Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juni 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 97/03

(BPatG: Beschluss v. 08.06.2005, Az.: 32 W (pat) 97/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Kakao und Kakaopulver, insbesondere Instantpulver, kakaohaltige Getränkepulver; Schokolade und Schokoladewaren, insbesondere Schokoladetafeln, auch in Form portionierter Einzelstücke; Pralinen, auch mit flüssiger Füllung, insbesondere aus Weinen und Spirituosen, und Riegel, insbesondere gefüllte Riegel, auch mit Karamell und/oder Nüssen und/oder Nusssplittern; Back- und Konditorwaren; Dauerbackwaren, auch solche mit Überzügen aus Fettglasuren oder Schokolade und Nuss- oder Mandelsplittern; Zuckerwaren, insbesondere Kaubonbons; geformte Schokolade und Zuckerwaren, insbesondere Figuren und Figurensortimenteseit dem 15. Dezember 1992 eingetragene Wortmarke Pralinerieist Löschungsantrag wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse gestellt worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, "Pralinerie" werde vom deutschen Verkehr ohne weiteres als rein beschreibende Etablissementbezeichnung für ein Geschäft verstanden, in dem vorwiegend Pralinen angeboten bzw. vertrieben werden. Der Bezeichnung fehle daher die erforderliche Unterscheidungskraft. Außerdem habe zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits ein hochgradiges Freihaltebedürfnis bestanden, das auch heute noch gegeben sei.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen. Bei "Pralinerie" handele es sich um eine in Deutschland nicht bekannte Phantasiebezeichnung, die unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sei.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 9. Januar 2003 zurückgewiesen. Ein Freihaltebedürfnis der inländischen Mitbewerber an der Bezeichnung "Pralinerie" als Sortimentsbezeichnung könne nach der House of Blues-Entscheidung des BGH (GRUR 1999, 988) nicht mehr bejaht werden. Das Wort "Pralinerie" sei weder in einem Lexikon der deutschen oder französischen Sprache aufgeführt noch in einem sonstigen Nachschlagewerk enthalten. Die angegriffene Marke habe sowohl im Eintragungszeitpunkt als auch im Zeitpunkt der Entscheidung der Markenabteilung die erforderliche Unterscheidungskraft aufgewiesen. "Pralinerie" sei nicht geeignet, die Waren der angegriffenen Marke unmittelbar zu beschreiben. Für die Unterscheidungskraft spreche auch die in den Verwendungsbeispielen festgestellte Mehrdeutigkeit. Dass "Pralinerie" kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache sei, ergebe sich auch daraus, dass dieses Wort in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 24./25./26. Dezember 2004 in einem Artikel mit der Überschrift "Ein Kunststück aus Zucker gekocht" nicht erwähnt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Löschungsantragstellerin. "Pralinerie" sei nicht nur als Name eines Etablissements schutzunfähig, sondern auch als Sortimentsbezeichnung. Als Sortimentsbezeichnung habe "Pralinerie" im Hinblick auf die beanspruchten Waren einen unmittelbar beschreibenden Charakter, und es bestehe insoweit ein Freihaltebedürfnis. Als übliche Etablissementbezeichnung und üblich gebildete Sortimentsbezeichnung fehle "Pralinerie" auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Aus "Pralinerie" lasse sich der Hinweis entnehmen, dass es sich hier - neben einer Sortimentsbezeichnung - auch um den Namen einer Verkaufsstätte handeln könne, die sich auf die Herstellung und/oder den Vertrieb von Pralinenspezialitäten festgelegt habe. Dass "Pralinerie" in Wörterbüchern als Gattungs- und/oder Sortimentsbezeichnung noch nicht aufgenommen worden sei, spiele keine Rolle. Die Hinzufügung von "erie" an Produktbezeichnungen sei in Deutschland sprachüblich, wie sich aus Fundstellen wie z.B. "Brasserie, Biscuiterie, Confiserie, Chokolaterie, Porzellanerie, Nougaterie, Knabberie" ergebe.

