Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 7. Februar 2002
Aktenzeichen: 6 U 160/00

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 07.02.2002, Az.: 6 U 160/00)

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 04.10.2001 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschwer: 125.266,51 EUR

Gründe

Die Klägerin macht gegen die Beklagte markenrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz geltend. Die Klägerin stellt Honigweinzubereitungen mit einem Anteil an Gelee Royale her, die sie, abgefüllt in Trinkfläschchen zu je 10 ml und in Packungen zu je 20 Fläschchen, an Zwischenhändler vertreibt. Sie ist Inhaberin der am 13.03.1997 angemeldeten, unter der Nummer 397 ... beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke "Vitalroyale". Das Warenverzeichnis umfaßte ursprünglich Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Imkereiprodukten in trinkbarer Form und mit Alkoholzusatz, soweit in Klasse 33 enthalten. Seit Ende 1999 ist die Marke nur noch für alkoholhaltige und konservierungsstoffreie Honigwein-Aperitifs eingetragen, nachdem die Klägerin gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schreiben vom 09.12.1999 (Bl. 139 d.A.) eine entsprechende Beschränkung erklärt hatte. Diese Beschränkung führte dazu, daß die Firma D. G. GmbH, die Inhaberin der Marke "Vita Royale", ihren Widerspruch gegen die Markeneintragung der Klägerin zurücknahm. Wegen der Einzelheiten der Eintragungen wird auf die Auszüge aus dem Deutschen Markenblatt vom 09.08.1997 (Bl. 8 d.A.) und vom 27.01.2000 (Bl. 9 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte stellt ein alkoholhaltiges Produkt auf Honigweinbasis mit einem Anteil an Gelee Royale und einem Alkoholgehalt von 17,5 Volumenprozent her. Sie vertreibt dieses Produkt, ebenfalls in Packungen mit 20 Ampullen zu je 10 ml, unter der Bezeichnung "Vital-Royale plus" an Zwischenhändler. Wegen der Gestaltung der Etiketten wird auf die Anlage B 7 (Bl. 73 d.A.) verwiesen. Die Beklagte verwendet die Bezeichnung "Vital-Royale plus" spätestens seit Ende 1997. Nach ihrem eigenen Vortrag begann sie mit der Verwendung dieser Bezeichnung bereits vor dem 13.03.1997.

Die Beklagte hat während des Rechtsstreits den Versuch unternommen, die Bezeichnung "Vital-Royale plus" als Marke registrieren zu lassen. Mit Verfügung vom 28.06.2000 (Bl. 217 d.A.) hat das Deutsche Patent- und Markenamt beanstandet, daß der Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle und darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis bestehe ( § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte verletze durch den Gebrauch der Bezeichnung "Vital-Royale plus" das Markenrecht der Klägerin.

Die Klägerin hat beantragt,

I. der Beklagten es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,-- DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu untersagen, das Zeichen "Vital-Royale" auf alkoholhaltigen Honigweinzubereitungen mit einem Alkoholgehalt von mehr als 13 Volumenprozent oder auf Aufmachungen solcher Zubereitungen anzubringen, unter dem Zeichen solche Zubereitungen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen solche Zubereitungen auszuführen oder das Zeichen in der Werbung zu benutzen,

II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Waren sie seit dem 09. August 1997 unter der Bezeichnung "Vital-Royale" in den Verkehr gebracht hat unter Angabe der Stückzahl der hergestellten Waren, der bei dem Vertrieb dieser Waren erzielten Erlöse, der Abnehmer unter Angabe von Name und Anschrift, der Zeitpunkte der einzelnen Lieferungen sowie der Art und des Umfangs der für diese Waren betriebenen Werbung,

III. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin aus Handlungen nach Ziff. I. entstanden ist und entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, zwischen der von ihr verwendeten Bezeichnung und der Marke der Klägerin bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Marke der Klägerin sei kennzeichnungsschwach, weil beschreibend. Auch bestehe keine Warenähnlichkeit zwischen "Honigwein-Aperitifs", wie im Warenverzeichnis aufgeführt, und den von der Beklagten vertriebenen Nahrungsergänzungsmitteln. Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, sie sei gemäß § 23 Nr.2 MarkenG zur Benutzung der Bezeichnung "Vital-Royale plus" berechtigt.

