Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 256/04

(BPatG: Beschluss v. 22.11.2005, Az.: 27 W (pat) 256/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 24. Juni 2004 die Anmeldung der Wort/Bildmarke

(in den Farben blau, hellblau, türkis, grün, hellgrün, gelb, orange, weiß)

für Klasse 9: Kontaktlinsen und Brillengläser.

gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Marke für die in Anspruch genommenen Waren jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Bei dem angemeldeten Markenwort "COLOURS", also "Farben", handele es sich um eine Bezeichnung, die aufgrund ihres im Vordergrund stehenden Bedeutungsgehalts vom inländischen Verkehr ohne weiteres Nachdenken als beschreibender Sachbegriff und nicht als kennzeichnend im markenrechtlichen Sinne aufgefasst werde. Die Anmelderin habe selbst eingeräumt, dass beide angemeldeten Waren auch farbig angeboten und auch im Hinblick auf eine bestimmte Farbe erworben würden. Insoweit nehme "COLOURS" in produktbeschreibender Weise auf die beanspruchten Waren Bezug. Farben hätten bei Kontaktlinsen und Brillengläsern neben rein medizinisch/praktischen Auswirkungen, wie beispielsweise Kontraststeigerung, auch modische Bedeutung, was für den Absatz derartiger Produkte eine nicht unerhebliche Rolle spiele. Auch die grafische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens vermöge die Schutzfähigkeit nicht zu begründen, denn sie beschränkte sich auf einen farbigen Hintergrund, bei dem die Farben "blau, hellblau, türkis, grün, hellgrün, gelb und orange" konturenlos ineinander übergingen, wobei der Bestandteil "CO-LOURS" weiß gehalten und mit einem blauen Schattenwurf versehen sei. Dabei handele es sich jedoch um einfachste grafische Gestaltungsmittel, wie sie in der Werbebranche allgemein üblich seien. Einen Herkunftshinweis werde der Verkehr dem angemeldeten Zeichen deswegen nicht entnehmen. Ob daneben auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, könne dahinstehen. Soweit die Anmelderin auf eine Reihe von eingetragener Marken verweise, die angeblich vergleichbar seien, könne dies weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts führen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Zur Begründung führt sie aus, dem angemeldeten Zeichen fehle weder die Unterscheidungskraft noch sei es freihaltebedürftig. Die grafische Gestaltung sei einprägsam und kennzeichnend. Die ineinander verlaufenden Spektralfarben bildeten einen keineswegs einfachen, sondern optisch lebendigen, bemerkenswerten und daher gut merkbaren Hintergrund. Der Gesamteindruck der farbigen Grafik könne für das Auge mit "angenehm", "leicht" oder "frühlingshaft", "fast mediterran" beschrieben werden. Die Marke sein in schwarz/weiß-Darstellung in einer Vielzahl von Staaten in aller Welt eingetragen. Zudem könne dem Wort "COLOURS" nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Dass es auch eine Produktaussage beinhalte, nehme ihm nicht die Unterscheidungskraft.

Wegen des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

In dem auf den hilfsweisen Terminsantrag der Anmelderin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung ist, wie angekündigt, niemand erschienen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zutreffend hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz entgegensteht.

Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.). Das bedeutet, dass solche Markenanmeldungen, bei deren Wahrnehmung der angesprochene Verkehr in erster Linie eine Beschreibung erkennt, nicht aber einen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb, nicht eingetragen werden können.

Diese Grundsätze hat die Markenstelle zutreffend angewendet. Der Senat schließt sich ihren Erwägungen nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage in vollem Umfang an und teilt ihre Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Marke "COLOURS" im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren "Kontaktlinsen und Brillengläser" einen rein beschreibenden Inhalt dahin erkennen, dass diese Waren in farbiger Ausführung angeboten werden. Wie die Anmelderin schon im Amtsverfahren nicht in Abrede gestellt hat, werden Kontaktlinsen und Brillengläser, auch in ihrer Funktion als modische Accessoires ohne medizinisch einschlägige Indikation, in ganz erheblichen Umfang in modischen Farben angeboten. Dabei reicht die Farbpalette noch weit über diejenigen Farben hinaus, die die Anmelderin selbst in der angemeldeten Marke führt. Dass der Verkehr der angemeldeten Marke keinerlei Herkunftshinweis entnimmt, sondern allein eine werbliche Herausstellung der Beschaffenheit der angebotenen Waren, wird durch die eingereichten Unterlagen, insbesondere die Anlage B1, anschaulich verdeutlicht. Dort ist eine Verpackungsschachtel für Kontaktlinsen abgebildet, auf der sich neben der Marke "ACUVUE" das hier angemeldete Zeichen "COLOURS" befindet. Der Verkehr wird insoweit nichts anderes als das Angebot von farbigen Kontaktlinsen unter der Marke "ACUVUE" erkennen, nicht aber dem dort abgebildeten Wort "COLOURS" einen konkreten Herkunftshinweis entnehmen. Die Anmelderin weist schließlich selbst darauf hin, dass ihre Produkte gattungsmäßig als "Farblinsen" oder "Colorlinsen" bezeichnet werden. Dies unterstreicht die Annahme einer rein beschreibenden Sachangabe des Wortes "CO-LOUR" im Zusammenhang mit den in Anspruch genommenen Waren.