Die Löschungsantragstellerin beantragt, den Beschluss vom 9. Januar 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke 2026632 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf nach ihrer Auffassung vergleichbare Eintragungen durch das Deutsche Patent- und Markenamt, wie z.B. Marzipanerie, oder Panerie. Es lägen keine Nachweise vor, dass "Pralinerie" von dem deutschen Verbraucher als Etablissementbezeichnung verwendet oder angesehen werde. Bei diesem Wort handele es sich weder um eine Etablissement- noch um eine Sortimentsbezeichnung.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Löschungsantragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde und das Schutzhindernis noch im Zeitpunkt der Eintragung besteht (§ 54, § 50 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Es ist nicht feststellbar, dass Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG bestanden und bestehen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Der angegriffenen Marke "Pralinerie" kann das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft weder für den Zeitpunkt der Eintragung im Dezember 1992 noch für den Zeitpunkt dieser Entscheidung im Juni 2005 abgesprochen werden. "Pralinerie" ist weder ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache noch einer bekannten Fremdsprache. In deutschsprachigen Lexika ist dieses Wort ebenso wenig nachweisbar wie in fremdsprachigen Lexika. Insoweit besteht auch ein Unterschied zu der vom erkennenden Senat für nicht eintragbar gehaltenen Marke "Biscuiterie" (= Keksfabrik) - Beschluss vom 28. Januar 1998, Az.: 32 W (pat) 4/97.

Zwar führt das Fehlen einer lexikalischen Nachweisbarkeit noch nicht zwangsläufig zur Bejahung der Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Dies betrifft jedoch nur Ausdrücke, deren beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmißverständlich ist, dass ihre Funktion als sachbezogene Begriffe im Vordergrund steht. Bei dem Wort "Pralinerie" ist ein derart im Vordergrund stehender Sinngehalt - anders etwa als bei marktfrisch - nicht feststellbar. In Bezug auf die neben Pralinen geschützten Waren der angegriffenen Marke läßt sich ein unmißverständlicher beschreibender Aussagegehalt nicht feststellen. Für Pralinen ist der von der Löschungsantragstellerin aufgezeigte Bedeutungsgehalt, nämlich, dass es sich bei "Pralinerie" um eine Etablissementbezeichnung für ein Geschäft handele, in dem Pralinen verkauft werden, nur eine denkbare Begriffsbedeutung. Im Übrigen wird ein Teil der angesprochenen deutschen Verbraucher mit "Pralinerie" überhaupt keinen Begriffsinhalt verbinden und den Begriff für ein Phantasiewort halten. Für diesen Teil des Verkehrs ist der Begriffsinhalt unklar und verschwommen, so dass ein unmißverständlicher beschreibender Aussagegehalt insoweit nicht feststellbar ist.

2. Der Löschungsantrag kann auch nicht erfolgreich auf ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift sind solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen, oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Unter dieses Schutzhindernis fallen nur eindeutige Angaben, die Produktmerkmale bezeichnen. Die Eignung eines Begriffs als Merkmalsbezeichnung ist gegeben, wenn er tatsächlich beschreibend verwendet wird, wobei dies bei einem Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 und 2 MarkenG sowohl für den Zeitpunkt der Eintragung (hier im Dezember 1992) als auch für den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag (im Juni 2005) der Fall sein muß.

Dies kann im vorliegenden Fall für "Pralinerie" jedenfalls für den Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Dezember 1992 nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden. Eine entsprechende Verwendung durch einen Mitbewerber der Markeninhaberin im Jahr 1992 wurde von der Löschungsantragstellerin nicht belegt und konnte auch vom Senat nicht ermittelt werden. Ob der Marke "Pralinerie" zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann daher als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

3. Die Auferlegung von Kosten (§ 70 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Weder ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 MarkenG).

Richter Viereck ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Dr. Albrecht Dr. Albrecht Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.06.2005
Az: 32 W (pat) 97/03


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