Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Januar 2009
Aktenzeichen: 6 W (pat) 10/05
(BPatG: Beschluss v. 08.01.2009, Az.: 6 W (pat) 10/05)
Tenor
der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Januar 2005 wird aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:
-Patentansprüche 1 bis 15 vom 9. Dezember 2008 -Beschreibung Seiten 1 bis 3, 3a und 4 bis 10 vom 9. Dezember 2008 -Figuren 1 und 2 vom Anmeldetag.
Gründe
I.
Die Beschwerde ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Januar 2005 gerichtet, mit dem die vorliegende Patentanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, die Gegenstände der Patentansprüche vom 10. Januar 2005 stellten gegenüber dem von der Prüfungsstelle nachgewiesenen Stand der Technik kein Resultat einer erfinderischen Tätigkeit dar.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
1.
DE10012568A1 2.
DE8910981U1 3.
WO9834053A1 4.
EP1072806A2 5.
DE20007309U1 6.
DE2124247A 7.
WO9608660A1 8.
US3126231 9.
US2370173 10.
US 23 52 206 11.
JP 07 068 374 A.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 1. März 2005 Beschwerde eingelegt, zu der mit Schriftsatz vom 18. April 2005 die Begründung einging. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 wurde ein neues Patentbegehren mit den Ansprüchen 1 bis 15 sowie den Beschreibungsseiten 1 bis 3, 3a und 4 bis 10 vorgelegt.
Die Patentanmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
-Patentansprüche 1 bis 15, -Beschreibung Seiten 1 bis 3, 3a und 4 bis 10, jeweils vom 9. Dezember 2008 und -Figuren 1 und 2 vom Anmeldetag.
Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
1. Verfahren zum Befestigen mindestens eines Lagers (1) in oder an einer Lageraufnahme (2) durch Löten mittels eines Lots (3), wobei das Lager einen Innenring (4) und einen Außenring (5) aufweist und wobei die Lageraufnahme (2) eine Aufnahmebohrung (6) oder eine Aufnahmefläche (7) für einen der Lagerringe (4, 5) aufweist, gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte: a) Anordnung eines der Lagerringe (4, 5) an oder in der Lageraufnahme (2), so dass ein definierter Abstand (t) zwischen dem Lagerring (4, 5) und der Aufnahmebohrung (6) oder der Aufnahmefläche (7) vorliegt; b) Erhitzen des angeordneten Lagerrings (4, 5) auf eine erste Temperatur (T1); c) Erhitzen der Lageraufnahme (2) oder zumindest des an die Aufnahmebohrung (6) bzw. an die Aufnahmefläche (7) angrenzenden Bereichs der Lageraufnahme (2) auf eine zweite Temperatur (T2), die höher ist als die erste Temperatur (T1); d) Anschließendes Füllen des Abstandes (t) zwischen dem Lagerring (4, 5) und der Aufnahmebohrung (6) bzw. der Aufnahmefläche (7) mit dem Lot (3) durch Einlaufenlassen schmelzflüssigen Lots (3) in den Abstand (t); e) Anschließendes Abkühlenlassen der Anordnung bestehend aus Lager (1), Lageraufnahme (2) und Lot (3).
Hinsichtlich der rückbezogenen Ansprüche 2 bis 15 sowie wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.
1.
Der Gegenstand der geltenden Patentansprüche ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 3 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 3 unter Streichung der Beschränkung auf die als vorzugsweise beanspruchten Merkmale. Die restlichen Ansprüche stimmen mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen überein.
2.
Das Verfahren nach Anspruch 1 stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.
a.
Keines der aus den Entgegenhaltungen bekannten Verfahren weist alle Merkmale des geltenden Anspruchs 1 auf. Insbesondere ist im Stand der Technik kein Verfahren als bekannt nachgewiesen, bei dem ein Lötverfahren mit zwei voneinander unterschiedlichen Temperaturen eingesetzt wird.
b.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 der Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit. Das aus der DE 100 12 568 A1 (E1) bekannte Verfahren stellt den nächstkommenden Stand der Technik dar. Darin ist offenbart, ein Verfahren zum Befestigen mindestens eines Lagers 2 (Fig. 1) in oder an einer Lageraufnahme 1 durch Löten mittels eines Lots 12, wobei das Lager einen Innenring 3 und einen Außenring 4 aufweist und wobei die Lageraufnahme 1 eine Aufnahmebohrung oder eine Aufnahmefläche für einen der Lagerringe 4 aufweist, gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte: a) Anordnung eines der Lagerringe 4 an oder in der Lageraufnahme, sodass ein definierter Abstand 11 zwischen dem Lagerring 4 und der Aufnahmebohrung 1 oder der Aufnahmefläche vorliegt; b) Erhitzen des angeordneten Lagerrings 4 auf eine erste Temperatur (Anspruch 5, Sp. 5, Z. 38 -40); d) Anschließendes Füllen des Abstandes zwischen dem Lagerring und der Aufnahmebohrung bzw. der Aufnahmefläche mit dem Lot 12 durch Einlaufenlassen schmelzflüssigen Lots in den Abstand (Sp. 4, Z. 15 -20 und Anspruch 1); e) Anschließendes Abkühlenlassen der Anordnung bestehend aus Lager 2, Lageraufnahme 1 und Lot 12, 10.
