Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 28. November 1997
Aktenzeichen: 6 U 167/96
(OLG Köln: Urteil v. 28.11.1997, Az.: 6 U 167/96)
1. Die Marke ,IBUTAD" für ibuprofenhaltige Antirheumatika ist verwechselbar mit der für denselben Anwendungsbereich benutzten Marke ,IBUTOP". 2. Zur Frage der Verwirkung markenrechtlicher Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche.
Tenor
A) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.6.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 318/93 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt: I.) Die Beklagte wird verurteilt,1.) es zu unterlassen, ibuprofenhaltige Antirheumatika o-der ihre Verpackungen oder Umhüllungen oder Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen oder Rechnungen mit der Marke IBUTAD zu versehen oder derart gekennzeichnete Arzneimittel der genannten Art anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen;2.) der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die sie seit dem 5.12.1991 mit den in Ziffer I 1.) beschriebenen Handlungen erzielt hat, und über die seit dem 5.12.1991 zum Absatz des Produktes "IBUTAD" aufgewendeten Werbemaßnahmen, und zwar durch Vorlage einer die Verkaufs-preise enthaltenden quartalsweisen Auflistung der verkauften Einheiten von "IBUTAD" und durch Vorlage einer Aufstellung, die die Art und den Kostenaufwand der einzelnen Werbemaßnahmen für "IBUTAD" enthält;3.) durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt in die Löschung ihrer Marke Nr. 1113605 IBUTAD einzuwilligen. II.) Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 5.12.1991 durch die zu Ziff. I 1.) beschriebenen Handlungen entstanden ist. III.)Im übrigen wird die Klage abgewiesen. B) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. C) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 1/8 und die Beklagte zu 7/8 zu tragen. D) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicher-heitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen: Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung: 100.000 DM,b) Auskunft: 15.000 DM,c) Löschung: 50.000 DM,c) Kostenerstattung: 18.000 DM. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von 3.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Der Klägerin wird auf ihren Antrag nachgelassen, die vorstehend erwähnten Sicherheiten auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. E) Die Beschwer der Parteien wird wie folgt festgesetzt:für die Klägerin auf 25.000 DM,für die Beklagte auf 175.000 DM.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber als Hersteller von
ibuprofenhaltigen Antirheumatika. Sie streiten im vorliegenden
Verfahren über die Berechtigung der Beklagten, die Marke IBUTAD für
ihre Produkte zu verwenden.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 1.10.1987 mit Priorität zum
8.12.1983 für ibuprofenhaltige Arzneimittel unter der Nummer
1112158 eingetragenen, aus der als Anlage K 1 zur Klageschrift
vorgelegten Ablichtung ersichtlichen Wortmarke IBUTOP. Sie läßt
seit Januar 1989 unter dieser Bezeichnung eine den Wirkstoff
Iboprofen enthaltende apothekenpflichtige Salbe vertreiben, wegen
deren Aufmachung und Gebrauchsinformation auf die als Anlage K 2
zur Klageschrift vorgelegten Ablichtungen verwiesen wird. Die
Klägerin erzielt mit diesem Präparat, für das sie vorwiegend im
Fernsehen, aber auch im Rundfunk Werbung betreibt, erhebliche
Umsätze. Wegen der - jeweils mehrere Millionen DM betragenden -
Umsätze und Aufwendungen für die Werbung in den Jahren 1990 bis
Anfang 1993 wird auf die erstinstanzliche Darstellung der Klägerin
in deren Schriftsatz vom 9.7.1993 (Bl.67) Bezug genommen.
Die Beklagte ist Inhaberin der streitgegenständlichen, aus der
Anlage K 3 zur Klageschrift ersichtlichen und am 30.10.1987 unter
der Nummer 1113605 eingetragenen Wortmarke IBUTAD, die sie mit
Priorität zum 22.4.1986 für Humanarzneimittel und
Veterinärarzneimittel hat eintragen lassen. Das Warenverzeichnis
ist auf ihr Betreiben später auf "Humanarzneimittel, nämlich
verschreibungspflichtige ibuprofenhaltige Arzneimittel zur oralen
Anwendung und als Suppositorien" beschränkt worden.
Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung "IBUTAD" seit dem
1.10.1989 ein ebenfalls ibuprofenhaltiges Antirheumatikum, das in
Tablettenform und als Suppositorium angeboten wird, und wegen
dessen früherer, inzwischen - worauf noch einzugehen ist -
geänderter Aufmachung und Gebrauchsinformation auf die Anlage K 5
zur Klageschrift Bezug genommen wird. Das Präparat "IBUTAD" ist
rezeptpflichtig. Dies war zwar in der ersten Instanz für die
Abgabeform der Filmtabletten zu 200 mg streitig, die Klägerin hält
ihre frühere - im Gegensatz zu der Eintragung in der von ihr selbst
als Anlage K 4 vorgelegten "Roten Liste" stehende - Behauptung,
wonach "IBUTAD" als Filmtabletten in der Dosierung 200 mg
rezeptfrei sei, im Berufungsverfahren aber nicht mehr aufrecht.
Die Klägerin hatte spätestens am 23.10.1990 Kenntnis von der
Marktpräsenz von "IBUTAD". Das ist mit Blick auf ein von der
Beklagten als Anlage B 5a zur Klageerwiderung vorgelegtes Schreiben
der Klägerin von jenem Tage, das diese in einer sogleich
darzustellenden weiteren zeichenrechtlichen Auseinandersetzung der
Parteien an das Deutsche Patentamt gerichtet hat, unstreitig.
Die Beklagte erzielt - bei entsprechendem Werbeaufwand -
ebenfalls Umsätze in Höhe mehrerer Millionen DM. Wegen der in
erster Instanz hierzu vorgelegten Zahlen wird auf die mit der
Klageerwiderung vorgelegten Anlagen B 5c und B 22 Bezug
genommen.
Neben den Produkten der Parteien befindet sich noch eine
Vielzahl weiterer ibuprofenhaltiger Präparate auf dem Markt. Wegen
der Bezeichnungen dieser Arzneimittel, die sämtlich mit dem
Bestandteil "ibu" beginnen, wird auf die Auflistung der Kammer auf
S.6 f des angefochtenen Urteils sowie die ergänzende Darstellung
der Beklagten auf S.7 f ihres Schriftsatzes vom 18.12. 1996 (Bl.346
f) verwiesen.
