Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 22. Februar 2011
Aktenzeichen: X ZB 43/08
(BGH: Beschluss v. 22.02.2011, Az.: X ZB 43/08)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 26. Juni 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Einspruch des Einsprechenden zu 2 als unzulässig verworfen wird.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Patentinhaber zu 1 und 2 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Einsprechenden zu 2, die diesem selbst zur Last fallen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Rechtsbeschwerdeführer (im Folgenden: So. und Ba.) sowie die Einsprechende zu 1 (im Folgenden: C. ), deren Geschäftsführer der Einspre- chende zu 2 (im Folgenden: Ch.) ist, sind als Inhaber des deutschen Patents 44 40 453 (Streitpatents) eingetragen, das am 2. November 1994 angemeldet und dessen Erteilung am 12. September 2002 veröffentlicht worden ist und das eine Schweißheizung für das Herstellen von Kunststoffrohrmatten betrifft. Patentanspruch 1 lautet:
"Schweißheizung für das Herstellen von Kunststoffrohrmatten, wobei die Kunststoffrohrmatten aus einer Anzahl parallel angeordneter flexibler Kunststoffrohre bestehen, welche stoffschlüssig durch Schweißen mit einem Sammelrohr verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass auf einer Grundplatte (1) zwei Basiskörper gleicher oder unterschiedlicher Ausführung (3, 4 oder 3, 3 oder 4, 4) parallel und mit Abstand zueinander angeordnet sind, dass in der lösbaren Teilebene (8) eines Basiskörpers (3) ein oder mehrere Heizelemente (5) längs zum Schweißspiegel (7) angeordnet sind, und dass in dem anderen Basiskörper (4) Heizelemente nacheinander im rechten Winkel zum Schweißspiegel (10) angeordnet sind."
Der Eintragung ging nach den Feststellungen des Patentgerichts folgender Geschehensablauf voraus. C. , zu deren Gründung sich So. und Ba. so- wie Ch. mit H.-E. Sch. (im Folgenden: Sch.) zusammengetan hatten, wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 5. April 1994 errichtet und am 18. Mai 1994 in das Handelsregister eingetragen. So. und Ba. waren Gesellschafter der C. und ab dem 1. Juli 1994 deren Angestellte. Das Streitpatent meldete So. allein an. Auf Aufforderung des Deutschen Patent- und Markenamts (im Folgenden: Patentamt), den Erfinder zu benennen, reichte So. am 13. März 1996 eine Erklärung ein, derzufolge er selbst und Ba. sowie Ch. und Sch. Erfinder waren und die die Unterschriften aller vier Personen trug. Die Erklärung selbst hatte So., Ch. und Sch. zu einem früheren Zeitpunkt zur Unterschrift untergeschoben, was erst im Zusammenhang mit der Offenlegung der Anmeldung entdeckt worden ist. Am 29. April 1996 gab So. gegenüber dem Patentamt die ergänzende Erklärung ab: "Erfinder sind die Anmelder". Zu diesem Zeitpunkt hatte C. sein Anstellungsverhältnis wegen des - später bestätigten - Verdachts der Konkurrenztätigkeit durch fristlose Kündigung beendet. Mit Schreiben vom 28. Juni 1996 forderte Ch. So. auf, alle im Zusammenhang mit C. -Patenten, insbe- sondere Patentanmeldungen, stehenden Unterlagen zurückzugeben und damit zusammenhängende Handlungen künftig zu unterlassen. Auf die Erklärung von So. hin und nachdem er die Umschreibegebühr bezahlt hatte, wurden So. und Ba. sowie Ch. und Sch. als Anmelder eingetragen und als benannte Erfinder vermerkt. Ch. und Sch. übertrugen ihre Rechte an der Erfindung auf C. , die beim Patentamt eine entsprechende Umschreibung beantragte, welche im April 1997 verfügt und im Mai 1997 vollzogen wurde.
Am 27. November 2002 haben C. und Ch., gemeinsam vertreten von einem Rechtsanwalt, in einem einheitlichen Schriftsatz Einspruch gegen das Streitpatent eingelegt und innerhalb der Einspruchsfrist eine Gebühr in Höhe von 200 € eingezahlt. Den Einspruch haben sie auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt.