Durch Urteil vom 29.06.2000 (Bl. 141 ff. d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Auslegung der Klageanträge dahingehend, daß sich die Klägerin gegen die Benutzung der Bezeichnung "Vital-Royale plus" wende, und unter Abweisung des weitergehenden Auskunftsantrages

1.

die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,-- DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu unterlassen, das Zeichen "Vital-Royale plus" auf alkoholhaltigen Honigweinzubereitungen mit einem Alkoholgehalt von mehr als 13 Volumenprozent oder auf Aufmachungen solcher Zubereitungen anzubringen, unter dem Zeichen solche Zubereitungen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen solche Zubereitungen auszuführen oder das Zeichen in der Werbung zu benutzen,

2.

die Beklagte darüber hinaus verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Waren sie seit dem 09. August 1997 unter der Bezeichnung "Vital-Royale plus" in den Verkehr gebracht hat unter Angabe der Stückzahl der hergestellten Waren, der bei dem Vertrieb dieser Waren erzielten Erlöse, der gewerblichen Abnehmer unter Angabe von Name und Anschrift, der Zeitpunkte der einzelnen Lieferungen sowie der Art und des Umfangs der für diese Waren betriebenen Werbung,

3.

festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin aus Handlungen entgegen dem Unterlassungsgebot entstanden ist und entstehen wird. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie hält daran fest, daß keine Verwechslungsgefahr gegeben sei, zumal die hier angesprochenen Verkehrskreise, nämlich die Händler als die Abnehmer der von den Parteien vertriebenen Produkte, es gewohnt seien, auch kleine Unterschiede der Kennzeichnungen wahrzunehmen. Des weiteren sei der Einwand des § 23 Nr. 2 MarkenG nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte die Bezeichnung "Vital-Royale plus" markenmäßig benutze. Im übrigen vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Mit Schriftsatz vom 10.10.2000 (Bl. 218 ff. d.A.) hat die Beklagte zudem durch ihren Patentanwalt bei dem Deutschen Patent- und Markenamt den Antrag gestellt, die Klagemarke wegen Nichtigkeit gemäß §§ 50, 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 4 MarkenG zu löschen. Die Beklagte beantragt, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über den Löschungsantrag auszusetzen. Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Durch Versäumnisurteil vom 04.10.2001 hat der Senat die Berufung der Beklagten auf deren Kosten zurückgewiesen, nachdem die Beklagte dem auf diesen Tag anberaumten Verhandlungstermin ferngeblieben war. Gegen das am 22.10.2001 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte am 30.10.2001 Einspruch eingelegt.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

das Versäumnisurteil vom 04.10.2001 aufzuheben und unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 04.10.2001 aufrechtzuerhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Beklagten, über die nach dem form- und fristgerechten Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 04.10. 2001 erneut zu befinden war, hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zu, da die Beklagte mit dem beanstandeten Verhalten die Rechte der Klägerin an der Marke "Vitalroyale" verletzt. Zwischen der Klagemarke und dem von der Beklagten verwendeten Zeichen besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr sind die Umstände des Einzelfalles umfassend zu berücksichtigen. Hierbei ist in erster Linie abzustellen auf die Kennzeichnungskraft der Klagemarke, den Grad der Zeichenähnlichkeit und den Grad der Warenähnlichkeit, wobei diese Faktoren insofern in einer Wechselbeziehung miteinander stehen, als die eher schwache Ausprägung eines Elementes durch die starke Ausprägung eines anderen Elementes ausgeglichen werden kann (vgl. BGH, WRP 2001, 1447, 1448 f. - Ichthyol - m.w.N.).

Wie das Landgericht bereits zutreffend berücksichtigt hat, besitzt die Klagemarke als Bezeichnung für einen Honigwein-Aperitif von Haus aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft, weil der erste Bestandteil "Vital" auf eine vitalisierende Wirkung hinweist und der zweite Bestandteil "Royale" an den produkttypischen Inhaltsstoff Gelee Royale erinnert. Auch die Kombination der beiden Begriffe ist nur mäßig originell und interpretationsfähig, so daß es insgesamt bei einer schwachen Kennzeichnungskraft bleibt. Demgegenüber besteht aber zwischen der Marke der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung eine sehr große an Identität heranreichende Zeichenähnlichkeit. Der Zusatz "plus" in dem Zeichen der Beklagten wird, sofern er wahrgenommen wird, als produktspezifischer Hinweis verstanden. Er prägt die Gesamtbezeichnung nicht mit und hat keine herkunftskennzeichnende Funktion. Die von der Beklagten verwendete Kennzeichnung hebt sich auch nicht durch eine ungewöhnliche graphische Gestaltung ab. Im übrigen unterscheiden sich die Zeichen lediglich durch die Schreibweise. Die Klägerin fügt die Begriffe "Vital" und "Royale" zu einem Wort zusammen, während die Beklagte eine Schreibweise mit Bindestrich gewählt hat, wodurch aber gleichfalls eine Wortverbindung hergestellt wird. Diese unterschiedliche Schreibweise führt zwar im Schriftbild von der Zeichenidentität weg, wirkt sich aber auf das Erinnerungsbild des Endverbrauchers, an den sich das Produktangebot letztlich wendet, kaum aus. An der klanglichen Identität ändert die unterschiedliche Schreibweise nichts.

