Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2003
Aktenzeichen: 7 W (pat) 346/02
(BPatG: Beschluss v. 09.04.2003, Az.: 7 W (pat) 346/02)
Tenor
Das Patent 101 14 080 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gründe
I Die Erteilung des Patents 101 14 080 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Bestimmen eines Garparameters aus von einem Gargut freigegebenen Substanzen und dieses Verfahren durchführendes Gargerät" ist am 6. Juni 2002 veröffentlicht worden. Am 5. September 2002 ist gegen die Erteilung des Patents Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, daß der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei und daß das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daß ein Fachmann sie ausführen könne.
Die Einsprechende hat beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat beantragt, den Einspruch zurückzuweisen und das Patent 101 14 080 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Sie vertritt die Auffassung, daß die von der Einsprechenden geltend gemachten Widerrufsgründe nicht vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 1. April 2003 hat die Einsprechende mitgeteilt, daß sie ihren zunächst gestellten Antrag, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, zurücknehme, und angekündigt, daß sie an einer mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
Zum Stand der Technik hat die Einsprechende folgende Druckschriften genannt:
1. europäische Offenlegungsschrift 0 701 388 2. deutsche Offenlegungsschrift 36 21 999 3. europäische Patentschrift 0 148 162 4. deutsche Patentschrift 29 35 862 5. deutsche Patentschrift 42 39 334.
Die Druckschriften 1 und 3 bis 5 sind bereits im Verfahren zur Erteilung des Patents vor dem Deutschen Patent- und Markenamt berücksichtigt worden.
Das Patent 101 14 080 umfaßt sieben Patentansprüche, von denen die Ansprüche 2 und 3 auf den Anspruch 1 und die Ansprüche 5 bis 7 auf den Anspruch 4 rückbezogen sind.
Die Ansprüche 1 und 4 lauten:
"1. Verfahren zum Bestimmen zumindest eines Garparameters aus zumindest einer während eines Garprozesses in dem Garraum eines Gargerätes von einem Gargut freigegebenen organischen, flüssigen Substanz und Steuern und/ oder Regeln des Garprozesses und/oder eines Reinigungsprozesses in Abhängigkeit von dem erfaßten Garparameter.
4. Gargerät zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch zumindest einen Sensor zum Erfassen eines Garparameters aus zumindest einer während eines Garprozesses in dem Garraum eines Gargeräts von einem Gargut freigegebenen organischen, flüssigen Substanz, wobei der Sensor mit einer Steuer- und/oder Regeleinrichtung in Wirkverbindung steht."
Laut Beschreibung (Sp 1 Z 40 bis 48) soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren bereitzustellen, das die Nachteile des Standes der Technik, bei dem lediglich vom Gargut abgegebene gasförmige Komponenten erfaßt und zur Steuerung und/ oder Regelung herangezogen werden, überwindet.
Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Absatz 3 Ziffer 2 PatG idF des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Artikel 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.
2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.
3. Die Erfindung ist im angefochtenen Patent so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann.
Als Fachmann ist hier ein Ingenieur mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Steuerung bzw Regelung von Gargeräten anzusehen.
Der Einsprechenden kann zwar insoweit gefolgt werden, daß insbesondere der Wortlaut des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents Anklänge an eine Aufgabe enthält. Für die Nacharbeitbarkeit der patentgemäßen Lehre sind jedoch nicht nur die Ansprüche, sondern das Patent insgesamt zu berücksichtigen. Daraus kann der Fachmann erkennen, daß der Kern der patentgemäßen Lehre darin besteht, die Aufgabe, ein anderes/besseres Verfahren zur Bestimmung des Garzustandes des Gargutes bereitzustellen, dadurch gelöst werden soll, daß ein Garparameter aus einer vom Gargut abgegebenen organischen Flüssigkeit bestimmt wird. Dieser Kern ist im Anspruch 1 ausreichend deutlich beansprucht. In der Beschreibung ist dazu ein konkretes Ausführungsbeispiel ausgeführt (Sp 2 Z 30 bis 54). Danach wird eine aus dem Gargut austretende organische Flüssigkeit unter dem Gargut in einer Auffangvorrichtung aufgenommen und durch einen Ablauf an einem Sensor vorbeigeführt. Bei diesem Sensor kann es sich zB um einen pH-Wert-Sensor handeln. Diese Angaben setzen den Fachmann instand, die Erfindung auszuführen.
Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für den Anspruch 4.
4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik unbestritten neu, denn in keiner der Entgegenhaltungen ist beschrieben, daß eine von einem Gargut freigegebene organische Flüssigkeit zum Steuern und/oder Regeln des Garprozesses und/oder eines Reinigungsprozesses verwendet wird.
In der deutschen Patentschrift 29 35 862 ist beschrieben, daß ein Garparameter aus einem vom Gargut abgegebenen organischen Gas (Methan, Sp 3 Z 38) bestimmt und zum Steuern bzw Regeln des Garprozesses benutzt wird. Die deutsche Offenlegungsschrift 36 21 999 betrifft ein Verfahren zur Bestimmung des Garzustandes von Fleischspeisen, bei dem durch eine Sonde der sich im garenden Fleisch verändernde Anteil an frei fließbarem Wasser bestimmt wird. In dieser Entgegenhaltung werden fünf verschiedene Verfahren zur Bestimmung des Garzustandes von Speisen als Stand der Technik genannt (Sp 2 Z 23 bis Sp 3 Z 3). Keines von diesen verwendet eine vom Gargut abgegebene organische Flüssigkeit.
In den übrigen drei Entgegenhaltungen sind Verfahren und Vorrichtungen beschrieben, bei denen die Atmosphäre im Garraum oder in einem aus dem Garraum abgezogenen Wrasenstrom, insbesondere der Dampfgehalt, analysiert wird.
Der Gegenstand des Anspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie die deutsche Offenlegungsschrift 36 21 999 belegt, ist es bekannt, den Garzustand von Gargut entweder durch Messung bestimmter Eigenschaften des Garguts selber oder durch Analyse des Gas-Dampfgemisches im Garraum zu bestimmen. Dies entspricht grundsätzlich dem Vorgehen beim Garen ohne Regelung oder Steuerung. Dann nämlich prüft der Koch den Garzustand entweder direkt am Gargut (Farbe, Konsistenz, Elastizität oä) oder durch den Geruch, insbesondere wenn der Garzustand zu weit oder zu rasch fortschreitet (Anbrennen). Aus diesem ursprünglichen Vorgehen und auch aus dem aufgezeigten Stand der Technik ergibt sich für den Fachmann keine Anregung dafür, einen Garparameter aus einer vom Gargut freigegebenen organischen Flüssigkeit zu bestimmen.
Die gleichen Überlegungen gelten auch hinsichtlich des Gargeräts nach Patentanspruch 4.
Bei dieser Sachlage haben die Ansprüche 1 und 4 und mit ihnen die auf sie rückbezogenen, auf weiterbildende Merkmale gerichteten Ansprüche 2 und 3 sowie 5 bis 7 Bestand.
Dr. Schnegg Eberhard Dr. Pösentrup Frühauf Fa
BPatG:
Beschluss v. 09.04.2003
Az: 7 W (pat) 346/02
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