Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 13. August 2013
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 28/13
(BGH: Beschluss v. 13.08.2013, Az.: AnwZ (Brfg) 28/13)
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2013 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Die durch den Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. 1 a) Der Anwaltsgerichtshof ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zur Zeit des Widerrufsbescheids in Vermögensverfall geraten war. Ein solcher liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind namentlich die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4). Der Anwaltsgerichtshof hat darauf abgestellt, dass gegen den Kläger bis zum Erlass des Widerrufsbescheids am 26. September 2012 wegen zahlreicher Forderungen die Zwangsvollstreckung betrieben wurde, wobei mehrere sehr geringe Verbindlichkeiten bis hin zu einem Betrag von rund 30 € in Frage standen. Damit liegen ungeachtet der exakten Höhe des Schuldenstandes gewichtige Indizien dafür vor, dass der Kläger nur wirtschaften konnte, indem er neue Schulden auflaufen ließ, und Schulden über einen gewissen Zeitraum nur unter dem Druck des Widerrufs seiner Zulassung oder von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezahlte; in solchen Fällen kann der Nachweis des Vermögensverfalls regelmäßig als geführt angesehen werden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 5. September 2012, - AnwZ (Brfg) 28/12, juris Rn. 5 m.w.N.).
Soweit der Kläger geltend macht, sämtliche Forderungen im Januar 2013 beglichen zu haben, kann er damit im gegenständlichen Verfahren nicht gehört werden. Denn für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Zulassungswiderrufs ist nach gefestigter Rechtsprechung des Senats auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, aaO Rn. 9 ff.). Im Übrigen würden die vom Kläger am Tag vor der Verhandlung in erster Instanz mit nur kursorischem Vortrag übersandten Zahlungsbelege nicht 4 die Prüfung ermöglichen, ob dieser seinen Zahlungspflichten tatsächlich vollständig nachgekommen ist.
b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Die Annahme einer Interessengefährdung ist dabei regelmäßig schon im Hinblick auf dessen Umgang mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, aaO Rn. 8 m.w.N.). Dem Klägervortrag sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass eine solche Gefährdung hier ausnahmsweise nicht gegeben war. Im Gegenteil verweist der Anwaltsgerichtshof in diesem Zusammenhang auf zwei berufsrechtliche Ahndungen jüngeren Datums wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers beim Umgang mit Vorschüssen, die eine Gefährdung gerade als naheliegend erscheinen lassen.
2. Die Berufung ist auch nicht nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen. Der Kläger rügt insofern, dass es der Anwaltsgerichtshof in verfahrensfehlerhafter Weise versäumt habe, seine Vermögensverhältnisse aufzuklären bzw. dass er mit Blick auf die Notwendigkeit der Vorlage von Nachweisen seine Hinweispflichten verletzt habe. Insoweit genügt der Zulassungsantrag nicht den hierfür geltenden Erfordernissen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 19 m.w.N.). Der Kläger verschweigt die Verfügung des Vorsitzenden vom 11. Dezember 2012. Darin hat ihn der Anwaltsgerichtshof darauf hingewiesen, dass zu sämtlichen Schuldpositionen konkret Stellung zu nehmen sei und etwaige Zahlungen und Ratenvereinbarungen durch Vorlage geeigneter Unterlagen belegt werden müssten. Den ihm obliegenden Mitwirkungspflichten ist der Kläger indessen nicht hinreichend nachgekommen. Beweiserhebungen von Amts 6 wegen waren vor diesem Hintergrund nicht veranlasst. Der Kläger wäre schon im Widerrufsverfahren gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 26 Abs. 2 VwVfG gehalten gewesen, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken und insbesondere ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel vollständig mitzuteilen. Diese Mitwirkungslast setzte sich im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof fort; denn es ging um Vorgänge, die nur dem Kläger bekannt waren oder jedenfalls nur mit seiner Hilfe zuverlässig ermittelt werden konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 20).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Tolksdorf König Seiters Quaas Braeuer Vorinstanzen:
AGH Hamm, Entscheidung vom 18.01.2013 - 1 AGH 42/12 - 8
BGH:
Beschluss v. 13.08.2013
Az: AnwZ (Brfg) 28/13
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