Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 106/00

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2001, Az.: 27 W (pat) 106/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder, Knöpfe, Haken und Öseneingetragene Wort-/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Bildmarkesiehe Abb. 2 am Endeeingetragen unter Nr 395 19 863 für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch einen Beamten des höheren Dienstes den Widerspruch zurückgewiesen, weil beide Marken nicht verwechselbar seien. Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren beider Zeichen könne dahingestellt bleiben, da die Vergleichszeichen selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe einen hinreichenden Abstand einhielten. Beide Marken wiesen zwar als gemeinsames Motiv die stilisierte Wiedergabe eines steigenden Pferdes auf. An bildliche Darstellungen von Tieren seien die Verbraucher auf dem hier maßgebenden Warensektor gewöhnt, weshalb sie in besonderen Maße auf die jeweiligen Unterschiede achteten. Im vorliegenden Fall seien hinreichend deutliche Abweichungen in der jeweiligen konkreten Wiedergabe des gemeinsamen Motivs gegeben, so daß der Verkehr beide Marken sicher voneinander abgrenzen und erinnern könne. Darüber hinaus hebe sich die angegriffene Marke in optischer Hinsicht auch durch ihre Wortbestandteile von dem älteren Zeichen ab, was als zusätzliches Unterscheidungsmerkmal die Gefahr von bildlichen Verwechslungen verringere. Die untere, aus den Wortbestandteilen bestehende Hälfte der angegriffenen Kennzeichnung könne auch nicht als eigenständige Marke und somit als Zweitmarke angesehen werden, da das angegriffene Zeichen aufgrund der räumlichen Zuordnung und der grafischen Elemente insgesamt als Einheit wirke und vom Publikum auch als solche angesehen werde.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Auffassung nach ist es fraglich, ob der angesprochene Verkehr die Wortbestandteile der angegriffenen Marke als zu dem Bild gehörend interpretiert. Gerade durch den ausgeprägten Trennstrich zwischen Bild- und Wortbestandteil, der eine deutliche Zäsur innerhalb der Marke markiere, werde der Eindruck vermittelt, daß die untere Hälfte der angegriffenen Kennzeichnung eine eigenständige Marke und somit eine Zweitmarke sei. Die Wortbestandteile, die wegen ihrer geringen Unterscheidungskraft beim Publikum kaum Beachtung fänden, seien nicht geeignet, eine konkrete Unterscheidungsfähigkeit zu begründen. Vielmehr werde die angegriffene Marke nach ihrem Bildbestandteil identifiziert und daher von diesem geprägt. Das Motiv beider Marken zeige keine typische Abbildung der Natur, sondern weiche von dem üblichen Bild ab, das der angesprochene Verkehr gemeinhin von Pferden habe. Dem Bildsymbol liege daher kein lediglich allgemeiner Sinngehalt zugrunde. Wegen der sehr ausgeprägten Ähnlichkeit beider Zeichen sei das Publikum, welches die geringfügig unterschiedlichen Details kaum wahrnehme, nicht in der Lage, beide Marken auseinanderzuhalten. Schließlich weise die Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft auf, da sie durch den starken Anstieg des Interesses des inländischen Publikums am Motorsport und hier insbesondere an der Formel 1 sehr populär geworden sei. Auf welchem farbigen Hintergrund das sogenannte "Ferrari-Pferd" gezeigt werde, spiele dabei keine Rolle; gerade die Verwendung des schwarzen Pferdemotivs auf verschiedenen farbigen Hintergründen zeige, daß das Publikum gewohnt sei, sich bei der bekannten Widerspruchsmarke in erster Linie an dem Tiermotiv zu orientieren.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der angegriffenen Marke.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihrer Auffassung nach sind beide Marken nicht verwechselbar. Die Widerspruchsmarke bestehe lediglich aus einem Bildelement, welches wie in der angegriffenen Marke ein Pferd zeige. Diesem Bildelement würden die maßgeblichen Verkehrskreise jedoch keine gesamtprägende Bedeutung beimessen. Gerade auf dem hier in Rede stehenden Bekleidungsbereich würden die Waren nach mündlicher Empfehlung des Verkaufspersonals im Ladengeschäft erworben und im Gespräch unter den Verbrauchern mit dem Namen bezeichnet, weshalb dem Wortbestandteil die entscheidende, prägende Bedeutung zukomme. Zudem sei das konkrete Bildelement in seiner zeichnerischen Darstellung der Natur entnommen und entspreche den natürlichen Bewegungsabläufen des Pferdes. Diese Körperhaltung kenne selbst der nichtreitende Verbraucher. Dem Bildsymbol liege daher ein allgemeiner, beschreibender Sinngehalt zugrunde. Da es keine die Gesamtmarke prägende Bedeutung habe, seien beide Marken nicht verwechslungsfähig. Auf jeden Fall stünden einer Verwechslung die Wortbestandteile der angegriffenen Marke entgegen. Schließlich komme der Widerspruchsmarke auch keine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. In ihrer konkreten Ausgestaltung sei die Widerspruchsmarke den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht bekannt, welche das Wappentier von Ferrari ohnehin nur auf gelbem oder auf rotem Grund und mit dem Schriftzug "Ferrari" unterlegt und eingerahmt kennen würden. Das Publikum werde daher nicht bei jedem Pferd an die Marke der Beschwerdeführerin denken oder es mit Ferrari in Verbindung bringen. Da eine Nutzung in der Form, wie sie sich aus der Registrierung der Widerspruchsmarke ergebe, nicht stattfinde, werde vorsorglich die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat die Markenstelle des Patentamtes den Widerspruch zurückgewiesen.