So. und Ba. sind dem Rechtsbehelf entgegengetreten.
Das Patentgericht, dessen Entscheidung in GRUR 2009, 587 veröffentlicht ist, hat das Streitpatent antragsgemäß wegen widerrechtlicher Entnahme widerrufen. Hiergegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde von So. und Ba., deren Zurückweisung C. und Ch. beantragen.
II. 1. Das Patentgericht hat beide Einsprüche für zulässig erachtet. Dem durch eine widerrechtliche Entnahme Verletzten sei neben der Vindikationsklage nach § 8 PatG auch das Einspruchsverfahren nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG eröffnet. Es seien fristgerecht Tatsachen vorgetragen worden, aus denen sich ergebe, dass eine widerrechtliche Entnahme erfolgt sei. Ob dieser Vortrag zutreffe, sei keine Frage der Zulässigkeit des Einspruchs. Dieser stehe auch nicht entgegen, dass C. aktuell (Mit-)Patentinhaberin sei und Ch. kurzfristig als Berechtigter in die Patentrolle eingetragen gewesen sei. Das Patentgericht hat des Weiteren angenommen, dass nur die Zahlung einer Einspruchsgebühr erforderlich gewesen sei.
2. Die gegen diese Beurteilung der Zulässigkeit der Einsprüche gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben nur insoweit Erfolg, als es den von Ch. eingelegten Rechtsbehelf betrifft.
a) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde sich dagegen, dass das Patentgericht das Einspruchsverfahren trotz der aktuellen Patentmitinhaberschaft von C. und der vorübergehenden Eintragung von Ch. als Mitanmelder für eröffnet angesehen hat.
aa) Der Streit um die Berechtigung am Patent ist entgegen der Rechtsbeschwerde nicht allein im Wege der Vindikationsklage (§ 8 PatG) auszutragen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 16. Dezember 1993 bereits ausgesprochen, dass das Gesetz dem aus widerrechtlicher Entnahme Verletzten mit der Vindikationsklage einerseits und dem auf § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG gestützten Einspruch zwei unterschiedliche Rechtsinstitute zur Verfügung stellt, die einen Schutz der Rechte des Verletzten mit unterschiedlicher Zielrichtung gewährleisten. Die unterschiedliche Zielrichtung der beiden Rechtsbehelfe hat zur Folge, dass ein Vorrang des zivilprozessualen Verfahrens nicht grundsätzlich angenommen werden kann, sondern nur insoweit, als in einem Verfahren rechtskräftig Tatsachen festgestellt werden, von denen im anderen nicht abgewichen werden darf (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1993 - X ZB 12/92, BGHZ 124, 343, 346 - Lichtfleck). Die Gefahr insoweit widerstreitender Entscheidungen besteht vorliegend nicht, nachdem C. ihre 1996 erhobene Vin- dikationsklage zurückgenommen hat.
Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 16. Dezember 1993 des Weiteren ausgesprochen, dass es jedenfalls dann ohne Einfluss auf den weiteren Gang eines Einspruchsverfahrens ist, wenn der Einsprechende in dessen Verlauf Patentinhaber wird und sein Interesse an der Sachentscheidung mit den ihm nach einem erfolgten Widerruf des Patents gemäß § 7 Abs. 2 PatG eröffneten Möglichkeiten begründet, selbst gestaltend Einfluss auf die Fassung der Patentschrift und vor allem der Patentansprüche nehmen zu können (BGHZ 124, 343, 349 f. - Lichtfleck).
