Oberlandesgericht Köln:
vom 17. Januar 2003
Aktenzeichen: 6 U 80/02
(OLG Köln: v. 17.01.2003, Az.: 6 U 80/02)
Tenor
1.)
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.3.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 78/99 - wird insoweit zurückgewiesen, als sie ein Gerüst und/oder Bauteile eines Gerüstes zum Gegenstand hat, bei denen die zur Verbindung der Bauteile dienenden Lochscheiben so ausgebildet sind, wie es aus S.7 des angefochtenen Urteils ersichtlich ist.
2.)
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3.)
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien stehen sich als Hersteller und Vertreiber u.a. von Gerüsten gegenüber, deren Einzelelemente nicht z.B. als Stellrahmen vorgefertigt sind, sondern die aus sog. "Modulen" zusammengesetzt werden. Dem Verfahren ist eine Auseinandersetzung über ein früheres, unter der Bezeichnung "A. R." vertriebenes Gerüst der Beklagten vorausgegangen, die zu der Entscheidung "Modulgerüst" des BGH vom 8.12.1999 (WRP 00,493 ff) geführt hat. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein unter der Bezeichnung "Assco Futuro" vertriebenes Nachfolgemodell des Gerüstes "A. R.", bei dem sowohl an der Lochscheibe als auch an den Riegelköpfen und den Köpfen der sonstigen mit der Lochscheibe zu verbindenden Bauteile gegenüber dem früheren Gerüst bestimmte Änderungen vorgenommen worden sind.
Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der von der Kammer für Handelssachen getroffenen Feststellungen wird gem. § 543 Abs.1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Ziff.5 EGZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, durch die die Klage abgewiesen worden ist, Bezug genommen. Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihre Klageanträge weiter. Zu diesen gehören über die in dem landgerichtlichen Urteil, wo sie offenbar versehentlich nicht aufgeführt worden sind, hinaus auch die auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Sachanträge zu 2) und 3) aus der Klageschrift, wegen deren Wortlautes auf Bl.8 f bzw. Bl.474 verwiesen wird. Zur Begründung ihrer Berufung stützt sich die Klägerin weiter auf § 1 UWG unter den bereits erstinstanzlich herangezogenen Gesichtspunkten.
So drohe die vermeidbare Gefahr betrieblicher Herkunftstäuschungen. Die Änderungen an der Lochscheibe seien zu gering, um Verwechslungen auszuschließen, im übrigen dürften bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht nur die Lochscheibe bzw. der Kopf einzelner Bauteile, sondern müsse das Gerüst in seiner Gesamterscheinung unter Einschluss auch der übereinstimmenden Grundmaße in die Betrachtung einbezogen werden. Das gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nur diejenigen Gerüstteile Verfahrensgegenstand seien, die die beschriebene Lochscheibe oder die an dieser zu befestigenden Köpfe aufwiesen. Entgegen der in der Entscheidung "Modulgerüst" von dem BGH geäußerten Auffassung hätten die Abnehmer an der Kompatibilität von Gerüstteilen unterschiedlicher Hersteller kein Interesse. Zumindest hätten die Beklagten das jedenfalls bestehende Gebot, größtmöglichen Abstand zu halten, nicht erfüllt. Schließlich sei das durch ihr Gerüst gesetzte Qualitätsniveau mit Blick auf eine Vielzahl von Schadensfällen nicht erreicht.
Auch stelle sich das Vorgehen der Beklagten als planmäßige Behinderung und systematische Nachahmung dar. Hierzu trägt die Klägerin u.a. vor, die Beklagte habe nicht nur die Gerüste "A. R." und "A. F.", sondern auch das "L.-Blitzgerüst" sowie die "L.-Fahrgerüste" nachgeahmt. Der von dem Landgericht erhobene Einwand, sie, die Klägerin, habe den Nachbau jener älteren Gerüste nicht angegriffen, sei unbegründet, weil eine systematische Nachahmung auch dann vorliege, wenn sich der Betroffene zunächst hiergegen nicht wehre.
Unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung trägt die Klägerin vor, ihre Gerüste seien von hervorragender Bekanntheit und überragender Wertschätzung. Sie habe sich zu Zeiten des Patentschutzes als Marktführerin mit den Gerüsten von hoher Qualität einen guten Ruf geschaffen. Dieser gute Ruf werde ausgebeutet, indem die Beklagten unter ausdrücklicher Anlehnung an die "L.-Gerüste" versuche, Kunden zu gewinnen. So hätten die Beklagten das "A. R." unter der Überschrift "Ideen haben lohnt sich" mit dem Hinweis beworben, dem Gerüst gehe eine erfolgreiche Vergangenheit voraus. Der gute Ruf ihres Gerüstes werde wegen der bestehenden Verwechslungsgefahr zudem durch die erwähnten Schadensfälle beeinträchtigt und geschädigt.
Schließlich beruft sich die Klägerin wiederum auf einen unlauteren Vertrauensbruch, der darin liege, dass die Beklagte für ihr früheres Gerüst "A. R." ihre, der Klägerin, Zeichnungen verwendet habe. Diese Zeichnungen lägen auch den in dem streitgegenständlichen Gerüst "A. f." verwendeten Teileköpfen zugrunde.
Die Beklagten treten der Berufung entgegen und stützen das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die bis auf diejenigen der Klägerin vom 6.11.2002 und der Beklagten vom 17.12.2002, die beide den Parteien nicht gem. §§ 283,523 ZPO a.F. nachgelassen waren, sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Verwiesen wird außerdem auf die zu Informationszwecken beigezogenen Akten der Verfahren 84 O 110/95 LG Köln = 6 U 161/96 OLG Köln = I ZR 101/97 BGH ("Modulgerüst"), 81 O 37/97 LG Köln = 6 U 20/98 OLG Köln und 84 O 119/97 = 6 U 116/98 OLG Köln.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und insoweit, als sich die Angriffe der Klägerin gegen die Gerüstteile richten, die mit der aus dem Antrag zu 1) ersichtlichen Lochscheibe versehen sind, auch zur Entscheidung reif. Demgegenüber kann über die Ansprüche, die gegen die übrigen streitgegenständlichen Bauteile, also diejenigen, die die mit der Lochscheibe zu verbindenden Köpfe aufweisen, gerichtet sind, nicht ohne Einholung eines Gutachtens entschieden werden. Denn der Senat kann ohne sachverständige Hilfe nicht ausschließen, dass (auch) den Köpfen für das Gerüst "a. f." entsprechend der Behauptung der Klägerin deren nicht für die Beklagten bestimmten Zeichnungen zugrunde liegen. Soweit Entscheidungsreife eingetreten ist, ist gem. §§ 301 Abs.1, 523 ZPO a.F., 26 Ziff. 5 EGZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Der Erlass eines Teilurteiles ist nicht im Sinne des § 301 Abs.2 ZPO unangemessen, weil die Einholung des Gutachtens den schon lange andauernden Streit der Parteien weiter verzögern wird und das Teilurteil wesentliche Streitpunkte erfasst und erledigt.
Soweit die Klägerin die Lochscheibe angreift, ist die Berufung zurückzuweisen, weil die Klage auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens unbegründet ist. Das Anbieten und Inverkehrbringen der Bauteile, die die aus dem Klageantrag zu 1) ersichtliche Lochscheibe aufweisen, ist unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt als gem. § 1 UWG sittenwidrig anzusehen. Aus diesem Grunde bestehen sowohl der mit dem Klageantrag zu 1) geltendgemachte Unterlassungsanspruch als auch die mit den Anträgen zu 2) und 3) geltendgemachten Annexansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz gegen keinen der drei Beklagten.
1.
