Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Dezember 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 65/09

(BPatG: Beschluss v. 06.12.2010, Az.: 28 W (pat) 65/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 12 vom 10. März 2009 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wort-Bildmarkeist zur Eintragung als Marke für die nachfolgenden Waren der Klasse 12

"Rückhaltevorrichtungen für Rollstühle, insbesondere am Fahrzeugboden; Sicherheitsgurte für Fahrzeuge; Fahrzeugverstärkungskäfige; Verriegelungsadapter für Rollstühle"

angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 12 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Kürzel "Rolli" sei als Abkürzung für "Rollstuhl" gebräuchlich und der Begriff "Click" werde häufig zur Beschreibung einer einfachen Handhabung oder Bedienbarkeit von Produkten verwendet. Deshalb entnehme der Verkehr der sprachüblich gebildeten Wortkombination im Hinblick auf die beanspruchten Waren lediglich den Sachhinweis, dass diese Produkte mithilfe einfach zu handhabender Schnappmechanismen funktionierten bzw. schnell zu montieren seien. Aufgrund dieses im Vordergrund stehenden, beschreibenden Charakters, werde die Anmeldemarke von den angesprochenen Verbrauchern nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen. Auch die graphische Gestaltung könne dem angemeldeten Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft vermitteln, da sie sich in einfachen, werbeüblichen Elementen erschöpfe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Zur Begründung wurde vorgetragen, dem angemeldeten Zeichen komme nicht zuletzt wegen seiner fantasievollen, grafischen Gestaltung eine hinreichende Unterscheidungskraft zu. Wegen des charakteristischen Gesamteindrucks der gewählten Grafik scheide auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an der freien Verwendbarkeit des Zeichens aus, so dass der Anmeldemarke insgesamt keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden könnten.

Die Anmelder beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet.

Die Anmeldemarke besteht aus einer Verbindung des gängigen Kürzels "Rolli" für Rollstuhl und dem englischen Begriff "Click", das dem inländischen Publikum wie auch sein deutschsprachiges Pendant "Klick" mit dem Bedeutungsgehalt "klickendes Geräusch, Mausklick" bekannt ist (vgl. Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]). Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Wortkombination ist immer maßgeblich auf die konkret angemeldete Wortverbindung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 - SAT.2). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Verkehrskreise Kennzeichen erfahrungsgemäß so aufnehmen, wie sie ihnen entgegentreten, ohne sie dabei einer eingehenderen, analysierenden Betrachtung zu unterziehen. Aus diesem Grund verlangt die Rechtsprechung, dass zwischen einem Gesamtbegriff und der bloßen Summe seiner produktbeschreibenden Einzelbestandteile ein merklicher Unterschied bestehen muss, da es nur dann den angesprochenen Verbrauchern möglich ist, dem fraglichen Wortzeichen ohne besondere Aufmerksamkeit einen betrieblichen Herkunftshinweis zu entnehmen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Rdn. 45 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 58, 60, Rdn. 24 - Companyline). Diese Voraussetzungen erfüllt die Anmeldemarke, denn sie geht über die reine Zusammenfügung beschreibender Einzelbestandteile hinaus und besitzt einen eigenständigen, produktunabhängigen Bedeutungsgehalt.

Nach den allgemeinen Sprachregeln lässt sich der Wortkombination "RolliClick" der Aussagegehalt "Rollstuhlklick"" bzw. "Rollstuhl-Klickgeräusch" zuordnen. Ein unmittelbar beschreibender Bezug dieses Sinngehalts zu den beanspruchten Waren ist nicht feststellbar. Der Senat konnte bei seinen Recherchen auch keine vergleichbar gebildeten Sachbegriffe ermitteln. Zwar hat die Markenstelle in ihrem detailliert begründeten Beschluss zahlreiche Beispiele angeführt, die eine Verwendung des Begriffs "Klick" als Hinweis für eine schnelle, unkomplizierte Montage oder Handhabbarkeit von bestimmten Waren belegen. Derartige Aussagen, wie etwa "Ein Griff, ein Klick und weiter geht's", "lässt sich durch ein einfaches Klick zum Zweisitzer aufrüsten" sowie die auf Rollstühle bezogene Beschreibung "Das Rad ist mit einem "Klick" montiert und wieder demontiert", lassen sich jedoch mit der Wortverbindung "RolliClick" weder gleichsetzen noch schlagwortartig zusammenfassen. Stattdessen stellt die angemeldete Wortkombination ein Zeichen dar, das für sich genommen noch keinerlei Produktmerkmale der beanspruchten Waren benennt oder beschreibt, sondern dem Verkehr erst bei näherer Kenntnis der konkreten Zusammenhänge gewisse, produktbezogene Assoziationen vermittelt. Dies veranschaulicht etwa die Produktwerbung der Anmelder: "ROLLICLICK bietet eine absolut sichere und schnelle Befestigung. Nach dem Einrasten der Schlösser wird der Rolli mit reduzierter Kraft nach unten verspannt.". Erst vor dem Hintergrund solcher Ausführungen wird nachvollziehbar, wofür der Bestandteil "Click" in der Anmeldemarke steht, also bspw. für "Rückhaltevorrichtungen für Rollstühle mit einem Klickverschluss". Damit wird die Wortkombination den Anforderungen an eine hinreichend eindeutige Beschreibung relevanter Produktmerkmale aber nicht gerecht. Stattdessen führt die konkrete Kombination der beiden Wortbestandteile zu einem Kunstbegriff mit lediglich andeutendem Aussagegehalt, der mehrerer zielgerichteter Überlegungen bedarf, um einen Produktbezug herstellen zu können. Der Begriff "RolliClick" ist folglich zu unbestimmt, um im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen zu können.

Ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit der erkennbar sprachunüblichen Bezeichnung scheidet damit aus. Neben einem beschreibenden Produktbezug fehlt es darüber hinaus auch an weiteren Anhaltspunkten, aus denen heraus der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könnte. Zwar kann auch nicht beschreibenden Angaben oder Zeichen die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sich das fragliche Zeichen als bloße Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art darstellt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 -BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall aber nicht feststellbar.

Bei dieser Sachlage erübrigt sich ein Eingehen auf die grafische Ausgestaltung des Anmeldezeichens.

Eine Zurückweisung der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 MarkenG scheidet demnach aus, so dass der angefochtene Beschluss der Markenstelle antragsgemäß aufzuheben war.

Martens Kirschneck Schell Me






BPatG:
Beschluss v. 06.12.2010
Az: 28 W (pat) 65/09


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