Allerdings scheitert der Widerspruch nicht an der von der Markeninhaberin erhobenen Nichtbenutzungseinrede, da zum Zeitpunkt ihrer Erhebung mit Schriftsatz vom 6. November 2000 die fünfjährige Benutzungsschonfrist der erst am 16. April 1996 eingetragenen Widerspruchsmarke noch nicht abgelaufen war; die somit unzulässige Nichtbenutzungseinrede ist auch nicht durch den zwischenzeitlichen Fristablauf zulässig geworden (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rn 23).

Ungeachtet dessen ist der Beschwerde aber der Erfolg zu versagen, da die einander gegenüberstehenden Marken den erforderlichen Abstand einhalten, so daß eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht besteht.

Für eine erhöhte Kennzeichnungskraft und einen damit einhergehenden erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende nichts Relevantes vorgetragen. Ein solcher ist auch nicht gerichtsbekannt, vor allem nicht für die allein hier in Rede stehenden Waren des Bekleidungssektors, zumal auch das allseits für Sportwagen bekannte sogenannte "Ferrari-Pferd" bekanntermaßen nicht in der Form eines bloßen "springenden Pferdes", sondern stets mit einem wappenähnlichen Rahmen und auf dem Ferraritypischen gelben oder roten Untergrund, gegebenenfalls noch ergänzt um den Schriftzug "Ferrari", verwendet wird. Letztlich wird dies aber auf sich beruhen können, da selbst bei einem erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand noch einhält.

In ihrer jeweiligen Ausgestaltung sind beide Marken nicht verwechselbar, da sie zwar ein zumindest ähnliches Tiersymbol enthalten, die angegriffene Marke jedoch gegenüber der Widerspruchsmarke zusätzliche Wortbestandteile aufweist. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden wird die jüngere Marke nicht nur von dem Bildsymbol geprägt. Zwar kann auch bei einer Wort-/Bildmarke, bei welcher üblicherweise dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Wirkung zukommt (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 194), dem Bild ein prägender Charakter zuerkannt werden, sofern es durch seinen Umfang und seine kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, daß das Wort kaum mehr beachtet wird, oder wenn es jedenfalls von einem beachtlichen Teil des Verkehrs als eigenständiger Herkunftshinweis aufgefaßt wird (Althammer/Ströbele, aaO). Davon, daß das Pferdesymbol die angegriffene Marke beherrscht, kann jedoch keine Rede sein. Dagegen spricht bereits die deutliche Hervorhebung des Wortbestandteils "OPTIMAL", die zusätzlich dadurch verstärkt wird, daß die Buchstaben O und l ihrerseits nochmals vergrößert sind. Dem Pferdesymbol wie auch dem weiteren Wortbestandteil "by J.M. Sportswear" werden die angesprochenen Verbraucher lediglich eine untergeordnete Bedeutung beimessen und diese Bestandteile eher als Zierat ansehen. Gerade wegen der häufigen Verwendung des Pferdesymbols (auch in der hier dargestellten Haltung) insbesondere in Wappen wird man kaum davon sprechen können, daß dieses von einem beachtlichen Teil des Verkehrs als eigenständiger Herkunftshinweis aufgefaßt wird. Kann demnach aber nicht festgestellt werden, daß die angegriffene Marke vom darin enthaltenen Bildsymbol allein geprägt wird, können die Wortbestandteile, insbesondere das Wort "OPTIMAL", bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht außer Betracht bleiben.

Dem steht auch der von der Widersprechenden als solcher bezeichnete Trennstrich zwischen dem Bildelement und den Wortbestandteilen nicht entgegen; denn zum einen handelt es sich hierbei um ein häufig verwendetes grafisches Stilmittel zur Abgrenzung von Bild- und Wortbestandteilen; und zum anderen sind auch keinerlei Gründe erkennbar, weshalb der Verkehr die ihm stets zusammen in einer Marke gegenübertretenden Elemente aufspalten und als zwei völlig verschiedene Marken ansehen sollte.

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist auszuschließen. Es ist schon nicht ersichtlich, daß die Widerspruchsmarke einen Stammbestandteil von mehreren Serienmarken der Widersprechenden wiedergibt. Denn daß das in der Widerspruchsmarke dargestellte aufspringende Pferd vom Verkehr stets nur als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden aufgefaßt wird, ist weder von der Widersprechenden vorgetragen worden noch läßt sich dies aus sonstigen Umständen erschließen. Im übrigen unterscheiden sich auch beide Pferdedarstellungen, was gerade bei der hier erforderlichen sorgfältigen Prüfung (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rn 212) auffallen wird.

Da somit im Ergebnis weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Verwechslungsgefahr beider Marken besteht, hat die Markenstelle zu Recht den Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde mußte daher erfolglos bleiben.

Wegen der Kosten wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.

Albert Eder Schwarz Pü

Abb.1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)106-00.1.3.gif Abb.2 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)106-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 21.08.2001
Az: 27 W (pat) 106/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0268f15a969d/BPatG_Beschluss_vom_21-August-2001_Az_27-W-pat-106-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share