Im Jahre 1990 meldete die Klägerin als weitere Marke das Zeichen
"IBOCOD" an. Hiergegen legte die Beklagte mit der Begründung
Widerspruch ein, es bestehe Verwechslungsgefahr mit ihrer
prioritätsälteren Marke "IBUTAD". Daraufhin ist die Eintragung von
der Prüfungsstelle des Deutschen Patentamtes im August 1991 wegen
bestehender Verwechslungsgefahr versagt und später die hiergegen
gerichtete Erinnerung der Klägerin durch Beschluß des Deutschen
Patentamtes vom 4.12.1992, wegen dessen Wortlaut auf die Anlage K 6
zur Klageschrift verwiesen wird, zurückgewiesen worden.
Noch während dieser zeichenrechtlichen Auseinandersetzung wandte
sich die Klägerin mit Schreiben vom 5.12.1991, wegen dessen
Wortlautes auf die Anklage K 7 zur Klageschrift verwiesen wird, an
die Beklagte und machte - mit dem Hinweis, daß die Àhnlichkeit
zumindest nicht geringer sei, - erstmals Ansprüche aus ihrer Marke
"IBUTOP" gegen die Marke "IBUTAD" geltend. In jenem Schreiben wurde
der Umstand, daß die Klägerin nicht schon im Zeitpunkt der
Anmeldung der angegriffenen Marke am 22.4.1986 gegen diese
vorgegangen sei, damit begründet, daß sich die Marke "IBUTOP" der
Klägerin damals noch im Eintragungsverfahren befunden habe und ihre
Eintragung ungewiß gewesen sei.
Aus diesem Schreiben entwickelte sich zwischen den Parteien ein
im Ergebnis erfolgloser Schriftwechsel über mögliche Lösungen, der
mit einem Schreiben der Klägerin vom 27.8.1992 endete und sich im
einzelnen ebenfalls aus der Anlage K 7 zur Klageschrift ergibt.
Nachdem die Klägerin später die Beklagte mit dem aus der Anlage K 8
ersichtlichen Schreiben vom 28.10.1992 erfolglos abgemahnt hatte,
hat sie unter dem 18.5.1993 im vorliegenden Verfahren Klage
erhoben.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen den
streitgegenständlichen Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr.
Sie hat - in der durch das Landgericht vorgenommenen Bezifferung
- b e a n t r a g t,
Die Beklagte zu verurteilen,
es zu unterlassen, die Waren "Humanarzneimittel, nämlich
ibuprofenhaltige Antirheumatika" oder ihre Verpackungen oder
Umhüllungen oder Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe,
Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen mit der Marke
IBUTAD
zu versehen oder derart gekennzeichnete
Waren der genannten Art anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in
den Verkehr zu bringen;
ihr Auskunft über die Umsätze zu erteilen, die sie mit den in
Ziffer I 1.) beschriebenen Handlungen erzielt hat, und zwar
quartalsweise aufgelistet nach Stückzahlen der verkauften Einheiten
und nach Verkaufspreisen, sowie Auskunft über die zum Absatz des
Produktes "IBUTAD" geleisteten Werbemaßnahmen zu erteilen, und zwar
durch eine Aufstellung nach Art und Kosten dieser
Werbemaßnahmen;
durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt in die
Löschung ihrer Marke Nr. 1113605 IBUTAD einzuwilligen.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr den
Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I 1.) beschriebenen
Handlungen entstanden ist.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Verwechslungsgefahr u.a. mit der Behauptung in
Abrede gestellt, bei der Endsilbe "tad" der angegriffenen
Bezeichnung "IBUTAD" handele es sich erkennbar um ihr
Firmenschlagwort. Weiter hat sie die Auffassung vertreten, etwaige
Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verwirkt.
Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte durch das
angefochteen Urteil antragsgemäß verurteilt. Es bestehe auch unter
Berücksichtigung der Tatsache, daß beteiligte Verkehrskreise in
erste Linie Àrzte und Apotheker seien, Verwechslungsgefahr. Zwar
sei die Kennzeichnungskraft von "IBUTOP" schwach, dies werde aber
durch die Warenidentität und die große Àhnlichkeit der
Bezeichnungen ausgeglichen. Das gelte auch unter Berücksichtigung
des Vorbringens der Beklagten zu ihrem Firmenschlagwort, zumal ein
nicht geringer Teil der betroffenen Verkehrskreise dieses nicht
kenne und bei der Kurzbezeichnung der Beklagten die 3 Buchstaben t
a d üblicherweise einzeln als "Te-A-De" ausgesprochen würden.
Schließlich seien die Ansprüche auch nicht verwirkt, weil
ausweislich des Schriftverkehrs seit dem Jahre 1990 zwischen den
Parteien Verhandlungen geschwebt hätten, aus denen die Beklagte
habe entnehmen können, daß die Klägerin zeichenrechtliche Ansprüche
als gegeben angesehen und lediglich deren Durchsetzung im Interesse
einer gütlichen Regelung zurückgestellt habe.
Ihre gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet
die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens damit, daß schon keine
Verwechslungsgefahr bestehe, jedenfalls aber Verwirkung eingetreten
sei.
Mit dem Landgericht sei davon auzugehen,daß "IBUTOP" von
schwacher Kennzeichnungskraft sei. Zu Recht habe das Landgericht
auch auf die Entscheidung "Corvaton/Corvasal" des
Bundesgerichtshofes (GRUR 93,118 f) abgestellt, dabei aber nicht
hinreichend berücksichtigt, daß in jener Entscheidung dem
Klagezeichen eine "beachtliche" Kennzeichnungskraft und diesem
Gesichtspunkt eine erhebliche Bedeutung beigemessen worden sei. Aus
jener BGH-Entscheidung ergebe sich auch, daß in Fällen geringer
Kennzeichnungskraft sogar bei hoher Àhnlichkeit der Marken eine
Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Tatsächlich sei die
Àhnlichkeit indes aber aus bestimmten, auf Bl.299 ff und Bl.347 ff
dargelegten lautlichen, schriftbildlichen und begrifflichen Gründen
nicht groß. Die Kammer habe in diesem Zusammenhang zwar zu Recht im
wesentlichen die Àrzte und Apotheker als die beteiligten
Verkehrskreise angesehen, aber deren besondere Sorgfalt im Umgang
mit der Zuordnung von Arzneimitteln nicht berücksichtigt. Im
übrigen seien die Waren auch nicht etwa gleich, vielmehr könne
angesichts der unterschiedlichen Darreichungsformen, nämlich
einerseits topisch und andererseits oral, mit dem Landgericht nur
von einer Warengleichartigkeit ausgegangen werden.