Bei der Bewertung der Zeichenähnlichkeit ist vorrangig auf das Verständnis der Endverbraucher abzustellen, die geringfügigen Zeichenunterschieden erfahrungsgemäß weniger Aufmerksamkeit schenken als die Angehörigen der einschlägigen Fachkreise. Dem steht nicht entgegen, daß die Parteien ihre Produkte an Zwischenhändler liefern, die zusätzliche, auf ihren eigenen Geschäftsbetrieb bezogene, Unterscheidungshinweise auf der Verpackung anbringen, während Name und Anschrift des Herstellers auf der Verpackung nicht (mehr) erscheinen. Denn dies ändert nichts daran, daß die Produkte mit der von dem jeweiligen Hersteller, einerseits der Klägerin und andererseits der Beklagten, stammenden markenmäßigen Kennzeichnung zum Endabnehmer gelangen. Die hier im Streit stehenden Kennzeichen werden somit nicht nur gegenüber Zwischenhändlern verwendet. Zwischen den hier in Rede stehenden Produkten der Parteien ist auch eine erhebliche Warenähnlichkeit gegeben. Für den hierbei anzustellenden Vergleich ist bei der Klagemarke von den Eintragungen im Warenverzeichnis auszugehen. Danach sind alkoholhaltige und konservierungsstoffreie Honigwein-Aperitifs erfaßt. Unabhängig von der Frage, ob das Produkt der Beklagten gleichfalls als Honigwein-Aperitif im Sinne von § 16 Abs. 4 der Weinverordnung bezeichnet werden kann, besteht zumindest Warenähnlichkeit. In diesem Zusammenhang hat der von der Klägerin im Dezember 1999 vorgenommene Teilverzicht gemäß § 48 MarkenG nicht zur Folge, daß ein Markenschutz der Klägerin im Warenähnlichkeitsbereich teilweise entfällt, nämlich insoweit, als das gegnerische Erzeugnis einer Warenklasse zuzuordnen ist, auf deren Eintragung die Klägerin verzichtet hat. Zwar mag der Schutz der Klägerin gegen die Verwendung verwechslungsfähiger Zeichen im Verhältnis zu der Fa. D. G.. - aufgrund einer Abgrenzungsvereinbarung oder gemäß § 242 BGB - eingeschränkt sein. Gegenüber Dritten ist der Markenschutz der Klägerin aber nicht geringer, als er wäre, wenn sich die Klägerin schon bei der Markenanmeldung auf das jetzt noch eingetragene Warenverzeichnis beschränkt hätte.

Das Produkt der Beklagten hat mit einem alkoholhaltigen Honigwein-Aperitif - wie im Warenverzeichnis eingetragen - gemeinsam, daß es sich um ein zum Verzehr bestimmtes, flüssiges Erzeugnis auf Honigweinbasis handelt, das einen nicht unerheblichen Alkoholgehalt aufweist. Auch wenn man bei der Auslegung des Begriffes "Honigwein-Aperitif" das Verständnis eines Durchschnittsverbrauchers zugrunde legt, und darunter ein Getränk versteht, das üblicherweise vor einer Mahlzeit konsumiert wird, so genügen die sich daraus ergebenden Unterschiede zu dem Produkt der Beklagten nicht, um dieses aus dem Bereich der erheblichen Warenähnlichkeit herauszuführen. Bei zusammenfassender Würdigung der vorstehend dargestellten Faktoren ist Verwechslungsgefahr trotz schwacher Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu bejahen. Allerdings kann der Schutz einer eingetragenen Marke gegen Verwechslungsgefahr auf eine Nahezu-Identität oder vollständige Identität reduziert sein, soweit für die betreffende Bezeichnung hinsichtlich einer im Warenverzeichnis nicht genannten, den dort genannten Waren aber ähnlichen Ware ein Freihaltebedürfnis besteht (BGH, WRP 1997, 758, 760 - Turbo II). Unter diesem Gesichtspunkt wäre im vorliegenden Fall - unbeschadet der Bindung an die Eintragung der Klagemarke - die Verwechslungsgefahr dann in Frage zu stellen, wenn die Bezeichnung "Vitalroyale" bzw. "Vital-Royale" für ein Nahrungsergänzungsmittel wie das Erzeugnis der Beklagten rein beschreibend wäre, so daß insoweit fehlende Unterscheidungskraft bzw. ein Freihaltebedürfnis i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG bestünde. Die Bezeichnung "Vitalroyale" bzw. "Vital-Royale" ist indessen entgegen der Ansicht der Beklagten, die sich dabei maßgeblich auf das Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28.06.2000 stützt, nicht rein beschreibend.