bb) Die Einspruchsbefugnis von C. ist nicht anders zu beurteilen, auch wenn das Unternehmen schon vor Einlegung des Einspruchs als Patentmitinhaberin eingetragen war. Sie braucht sich nicht, wie die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf das Urteil des Reichsgerichts vom 30. April 1927 (RGZ 117, 47, 50) meint, darauf verweisen zu lassen, eine Auseinandersetzung unter Miterfindern finde nur im Wege der Vindikationsklage statt. Die Eintragung von C. beruht zwar auf der rechtsgeschäftlichen Übertragung seiner Rechte an der Erfindung durch Ch. Dieser und C. haben insoweit jedoch geltend gemacht, Ch. sei Alleinerfinder bzw. So. sei allenfalls Arbeitnehmermiterfinder einer von C. unbeschränkt in Anspruch genommenen gebundenen Diensterfindung. In jedem Fall handelt es sich in dieser Konstellation, anders als in dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall, nicht um eine Auseinandersetzung unter Mitberechtigten, sondern um einen Einspruch, mit dem der Einsprechende seine alleinige Berechtigung an der Erfindung geltend macht. In einer solchen Konstellation kann auch eine aktuell als Patentmitinhaber eingetragene Person in schutzwürdiger Weise am Widerruf des Patents interessiert sein. Dieses Interesse muss nicht notwendigerweise mit den bereits erwähnten Möglichkeiten zusammenhängen, Einfluss auf den Inhalt der Patentschrift bzw. die Formulierung der Patentansprüche nehmen zu können, sondern kann, was ebenfalls anerkennenswert ist, auch durch die Aussicht begründet sein, die Erfindung nach dem Widerruf allein zum Patent anmelden zu können (§ 7 Abs. 2 PatG).
cc) Aus den vorstehend dargelegten Gründen ist im Übrigen die Patentmitinhaberschaft, anders als in Fällen, in denen der Einspruch auf einen der anderen Widerrufsgründe des § 21 Abs. 1 PatG gestützt ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. Januar 2011 - X ZB 33/08 - Deformationsfelder), kein hinreichender Grund, um das Rechtsschutzbedürfnis für den Einspruch zu verneinen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Mitinhaberschaft, wie hier vom Patentgericht festgestellt, vom Einsprechenden nicht angestrebt worden , sondern durch eine ihm oder seinem Rechtsvorgänger durch den ursprünglich alleinigen Patentinhaber untergeschobene Erklärung zustande gekommen ist.
dd) Ein anerkennenswertes Interesse von Ch. an einer Sachentscheidung besteht demgegenüber nicht. Zu seinen Gunsten lässt sich entgegen der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht anführen, der Einsprechende brauche ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung generell nicht nachzuweisen. Der auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützte Einspruch nimmt an der grundsätzlichen Ausgestaltung des Einspruchsverfahrens als eines Popularrechtsbehelfs nicht teil, sondern ist ein dem "Verletzten" vorbehaltenes Instrument des Individualrechtsschutzes (§ 59 Abs. 1 Satz 1, 2. Altern. PatG), das nach allgemeinen Grundsätzen nur in Anspruch genommen werden kann, wenn die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Dazu gehört, dass dem Einsprechenden ein Interesse an der begehrten Entscheidung zugebilligt werden kann. Ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis ist für den Einspruch von Ch. deshalb nicht zu bejahen, weil er sein Recht auf das Patent auf C. übertragen hat, die dementsprechend seine Rechtsnachfolgerin (§ 6 PatG) geworden ist. Infolgedessen könnte Ch. seiner Behauptung, in Bezug auf den Gegenstand des Streitpatents Alleinerfinder zu sein, nicht mehr mit dem Ziel Geltung verschaffen, die Erfindung im Anschluss an den begehrten Widerruf gemäß § 7 Abs. 2 PatG selbst anzumelden. Diese Möglichkeit ist nunmehr nur noch C. eröffnet. Die Frage der behaupteten Alleinerfinderschaft Ch.'s, der als Geschäftsführer der C. nicht den Bestim- mungen des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen unterliegt, kann nur noch für die Frage von Bedeutung sein, ob C. zumindest So. eine nach den Rege- lungen dieses Gesetzes zu bemessende Vergütung schuldet. Das begründet indes kein Rechtsschutzbedürfnis von Ch. für die Durchführung des Einspruchsverfahrens wegen widerrechtlicher Entnahme.
