Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. April 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 105/02
(BPatG: Beschluss v. 01.04.2003, Az.: 27 W (pat) 105/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die für
"Classe 03: Parfumerie, huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux; savons; dentifrices. Classe 09: Lunettes correctrices, lunettes de soleil; chsses (montures) de lunettes; etuis à lunettes; verres de lunettes et tous les accessoires pour lunettes. Classe 16: Papier, carton et produits en ces matières, non compris dans d'autres classes; produits de l'imprimerie; articles pour reliures; photographies; papeterie; adhesifs (matières collantes) pour la papeterie ou le menage; materiel pour les artistes; pinceaux; machines à ecrire et articles de bureau (à l'exception des appareils); matières plastiques pour l'emballage (non comprises dans d'autres classes); cartes à jouer; caractères d'imprimerie; cliches. Classe 18: Sacs, valises, malles ainsi qu'articles en cuir et imitations du cuir, notamment portefeuilles et etuis à clefs; parapluies et parasols. Classe 25: Articles d'habillement, en particulier jupes, chemises, pantalons, jaquettes, foulards, echarpes, cravates, surtouts, berets, articles de confection en tricot; chaussures, chapellerie"
international registrierte Wortmarkeblue eaglebegehrt für diese Waren Schutz in der Bundesrepublik Deutschland. Hiergegen ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortbildmarkeeingetragen unter der Nr 2 005 451 für "Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, auch gestrickt und gewirkt, aus Pelz, Leder oder Lederimitationen; Sport- und Badebekleidungsstücke, Bademäntel, Hemden, Blusen, Nachtwäsche, Strumpfwaren; Miederwaren, nämlich Mieder, Korsetts, Korseletts, Hüfthalter, Strumpfhaltergürtel sowie Büstenhalter; Kopfbedeckungen, Krawatten, Hals-, Schulter-, Kopf- und Einstecktücher, Taschentücher aus textilem Material, Handschuhe; Sonnenschirme, Regenschirme, Spazierstöcke; Lederwaren, nämlich Gürtel, Taschen, Geldbörsen, Brieftaschen aus Leder und Lederimitationen; Bett- und Tischwäsche; textile Handtücher und Badetücher, auch als Frottierwaren".
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und diese Einrede auch nach Vorlage von Benutzungsunterlagen für einen Teil der von der älteren Marke beanspruchten Waren aufrechterhalten.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 1. März 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Ungeachtet der Frage der Warenähnlichkeit hielten die Vergleichsmarken einen hinreichend großen Abstand ein. Denn von ihrem Gesamteindruck unterschieden sie sich deutlich. Die IR-Marke werde auch nicht allein von dem übereinstimmenden Element "eagle" geprägt, weil es sich bei ihr erkennbar um einen einheitlichen Gesamtbegriff handele, den der Verkehr nicht auf Einzelelemente verkürze. Auch für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bestünden keine Anhaltspunkte.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt. Unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren bestreitet sie, dass es sich bei der angegriffenen Marke "blue eagle" um einen Gesamtbegriff handele; vielmehr werde der angesprochene Verkehr das Wort "blue" ohne weiteres als bloße warenbeschreibende Angabe ansehen und bei der Wiedergabe der jüngeren Marke weglassen. Darüber hinaus beantragt sie die Aussetzung des Verfahrens, weil zwischen den Beteiligten vor dem HABM ein Widerspruchverfahren anhängig sei, bei dem die hiesige Markeninhaberin ua aus der hier angegriffenen IR-Marke gegen die gemeinschaftsrechtliche Anmeldung der Wortmarke "Eagle" der Widersprechenden Widerspruch eingelegt habe, über den noch nicht rechtskräftig entscheiden sei. Wegen der möglichen Gefahr divergierender Entscheidungen in den nationalen und europäischen Verfahren regt sie des weiteren die Zulassung der Rechtsbeschwerde an; denn falls das HABM eine Verwechslungsgefahr bejahen würde, müsste die bisherige Rechtsprechung zur Frage untrennbarer Gesamtbegriffe neu überdacht werden.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken im Sinne des §§ 42, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneint hat. Denn ungeachtet der Frage, inwieweit von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auszugehen ist, und trotz teilweiser Warenidentität, jedenfalls aber hochgradiger Warenähnlichkeit, hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zum älteren Zeichen noch ein.