Die Bauteile mit der Lochscheibe begründen nicht die Gefahr vermeidbarer betrieblicher Herkunftstäuschungen. Bei der gebotenen Gegenüberstellung allein der Teile, die die Lochscheibe aufweisen, unabhängig von der Ausgestaltung der übrigen Bauteile, die zur Errichtung eines Gerüstes erforderlich sind, besteht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles eine betriebliche Verwechslungsgefahr nicht.
Die Klägerin begehrt - abgesehen von den das vorliegende Teilurteil nicht betreffenden Köpfen einzelner Teile - ein Verbot nur derjenigen Bauteile, die die Lochscheibe aufweisen. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Unterlassungsantrags. Danach soll zwar das Anbieten und Inverkehrbringen nicht nur einzelner Bauteile, sondern auch ganzer Gerüste untersagt werden, dies aber nur dann, wenn die Gerüste zur Verbindung der Vertikalstiele mit den in Betracht kommenden anderen Bauteilen mit der streitgegenständlichen Lochscheibe ausgestattet sind. Ebenso erfasst der Wortlaut, soweit er einzelne Bauteile zum Gegenstand hat, nur solche, die die Lochscheibe aufweisen. Damit stellt diese den Streitgegenstand dar. Ein anderes ergibt sich auch aus dem die Vermischung mit Teilen des klägerischen Gerüstes betreffenden Zusatz am Ende des Antragswortlautes nicht. Denn dort ist lediglich eine Einschränkung des Antrags auf solche Bauteile formuliert, die mit Teilen des klägerischen "L. AllroundGerüst" kompatibel sind, und der Antrag nicht auf solche Bauteile erweitert, die die Lochscheibe nicht aufweisen. Dieses sich schon aus dem Antragswortlaut ergebende Klageziel wird durch das ausdrückliche Vorbringen der Klägerin selbst bestätigt. Die Klägerin hat, nachdem die Antragsfassung Gegenstand ausführlicher Erörterungen in der mündlichen Berufungsverhandlung gewesen war, mit Schriftsatz vom 6.11.2002 in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen ausdrücklich erklärt, der Klageantrag erfasse nur Bauteile des streitigen Gerüstes der Beklagten, die die fraglichen Lochscheiben oder Köpfe aufwiesen und zusätzlich aufgrund der Übernahme der identischen Abmessungen des L. AllroundGerüst mit diesem verbaut werden könnten. Der so zu verstehende Unterlassungsantrag (und damit auch die die Annexansprüche betreffenden weiteren Anträge) wären nur dann begründet, wenn die die Lochscheibe enthaltenden Bauteile unabhängig von der Ausgestaltung der übrigen für die Errichtung eines Gerüstes erforderlichen Bauteile mit den Lochscheiben des klägerischen L. AllroundGerüstes verwechselbar wären. Insbesondere kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Gerüste entsprechend der klägerischen Behauptung und ihren Darlegungen anhand der in der mündlichen Berufungsverhandlung zu Anschauungszwecken nebeneinander gestellten vollständigen Gerüstelemente (auch) in anderen Bereichen als der Lochscheibe Übereinstimmungen aufweisen, weil dies nicht Gegenstand ihres Antrages ist. Die Gefahr, dass die beteiligten Verkehrskreise in nennenswertem und für ein Verbot ausreichendem Umfang angesichts des angegriffenen Bauteiles mit der Lochscheibe annehmen könnten, es handele sich um ein Teil des von der Klägerin vertriebenen L. AllroundGerüstes, besteht indes nicht.
Der Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung setzt zunächst voraus, dass das klägerische Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist, seine konkrete Ausgestaltung oder einzelne Merkmale also geeignet sind, auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH a.a.O. - "Modulgerüst" S. 495 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der klägerischen Lochscheibe aufgrund von deren individueller Gestaltung erfüllt. Dies und der Umstand, dass dem auch die weitgehende technische Bedingtheit der Lochscheibe nicht entgegensteht, bedarf keiner (erneuten) näheren Darlegung, weil der Senat bereits in seiner insoweit vom BGH a.a.O. und insbesondere S.496 ausdrücklich gebilligten Entscheidung im Verfahren 6 U 161/96 die wettbewerbliche Eigenart bejaht und dabei auch auf den "Gerüstknoten" und damit die identische klägerische Lochscheibe und deren einzelne Elemente abgestellt hat.
