Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Mai 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 87/01

(BPatG: Beschluss v. 07.05.2003, Az.: 29 W (pat) 87/01)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2001 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke ID Mousesoll für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 18. Januar 2001 als eine beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen für die Waren und Dienstleistungen

"Optische, elektrotechnische und elektronische Apparate und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); elektrotechnische und elektrische Geräte für die Aufnahme, Aussendung, Übertragung, den Empfang, die Wiedergabe und Bearbeitung von Lauten, Signalen, Zeichen und/oder Bildern; elektrotechnische und elektrische Nachrichten- und Datenaufnahme-, -verarbeitungs-, -sende-, -übertragungs-, -vermittlungs-, -speicher, -ausgabe- und -eingabegeräte; Computer, Software; zugehörige Einrichtungen und Teile aller vorgenannten Waren sowie zugehörige Peripheriegeräte; optische, elektrotechnische und elektronische Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik, insbesondere der Fernsprechvermittlungs- und Fernsprechübertragungstechnik wie Telefone, Bildtelefone, Telefonanrufbeantworter, Wählgeräte, Heimfernsprechgeräte, Telefonnebenstellenanlagen, zugehörige Einrichtungen und Teile aller vorgenannten Waren sowie zugehörige Peripheriegeräte; Telekommunikationsnetze, bestehend aus Vermittlungs- und Übertragungsgeräten, einzelnen Baugruppen und Bauteilen dieser Geräte, wie Geräte der Stromversorgung, Übertragungsmittel wie Nachrichtenkabel und Lichtwellenleiter und zugehörige Verbindungselemente, zugehörige Einrichtungen und Teile aller vorgenannten Waren sowie zugehörige Peripheriegeräte.

Betrieb und Verwaltung von Geräten, Anlagen und sonstigen Erzeugnissen und Einrichtungen der Daten-, Informations- und Kommunikationstechnik einschließlich Daten- und Telekommunikationsnetzen, sowie zugehörigen Einrichtungen und Teilen; Vermietung von Geräten und Anlagen der Daten-, Informations- und Kommunikationstechnik.

Elektronische Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Speichern, Übersetzen, Weiterleiten oder Verteilen von Daten, Informationen, Abbildungen, Video- und Audiosequenzen, Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-)Systeme; Vermietung von Geräten und Anlagen der Daten-, Informations- und Kommunikationstechnik; Entwicklung, Erstellung und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen."

Zur Begründung ist ausgeführt, der englische Begriff "Mouse" bezeichne im Bereich der Datenverarbeitung und Telekommunikation ein elektronisches Zeige- und Eingabegerät, das mit zahlreichen zusätzlichen Funktionen ausgestattet sein könne. In dem Bestandteil "ID" erkenne der Verkehr ohne weiteres die naheliegende Abkürzung für "Identification", da auf dem einschlägigen Fachgebiet Begriffe wie "ID-Card", User-ID und Benutzer-ID gebräuchlich seien. Das Zeichen bedeute daher in seiner Gesamtheit soviel wie "Identification Mouse" und beschreibe die Beschaffenheit, Bestimmung und Ausstattung bzw den Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses die Marke in ihrer Gesamtheit zu betrachten sei. Eine analysierende Betrachtungsweise sei daher nicht zulässig. Der Marke lasse sich kein bestimmter Aussagegehalt zuordnen, da der Bestandteil "ID" sowohl "Identität" als auch "ideal" oder "Idee" bedeuten könne.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die angemeldete Marke ist weder auf Grund fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG noch als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können. Nach dieser Vorschrift ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann. Denn auch in diesem Fall ist die Voraussetzung erfüllt, dass die in dem Zeichen enthaltene Aussage als Sachangabe dienen kann (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE - mwN). Nach Auffassung des Senats stellt die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine in diesem Sinne unmittelbar beschreibende Angabe dar, denn es lässt sich weder feststellen, dass die Wortzusammensetzung "ID Mouse" im Geschäftsverkehr als Sachangabe verwendet wird noch finden sich hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass sie zukünftig als solche benötigt wird.

1.1. Das angemeldete Zeichen ist sprachüblich aus der Abkürzung "ID" und dem englischen Wort "Mouse" zusammengesetzt. Der Bestandteil "ID" wird in verschiedenen Bedeutungen verwendet wie zB http://wortschatz.informatik.unileipzig.de: "Informationsdienst, Innendienst, identification". Auf dem hier maßgeblichen Gebiet der Datenverarbeitung und Telekommunikation ist die Abkürzung aber vor allem im Sinne von "Identification/Identifizierung" gebräuchlich (vgl EuG ABl HABM 2003, 464, Rdn 28 - BioID; BPatG 30 W (pat) 1/01 vom 5. November 2001 - ID Modul). Das Wort "Mouse" bezeichnet im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine sog. Computer-Maus, dh ein Eingabe- und Steuergerät für den Computer. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, bedeutet die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit daher soviel wie "Identifizierungsmaus" oder "Maus für die Identifizierung".