b) Der Einspruch von C. gilt entgegen der von der Rechtsbeschwerde verfochtenen Auffassung nicht deshalb als zurückgenommen (§ 6 Abs. 2 Pat-KostG), weil sie und Ch. nur gemeinsam eine Einspruchsgebühr von 200 € entrichtet haben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die im Rahmen seiner Hilfsbegründung geäußerte Annahme des Patentgerichts, die Zahlung der Einspruchsgebühr lasse sich C. zuordnen, eine von der Rechtsbeschwerde nicht mit einer durchgreifenden Rüge angegriffene und den Senat somit bindende (§ 107 Abs. 2 PatG) tatsächliche Feststellung ist, auf deren Grundlage der Einspruch der C. ohne Weiteres als zulässig zu behandeln wäre. Denn jedenfalls ist die Beurteilung des Patentgerichts, mit der Zahlung von 200 € sei die Wirksamkeitsvoraussetzung der Gebührenentrichtung für die Durchführung des Einspruchsverfahrens erfüllt, rechtlich nicht zu beanstanden. Der gegenteiligen Ansicht der Rechtsbeschwerde zu folgen würde auf eine mit dem Rechtsstaatlichkeitsgebot unvereinbare Erschwerung des Zugangs der Einsprechenden zu einer gerichtlichen Instanz hinauslaufen. Hängt die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes, wie hier, nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr ab, sondern wird sogar ohne Weiteres gesetzlich die Rücknahme des entsprechenden Antrags fingiert, wenn die Gebührenzahlung nicht binnen der vorgesehenen Frist erfolgt (§ 6 Abs. 2 PatKostG), ist es zur Vermeidung unzumutbarer Härten unabdingbar, dass für den um Rechtsschutz nachsuchenden Bürger der Umfang seiner Zahlungspflicht zweifelsfrei erkennbar ist. Diesen Anforderungen wurde der durch Art. 1 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3656) mit Wirkung vom 1. Januar 2002 erstmals eingeführte Gebührentatbestand für das Einspruchsverfahren nicht gerecht, was dadurch belegt wird, dass der Gesetzgeber sich alsbald im Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 (BGBl. I S. 1318) zu der "Klarstellung" (vgl. BT-Drucks. 16/735 S. 9 unter A II 2 und S. 16 zu Nr. 6 a aa) veranlasst gesehen hat, dass die Einspruchsgebühr von jedem Antragsteller gesondert erhoben wird. Diese Klarstellung stützt das von der Rechtsbeschwerde befürwortete Verständnis, schon die ursprüngliche Regelung im Gesetz vom 13. Dezember 2001 sei entsprechend der jetzigen Gesetzeslage zu verstehen gewesen, schon deshalb nicht, weil die Materialien zu einem Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der historischen Auslegungsmethode wohl für die Auslegung der fraglichen Neuregelung heranzuziehen sind, nicht aber auch zur Auslegung des bisherigen, insbesondere des in einer früheren Legislaturperiode verabschiedeten Rechts (BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - X ZB 1/09 Rn. 23, WRP 2009, 1554 - Gebührenanrechnung im Nachprüfungsverfahren).
Unter diesen Voraussetzungen begegnet es keinen Bedenken, dass das Patentgericht im Streitfall in Bezug auf zwei gemeinschaftlich eingelegte und auf den einheitlichen Einspruchsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützte Einsprüche nur von der Verpflichtung zur Zahlung einer einheitlichen Gebühr von 200 € ausgegangen ist. Das gilt, worauf das Patentgericht zutreffend hingewiesen hat, umso mehr, als zur Zeit der Fälligkeit der Einspruchsgebühr im vorliegenden Fall weder eine anderslautende Amtspraxis bestand noch Entscheidungen der zuständigen Beschwerdesenate vorlagen, die Klarheit in eine andere Richtung geschaffen hätten.
III. In der Sache hat das Patentgericht die Voraussetzungen für den Widerruf des Streitpatents wegen widerrechtlicher Entnahme zu Recht bejaht.
1. Der Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG ist erfüllt, wenn der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen - des Verletzten im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Altern. PatG (vgl. Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 21 Rn. 43) - ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist. Als Verletzter kommt neben dem Erfinder bzw. seinem Rechtsnachfolger auch der Erfindungsbesitzer in Betracht (Benkard/Melullis, PatG, 10. Aufl., § 6 Rn. 20; Benkard/Rogge, aaO, § 21 Rn. 20; Schwendy, aaO Rn. 45, 49 ff.). Die Entnahme ist widerrechtlich, wenn der Entnehmende materiellrechtlich zur Anmeldung der Erfindung nicht berechtigt ist und auch keine Einwilligung des Verletzten vorliegt (Schwendy, aaO Rn. 66). Der Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme setzt insoweit voraus, dass sich ein berechtigter Erfindungsbesitzer mit einem nicht berechtigten Patentinhaber konfrontiert sieht (vgl. Rogge, aaO Rn. 21).