Abweichend von jener früheren, das Vorläufermodell "a. r." betreffenden Entscheidung kann im vorliegenden Verfahren keine Rede davon sein, dass die Beklagte die Lochscheibe (zumindest) nahezu identisch übernommen hätte. Bei der Beurteilung dieser Frage sind diejenigen Merkmale, die technisch notwendig sind, die also aus technischen Gründen bei gleichartigen Konstruktionen zwingend verwendet werden müssen, außer Betracht zu lassen. Denn solche Merkmale können schon die wettbewerbliche Eigenart nicht begründen (vgl. BGH GRUR 96, 210 f - "Vakuumpumpen"; a.a.O. "Modulgerüst" S.496; GRUR 99,1106,1108 - "Rollstuhlnachbau" und öfter) und ihre Übernahme kann daher den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht rechtfertigen. Hierunter fällt die Verwendung einer Lochscheibe überhaupt und - wie bereits der BGH (a.a.O. "Modulgerüst" S.497) ausgeführt hat - ihre Ausprägung mit jeweils vier abwechselnd angeordneten größeren und kleineren Auslassungen. Denn die Verwendung einer derartig konstruierten Lochscheibe mit entsprechenden Anschlussstücken ist der Kern des früher zu Gunsten der Klägerin patentierten Systems, das seit dem Ablauf des Patentschutzes grundsätzlich für jedermann frei ist. Ohne diese Scheibe und die Anordnung der Löcher sind die schnelle Anbringung der Gerüstteile nach dem "System-L." und die Erreichung unterschiedlicher Winkel zwischen den anzuschließenden Gerüstteilen nicht möglich. Lässt man aber die Auslassungen als solche aus diesen Gründen außer Betracht, so kann von einer nahezu identischen Übernahme der Lochscheibe im übrigen nicht ausgegangen werden. Bereits die Auslassungen in ihrer konkreten Ausgestaltung sind von denjenigen in der klägerischen Lochscheibe unterschieden. Insoweit ist ein nicht unerheblicher Unterschied dadurch geschaffen worden, dass die Auslassungen deutlich abgerundete Formen aufweisen, die weitaus weniger als diejenigen in der Lochscheibe der Klägerin der Form eines Trapezes angenähert sind. Vor allem mutet die Lochscheibe aber durch die Gestaltung ihres Randes völlig anders an als diejenige der Klägerin. Während bei jener die einfachste und nächstliegende Form gewählt worden ist, durch die die technischen Anforderungen verwirklicht werden können, nämlich die kreisrunde Scheibe, weist die Lochscheibe der Beklagten durch die ungewöhnliche und überraschende Gestaltung des Randes ein ganz anderes Aussehen auf. Der Senat schließt sich hierzu gem. §§ 543 Abs.1 ZPO a.F., 26 Ziff.5 EGZPO ausdrücklich der Argumentation des Landgerichts auf S.14 der angefochtenen Entscheidung an. Die hiergegen gerichtete Kritik der Klägerin, die Betrachtung des Landgerichts konzentriere sich zu sehr auf die Lochscheibe, richtigerweise müsse das Gerüst in seiner Gesamterscheinung einer Beurteilung unterzogen werden, geht fehl. Vielmehr sind, soweit das vorliegende Teilurteil betroffen ist, aus den schon dargelegten Gründen Streitgegenstand ausschließlich die Bauteile mit der Lochscheibe in ihrer durch die bildliche Wiedergabe im Rahmen des Klageantrages zu 1) ersichtlichen äußeren Gestaltung.