Wollte man gleichwohl eine Verwechslungsgefahr bejahen, so sei
jedenfalls Verwirkung eingetreten. Sie habe sich nämlich - was sich
aus den bereits erstinstanzlich mitgeteilten Umsatzzahlen und
Werbeaufwendungen ergebe - durch die Verwendung der Marke "IBUTAD"
einen wertvollen Besitzstand aufgebaut. Óberdies habe die Klägerin
bis zur Klageerhebung zu lange zugewartet.
Was zunächst den Anspruch auf Löschung angehe, so ergebe sich
dies daraus, daß die Klägerin schon seit der am 31.7.1986, mithin
mehr als 6 1/2 Jahre vor Klageerhebung erfolgten, Bekanntmachung
der Anmeldung der Marke von dieser Kenntnis gehabt habe.
Bezüglich des Unterlassungsanspruches sei ebenfalls auf diesen
langen Zeitraum abzustellen, weil die Beantragung der Eintragung
einen Benutzungswillen voraussetze. Wenn man demgegenüber erst von
der spätestens am 23.10.1990 erfolgten Kenntnisnahme der Klägerin
von der Marktpräsenz des Präparates "IBUTAD" ausgehen wolle, so sei
zusätzlich zu dem sich dann ergebenden Zeitraum von 1 1/2 Jahren
zwischen dem schreiben vom 5.12.1991 und der Klageerhebung zu
berücksichtigen, daß die Klägerin in der Auseinandersetzung über
das Zeichen "IBOCOD" den Standpunkt eingenommen habe, es bestehe
keine Verwechslungsgefahr mit "IBUTAD". Hieraus habe sie, die
Beklagte, nämlich entnehmen dürfen, daß die Klägerin auch zwischen
den Zeichen, die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden,
eine Verwechslungsgefahr nicht sehe, weil diese weiter voneinander
entfernt seien.
Mit Schriftsatz vom 22.5.1997 hat die Beklagte eine gesicherte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, in der sie sich
verpflichtet hat, zukünftig das Zeichen "IBUTAD" nicht anders als
in der Schreibweise "ibuTAD" unter Hinzufügung der Dosierung zu
verwenden. Wegen der Einzelheiten zum Wortlaut dieser Erklärung und
des Schriftbildes der angesprochenen Schreibweise wird auf den
erwähnten Schriftsatz (Bl.401) sowie auf die in Hülle Bl.391a
befindlichen, von der Beklagten im Termin vom 11. 4.1997
vorgelegten Verpackungen, auf denen die neue Schreibweise bereits
verwendet worden ist, Bezug genommen.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
unter Abänderung des am 18.6.1996
verkündeten Urteils des Landgerichts Köln - 31 O 318/93 - die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin b e a n t r a g t,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat die soeben erwähnte Unterlassungsverpflichtungserklärung
nicht angenommen und vertritt weiter die Auffassung, das Zeichen
"IBUTAD" sei - und zwar auch in der nunmehr von der Beklagten
verwendeten Schreibweise - mit "IBUTOP" verwechselbar. Entgegen der
Auffassung der Beklagten könne nicht von einer nur geringen
Kennzeichnungskraft von "IBUTOP" ausgegangen werden, da das
Gesamtzeichen zu beurteilen und dieses hinreichend einprägsam sei.
Im übrigen bestehe nahezu Warenidentität und aus den im Einzelnen
auf Bl.317 ff dargelegten Gründen eine hohe Àhnlichkeit zwischen
den Zeichen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch keine
Verwirkung eingetreten. Es habe ihr nämlich nicht oblegen, bereits
gegen die Anmeldung und Eintragung der Warenzeichens anzugehen.
Gehe man aber - wie es deswegen geboten sei - erst von dem
Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung der Marktpräsenz des Produktes
"IBUTAD" aus, so ergebe sich jedenfalls kein hinreichender
Zeitraum, der der Beklagten hätte Veranlassung geben dürfen
anzunehmen, sie werde von ihren Rechten keinen Gebrauch machen,
zumal zwischen den Parteien Verhandlungen über eine
außergerichtliche Lösung des Konfliktes geschwebt hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die einschließlich der
überreichten Anlagen sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur bezüglich
eines zeitlichen Teils des Auskunftsanspruches und der begehrten
Feststellung der Schadensersatzpflicht Erfolg, weil die Klägerin
ihre Rechte insoweit verwirkt hat. Im übrigen ist die Berufung
unbegründet, weil der Klägerin die ihr von dem Landgericht
zuerkannten Rechte zustehen.
Der Unterlassungsanspruch ist aus §§ 4 Ziff. 1, 14 Abs.2 Ziff.
2, Abs.5, 152, 153 Abs.1 MarkenG, 15 Abs.1, 24 Abs.1, 31 WZG
begründet.
Die Verwendung der Marke "IBUTAD" für ibuprofenhaltige
Antirheumatika ist der Beklagten nach diesen Vorschriften zu
untersagen, weil die Gefahr von Verwechslungen mit der
prioritätsälteren Marke "IBUTOP" der Klägerin besteht und der
daraus der Klägerin erwachsene Anspruch entgegen der Auffassung der
Beklagten nicht verwirkt ist.
I.
Es entspricht - wie der BGH in seiner ebenfalls Arzneimittel
betreffenden Entscheidung vom 29.9.1994 (GRUR 95,50 f
"Indorektal/Indohexal") mit Nachweisen wiederholend ausgeführt hat
- gefestigter Rechtsprechung, daß die Beurteilung der
Verwechslungsgefahr nicht nur durch die Àhnlichkeit der verwendeten
Bezeichnungen, sondern auch durch die Kennzeichnungskraft der zu
schützenden Bezeichnung und insbesondere auch durch die Warennähe
der bezeichneten Produkte bestimmt wird.