Auch die schlichte grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke hat die Markenstelle zutreffend als nicht geeignet angesehen, die Unterscheidungskraft zu begründen. Es ist zwar anerkannt, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (BGH GRUR 2000, 502, 503 f. - St. Pauli Girl; GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH; GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). So liegt der Fall auch hier. Die Verwendung von Farbverläufen in der Anordnung wie Regenbogenfarben ist als dekoratives Grundelement des Werbedesigns gerade deswegen so beliebt, weil es die von der Anmelderin beschriebene Stimmung ("frühlingshaft, angenehm, mediterran") beschwört. Dieser grafischen Gestaltungsvariante begegnet der Verkehr regelmäßig in der Werbung, weshalb er keinerlei Veranlassung hat, ihr einen Herkunftshinweis zu entnehmen. Daran ändert sich auch nichts durch die rahmenartige Umfassung des in weißer Schrift gestalteten Markenwortes mit farbigem Grund. Auch diese Einrahmung des Markenwortes vermag für sich besehen, aber auch in Kombination mit der ihrerseits nicht aus dem Üblichen herausragenden farbigen Hinterlegung, wegen ihrer Schlichtheit nicht die Schutzfähigkeit eines rein beschreibenden Markenwortes begründen.

Danach kann dahinstehen, ob für die angemeldete Marke auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist, wofür allerdings angesichts des beschaffenheitsbeschreibenden Markenwortes viel spricht.

Die von der Anmelderin vorgetragene anderweitige Eintragung von Marken mit dem Bestandteil "COLOURS" rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auf die Beantwortung der Frage, ob der Eintragung eines Zeichens ein absolutes Schutzhindernis entgegensteht, hat es schon im Allgemeinen keinen Einfluss, dass ein ähnliches Zeichen in einem anderen Mitgliedstaat eingetragen worden ist (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 Tz. 43 f. - Postkantoor). Auch von der Eintragung einer identischen Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat kann allenfalls eine Indizwirkung ausgehen (EuGH, GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel; BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS). Maßgebliche Indizwirkungen sind vorliegend nicht anzuerkennen. Die Anmelderin hat schon nicht die Eintragung einer einzigen mit der vorliegenden Anmeldung identischen Marke vorgetragen. Ihr Vorbringen bezieht sich allein auf eine schwarz/weiße Darstellungen der Marke. Ausweislich der eingereichten Anlage B2 und B3 enthält die kanadische und US-amerikanische Eintragung jener Marke aber jeweils einen Disclaimer, dass die Verwendung des Wortes "COLOURS" außerhalb der konkret angemeldeten Marke nicht in Anspruch genommen werde. Daraus ist ohne weiteres darauf zu schließen, dass auch die dortigen Markenbehörden durchgreifende Bedenken gegen eine Monopolisierung des Wortes "COLOURS" gehabt hätten und eine Eintragung der Marke ohne einen Disclaimer, der diesen Bedenken Rechnung trägt, nicht vorgenommen worden wäre. Die Marke, die die Anmelderin in Großbritannien zur Anmeldung gebracht hat (Anlage B5), ist wiederum nicht mit der hier vorliegenden Markenanmeldung identisch, zudem ist die Marke dort offenbar (noch) nicht eingetragen. Aus der Anlage B4 ergibt sich zudem aus einem handschriftlichen Zusatz, dass eine ähnliche Marke "COLOURS", die von einem mit der Anmelderin nach ihrem Vortrag verbundenen Unternehmen angemeldet worden ist, zwar nicht in anderen Ländern, aber in Ungarn und Portugal endgültig zurückgewiesen worden ist. Eine maßgebliche Indizwirkung vermag aus alledem nicht abgeleitet zu werden.

Dr. Albrecht Reker Prietzel-Funk Pü






BPatG:
Beschluss v. 22.11.2005
Az: 27 W (pat) 256/04


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