2. Die vom Patentgericht hierzu getroffenen Feststellungen tragen den Widerruf des Streitpatents. Die von der Rechtsbeschwerde insoweit erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Das Patentgericht hat angenommen, dass C. durch Ch. als ihrem Geschäftsführer im Juli 1994 Erfindungsbesitz durch eine mit der patentgemäßen Schweißheizung ausgestattete Maschine erlangt habe (BA 18). Die angemeldete Erfindung enthalte in Patentanspruch 1 eine lösbare Teilebene (8), die ein erfindungswesentliches Merkmal darstelle, das weder Teil der die fragliche Maschine betreffenden, vor Beginn des Anstellungsverhältnisses von So. und Ba. erfolgten Angebotsanfragen an zwei Maschinenbauunternehmen vom 1./2. März 1994 noch in der Zeichnung enthalten gewesen sei, die So. im Vindikationsprozess als Skizze 1 vorgelegt habe. Die Kopie einer Zeichnung, in der die lösbare Teilebene eingezeichnet gewesen sei und die mit der Zeichnung des Streitpatents übereinstimme, weise kein Datum auf, und So. und Ba. hätten nicht nachweisen können, dass sie vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses von So. Bestandteil der Erfindung gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die Erfindung erst während des Arbeitsverhältnisses von So. vollendet worden sei und demgemäß eine gebundene Erfindung im Sinne von § 4 Abs. 2 ArbEG vorliege, welche C. mit Schreiben vom 28. Mai 1996 wirk- sam in Anspruch genommen habe. Auch wenn unterstellt werde, dass alle vier als Erfinder benannten Personen Miterfinder seien, sei die Anmeldung durch So. allein zu Unrecht erfolgt. So. könne auch sonst keine Berechtigung zur alleinigen Anmeldung vorweisen. Seine nachträgliche Erklärung gegenüber dem Patentamt, dass die Erfinder auch die Anmelder seien, ändere daran nichts, da die übrigen Erfinder auch hierüber nicht informiert gewesen seien und dieser Erklärung nicht zugestimmt hätten. Die Umschreibung im Patentregister ändere hieran nichts. Eine nachträgliche Genehmigung durch alle Miterfinder liege nicht vor.
b) Die Rechtsbeschwerde rügt, dass verschiedene Erklärungen von Ch., So., Ba. und Sch., die wesentliche Grundlage der Würdigung des Patentgerichts geworden seien, ihre Grundlage in einer persönlichen Anhörung während der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht hätten, ohne dass im Protokoll die Anhörung als solche, geschweige denn die abgegebenen Erklärungen zumindest stichwortartig festgehalten seien. Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Richtig ist zwar, dass das Patentgericht im Protokoll nicht festgehalten hat, dass es Personen angehört hat, und dass sich der Inhalt der gemachten Angaben nur aus den Beschlussgründen erschließt. Ein zur Aufhebung nötigender Verfahrensverstoß liegt darin jedoch nicht.
aa) Nach § 147 Abs. 3 Satz 2 PatG in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung, die im Streitfall einschlägig ist, waren auf das Einspruchsverfahren die §§ 59 bis 62 PatG anzuwenden. Nach § 59 Abs. 3 PatG findet im Einspruchsverfahren § 46 PatG Anwendung. Dieser Bestimmung zufolge kann die Prüfungsstelle (der Beschwerdesenat) jederzeit die Beteiligten laden und anhören, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte eidlich oder uneidlich vernehmen sowie andere zur Aufklärung der Sache erforderliche Ermittlungen anstellen. Über die Anhörungen und Vernehmungen ist eine Niederschrift zu fertigen, die den wesentlichen Gang der Verhandlung wiedergeben und die rechtserheblichen Erklärungen der Beteiligten enthalten soll, wobei die §§ 160a, 162 und 163 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden sind.