Zwar mag den einzelnen Wortbestandteilen "Vital" und "Royale" jeweils für sich eine produktbeschreibende Bedeutung beizumessen sein. Es ist jedoch unzulässig, die in ihrer Gesamtheit zu würdigende Bezeichnung einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen. Neben diesem Grundsatz, der auch schon bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke Anwendung findet (vgl. BGH, WRP 2001, 35 - Rational Software Corporation) ist im vorliegenden Fall zusätzlich zu berücksichtigen, daß es sich bei der Bezeichnung "Vitalroyale" bzw. "Vital-Royale" um eine Wortneubildung handelt (vgl. hierzu BGH, GRUR 1966, 436 - VITA-MALZ; Ingerl / Rohnke, MarkenG, § 8 Rdnr. 59; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 149 a). Die durch diese Wortneubildung entstandene Bezeichnung ist ihrerseits nicht freihaltebedürftig. Denn die durch die Kombination zweier Adjektive gebildete Produktbezeichnung weckt in dieser Zusammensetzung zwar Assoziationen mit Eigenschaften des Produkts, sie erschließt sich dem Verkehr aber nicht ohne weiteres Nachdenken als Sachbezeichnung und ist daher als Herkunftshinweis noch geeignet. Festzuhalten bleibt danach, daß zwischen dem von der Beklagten verwendeten Zeichen und der Klagemarke Verwechslungsgefahr besteht. Dem daraus folgenden Unterlassungsanspruch der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, daß die von der Beklagten gewählte Kennzeichnung rein beschreibend im Sinne von § 23 Nr. 2. MarkenG sei. Denn die Bezeichnung "Vital-Royale" ist für das Erzeugnis der Beklagten, wie oben bereits ausgeführt wurde, gerade nicht rein beschreibend. Auf die weitere Frage, ob § 23 Nr. 2 MarkenG auch dann anwendbar ist, wenn das Verletzungszeichen markenmäßig gebraucht wird (bejaht in den Entscheidungen des erkennenden Senats MarkenR 2000, 145-Pindjur; GRUR 2000, 905-Schaftol/Schaftöl), kommt es daher nicht an. Ferner ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin aus den vom Landgericht bereits dargelegten Gründen auch nicht verwirkt ( § 21 Abs. 1 MarkenG). Die Beklagte ist des weiteren im zuerkannten Umfang zur Auskunft verpflichtet (§ 19 MarkenG, § 242 BGB).

Des weiteren war festzustellen, daß die Beklagte wegen Zuwiderhandlungen gegen das Unterlassungsgebot schadensersatzpflichtig ist ( § 14 Abs. 6 MarkenG), wobei der Senat davon ausgeht, daß damit noch nicht der Zeitpunkt einer schuldhaften Handlung feststehen muß. Denn wenn die Beklagte bereits vor der Anmeldung der Klagemarke selbst - wenn auch ohne Begründung eines Schutzrechts - die Bezeichnung "Vital-Royale" verwendet hat, also zu einem Zeitpunkt, da eine Markenrecherche noch nicht auf die Klagemarke stoßen konnte, ist der Vorwurf der Fahrlässigkeit erst ab dem Zeitpunkt zu erheben, da die Beklagte von dem Produktnamen der Klägerin (auf dem Produkt, in der Werbung oder auf sonstige Weise) Kenntnis erlangt hat und - wegen der offensichtlichen Verwechslungsgefahr - eine Markenrecherche sich aufdrängen mußte.

Dem Aussetzungsantrag der Beklagten war nicht zu entsprechen, weil der von der Beklagten beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellte Löschungsantrag nicht aussichtsreich erscheint. Die Klagemarke "Vitalroyale" ist (auch) für die im Warenverzeichnis eingetragenen Waren (Honigwein- Aperitifs) hinreichend unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Auch die Annahme einer Täuschung i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG liegt fern. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 n.F. ZPO). Maßgebend für die getroffene Entscheidung waren die Umstände des vorliegenden Einzelfalles, die der Senat auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bewertet hat.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 07.02.2002
Az: 6 U 160/00


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