Unter Berücksichtigung der geschilderten Abweichungen besteht die Gefahr betrieblicher Herkunftstäuschungen nicht. Angesichts der Wechselwirkung, die nach gefestigter und aufrechtzuerhaltender Rechtsprechung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, dem Grad der Annäherung an das nachgeahmte Produkt und den besonderen wettbewerbsrechtlichen Umständen besteht (vgl. BGH a.a.O. "Vakuumpumpen" S. 211; WRP 97,306,308 - "Wärme fürs Leben"; GRUR 99,1106,1108 - "Rollstuhlnachbau"), sind insoweit nicht geringe Anforderungen zu stellen. Das gilt auch dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass trotz des zwischenzeitlichen Marktzutrittes der Beklagten mit verschiedenen Gerüsten, die eine Lochscheibe aufweisen bzw. aufwiesen, der Verkehr die verbreiteten Lochscheiben weiterhin ihr zurechnet und deren wettbewerbliche Eigenart damit gesteigert ist. Denn auch bei einer gesteigerten wettbewerblichen Eigenart ist der deutliche Abstand zu berücksichtigen, den die angegriffene Lochscheibe in denjenigen Elementen aufweist, die verändert werden können, ohne dass dadurch das den freien Stand der Technik darstellende System verlassen wird.
Bei der Beurteilung der Frage einer betrieblichen Herkunftstäuschung kommt es ausschließlich auf Gerüstverwender an. Das mögen zu einem kleinen Teil auch die von der Klägerin angesprochenen kleineren Handwerksbetriebe sein, die für ihre Tätigkeit selbst ein Gerüst benötigen. In erster Linie wird es sich indes um Abnehmer handeln, die das Gerüst ihrerseits - etwa im Vermietungswege - gewerblich verwenden wollen. Nach dem Vortrag der Klägerin selbst werden Modulgerüste zu 90 % im Industriebereich als Raumgerüste eingesetzt. Unabhängig davon werden diejenigen gewerblichen Verwender aus den in Betracht kommenden Verkehrskreisen, die bei dem Erwerb bzw. der Anmietung eines der angegriffenen Bauteile mit einer Lochscheibe dieser die gebotene Aufmerksamkeit widmen, Verwechslungen in einem für eine Verurteilung ausreichenden Maße nicht unterliegen. Insoweit ist auf einen durchschnittlich informierten und interessierten gewerblichen Abnehmer abzustellen, der dem Erwerb oder der Anmietung der streitgegenständlichen Bauteile die dieser Situation adäquate Aufmerksamkeit zukommen lässt. Diese Maßstäbe gelten nicht nur für das Verbraucherleitbild (vgl. hierzu z.B. BGH GRUR 00, 619, 621 - "Orient-Teppichmuster"), sondern auch und erst recht für dasjenige gewerblicher Abnehmer. Diese werden gerade auf die Lochscheibe besonders achten. Das gilt bei dem Erwerb oder der Anmietung ausschließlich von Bauteilen mit einer Lochscheibe sowieso, aber auch etwa bei dem Erwerb nicht nur der Lochscheibe, sondern zugleich weiterer Teile, mit denen sich etwa ein vollständiges Gerüst errichten lässt, weil dieses Verbindungselement das maßgebliche Kriterium dafür darstellt, wie schnell und vielseitig ein Gerüst sicher aufgestellt werden kann. In dieser Situation mögen die Abnehmer daran erinnert werden, dass die Scheibe der Beklagten "so ähnlich aussieht" wie diejenige der Klägerin, sie werden sie indes nicht im Rechtssinne mit jener verwechseln. Denn diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich überhaupt an die Lochscheibe der Klägerin erinnern, werden die beschriebenen Abweichungen der angegriffenen Lochscheiben wahrnehmen. Anhaltspunkte für die Annahme, es könne sich um eine technische Weiterentwicklung handeln, bestehen ebenfalls nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin an ihren Gerüstelementen im Bereich des Verbindungsknotens keine Veränderungen vorgenommen hat und dem Verkehr deswegen kein Gerüst gegenübertritt, das an anderen Bauteilen als der Lochscheibe Neuheiten aufweist. Dass ein Hersteller aber Anlass gesehen haben könnte, bei im übrigen gleichbleibenden Bauteilen ausschließlich die Lochscheibe in der Form weiter zu entwickeln, dass der Rand und die Aussparungen in der auffälligen streitgegenständlichen Form wellig gestaltet werden, liegt für die Abnehmer ganz fern.
