Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 12/01

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2003, Az.: 29 W (pat) 12/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung Weltniveauist als Wort-/Bildmarke für die Waren der Klassen 16 Poster, Postkarten, Kalender, Druckereierzeugnisse 20 gerahmte Bilder, Bilderrahmen 28 Spiele, Spielzeugzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 17. Oktober 2000 als anpreisende Angabe ohne jegliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Weltniveau stelle keine individuelle Wortneubildung, sondern einen in seiner Gesamtheit bereits existierenden Begriff dar.

Das angesprochene Publikum werde die angemeldete Bezeichnung als Werbeanpreisung iS eines Hinweises auf Produkte einer internationalen Spitzenqualität auffassen und damit nur als Hinweis auf die Qualität der Produkte verstehen. Die Anmeldung lasse nicht erkennen, ob Gegenstand der Anmeldung die Wortmarke "Weltniveau" oder die schreibschriftartig gestaltete Bildmarke sein solle. Da sich die Gestaltung jedoch in der Wahl einer werbeüblichen (Schreib)Schrift erschöpfe, könne sie die Unterscheidungskraft nicht begründen.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung beruft sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und insbesondere auf die Entscheidung "YES", wonach bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Es handele sich nicht um ein gebräuchliches Wort der Alltagssprache, das vom Verkehr stets als solches aufgenommen und nur in seinem Ursprungssinn verstanden werde. Soweit der Begriff "Weltniveau" als Werbeanpreisung aufgefasst werde, sei dies eine schlagwortartige Anpreisung, die einen Kaufentschluss hervorrufen soll, so dass eine Aussage vorliege, die über das reine Wortverständnis hinaus gehe und es verbiete, dem Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen. Die Anmelderin ist der Ansicht, dass die angemeldete Marke eine gewisse schutzbegründende Originalität aus der ironischen Verwendung der Bezeichnung "Weltniveau" auf die beanspruchten Waren beziehe.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Oktober 2000 aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Anmeldung die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Die Markenstelle hat die angemeldete Marke im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Anmelde- und Beschwerdegegenstand ist dabei die angegebene Wort/Bildmarke "Weltniveau", nachdem die Anmelderin mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 klargestellt hatte, dass nicht eine Wort- und eine Bildmarke, sondern allein eine Bild/ Wortmarke mit dem Markentext "Weltniveau" eingetragen werden soll.

Unterscheidungskraft iS der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st Rspr BGH, GRUR 2001, 1150 - LOOK; GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; WRP 2002, 1281 - Bar jeder Vernunft mwN; zuletzt Beschluss vom 19. Dezember 2002 - I ZB 21/00 - Buchstabe "Z"). Der Senat geht mit der Anmelderin davon aus, dass jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Entscheidend ist, ob einer Wort/Bildmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH WRP 2001, 1201 - antiKalk; BGH MarkenR 2001, 314 - marktfrisch).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass sich die angemeldete Marke in der Wiedergabe des bereits existierenden, lexikalisch nachweisbaren Begriffs "Weltniveau" erschöpft, der als das Leistungsniveau definiert wird, das der internationalen Spitzenqualität, der Stufe der internationalen Spitzenleistungen entspricht (vgl DUDEN Universalwörterbuch PC-Bibliothek 3.0 "der Betrieb, die Band hat Weltniveau"). Der insbesondere in der ehemaligen DDR gängige Begriff wurde und wird in der heutigen Bundesrepublik ganz allgemein iSv Spitzenleistung, Spitzenqualität sowohl für Personen und Ereignisse als auch im Wirtschaftsleben und in der Berichterstattung für Waren als Sachangabe zur Beschreibung der besonders hohen Qualität von Produkten und Leistungen verwendet (vgl zB DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in Zehn Bänden, 3. Aufl, S 4484: "Die Forschungsergebnisse kämen vielfach nicht an das Weltniveau heran"; "Erzeugnisse von Weltniveau" uä). Die beschreibende Bedeutung des Begriffs wird durch die Verwendungsbeispiele der Internetrecherche des Senats bestätigt, die der Anmelderin zugesandt worden sind und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren (vgl zB Die Post auf Weltniveau; Papier für Drucker von Weltniveau; Moderne Kunst von Weltniveau; ein gewinnbringendes Unternehmen von Weltniveau; Qualitätsinitiativen auf Weltniveau in Schweden; Ein italienisches Unternehmen mit Weltniveau im Bereich des Deutsch-Italienischen Technologietransfers Qualität bei Heiß und Kalt; Einmaliges Projekt auf Weltniveau; Ostdeutscher Wein auf Weltniveau; IT-Standort Ruhrgebiet mit Weltniveau; "Fast überall ist West- bzw Weltniveau entstanden" zu Themen Aufbau Ost; Jugendmagazin mit Weltniveau; Mit Riesenschritten zum Weltniveau; Suspa Image d neu: Täglich mehr als 200.000 Qualitätsprodukte für unsere Kunden "Fertigung auf Weltniveau Produktqualität Page 25" etc - google.de vom 22. Januar 2003).