Diesbezüglich kann auch zur Beurteilung des gem. § 152 MarkenG
seit dem 1.1.1995 anwendbaren § 14 Abs.2 Ziff. 2 MarkenG auf die
von der Rechtsprechung in der Vergangenheit zur früheren
Gesetzeslage gemäß §§ 15,24,31 WZG herausgebildeten Grundsätze
zurückgegriffen werden, weil der Begriff der Verwechslungsgefahr
insofern durch das Markenrecht eine Ànderung nicht erfahren hat.
Dies bedarf keiner näheren Ausführungen, weil die Parteien selbst
hiervon ausgehen.
Die Marke "IBUTOP" ist - wie bereits das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat - entgegen der Auffassung der Klägerin nur von
geringer Kennzeichnungskraft. Denn die Kennzeichungskraft ist von
Hause aus schwach und war zumindest in dem für die Beurteilung
maßgeblichen Kollisionszeitpunkt (vgl. dazu Fezer, Markenrecht, §
14, RZ 178, 402 jew. m.w.N.; Baumbach/Hefermehl, § 31 WZG, Rn. 171,
172), nämlich zur Zeit der Anmeldung von Ibutad aber auch bei
Marktzutritt von "IBUTAD" am 1.10.1989, auch nicht durch eine
intensive Benutzung gesteigert.
Die Marke "IBUTOP" als solche ist nur schwach kennzeichnend.
Denn die beteiligten Fachkreise der Àrzte und Apotheker werden
durch den Bestandteil "Ibu" auf den Wirkstoff Ibuprofen und durch
den Bestandteil "top" auf die oberflächliche Anwendungsform durch
Einreiben hingewiesen. Trotz dieser jedenfalls für die erwähnten
Fachkreise deutlich beschreibenden Elemente kommt der Bezeichnung
doch zumindest durch die Kombination beider Bestandteile eine
gewisse, für den Markenschutz ausreichende Kennzeichnungskraft zu.
Die Kennzeichnungskraft war im Kollisionszeitpunkt auch nicht etwa
durch die oben angesprochenen anderen Arzneimittel mit dem
Betandteil "ibu" in der Bezeichnung weiter geschwächt. Denn
abgesehen davon, daß die Beklagte schon nicht vorgetragen hat,
welche dieser Arzneimittel bereits im Kollisionszeitpunkt am
1.10.1989 auf dem Markt waren, kann eine Schwächung des Zeichens
"IBUTOP" wegen des - isoliert gesehen - rein beschreibenden
Charakters des Zeichenbestandteiles "ibu" auch nicht in
nennenswertem Umfange erfolgt sein.
Der Entscheidung kann auch nicht eine Steigerung der schwachen
Kennzeichnungskraft auf Grund der unwidersprochen vorgetragenen
nicht unerheblichen Benutzung von "IBUTOP" durch die Klägerin in
Werbung und Vertrieb zugrundegelegt werden. Denn diese Steigerung
war jedenfalls nicht schon am 1.10.1989 erfolgt. Die Klägerin hatte
selbst ihr Produkt erst etwa 9 Monate vorher, nämlich im Januar
1989, auf den Markt gebracht und die von ihr vorgelegten Zahlen zu
dem erzielten Umsatz und den für Werbemaßnahmen erbrachten
Aufwendungen enthalten Angaben für das Jahr 1989 nicht.
Die Kennzeichnungskraft könnte allerdings dann höher anzusehen
sein, wenn man nicht nur auf die erwähnten Fachkreise, sondern auch
auf die ebenfalls angesprochenen medizinischen Laien abstellt, auf
die sogleich näher einzugehen ist. Denn für diese dürfte, da ihnen
die oben dargestellten Bezüge fremd sind, die Bezeichnung "IBUTOP"
von erheblichem Phantasiegehalt sein. Die Frage kann indes auf sich
beruhen, weil die Verwechslungsgefahr aus den nachstehenden Gründen
auch dann zu bejahen ist, wenn man aufgrund der soeben dargelegten
Gesichtspunkte von einer nur schwachen Kennzeichnungskraft von
"IBUTOP" ausgeht.
Der geringen Kennzeichnungskraft steht zunächst eine sehr hohe,
an Warenidentität angrenzende Warenähnlichkeit gegenüber. Die Marke
"IBUTOP" der Klägerin ist für ibuprofenhaltige Arzneimittel
eingetragen und "IBUTAD" ist ein ibuprofenhaltiges Arzneimittel.
Óberdies weisen die von den Parteien vertriebenen Arzneimittel
nicht nur denselben Wirkstoff, sondern auch - wie sich aus den
Anlagen K 2 und K 5 zur Klageschrift im Einzelnen ergibt -
zumindest nahezu dasselbe Indikationsgebiet auf. Daß das
Arzneimittel "IBUTOP" der Klägerin als Salbe und dasjenige der
Beklagten als oral einzunehmendes Medikament bzw. als Suppositorium
angeboten wird, vermag an der hohen Warenähnlichkeit nichts zu
ändern.
Ebenso besteht eine erhebliche Àhnlichkeit der beiden
betroffenen Bezeichnungen. Das gilt insbesondere in lautlicher
Hinsicht, aber auch im Hinblick auf das Schriftbild.
Die Marken sind in ihrem ersten Teil, nämlich "ibu", nicht nur
ähnlich, sondern identisch. Dem kommt zunächst deswegen einige
Bedeutung zu, weil der Verkehr gewöhnt ist, dem Beginn einer
Bezeichnung größere Aufmerksamkeit zu widmen, als ihrem Ende. Dies
- wie auch die anschließend im Rahmen der Àhnlichkeit zu
erörternden Fragen - vermag der Senat aus eigener Anschauung zu
beurteilen, weil es für die Frage der Àhnlichkeit von Begriffen
nicht auf die Fachkenntnisse der angeprochenen Verkehrskreise,
sondern darauf ankommt, ob nach dem allgemeinen Sprachempfinden
rein sprachlich eine Àhnlichkeit besteht.