1.2. Nach den Ermittlungen der Markenstelle und des Senats wird das Gesamtzeichen als Wortkombination "ID Mouse" bisher ausschließlich zur Bezeichnung eines von der Anmelderin hergestellten elektronischen Eingabegeräts verwendet: www.mynetworknetz.de - S... ID-Mouse solange Vorrat reicht; www.mypczentrum.de - S... ID-Mouse Pro blau, Hersteller: S...; www.chip.de - "S... ID Mouse: Die sicherste Maus der Welt" Juli/2001; News - Steuer 2003: "Zusätzlich zum Passwort können die Steuerdaten mit einem biometrischen System wie der ID-Mouse von Siemens gesichert werden" (13.11.2002); www.heise.de - "Seit Jahren ist die biometrische Maus von S..., die ID-Maus, auf dem Markt" (21.03 2001). Zwar kann auch die beschreibende Verwendung durch die Anmelderin ein Indiz dafür sein, dass sich ein Zeichen zur Sachangabe eignet. Finden sich aber wie im vorliegenden Fall keine Hinweise darauf, dass auch andere Hersteller das Zeichen in einem beschreibenden Sinn aufnehmen und gebrauchen, so ist die Benutzung durch die Anmelderin allein kein hinreichender Anhaltspunkt für ein Interesse der Mitbewerber an der beschreibenden Verwendung im Geschäftsverkehr (vgl BGH GRUR 2001, 1046 - GENESCAN; BPatG 28 W (pat) 66/01 vom 17. April 2002 - ATR).

1.3. Gegen die Annahme eines eindeutigen und unmittelbar beschreibenden Aussagegehalts spricht außerdem die Tatsache, dass der Begriff "ID-Mouse" sowohl von der Anmelderin selbst in den von der Markenstelle zitierten Beispielen als auch in den oben genannten Fundstellen üblicherweise mit erläuternden Zusätzen verwendet wird, zB http://wortschatz.informatik.unileipzig.de - "Die neue "ID Mouse" von Siemens ermöglicht die Anmeldung am PC per Fingerabdruck"; www.sicherheitiminternet.de - "S... ID Mouse: die Maus, die Fingerprints erkennt"; www.buhl.de - "ID-Mouse Professional. Sicherheit per Fingerabdruck"; www.holme.com - "Die S... ID-Mouse verhindert unbefugten Zugriff auf Ihren PC. Fingerabdruck statt Passwort"; www.wirelessnetwork.ch - "Die ID Mouse, der erste FingerTIP TM Sensor, der komplett in eine PC-Maus integriert ist"; www.alamopc.org - "Hardware Review of: ID Mouse Professional Fingerprint and Optical Mouse Technology"; www.linuxsecurity.com - "ID Mouse Has Finger on Security"; www.silicontrust.com - "The S... ID Mouse - Your Fingerprint is your password".

1.4. Auch im Bereich biometrischer Identifikationssysteme, insbesondere der Identifikation über Fingerabdruck, lässt sich nicht ermitteln, dass der Begriff "ID Mouse" zur Beschreibung einschlägiger Waren und Dienstleistungen dient. So bietet zB ein Händler für Fingerprint-Erkennungssysteme die "S... ID-Maus" unter der Rubrik "Fingerprint Leser" an (www.biometrix.at). Die Hersteller vergleichbarer Eingabegeräte mit Fingerbilderkennung bezeichnen ihre Geräte mit Begriffen wie "Fingerbildleser, Fingerbildscanner" (zB www.bergdata.com) oder "Smartcard-Leser mit integriertem Fingerabdruck-Sensor" (zB www.utimaco.de).

1.5. Schließlich lässt sich eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Marke auch nicht ohne weiteres aus den in der Wortzusammensetzung vergleichbaren Fachbegriffen wie zB ID-Tag (Identifizierungsmarke), ID card (Kennkarte) und ID code (Identifizierungscode) ableiten. Denn in diesen Begriffen beschreibt die Abkürzung "ID" eindeutig die Funktionsweise, dh die Identifizierung erfolgt unmittelbar durch das Tag, die Karte oder den Code. Demgegenüber erschließt sich bei dem Begriff "ID Mouse" ein beschreibender Aussagegehalt im Sinne von "Identifizierungsmaus" nur dann unmittelbar, wenn man gedanklich den Zusatz "durch Fingerabdruck" ergänzt. Ein solches Verständnis würde aber eine analysierende Betrachtungsweise voraussetzen, die das angesprochene Publikum regelmäßig nicht vornimmt (vgl BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION mwN).

1.6. Nachdem die Wortverbindung "ID Mouse" nach der Auffassung des Senats nicht zur Beschreibung von Computer-Mäusen mit Identifizierungsfunktion dient, kommt auch eine beschreibende Verwendung für vergleichbare Waren oder zugehörige Dienstleistungen nicht in Betracht, denn angesichts des eindeutigen Aussagegehalt des Bestandteils "Mouse" kann in "ID Mouse" nur eine Bestimmungsangabe für diese Art von elektronischer Eingabegeräte gesehen werden. Daher kann auch gleichzeitig ausgeschlossen werden, dass sich ein Freihaltebedürfnis erst in Zukunft entwickeln könnte (vgl BGH aaO - GENESCAN).

2. Da die angemeldete Marke weder eine eindeutige Sachangabe noch eine werblich anpreisende Aussage enthält, kann ihr auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden.

Grabrucker Pagenberg Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 07.05.2003
Az: 29 W (pat) 87/01


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