bb) Als zum wesentlichen Gang der Anhörungen und Vernehmungen im Sinne von § 46 Abs. 2 PatG gehörig wird regelmäßig der Umstand anzusehen sein, dass die Prüfungsstelle bzw. Patentabteilung oder der vorübergehend zuständige Beschwerdesenat Beteiligte zu entscheidungserheblichen Umständen angehört hat. Der Beteiligtenbegriff ist hierbei verfahrensrechtlich zu verstehen, wie sich aus der Unterscheidung von Beteiligten einerseits und Zeugen andererseits in § 46 Abs. 1 Satz 1 PatG ergibt. Beteiligte sind dementsprechend namentlich der Anmelder bzw. Patentinhaber und gegebenenfalls Einsprechende. Dass vorliegend im Protokoll nicht vermerkt worden ist, dass die Verfahrensbeteiligten und - worauf zurückzukommen sein wird - Sch. angehört worden sind, rechtfertigt für sich selbst genommen, was auch die Rechtsbeschwerde nicht annimmt, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nicht.
cc) Ob die bei einer wie hier durchgeführten Anhörung gemachten Angaben zu protokollieren sind, lässt die gesetzliche Regelung nicht erkennen. Für die Reichweite der durch § 46 Abs. 2 PatG begründeten Protokollierungspflicht wird in der Fachliteratur eine Anlehnung an § 160 Abs. 3 ZPO befürwortet (vgl. Benkard/Schäfers, aaO, § 46 Rn. 21). Inwieweit dem zu folgen ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Eine inhaltliche Protokollierung der von einer Prozesspartei im Rahmen ihrer Anhörung gemachten Angaben ist nach § 160 ZPO nur obligatorisch, wenn die Partei zu Beweiszwecken förmlich vernommen wird, nicht aber, wenn sie - was der Anhörung der Beteiligten gemäß § 46 Abs. 1 PatG am ehesten entspricht - lediglich nach § 141 ZPO angehört wird (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 160 Rn. 8; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl., § 160 Rn. 8). Es reicht insoweit, wenn die gemachten Angaben in den Gründen der Entscheidung wiedergegeben sind (BGH, Urteil vom 23. April 2002 - X ZR 29/00). Ist dies geschehen, wird ein die Aufhebung nach sich ziehender Verfahrensfehler nur in solchen Fällen anzunehmen sein, in denen auch die schriftlichen Gründe die Grundlagen der Entscheidung nicht mehr sicher erkennen lassen. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil die Mitteilung der von den Verfahrensbeteiligten bei ihrer Anhörung gemachten Angaben in den Beschlussgründen eine Überprüfung der Grundlagen, auf denen das Patentgericht seine Überzeugung gebildet hat, noch ermöglichen.
Ungeachtet dessen erscheint dem Senat mit Blick auf den § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde liegenden Rechtsgedanken und zur Vermeidung einer Vermischung des Referats der gemachten Angaben und deren Würdigung in den Entscheidungsgründen die Protokollierung der Anhörungen jedenfalls dann angebracht, wenn es sich, wie hier, um umfangreichere tatsächliche Angaben handelt, die für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erheblich sind.
dd) Den ebenfalls angehörten Sch. hat das Patentgericht wegen der gegenüber dem Patentamt abgegebenen Erklärung, er sei Miterfinder, als Beteiligten angesehen. Dieser Umstand begründet die erforderliche verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung indes nicht (oben III 2 b bb). Sch. hätte förmlich als Zeuge vernommen und seine Angaben hätten protokolliert werden müssen. Die Protokollierungspflicht ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die geboten ist, auch wenn § 161 ZPO in § 46 Abs. 2 Satz 2 PatG nicht genannt ist. Dass dies nicht geschehen ist, zieht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gleichwohl nicht nach sich, weil der Senat nach dem Zusammenhang der Beschlussgründe ausschließen kann, dass das Patentgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es die von Sch. gemachten Angaben außer Betracht gelassen hätte.