Die angesprochene Identität erfaßt nach dem Bestandteil "ibu"
auch den anschließenden Buchstaben "t". Die Bezeichnungen
unterscheiden sich lautlich damit überhaupt nur in den jeweils
letzten beiden Buchstaben. Aber auch diese sind wiederum
untereinander ähnlich. Das gilt zunächst für die beiden offenen
Vokale "a" und "o", aber auch für die beiden im Mund vorne zu
bildenden und kurz gesprochenen Labial- bzw. Dentallaute "p" und
"d". Die Àhnlichkeit der beiden Bezeichnungen ist aus diesen
Gründen auch angesichts des Umstandes, daß die letzte Silbe der
Bezeichnung "IBUTOP" eher lang und die letzte Silbe der Bezeichung
"IBUTAD" demgegenüber eher kurz gesprochen werden mag, hoch. In
diesem Zusammenhang kann die Behauptung der Beklagten keine
Berücksichtigung finden, diejenigen, die - mit Blick auf ihre
Firmenbezeichnung - "TAD" als "Te-A-De" aussprächen, täten das auch
innerhalb der angegriffenen Bezeichnung "IBUTAD" und sprächen diese
daher als "Ibuteade" aus. Denn zum einen fehlt es hierfür an
einem Beweisantritt und zum anderen würde dies an der lautlichen
Àhnlichkeit für diejenigen - vorhandenen - Verkehrskreise nichts
ändern, denen die Existenz und Firmierung der Beklagten unbekannt
sind.
Die Bezeichnungen sind sich nicht nur in lautlicher, sondern
auch in bildlicher Hinsicht sehr ähnlich: Die jeweils ersten vier
Buchstaben sind sogar identisch und die beiden einzig verschiedenen
Buchstaben jeweils am Ende der Marken sind sich in bildlicher
Hinsicht sehr nahe. So sind das "a" und das "o" - jedenfalls bei
Verwendung kleiner Druckbuchstaben - oft nur schwer zu
unterscheiden, weil sie beide durch eine (nahezu) kreisförmige
Gestaltung geprägt werden, und unterscheiden sich die Buchstaben
"p" und "d" nur dadurch, daß der senkrechte Strich bei dem "p" nach
unten und bei dem "d" nach oben von der im übrigen
übereinstimmenden, ebenfalls kreisförmigen Gestaltung des
Buchstabens abgeht.
Keine Àhnlichkeit besteht lediglich in begrifflicher Hinsicht.
Die betreffenden Verkehrskreise werden entweder mit den
Bezeichnungen keine begrifflichen Vorstellungen verbinden, oder
zwar übereinstimmend an den Wirkstoff Ibuprofen erinnert, aber -
wenn überhaupt - mit "IBUTOP" die Vorstellung der Anwendungsform
("zum Einreiben") oder sinngemäß von "Spitze" verbinden und bei
"IBUTAD" mit Blick auf deren Firmierung an die Beklagte denken. Die
mangelnde Àhnlichkeit in begrifflicher Hinsicht steht angesichts
der Àhnlichkeit in klanglicher und bildlicher Hinsicht der
Verwechslungsgefahr indes nicht entgegen, weil hierfür nach
gefestigter Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlaß besteht,
die Àhnlichkeit der Marken in einer der drei Richtungen ausreicht
(vgl. dazu im einzelnen die Nachweise bei Fezer, a.a.O., RZ
160).
Angesichts der hohen Àhnlichkeit der Bezeichnungen und der sogar
sehr großen Nähe der Waren, für die sie benutzt werden, ist die
Verwechslungsgefahr trotz der schwachen Kennzeichnungskraft von
"IBUTOP" zu bejahen.
Dem steht im Gegensatz zu der in den Vordergrund der
Berufungsbegründung gerückten Auffassung der Beklagten keineswegs
die Entscheidung "Corvaton/Corvasal" des BGH (a.a.O.) entgegen.
Dort ist zunächst nicht ausgeführt, daß bei schwacher
Kennzeichnungskraft trotz hoher Àhnlichkeit der Zeichen eine
Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Der BGH hat vielmehr an der
von der Beklagten angeführten Stelle (S.120, rechte Spalte,
5.Absatz) lediglich ausgeführt, daß in dieser Konstellation eine
Verneinung der Verwechslungsgefahr "nicht völlig ausgeschlossen"
erscheine. Tatsächlich hat der BGH in jener Entscheidung im
Gegenteil - wiederholend - zum Ausdruck gebracht (a.a.O., S.119),
daß Verwechslungsgefahr wegen der nach ständiger Rechtsprechung
zwischen diesen Elementen bestehenden Wechselwirkung auch bei
schwacher Kennzeichnungskraft und/oder größerem Warenabstand dann
zu bejahen ist, wenn eine große Àhnlichkeit der Bezeichnungen
besteht. Nach diesen, gefestigter Rechtsprechung auch des Senats
entsprechenden Grundsätzen ist die Verwechslungsgefahr im
vorliegenden Fall zu bejahen, zumal nicht nur eines der beiden
Elemente, sondern sowohl die Warennähe, als auch die Àhnlichkeit
der Bezeichnungen bei den streitgegenständlichen Marken hoch
sind.
Verwechslungsgefahr besteht auch bei der gebotenen
Berücksichtigung der speziellen angesprochenen Verkehrskreise und
des bei ihnen vorhandenen Fachwissens. Zu den angesprochenen
Verkehrskreisen gehören in erster Linie Àrzte und Apotheker, weil
es sich bei dem von der Klägerin bisher auf den Markt gebrachten
Präparat "IBUTOP" um ein apothekenpflichtiges Medikament handelt
und das von der Beklagten vertriebene "IBUTAD" sogar
rezeptpflichtig ist. Auch angesichts des Umstandes, daß diese
Fachkreise gewöhnt sind, auch Medikamente mit ähnlichen
Bezeichnungen voneinander zu unterscheiden, können Verwechslungen
bei ihnen keineswegs ausgeschlossen werden. Hierzu schließt sich
der Senat den überzeugenden Ausführungen des BGH in dessen beiden
bereits erwähnten, ebenfalls rezeptpflichtige Medikamente
betreffenden Entscheidungen "Corvaton/Corvasal" (GRUR 93, 118,119)
und "Indorektal/Indohexal" (GRUR 95,50,52) an, wonach auch Àrzte
und Apotheker nicht damit zu rechnen pflegen, daß Arzneimittel mit
identischem Indikationsgebiet von unterschiedlichen Herstellern
unter Bezeichnungen angeboten werden könnten, die sich nur
geringfügig voneinander unterscheiden. Óberdies gehören auch solche
Personen zu den betroffenen Verkehrskreisen, die nicht Àrzte und
Apotheker und damit nicht fachlich gebildet sind. Diese werden -
was nach dem Vorstehenden keiner besonderen Begründung bedarf -
erst Recht einer Verwechslungsgefahr unterliegen. Zu jenem Teil der
betroffenen Verkehrskreise gehören zum einen das medizinische und
pharmazeutische Hilfspersonal, zum anderen aber auch die Vielzahl
der Verbraucher, die - z.B. als Patient, dem das Mittel bereits
verschrieben worden ist - "IBUTAD" kennen und nunmehr mit der
Werbung für das rezeptfreie "IBUTOP" konfrontiert werden oder
"IBUTOP" in der Apotheke erwerben wollen.