Die Gefahr betrieblicher Herkunftstäuschungen besteht auch nicht mit Rücksicht darauf, dass sich der Unterlassungsanspruch ausschließlich auf solche Lochscheiben bezieht, die nicht nur das im Klageantrag dargestellte äußere Erscheinungsbild aufweisen, sondern auch mit den Bauteilen des klägerischen "L.Allround Gerüst" kompatibel sind. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist allein nach dem Erscheinungsbild des Produktes zu beurteilen. Auf das Erscheinungsbild der Lochscheibe könnte die Kompatibilität aber nur einen Einfluss haben, wenn diese dem Betrachter mit angeschlossenen klägerischen Bauteilen gegenübertritt. Auf Grund allein einer so präsentierten Lochscheibe wird aber eine geschäftliche Entscheidung etwa über den Erwerb oder die Anmietung nicht fallen. Im übrigen setzt die Erkenntnis, dass die Lochscheibe mit Teilen des klägerischen Gerüstes kompatibel ist, voraus, dass der Interessent von der verschiedenen betrieblichen Herkunft weiß, über diese also nicht getäuscht wird.
Die vorstehenden Fragen vermag der Senat selbst zu beurteilen, obwohl seine Mitglieder nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Denn die Frage, ob bei der gebotenen Aufmerksamkeit die Abweichungen bemerkt werden, ist allein nach deren Ausmaß und unabhängig von branchenspezifischen Fachkenntnissen zu entscheiden.
Aus diesen Gründen kann der Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg auf den Gesichtspunkt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung gestützt werden. Das gilt für die die Lochscheibe aufweisenden Bauteile sowohl für sich genommen, als auch in der ebenfalls angegriffenen Form der Verbindung mit Bauteilen, die die hierfür geeigneten Köpfe aufweisen.
2.
Auch eine gem. § 1 UWG sittenwidrige Rufausbeutung liegt nicht vor.
Das Unlauterkeitsmerkmal der Rufausbeutung setzt voraus, dass der Verkehr die betreffenden Waren miteinander verwechselt (vgl. z.B. BGH a.a.O. "Vakuumpumpen" S.212). Indes besteht eine Verwechslungsgefahr aus den soeben zur Frage der betrieblichen Herkunftstäuschung dargelegten Gründen nicht. Die Abnehmer werden die Lochscheibe auch tatsächlich nicht mit derjenigen der Klägerin verwechseln.
Aus dem selben Grunde kommt auch eine Rufschädigung wegen minderer Qualität nicht in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob die Lochscheibe der Beklagten überhaupt von minderer Qualität als diejenige der Klägerin ist und ob die Klägerin hierfür hinreichend vorgetragen hat, scheidet eine Rufschädigung jedenfalls deswegen aus, weil der Verkehr hinreichend zwischen beiden Produkten unterscheidet und aus diesem Grunde etwaige Qualitätsmängel an von der Beklagten zu 1) stammenden Lochscheiben nicht der Klägerin zurechnet.
3.