C. ist alleinige Berechtigte am Gegenstand der Erfindung, wenn ihr die Rechte aller Miterfinder zustehen. Ch. und Sch. haben C. ihre Rechte an der Erfindung rechtsgeschäftlich übertragen. Dass Ba. keine Rechte an der Erfindung zustehen, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei aus dem Umstand geschlossen, dass dieser selbst bei seiner Anhörung nicht anzugeben vermochte, worin sein Beitrag zu der Erfindung liegen könnte. Die Alleinberechtigung der C. setzt mithin nur noch voraus, dass sie einen etwaigen Beitrag So.s zu der Erfindung nach § 6 ArbEG (idF vom 1. Januar 1964) wirksam in Anspruch genommen hat. Davon ist das Patentgericht ausgegangen, und dies hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand.
Zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents am 2. November 1994 war So. seit dem 1. Juli 1994 Angestellter der C. . Da außer Streit steht, dass es sich bei dem Gegenstand der Erfindung der Sache nach um eine Diensterfindung im Sinne des § 4 Abs. 2 ArbEG handelt, war die Inanspruchnahme des Beitrags, den So., wie das Patentgericht zu seinen Gunsten unterstellt hat, zu der Erfindung erbracht hat, nur dann ausgeschlossen, wenn entweder die Erfindung bereits vor dem 1. Juli 1994 fertiggestellt war oder jedenfalls der Beitrag So.s zu der Erfindung vollständig bereits vor diesem Stichtag geleistet war. Dass das Patentgericht weder das eine noch das andere festgestellt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Patentgericht hat sich wesentlich auf den Umstand gestützt, dass ein Merkmal des Patentanspruchs 1, nämlich die lösbare Teilebene (8) eines Basiskörpers, weder Teil der Angebotsanfragen vom 1./2. März 1994 noch in der Zeichnung wiedergegeben sei, die So. im Vindikationsprozess als Skizze 1 vorgelegt habe und die die Erfindung zeigen solle. Es hat ferner erwogen, dass So. und Ba. nicht aufzuzeigen vermocht hätten, dass die Teilebene schon Bestandteil der Erfindung gewesen sei, als So. seine Tätigkeit für C. aufge- nommen habe. Dies trägt seine Annahme, dass die Erfindung erst während des Arbeitsverhältnisses von So. vollendet worden ist und dass bezüglich seines möglichen Anteils eine gebundene Arbeitnehmererfindung vorliegt.
Denn die Feststellung, dass eine Erfindung schon zu einem bestimmten, vor dem Anmeldetag liegenden Zeitpunkt fertiggestellt worden ist oder zumindest der Beitrag eines Miterfinders schon zu einem Zeitpunkt erbracht worden ist, zu dem er weder aus der dem Miterfinder im Betrieb des (späteren) Arbeitgebers obliegenden Tätigkeit hervorgehen noch maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten dieses Betriebs beruhen konnte, kann nur getroffen werden, wenn von demjenigen, der sich auf einen solchen vor dem Anmeldetag liegenden Zeitpunkt beruft, dargelegt wird, wann und in welcher Weise es zur Fertigstellung der Erfindung oder zum Abschluss der Mitwirkung hieran gekommen sein soll. Dass So. und Ba. hierzu weiteren Vortrag gehalten hätten, den das Patentgericht nicht berücksichtigt hätte, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Entgegen der Rechtsbeschwerde hat das Patentgericht auch keine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Rechtsbeschwerdeführer getroffen. Ungeachtet der in diesem Zusammenhang missverständlichen Benutzung des Verbs "nachweisen" ist nicht zweifelhaft, dass das Patentgericht positiv und im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens liegend, ohne Verfahrensfehler und Verstöße gegen Denkgesetze die Überzeugung gewonnen hat, C. sei alleinige Berechtigte an der Erfindung geworden.
ee) Auch die Feststellungen zur Widerrechtlichkeit der Entnahme hat das Patentgericht in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen.