Soweit schließlich die Beklagte meint, wegen der oben bereits
angesprochenen Sinnhaftigkeit von "TOP" als auf die Anwendungsform
hinweisend und von "TAD" als auf sie, die Beklagte, hinweisend sei
eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, kann dem nicht gefolgt
werden. Das ergibt sich schon daraus, daß Teile der angesprochenen
Verkehrskreise, nämlich zumindest diejenigen, die kein
pharmazeutisches Fachwissen haben, diese Vorstellung mit den
betreffenden Teilen der Bezeichnungen nicht verbinden. Im übrigen
ist die Assoziation auch jedenfalls nicht so naheliegend, daß für
die angesprochenen Àrzte und Apotheker deswegen im Sinne der
Entscheidung "Bally/BALL" (BGH GRUR 92, 130,132) auch bei nur
flüchtiger Wahrnehmung jede Verwechslungsmöglichkeit ausgeschlossen
wäre.
Die nach dem vorstehenden für den Anmelde- bzw. für den
Marktzutrittszeitpunkt am 1.10. 1989 zu bejahende
Verwechslungsgefahr besteht auch noch heute fort (vgl. hierzu
Baumbach/Hefermehl a.a.O. und Rn. 43 zu § 31 WZG; Fezer, a.a.O).
Soweit eine zwischenzeitlich eingetretene Schwächung der
Kennzeichnungskraft von "IBUTOP" durch die von der Beklagten
angeführte Anzahl weiterer inzwischen auf dem Markt befindlichen
Präparate in Betracht kommt, deren Bezeichnung mit "ibu" beginnt,
ist hierdurch die - nach den obigen Ausführungen für die
Verwechslungsgefahr ausreichende - schwache Kennzeichnungskraft
jedenfalls nicht gänzlich entfallen. Das ergibt sich zumindest aus
der Tatsache, daß der Bestandteil "ibu" für sich genommen aus den
dargelegten Gründen nahezu keine eigene Kennzeichnungskraft hat.
Óberdies ist keine der angeführten Bezeichnungen näher an "IBUTOP"
als die angegriffene Bezeichnung "IBUTAD". Schließlich würde eine
etwaige weitere Schwächung der Kennzeichnungskraft von "IBUTOP"
gegenüber der Situation im Kollisionszeitpunkt durch die von der
Klägerin unwidersprochen dargelegte nicht unerhebliche Benutzung
der Marke durch den Vertrieb des Präparates "IBUTOP" und die aus
dem hohen Aufwand ersichtlichen umfangreichen Fernseh- und
Rundfunkwerbungen für das Mittel ausgeglichen.
Die Verwechslungsgefahr ist schließlich nicht durch die während
des Berufungsverfahrens abgegebene
Unterlassungsverpflichtungserklärung entfallen, weswegen es der
Klägerin auch nicht oblegen hat, diese anzunehmen. Es ist schon
zweifelhaft, ob die besondere Schreibweise "ibuTAD", auf die sich
die Beklagte ausweislich dieser Erklärung bei der Benutzung ihrer
Marke "IBUTAD" beschränken will, die oben dargelegten erheblichen
Àhnlichkeiten im bildlichen Bereich nachhaltig zu reduzieren
vermag. Dies kann indes dahinstehen. Denn eine Ànderung der
Schreibweise ändert - was keiner Begründung bedarf - nichts an der
oben ausführlich dargelegten erheblichen Àhnlichkeit der
Bezeichnungen in lautlicher Hinsicht, die indes - wie ebenfalls
oben schon dargelegt worden ist - auch ohne Àhnlichkeiten im
Schriftbild in Wechselbeziehung zu der Warennähe und der
Kennzeichnungskraft von "IBUTOP" die Verwechslungsgefahr
begründet.
Aus den vorstehenden Gründen ist nicht nur der Verbotstatbestand
des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG, sondern ebenfalls der nach früherem
Recht bestehende und aufgrund der Óberleitungsvorschrift des § 153
Abs.1 MarkenG auch im vorliegenden Verfahren noch zusätzlich
maßgebliche Verbotstatbestand der §§ 15 Abs.1, 24 Abs.1, 31 WZG
erfüllt. Das bedarf keiner näheren Begründung, weil - wie oben
bereits dargelegt worden ist - die soeben für die Feststellung der
Verwechslungsgefahr herangezogenen Kriterien auch nach altem Recht
zugrundezulegen waren und die gem. § 5 Abs.3 und 4 WZG zusätzlich
erforderliche Warengleichartigkeit angesichts der erörterten hohen
Warennähe ohne weiteres gegeben ist.
II.
Der aus den vorstehenden Gründen bestehende Anspruch der
Klägerin ist auch nicht verwirkt.
Zunächst ist der Verwirkungstatbestand des § 21 Abs.1 MarkenG
nicht erfüllt. Denn die Klägerin hat nach dem Marktzutritt von
"IBUTAD" am 1.10.1989 die Benutzung der Marke nicht 5 Jahre lang
geduldet. Aber auch nach den gem. § 21 Abs.4 MarkenG zusätzlich zu
beachtenden - im alten und neuen Recht übereinstimmenden -
allgemeinen Grundsätzen ist Verwirkung nicht eingetreten.
Die Verwirkung von markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen
setzt zunächst voraus, daß der Verletzer durch eine länger
andauernde, redliche und ungestörte Benutzung einer Bezeichnung
einen Zustand geschaffen hat, der für ihn einen beachtlichen Wert
darstellt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl.,
Einl. UWG RZ 431 m.w.N.). Diesen Besitzstand müßte sich die
Beklagte in der kurzen Zeit von gut 2 Jahren erworben haben. Denn
diese Zeitspanne liegt zwischen dem Marktzutritt der Beklagten am
1.10.1989 und dem oben erwähnten, als Anlage K 7 bei den Akten
befindlichen Schreiben der Klägerin vom 5.12. 1991, mit dem diese
erstmals Rechte aus "IBUTOP" geltendgemacht und so das Vertrauen
der Beklagten in die ungestörte Benutzung ihrer Marke beendet hat.
