angegriffenen Urteils als Klägerin nur die F. aufgeführt und im Tatbestand nur deren Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide wiedergegeben. Einen Hilfsantrag - wie im Schriftsatz vom 31. August 2007 angekündigt - mit dem Inhalt, als Klägerin die C. in Liquidation zu führen, hat der Bevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Einen Antrag auf subjektive Klageerweiterung dergestalt, dass neben der F. die C. als weitere Klägerin auftrete, hat der Bevollmächtigte zwar mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2007 - hilfsweise - angekündigt, im Termin zur mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat über derartige Anträge auf subjektive Klageänderung - entweder in Form des Klägerwechsels oder der subjektiven Klagehäufung - auch keine Entscheidung getroffen. Mit den Ausführungen auf Seite 17 des Urteilsabdrucks hat das Verwaltungsgericht lediglich darauf hingewiesen, dass die begehrte Änderung des Aktivrubrums der Sache nach eine subjektive Klageänderung i. S. v. § 91 Abs. 1 VwGO darstelle, die wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig wäre. Der Frage, ob eine Anfechtungsklage der C. gegen die streitgegenständlichen Bescheide tatsächlich wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig wäre, muss der Senat nicht nachgehen, da das Verwaltungsgericht eine Klage der C. gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006 mit dem angegriffenen Urteil nicht als unzulässig abgewiesen hat.
Selbst wenn der Bevollmächtigte der Klägerin den mit Schriftsatz vom 31. August 2007 angekündigten Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt hätte, wäre eine solche Klageänderung bereits aus einem anderen Grund nicht zulässig gewesen.
Ein Antrag auf Klageänderung ist grundsätzlich - wie alle Prozesshandlungen - bedingungsfeindlich. Das gilt jedenfalls für eine Klageänderung, die einen Parteiwechsel oder eine subjektive Klagehäufung zum Gegenstand hat; insoweit verlangt die Formenstrenge des Prozessrechts, dass unverzüglich deutlich wird, wer Beteiligter eines Gerichtsverfahrens ist. Derartige Klageänderungen können nicht hilfsweise erklärt werden (Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91 Rdnr. 30; BVerwG, Beschluss vom 28.02.1980 - 3 B 1/80 -, NJW 1980, 1911).
Schließlich hat der Bevollmächtigte der Klägerin einen Antrag auf subjektive Klageänderung - sei es in Form des Klägerwechsels oder der subjektiven Klagehäufung - auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kostentragungspflicht der Klägerin umfasst auch die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, da die Frage der Anwendbarkeit des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB im Falle der sog. Simultaninsolvenz noch nicht abschließend geklärt ist.
Beschluss:
Der Streitwert wird - unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung - für beide Rechtszüge auf jeweils 1.855.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 bis 3 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Bei der Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts macht der Senat von seiner Befugnis nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG zur Abänderung der in erster Instanz vorgenommenen Streitwertfestsetzung Gebrauch. Dabei folgt der Senat dem Verwaltungsgericht insoweit, als dieses für die im Bescheid vom 15. Juni 2005 enthaltenen Teilregelungen in Nr. I einen Betrag in Höhe von 1.000.000,00 €, in Nr. III einen Betrag von 500.000,00 € und Nr. IV einen Betrag von 5.000,00 € zu Grunde gelegt hat. Mit Rücksicht darauf, dass im Bescheid vom 15. Juni 2005 in Nr. VI 2. (bezüglich der Untersagung in Nr. II des Bescheids) und in Nr. VI 2. bis 7. (bezüglich der Regelungen in Nr. V) jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000,00 € und in Nr. IX (bezüglich der Ersuchen in Nr. VIII) nochmals ein einheitliches Zwangsgeld angedroht worden ist, ist in Anlehnung an Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 der sich aus diesen Zwangsmittelandrohungen insgesamt ergebende Betrag in voller Höhe anzusetzen. Die Verwaltungsgebühr in Nr. VII des Bescheids hat der Senat demgegenüber nicht streitwerterhöhend in Ansatz gebracht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 und § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
Hessischer VGH:
Urteil v. 03.03.2010
Az: 6 A 1176/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/00d5b695af1c/Hessischer-VGH_Urteil_vom_3-Maerz-2010_Az_6-A-1176-08