Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. März 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 217/02
(BPatG: Beschluss v. 19.03.2003, Az.: 32 W (pat) 217/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 10. Januar 2000 angemeldete und am 13. April 2000 für Spiele, Spielzeug, einschließlich Stoff- und Plüschtiere sowie Puppen; Fertigpuddinge, Götterspeisen, Pudding- und Cremepulver, Geleepulver, Pulver zur Herstellung von Götterspeiseneingetragene Wortmarke Moritz Schlauist Widerspruch erhoben aus der seit 18. März 1998 für Süßwaren, insbesondere Zuckerwareneingetragenen EU-Marke 72 72 Moritz.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die sich gegenüberstehenden Marken nicht ähnlich seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, dass die Widerspruchsmarke für Süßwaren geschützt sei, die eine Gruppenbezeichnung für Lebensmittel darstellten. Unter diesen Begriff fielen Lebensmittelprodukte, die von der Süßwarenindustrie hergestellt und ähnlichen Ernährungs- bzw Genußzwecken dienten. Auch die Marken seien sich ähnlich. Die gegenständlichen Waren sprächen vorwiegend Kinder und Jugendliche an, die "Moritz Schlau" nicht unbedingt als Vor- und Nachname ansehen. Schlau sei ein Adjektiv, das den genannten Moritz als klug, gewitzt und listig beschreibe. Auch sei zu beachten, dass Dagobert Duck, Pippi Langstrumpf, Bobo Siebenschläfer oder Roger Rabbit durch die jugendlichen Verbraucher alleine mit deren Vornamen bezeichnet würden. Es sei auch zu beachten, dass eine assoziative Verwechslungsgefahr bestehe. Die Widersprechende verfüge über eine umfangreiche Serie im Bereich der Warenklasse 30. Gegenstand dieser Serie seien das Wort Moritz in Alleinstellung sowie Marken mit den Wortbestandteilen Moritz Eiskonfekt, Moritz Süße Bärchen, Eismoritz, Ice Cubes Moritz und Classic Moritz Eiskonfekt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet; es besteht keine Gefahr der Verwechslung der Marken.
Nach § 125 b Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2, Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS). Die Ähnlichkeit von Waren ist dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, so enge Berührungspunkte auftreten, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind. 1. Es stehen sich auf Seiten der angegriffenen Marke Spiele, Spielzeug; Fertigpuddinge, Götterspeisen, Pudding- und Cremepulver, Geleepulver, Pulver zur Herstellung von Götterspeisen und auf seiten der Widerspruchsmarke Süßwaren gegenüber. Dabei erreichen Fertigpuddinge und Götterspeisen im Vergleich zu Süßwaren den höchsten Ähnlichkeitsgrad der sich gegenüberstehenden Waren. Sie sind als durchschnittlich ähnlich anzusehen. Es ergeben sich enge Berührungspunkte zwischen diesen Waren aus starken Überschneidungen im Verwendungszweck. Sowohl Fertigpuddinge und Götterspeisen, als auch Süßwaren werden als Nachspeise oder als Kleinigkeit zwischendurch verzehrt. 2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich. 3. Die Marken sind einander schriftbildlich und klanglich nicht ähnlich. Es besteht aufgrund der extrem unterschiedlichen Zeichenlänge weder die Gefahr des Verschreibens, noch die Gefahr des Sich-Verhörens. Erfahrungsgemäß neigt, daß der Verkehr dazu, Bezeichnungen in einer Merk- und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (vgl. BGH, GRUR 2002, 626, 628 - IMS). Bei der angegriffenen Marke handelt es sich beim Zeichen insgesamt um eine dreisilbige Marke, die es aufgrund ihrer ohnehin schon vorliegenden Kürze nicht erwarten lässt, noch einmal verkürzt zu werden.
"Moritz Schlau" ist ein Gesamtbegriff und gibt daher Veranlassung und vollständig verwendet zu werden. Es handelt sich entweder um einen aus Vor- und Zunamen gebildeten Namen oder um einen Moritz, der durch seine Eigenschaft "schlau" besonders gekennzeichnet ist.
Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Ähnlichkeit zweier Marken kommt es nicht auf eine bloße durch Übereinstimmung eines Bestandteils verursachte Assoziation zur älteren Marke an, sondern darauf, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren und der jüngeren Marke gegeben sein muss. Nichts anderes besagt die gesetzliche Formulierung des gedanklichen Inverbindungbringens, die nach der Rechtsprechung des EuGH keinen eigenen Rechtsverletzungstatbestand kennzeichnet, sondern den Umfang des Begriffs der Verwechslungsgefahr näher bestimmen soll (BGH, GRUR 2002, 542, 543 - BIG). Eine Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke läge demnach nur dann vor, wenn der in beiden Marken vorkommende Bestandteil einen Hinweischarakter auf die Widersprechende aufweist. Feststellungen dieser Art kann der Senat jedoch nicht treffen. Die Widersprechende hat hierzu vorgetragen, dass sie über eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil Moritz in Alleinstellung oder mit einem beschreibenden Zusatz verfügt. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass diese Marken in einem Umfang benutzt werden, die es alleine schon erlauben, in Moritz einen Hinweis auf die Widersprechende zu sehen. Daneben ordnet sich die angegriffene Marke "Moritz Schlau" nicht in die Markenserie der Widersprechenden ein. Der Bestandteil "Schlau" ist ein Zuname oder eine Eingeschaft um "Moritz", während die Serienbestandeile der Widersprechenen die mit 'Moritz' bezeichneten Waren nennen.
Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlaß.
Winkler Viereck Sekretaruk Hu
BPatG:
Beschluss v. 19.03.2003
Az: 32 W (pat) 217/02
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