Ob die Beklagte in dieser knappen Zeitspanne bereits einen
nennenswerten Besitzstand geschaffen hatte, ist auch angesichts der
von ihr vorgelegten Umsatzzahlen zweifelhaft. Die Frage kann indes
auf sich beruhen. Denn es fehlt jedenfalls an dem weiter
erforderlichen Umstand, daß die Klägerin über einen längeren
Zeitraum untätig gewesen sein und dadurch die Entstehung des
redlichen Besitzstandes ermöglicht haben müßte (vgl.
Baumbach/Hefermehl, a.a.O. RZ 435 m.w.N.). Die Klägerin hat - wovon
die Parteien übereinstimmend ausgehen - erst am 23.10.1990 Kenntnis
davon gehabt, daß die Beklagte nunmehr mit einem Präparat "IBUTAD"
auf den Markt gegangen war. Die verbleibende Zeitspanne von nur
wenig mehr als einem Jahr bis zu dem Schreiben vom 5.12.1991 reicht
indes nicht aus, als daß bei der Beklagten der Eindruck entstehen
konnte, die Klägerin werde ihre Rechte auch später nicht geltend
machen. Das gilt auch angesichts des Verhaltens der Klägerin in der
Auseindersetzung über deren Anmeldung der Marke "IBOCOD". In
Anbetracht der Unterschiede zwischen "IBOCOD" und "IBUTOP" konnte
sie allein aus der Verteidigung von "IBOCOD" gegen die Marke
"IBUTAD" durch die Klägerin nicht schließen, daß diese nicht
ihrerseits die Marke "IBUTAD" angreifen werde. Auch die Tatsache,
daß die Klägerin sich anläßlich dieser Auseinandersetzung nicht
früher auf die Verletzung ihrer Marke durch "IBUTAD" berufen hat,
ließ diesen Schluß nicht zu. Auch unter zusammenfassender
Berücksichtigung aller vorstehend erwähnten Umstände reichen die
dargestellten kurzen Zeiträume nicht aus, um anzunehmen, daß die
Beklagte auf Grund des Verhaltens der Klägerin schon einen für die
Verwirkung ausreichenden redlichen Besitzstand erworben haben
könnte.
Der Auskunftsanspruch sowie der - ohne weiteres gem § 256 Abs.1
ZPO zulässige - Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht
sind nur insoweit begründet, als sie den Zeitraum ab dem 5.12.1991
betreffen. Hinsichtlich des davor liegenden Zeitraumes ist
Verwirkung eingetreten. Insoweit hat die Berufung der Beklagten
Erfolg.
Sowohl der Auskunftsanspruch, als auch dem Grunde nach der
Schadensersatzanspruch sind ungeachtet der sogleich zu erörternden
Verwirkung ohne weiteres begründet. Das ergibt sich für den
Schadensersatzanspruch aus den vorstehend zu A aufgeführten Normen
in Verbindung mit § 14 Abs.VI MarkenG und für den Auskunftsanspruch
aus denselben Bestimmungen in Verbindung zusätzlich mit § 242 BGB.
Daß die Benutzung der Marke "IBUTAD" zumindest fahrlässig erfolgt
ist, bedarf angesichts der Veröffentlichung der Marke "IBUTOP"
keiner Begründung.
Im Gegensatz zu dem Unterlassungsaspruch ist bezüglich der auf
Auskunft und Schadensersatz gerichteten Ansprüche für den Zeitraum
bis zu dem erwähnten Schreiben vom 5.12.1991 Verwirkung
eingetreten. Insoweit bedarf es nämlich nach gefestigter
Rechtsprechung eines redlich erworbenen Besitzstandes als
Vorausetzung der Verwirkung nicht (vgl. BGH GRUR 88,776,778 -
"PPC"). Maßgeblich ist vielmehr allein das Vorliegen eines
ausreichenden Zeitraumes der Untätigkeit des Verletzten und das
Hinzutreten weiterer Umstände, aus denen der Verletzte schließen
konnte, der Verletzer werde sein Handeln dulden (vgl. für viele
Köhler/Piper, UWG, vor § 13, RZ 104 m.w.N.). Beide Voraussetzungen
sind indes gegeben.
Bis zu dem Schreiben vom 5.12.1991, mit dem sie erstmals ihre
Rechte geltendgemacht hat, hatte die Klägerin, die gem. § 5 Abs.4
Ziff.1 WZG aufgrund ihrer prioritätsälteren Anmeldung von "IBUTOP"
auch vor Eintragung ihrer Marke gegen die Anmeldung von "IBUTAD"
hätte vorgehen können, bereits etwa 5 1/2 Jahre untätig
verstreichen lassen. Das ergibt sich aus ihrer eigenen Darstellung
in jenem Schreiben, in dem sie ihre Untätigkeit im Zeitpunkt der
Anmeldung am 22.4.1986 ausdrücklich angesprochen hat. Die Beklagte
konnte auch annehmen, daß die Klägerin Kenntnis von der Anmeldung
hate, weil diese - wie sich aus der als Anlage K 3 zur Klgeschrift
vorgelegten Anmeldung ergibt - bereits am 31.7.1986 veröffentlicht
war. Zu diesem langen Zeitraum kommen die Umstände hinzu, die sich
für die Beklagte aus dem Verhalten der Klägerin in der
Auseinandersetzung über die Marke "IBOCOD" ergab. Zunächst sprach
die Tatsache, daß die von der Klägerin angemeldetete und
verteidigte Marke "IBOCOD" der im vorliegenden Verfahren
angegriffenen Marke "IBUTAD" ähnlich nah ist wie "IBUTOP", für die
Annahme, die Klägerin werde nicht andererseits "IBUTAD" für
verwechslungsfähig mit "IBUTOP" halten, oder zumindest aus einer
doch angenommenen Verwechslungsfähigkeit keine Rechte herleiten.