Von ihrem Gesamteindruck, von dem grundsätzlich auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 233 f - Rausch/Elfi Rauch), unterscheiden sich beide Marken schon wegen des in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Wortes "blue" in der angegriffenen Marke. Wie der Senat bereits in seiner zwischen den Beteiligten ergangenen Entscheidung vom 6. November 2001 (27 W (pat) 191/00 - BLUE EAGLE/EAGLE; veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM) ausgeführt hat, welche den Widerspruch aus der auch hier zugrundeliegenden Widerspruchsmarke gegen die schutzsuchende IR-Marke 635 089 der Beschwerdegegnerin, die aus den grafisch ausgestalteten Wörtern "BLUE EAGLE" und einem einen fliegenden Adler wiedergebenden Bildelement besteht, betraf, hat der Verkehr auch keinen Anlass, die angegriffene Marke allein auf den Bestandteil "Eagle" zu verkürzen, da es sich um eine Einheit handelt, die kurz und einfach auszusprechen und leicht zu merken ist. Für eine hiervon vorliegend abweichende Beurteilung besteht erkennbar kein Grund, zumal sie auch zahlreichen weiteren Entscheidungen des Gerichts entspricht, die jeweils zu Widersprüchen aus der auch hier in Rede stehenden Widerspruchsmarke gegen mit der hier angegriffenen Marke vergleichbare Kennzeichnungen ergangen sind (vgl 27 W (pat) 135/00 - German Eagles/EAGLE; 32 W (pat) 109/00 - Green Eagle/EAGLE; 28 W (pat) 114/00 - STREET EAGLE/EAGLE; sämtlich veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr ist weder etwas vorgetragen noch sprechen, wie der Senat bereits in seiner vorgenannten früheren Entscheidung näher ausgeführt hat (aaO - BLUE EAGLE/EAGLE), sonstige Gründe hierfür.
Soweit die Widersprechende schließlich auf das zwischen den Beteiligten schwebende Widerspruchsverfahren vor dem HABM hingewiesen hat, kam eine Aussetzung des Verfahrens nach § 82 Abs 1 MarkenG in Verbindung mit § 148 ZPO nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann ein Verfahren nämlich nur dann ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung von einem Rechtsverhältnis abhängt, welches im auszusetzenden Verfahren Vorfrage und gleichzeitig Gegenstand des weiteren Verfahren ist. Auf das hier in Rede stehende Registerverfahren übertragen, liegt somit eine Vorgreiflichkeit nach dieser Vorschrift nur vor, wenn Gegenstand des weiteren Verfahrens der Bestand entweder der angegriffenen Marke oder der Widerspruchsmarke ist. Beides ist indessen nicht der Fall, da sich der ua aus der IR-Marke 692 766 erhobene der Widerspruch in dem vor dem HABM noch anhängigen Widerspruchsverfahren gegen eine andere der Widersprechenden gehörende (Gemeinschafts-) Marke richtet. Aber selbst wenn die Streitgegenstände des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und des beim HABM noch anhängigen Widerspruchsverfahrens identisch wären, stellt die bloße Möglichkeit divergierender Entscheidungen entgegen der Auffassung der Widersprechenden nach ständiger Rechtsprechung keinen Aussetzungsgrund nach § 148 ZPO dar (vgl OLG Köln, NJW 1958, 106, 107 mwN zur früheren Rechtsprechung; OLG Jena, NJW-RR 2001, 503).
Da die Markenstelle dem Widerspruch somit zu Recht den Erfolg versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Zwar sind die hier zu beurteilenden Rechtsfragen bereits in der zwischen den Beteiligten ergangenen früheren Entscheidung des Senats vom 6. November 2001 sowie in den weiteren die Widerspruchsmarke betreffenden Entscheidungen des BPatG erschöpfend beantwortet worden, was grundsätzlich eine Kostenauferlegung zulasten der Widersprechenden rechtfertigen könnte. Eine solche Entscheidung erschiene jedoch vorliegend unbillig, nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke bei Einlegung ihres Widerspruchs gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Widersprechenden ihrerseits einen von dieser Rechtsprechung und auch von ihr im vorliegenden Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung abweichenden Standpunkt vertreten hat.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Soweit es die Frage der Aussetzung des Verfahrens betrifft, entspricht die vorliegende Entscheidung jahrzehntelanger einheitlicher Entscheidungspraxis. Im übrigen war allein auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Verwechselbarkeit der Vergleichsmarken aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls zu befinden.
Dr. Schermer Friehe-Wich Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 01.04.2003
Az: 27 W (pat) 105/02
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