In der E1 wird ausgeführt, dass in vorteilhafter Weise versucht werden soll, eine schnelle Aufheizung durchzuführen, die nur das Lot betrifft, in der Weise, dass die Temperaturerhöhung des Lageraußenrings beschränkt bleibt um nicht die metallurgischen Eigenschaften des Außenrings, insbesondere dessen Härte zu verändern. Demgegenüber will das anmeldungsgemäße Verfahren den Lageraußenring als die eine Kontaktstelle, mit einer ersten, niedrigeren Temperatur und die Lageraufnahme als das zweite und wesentlich weniger empfindliche Bauteil mit einer zweiten höheren Temperatur beaufschlagen. Aus diesem Stand der Technik ist demgemäß bekannt, dass eine zu starke Erhitzung eines Wälzlagers zu Problemen führen kann. Als Lösung wird allerdings nur eine möglichst kurzzeitige Hitzebeaufschlagung des Lagers angesehen, wobei in Abhängigkeit des verwendeten Lots auch Temperaturen von 220¡C bzw. 500¡C vorgeschlagen werden. Jeglicher Hinweis, bei ein und demselben Lötvorgang eine zweite Temperatur beim anderen Bauteil, d. h. nicht bei dem Lager selbst, zu erreichen, fehlt. Aus der DE 100 12 568 A1 (E1) wird daher das Merkmal c) nicht nahegelegt.
Die WO 98 34 053 A1 (E3) beschreibt ein Verfahren, bei dem bekannt ist, ein 1. Verfahren zum Befestigen mindestens eines Lagers 10 in oder an einer Lageraufnahme 48 durch Löten mittels eines Lots (Anspruch 8), wobei das Lager einen Innenring 14 und einen Außenring 16 aufweist und wobei die Lageraufnahme eine Aufnahmebohrung 47 für den Lagerring 16 aufweist, gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte:
a) Anordnung eines der Lagerringe 16 an oder in der Lageraufnahme 48, so dass ein definierter Abstand (vgl. Anspruch 21) zwischen dem Lagerring 16 und der Aufnahmebohrung 48 vorliegt;
c) Erhitzen des Lots auf eine Temperatur;
d) Anschließendes Füllen des Abstandes zwischen dem Lagerring 16 und der Aufnahmebohrung 48 mit dem Lot durch Einlaufenlassen schmelzflüssigen Lots in den Abstand;
e) Anschließendes Abkühlenlassen der Anordnung bestehend aus Lager (vgl. Anspruch 54), Lageraufnahme und Lot.
Bei diesem Verfahren wird ein Temperaturbereich für das flüssige Lot von 200¡C bis 220¡C angegeben. Spezielle Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des Lagers bzw. der Lagerringe vor Überhitzung werden nicht erwähnt, insbesondere geht auch aus dieser Schrift kein Hinweis hervor, dass bei der Lageraufnahme, im vorliegenden Fall handelt es sich dabei um eine Riemenscheibe, eine gegenüber der Lageraufnahme unterschiedliche Temperatur eingesetzt werden kann.
Die DE 89 10 981 U1 (E2) schlägt zum Verbinden zweier Rohre lediglich vor, dass an der Lötstelle eine Arbeitstemperatur erreicht werden muss. Dies kann auch erreicht werden, wenn das Werkstück zwar kälter bleibt als die Arbeitstemperatur, dafür jedoch das Lotmetall auf eine wesentlich höhere Temperatur erhitzt wird. Letztendlich wird dadurch aber nur auf eine erforderliche "Mischtemperatur" abgestellt, was im vorliegenden Anspruch 1 unter Ziffer e) anklingt bzw. im Anspruch 5 enthalten ist. Die weiteren im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen beschreiben nur die Verbindungsmöglichkeit durch "Löten" ohne auf damit verbundene Einzelheiten oder Probleme einzugehen.
Insgesamt kann ein Fachmann, bei dem es sich -in Übereinstimmung mit der Prüfungsstelle -um einen Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung "Allgemeiner Maschinenbau" mit Grundlagenkenntnissen auf dem Gebiet stoffschlüssiger Verbindungsverfahren mittels Löten handelt, diesem gesamten Stand der Technik auch in der Zusammenschau keine Hinweise entnehmen, die ihn ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, zum Verfahren nach Anspruch 1 führen können. Denn von keinem Verfahren ist bekannt, ein Werkstück auf eine erste und das zweite, mit dem ersten zu verbindende Werkstück auf eine zweite, von der ersten unterschiedliche Temperatur zu erhitzen. Anspruch 1 ist daher gewährbar. Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 15 beinhalten weiterbildende Merkmale und erfüllen damit die an Unteransprüche zu stellenden Anforderungen.
Lischke Guth Schneider Ganzenmüller Cl
BPatG:
Beschluss v. 08.01.2009
Az: 6 W (pat) 10/05
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