Erst recht konnte die Beklagte diesen Schluß aus der Tatsache
ziehen, daß die Klägerin nicht schon in der Auseinandersetzung über
"IBOCOD" versucht hat, gegen die angreifende Marke "IBUTAD" aus
ihrer prioritätsälteren Marke "IBUTOP" vorzugehen und so den
Angriff gegen "IBOCOD" abzwehren. Unter Berücksichtigung des
aufgezeigten langen Zeitraumes einerseits und der vorstehenden
Umstände andererseits konnte die Beklagte bis zu dem Schreiben vom
5.12. 1991 annehmen, die Klägerin werde gegen die Marke nicht
vorgehen, weswegen bis zu diesem Zeitpunkt entstandene
Schadensersatzansprüche und dementsprechend der den Zeitraum vor
dem 5.12.1991 betreffende Auskunftsanspruch verwirkt sind.
Begründet ist schließlich aus §§ 51 Abs.1, 55 Abs.1 und 2, 152,
152 Abs.1 MarkenG i.V.m. § 11 Abs.1 und 2 WZG auch der Anspruch auf
Einwilligung in die Löschung der Marke Nr. 1113605 IBUTAD.
Daß die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind, ergibt
sich ohne weiteres aus den oben (unter A I) zu dem
Unterlassungsanspruch dargelegten Gründen. Bezüglich der Marken
besteht nach der Reduzierung des Warenverzeichnisses durch die
Beklagte hinsichtlich der Warenbereiche sogar völlige Identität,
weil nunmehr beide Marken für ibuprofenhaltige Arzneimittel
eingetragen sind.
Der Löschungsanspruch ist auch nicht verwirkt. Allerdings
besteht im Hinblick sowohl auf das Zeit- als auch auf das für die
Verwirkung weiter erforderliche Umstandsmoment dieselbe
Konstellation wie bezüglich des Schadensersatz- und
Auskunftsanspruches, die für jene Ansprüche zu einer teilweisen
Verwirkung führt. Auch ist für die Verwirkung des
Löschungsanspruches ebenso wie bei jenen Ansprüchen nicht
erforderlich, daß der Verletzer sich einen redlichen Besitzstand
erworben hat. Gleichwohl ist bezüglich des Löschungsanspruches
Verwirkung nicht eingetreten. Dies folgt daraus, daß der Beklagten
- durch den Unterlassungsausspruch in der vorliegenden Entscheidung
- die Benutzung der Marke "IBUTAD" für die Arzneimittel, für die
sie eingetragen ist, also in jeglicher Hinsicht, untersagt ist. Vor
diesem Hintergrund ist nämlich davon auszugehen, daß die Beklagte
ein schutzwürdiges und durch das Institut der Verwirkung zu
schützendes Interesse an der Aufrechterhaltung der Marke mit Blick
darauf nicht hat, daß sie die Marke nicht benutzen darf. Es hätte
ihr in dieser Situation oblegen, im einzelnen darzustellen, welches
schutzwürdige Interesse am Erhalt der Marke insoweit ausnahmsweise
gleichwohl bestehen sollte (vgl. zu dieser Konstellation BGH GRUR
70,315,319 - "Napoléon III"). Der Senat hatte keinen Anlaß, auf
diese rechtliche Situation ausdrücklich hinzuweisen, weil die
Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereits selbst ausführlich
dargelegt hat, daß die Frage der Verwirkung bezüglich der einzelnen
streitgegenständlichen Ansprüche unterschiedlich zu beurteilen sei.
Da die Beklagte irgendwelche - auch kaum vorstellbaren -
schutzwürdigen Interessen an dem Erhalt der Marke, deren Benutzung
ihr untersagt ist, nicht vorgetragen hat, verbleibt es bei dem aus
den vorstehenden Gründen bestehenden Löschungsanspruch.
Damit ist die Berufung nur bezüglich des unter B dargelegten
Zeitraumes hinsichtlich des Auskunftsanspruches und des Antrages
auf Feststellung der Schadensersatzpflicht begründet. Soweit der
Tenor der vorliegenden Entscheidung gleichwohl auch darüberhinaus
von dem Tenor des angefochten Urteils abweicht, beruht dies auf
redaktionellen Präzisierungen und einer genaueren Anpassung des
Wortlautes an die bestehenden Ansprüche, ohne daß damit eine
weitere teilweise Abweisung der Klage verbunden wäre, die
Kostenfolgen haben müßte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO. Bei der
Ermittlung der Kostenquote ist davon auszugehen, daß jeweils die
Hälfte des geltendgemachten, unten bezifferten Interesses an der
Auskunftserteilung und an der Feststellung des
Schadensersatzanspruches auf den nach den obigen Ausführungen
verwirkten Zeitraum entfällt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO. Der Antrag der Beklagten, ihr zu gestatten, die
Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise durch
Sicherheitsleistung, aber ohne Rücksicht auf eine
Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden, ist unbegründet. Dem
in erster Linie formulierten Begehren fehlt bereits eine auch nur
in Betracht kommende gesetzliche Grundlage. Dem hilfsweise
formulierten Begehren kann deswegen nicht stattgegeben werden, weil
die Beklagte davon abgesehen hat, darzulegen, inwiefern die
Vorausetzungen des § 712 Abs.1 ZPO vorliegen sollen.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien
entspricht dem im Rahmen der Kostenentscheidung dargelegten Wert
ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter
nachfolgender Differenzierung endgültig auf 200.000 DM
festgesetzt:
Antrag auf Unterlassung
100.000 DM
Antrag auf Auskunft
30.000 DM
Antrag auf Löschung
50.000 DM
Antrag auf Schadensersatzfeststellung
20.000 DM
Gesamtstreitwert
200.000 DM
Es ist davon auszugehen daß die vorstehenden Werte dem gem. §§
12 Abs.1 GKG, 3 ZPO für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen
Interesse der Klägerin entsprechen, nachdem diese in der
Klageschrift den Streiwert mit 200.000 DM angegeben und die
Parteien Einwände gegen die entsprechende Wertfestsetzung durch das
Landgericht und den Senatsbeschluß vom 15.10.1996, in dem der Wert
bereits wie vorstehend aufgeschlüsselt worden ist, nicht erhoben
haben.
OLG Köln:
Urteil v. 28.11.1997
Az: 6 U 167/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/039f0271f126/OLG-Koeln_Urteil_vom_28-November-1997_Az_6-U-167-96