In Verbindung mit den beanspruchten Waren steht für das angesprochene breite Publikum bei der angemeldeten Bezeichnung der ohne weiteres verständliche beschreibende Hinweis auf die Spitzenqualität der "Poster, Postkarten, Kalender, Druckereierzeugnisse, gerahmten Bilder, Bilderrahmen, Spiele und Spielzeug" im Vordergrund, derer sich die Anmelderin berühmt oder die sie in Frage stellen will. Dass sich die Anmelderin mit Anspruch und Wirklichkeit der angemeldeten Bezeichnung anhand der vorgelegten Postkarten in ironischer Weise auseinandersetzt, vermag die Unterscheidungskraft nicht zu begründen. Denn für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Markenanmeldung kommt es für deren Eintragung nicht auf die tatsächliche Verwendung, sondern darauf an, wie die konkret angemeldete Bezeichnung für sich genommen vom Verkehr verstanden wird, wenn sie ihm auf Waren der beanspruchten Art ohne weitere Erläuterungen begegnet. Eine ironische Verfremdung kann den beschreibenden Charakter einer Bezeichnung nur dann zurücktreten lassen oder von diesem wegführen, wenn sich diese aus der Bezeichnung heraus von selbst ergibt. Das ist bei dem Sachbegriff "Weltniveau" nicht der Fall, wenn er in Verbindung mit Waren der beanspruchten Art gebracht wird.

Auch die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke Wort/Bildmarke ist nicht geeignet, dem angesprochenen Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmerkmal zu dienen, weil es sich um eine gebräuchliche Schreibschrift handelt (sog Künstler-Schreibschrift bzw Commercial Script vgl Michael Rau/Rosemarie Kloos-Rau Schreibschriften Script Types 1993, S 93 u Letraset Gesamtkatalog 1.65), wie sie für beschreibende Angaben auf den einschlägigen Gebieten werbeüblich zur Sachinformation allgemein anzutreffen und in der mündlichen Verhandlung anhand von Beispielen erläutert worden ist.

2. Da der Begriff "Weltniveau" auch in der konkret angemeldeten Schreibschrift als Bezeichnung zur Beschreibung von Art und Qualität der beanspruchten Waren dienen kann, bestehen nach den Feststellungen des Senats konkrete Anhaltspunkte für das Bejahen eines Freihaltebedürfnisses für die Mitbewerber der Anmelderin, sich einer derartigen Qualitätsberühmung zur beschreibenden Hervorhebung ihrer Waren ungehindert zu bedienen, unabhängig von der Frage, ob der Anspruch von Weltniveau zu Recht besteht oder nicht. Die angemeldete Marke ist demzufolge auch nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung als Marke ausgeschlossen (vgl BGH BlPMZ 2000, 331 - Bücher für eine bessere Welt).

Grabrucker Pagenberg Voit Fa






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2003
Az: 29 W (pat) 12/01


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