Dass die ursprüngliche Patentanmeldung durch So. allein widerrechtlich war, ergibt sich, ohne dass es des Rückgriffs auf persönliche Angaben der Beteiligten bedurfte, aus seinem eigenen nachträglichen Verhalten, nämlich der nachgeschobenen Erklärung "Erfinder sind die Anmelder". Dass diese gegenüber dem Patentamt abgegebene Erklärung nicht im Einvernehmen mit den drei übrigen als Erfinder Bezeichneten bzw. ohne deren nachträgliche Genehmigung erfolgt ist, hat So. ausweislich der Beschlussgründe selbst mit dem Vortrag eingeräumt, er habe Ch. und Sch. über diese Erklärung nicht informiert und sie sei niemandem außer ihm bekannt gewesen (BA 22). Lediglich ergänzend hat das Patentgericht ausgeführt, Ch. und Sch. hätten beide glaubhaft versichert, von der Anmeldung nichts gewusst, sondern bei der Unterzeichnung angenommen zu haben, es handele sich um eine anderweitige, genehmigte Anmeldung.
c) Der Einwand der Rechtsbeschwerde, C. könne lediglich die Ein- räumung einer Mitberechtigung verlangen, nicht aber den Widerruf des Streitpatents (vgl. hierzu Rogge, aaO, § 21 Rn. 21), verkennt, dass das Patentgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt ist, dass lediglich eine gebundene Arbeitnehmererfindung vorliegt, die C. unbeschränkt in Anspruch genommen hat, und dass eine widerrechtliche Entnahme jedenfalls vorliegt, wenn der Arbeitgeber eine ihm vom Arbeitnehmer nicht gemeldete, sondern selbst zum Patent angemeldete Diensterfindung in Anspruch nimmt (vgl. Rogge, aaO Rn. 22 mwN; Schwendy, aaO, § 21 Rn. 75).
3. Die Schutzfähigkeit des Entnommenen hat das Patentgericht zu Recht nicht geprüft.
Das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof in älterer Rechtsprechung haben allerdings die Ansicht vertreten, dass der Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme begrifflich Entnehmbarkeit und damit Schutzfähigkeit des Entnommenen verlange (RG, Urteil vom 2. April 1930 - I 268/29, GRUR 1930, 805, 806 - Kappenschuhspanner; Urteil vom 13. Juni 1939 - I 93/38, GRUR 1940, 35, 39 - Konservendosenetikett; BGH, Urteil vom 27. Oktober 1961 - I ZR 53/60, GRUR 1962, 140, 142 - Stangenführungsrohre). Daran hält der Senat nicht fest. Denn nicht nur im Vindikationsprozess, in dem diese Prüfung nach der Rechtsprechung des Senats nicht erfolgt (BGH, Urteil vom 15. Mai 2001 - X ZR 227/99, GRUR 2001, 823, 825 - Schleppfahrzeug), sondern auch im Einspruchsverfahren wegen widerrechtlicher Entnahme geht es allein um die materielle Zuordnung der Anmeldung bzw. des auf die Anmeldung erteilten Schutzrechts (vgl. Rogge, aaO, § 21 Rn. 23). Demgegenüber ist die Annahme, dass nur Schutzfähiges entnommen werden kann, nicht gerechtfertigt. Denn dem Erfinder einer Lehre zum technischen Handeln, die zum Patent angemeldet oder für die ein Patent erteilt worden ist, erwächst mit deren Verlautbarung, die unter Wahrung einer die Öffentlichkeit hiervon ausschließenden Vertraulichkeit erfolgt ist, ein Recht an der Erfindung unabhängig davon, ob die Lehre schutzfähig ist (BGH, Urteil vom 18. Mai 2010 - X ZR 79/07, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 - Steuervorrichtung). Zudem könnte die Zulassung des Einwands, wie der Streitfall belegt, zu widersprüchlichen Ergebnissen führen (so auch Schulte/Moufang, PatG, 8. Aufl., § 21 Rn. 48). Hätte die Rechtsbeschwerde damit Erfolg und würden die Einsprüche deshalb zurückgewiesen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Januar 1995 - X ZB 11/92, GRUR 1995, 333 - Aluminium-Trihydroxid), bliebe das Streitpatent gerade aufgrund des Einwands fehlender Patentfähigkeit in Kraft, während dessen Nichtbeachtung zum Widerruf des Patents und damit zu dem Ergebnis führt, auf das der Einwand fehlender Patentfähigkeit in der Sache zielt.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 PatG.
Meier-Beck Mühlens Gröning Grabinski Hoffmann Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.06.2008 - 8 W(pat) 308/03 -
BGH:
Beschluss v. 22.02.2011
Az: X ZB 43/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/02419e338297/BGH_Beschluss_vom_22-Februar-2011_Az_X-ZB-43-08