Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Oktober 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 199/99
(BPatG: Beschluss v. 04.10.2000, Az.: 28 W (pat) 199/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. September 1999 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 14 027 wird die Löschung der angegriffenen Marke 397 14 873 für "Fahrzeuge, technische Beratung" angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die am 12. Juni 1997 unter anderem für die Waren "Fahrzeuge" sowie für die Dienstleistung "technische Beratung" eingetragene Wortmarke 397 14 873 smartechist Widerspruch erhoben aus der älteren Wortmarke 395 14 027 SMART die seit dem 1. Juli 1996 unter anderem für
"Kraftfahrzeuge und deren Teile; technische Beratung und Erstellen von technischen Gutachten"
eingetragen ist. Der Widerspruch richtet sich lediglich gegen die oben genannten Waren bzw Dienstleistungen der Markeninhaberin.
Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken mit der Begründung verneint, es sei nicht zulässig, aus der jüngeren Marke die der Widerspruchsmarke entsprechende Buchstabenfolge "smart" isoliert zum Ähnlichkeitsvergleich herauszugreifen, da die jüngere Marke einen einheitlichen Begriff darstelle, der sich nach der natürlichen Silbengliederung in "smar" und "tech" aufgliedere.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die jüngere Marke werde wie "smarttech" wiedergegeben, wobei der fehlende zweite Buchstabe "t" nicht auffalle, und sei durch den Bestandteil "smart" geprägt, dem von Haus aus eine normale Kennzeichnungskraft zukomme.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Widerspruch im beantragten Umfang stattzugeben.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Widerspruchsmarke besitze bezogen auf den Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke allenfalls eine geringe Unterscheidungskraft. Der Verwechslungsgefahr stünden eine unterschiedliche Zeichenlänge und Wortkontur der Marken entgegen. Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr komme nicht in Betracht, zumal "smart" nicht als selbständiger Wortstamm in der jüngeren Marke enthalten sei.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nach Auffassung des Senats die Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Hierzu gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das angegriffene Zeichen zu ihr hervorrufen kann sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken und den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf deren Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher wirkt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht vorliegend für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen, da insoweit von identischen Waren und Dienstleistungen auszugehen ist. Das hat zur Folge, daß an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand erhöhte Anforderungen zu stellen sind, denen sie im Ergebnis nicht mehr gerecht wird. Dabei hat der Senat mangels Anhaltspunkten für eine Schwächung von "smart" auf dem vorliegenden Warengebiet eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt und berücksichtigt, daß dort breite Verkehrskreise die Produkte nachfragen bzw Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wobei dieser im Grunde kollisionsfördernde Umstand allerdings dadurch kompensiert wird, daß der Verkehr wegen der generell höheren Preiskategorien im Kraftfahrzeugbereich und als ohnehin durchschnittlich informierter und aufgeklärter Verbraucher Kennzeichnungen mit gesteigerter Aufmerksamkeit begegnet.
Demnach kommen sich die Marken im Ergebnis zu nahe. Zwar bestehen zwischen ihnen keine unmittelbar bildlichen oder begrifflichen Übereinstimmungen, jedoch wirkt bereits der Umstand, daß die Widerspruchsmarke vollständig in der angegriffenen Marke enthalten ist, kollisionsfördernd und zwar vor allem in klanglicher Hinsicht und angesichts des Erfahrungssatzes, wonach das undeutliche Erinnerungsbild von den Übereinstimmungen in den Marken stärker geprägt wird als von den Abweichungen. Diese Gemeinsamkeiten stehen auch am eher beachteten Wortanfang der Zeichen und prägen den Gesamteindruck der jüngeren Marke, wohingegen das unterschiedliche Wortende klanglich deutlich abfällt und wegen seines verbrauchten Sinngehalts eher vernachlässigt wird. Das angefügte beschreibende Kürzel "tech" kann somit eine Unterscheidbarkeit nicht herbeiführen, zumal sich die Abweichung in der Schreibweise durch Weglassen des zweiten Buchstabens "t" klanglich ohnehin nicht auswirkt, sondern allenfalls für die im gegebenen Zusammenhang unerhebliche Bildwirkung der Marke Bedeutung hat (vgl BGH BlPMZ 1998, 467 - salvent/salventerol). Kommt daher der weiteren Buchstabenfolge "(t)ech" gegenüber dem den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägenden Bestandteil "smart" nur eine geringe Bedeutung zu, kann angesichts der bestehenden Identität der Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Umfang des beschränkt eingelegten Widerspruchs nicht verneint werden.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war der Beschwerde der Widersprechenden stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang anzuordnen.
Besondere Gründe dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), liegen nicht vor.
Stoppel Grabrucker Martens Mü/prö
BPatG:
Beschluss v. 04.10.2000
Az: 28 W (pat) 199/99
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