In dem Vorgehen der Beklagten ist auch keine sittenwidrige Behinderung der Klägerin zu sehen. Eine solche ist anzunehmen, wenn sich der Verletzter schrittweise und zielbewusst an eine Vielzahl von Produkten eines Herstellers "anhängt" (BGH a.a.O. "Vakuumpumpen" S.212 sub d m.w. Nachweisen auf die ältere Rechtsprechung). Dass die Beklagte so vorgegangen wäre, ergibt der Vortrag der Klägerin ebenfalls nicht. Dabei ist allerdings zweifelhaft, ob mit den Beklagten zu verlangen ist, dass der Verletzer der alleinige Nachahmer sein müsse. Das kann indes auf sich beruhen, weil es an weiteren Voraussetzungen fehlt. Der Vorwurf der unlauteren sittenwidrigen Behinderung durch das schrittweise und zielbewusste Anhängen an eine Vielzahl von Produkten macht eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände erforderlich. Insbesondere ist die Frage der freien Wählbarkeit von Gestaltungselementen von Bedeutung (BGH a.a.O.). Geht man hiervon aus, so kann das Gerüst "A. F.", zu dem die im vorliegenden Verfahren angegriffene Lochscheibe gehört, von vornherein in eine etwaige Kette von Nachahmungsprodukten nicht eingegliedert werden, weil es sich bei der für die Beurteilung auch des gesamten Gerüstes maßgeblichen Lochscheibe gerade nicht um eine verwechselbare Nachahmung des klägerischen Produktes handelt.
Im übrigen sind aber auch im Hinblick auf andere Gerüste der Klägerin die Voraussetzungen für ein systematisches Anhängen durch die Beklagten nicht vorgetragen. Bezüglich der älteren sogenannten Fahrgerüste soll die Nachahmung darin bestehen, dass die Beklagten sich "in den Maßen an die L.-Fahrgerüsttypen angelehnt haben". Diese Maße seien zunächst ähnlich und später identisch gewesen. Nach dem Vortrag der Beklagten handelt es sich um durch die einschlägige DIN vorgegebene Maße. Angesichts der Vielzahl von Kriterien, durch die sich Gerüste voneinander unterscheiden können, kann indes wegen der bloßen Übernahme der Maße, zumal wenn diese durch eine DIN begrenzt werden, der Vorwurf der systematischen Annäherung nicht begründet werden. Ähnliches gilt im Ergebnis für das Rahmengerüst "A. Q.", das die Klägerin für eine Nachahmung ihres "L. Blitzgerüst" ansieht. Dies bedarf keiner ins einzelne gehenden Begründung. Denn der Vorwurf der systematischen Annäherung könnte nicht allein mit der Nachahmung eines einzigen Gerüsttyps begründet werden. Im übrigen wäre entgegen der Auffassung der Klägerin auch von erheblicher Bedeutung, dass sie sich - und zwar auch nachdem die Maße des Fahrgerüstes nach ihrer Darstellung identisch übernommen worden waren - gegen diese Übernahme nicht gewehrt hat. Wenn tatsächlich darin eine Nachahmung ihres Gerüstes liegen sollte, so liegt es zumindest nicht fern, dass auch der Unlauterkeitstatbestand etwa der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung in Betracht kam. Wenn die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen hat, gegen die Beklagte vorzugehen, spricht das deutlich gegen die Annahme einer sittenwidrigen gezielten Nachahmung.
4.
Schließlich liegt bezüglich der Lochscheibe schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ein Vertrauensbruch nicht vor, weil die Klägerin diesen Vorwurf nicht für die Lochscheibe selber, sondern nur für die Bauteile erhebt, die mit den in die Lochscheibe passenden Köpfen ausgestattet sind.
Besteht damit der Unterlassungsanspruch hinsichtlich solcher Bauteile, die die Lochscheibe aufweisen, unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt, so scheiden im selben Umfang auch die auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gerichteten Annexansprüche zu 2) und 3) aus.
Die Kostenentscheidung hängt von dem Ausgang des Rechtsstreits im übrigen ab und ist daher dem Schlussurteil vorzubehalten.
Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht zu treffen, weil das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt nicht hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor.
Der Streitwert für das vorliegende Teilurteil wird auf 62.500 EUR festgesetzt.
Der Senat schätzt das gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO maßgebliche Interesse der Klägerin hinsichtlich der Lochscheibe einerseits und der Köpfe trotz deren Verwendung an unterschiedlichen Bauteilen andererseits als gleich hoch ein, woraus sich auf der Grundlage des Senatsbeschlusses vom 5.7.2002 der vorstehende Wert ergibt.
OLG Köln:
v. 17.01.2003
Az: 6 U 80/02
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