Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. März 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 29/09

(BPatG: Beschluss v. 31.03.2010, Az.: 19 W (pat) 29/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 10. April 1992 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Geldsortiervorrichtung"

wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G07D durch Beschluss vom 4. März 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Der geltende Patentanspruch 1 vom 19. Juli 2001 lautet mit einer eingefügten Gliederung:

"1. Münzsortiervorrichtung mit Münzausgabemitteln (1) zur Aufnahme von Münzen und zum nacheinander Weiterleiten derselben an einen Münztransportkanal (4), 2.

mit Transportmitteln (5), die in dem Münztransportkanal angeordnet sind, 3.

mit im Münztransportkanal (4) angeordneten Sensoren (6, 7) zur Feststellung, ob die Münzen angenommen werden können, zur Bestimmung der Nennwerte und zur Ausgabe von Bestimmungssignalen, mit mehreren Münzeinwurföffnungen (21 bis 26), die stromabwärts der Sensoren (6, 7) in dem Münztransportkanal (4) angeordnet sind und gleiche Größe haben, 4.

wobei ihre Anzahl größer ist als die Anzahl der Nennwerte der zu sortierenden Münzen, und 5.

wobei jede Münzeinwurföffnung (21 bis 26) entsprechend ihrer Nennwerte annehmbare Münzen aufnehmen kann, 6.

mit mehreren Münzaufnahmeboxen (31 bis 36), von denen jede mit einer der Münzeinwurföffnungen in Verbindung steht und annehmbare Münzen durch die entsprechende Münzeinwurföffnung aufnehmen kann, 7.

mit mehreren den Münzeinwurföffnungen (21 bis 26) zugeordneten Münzverteilungsmitteln (41 bis 45) und 8.

mit Steuermitteln zum selektiven Ansteuern der Münzverteilungsmittel (41 bis 45), 9.

mit Sortiermodusauswahlmitteln (63), die von einem Bediener auf einen Sortiermodus einstellbar sind, der festlegt, welche Münzaufnahmebox (31 bis 36) welche Münznennwerte aufnimmt, und 10.

die ein entsprechendes Sortiermodussignal ausgeben, wenn der Sortiermodus ausgewählt ist, 11.

wobei mit dem Sortiermodusauswahlmittel (63) ein erster Automatikauswahlmodus wählbar ist, a) bei dem die Steuermittel basierend auf den Bestimmungssignalen der Sensoren (6, 7) für jede auszusortierende Münze feststellen, ob bereits eine Münzaufnahmebox (31 bis 36) eine Münze des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Münze entspricht, und bei dem die Steuermittel in diesem Fall selektiv ein Münzverteilungsmittel (41 bis 45) derart ansteuern, daß die Münze in die der festgestellten Münzaufnahmebox (31 bis 36) zugeordnete Münzeinwurföffnung (21 bis 26) fällt und so in die festgestellte Münzaufnahmebox (31 bis 36) gelangt, b) oder für den Fall, daß die Zahl der aufgenommenen Münzen in der festgestellten Münzaufnahmebox (31 bis 36) eine vorher bestimmte Zahl erreicht hat, selektiv ein Münzverteilungsmittel (41 bis 45) derart ansteuern, daß die Münze in eine Münzeinwurföffnung (21 bis 26) fällt, die einer Münzaufnahmebox (31 bis 36) zugeordnet ist, die noch keine Münze aufgenommen hat, so daß die Münze in diese Münzaufnahmebox gelangt, c) und bei dem die Steuermittel für den Fall, daß noch keine Münzaufnahmebox (30 bis 36) eine Münze des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Münze entspricht, selektiv ein Münzverteilungsmittel (41 bis 45) derart ansteuern, daß die Münze in eine Münzeinwurföffnung (21 bis 26) fällt, die einer Münzaufnahmebox (31 bis 36) zugeordnet ist, die noch keine Münze aufgenommen hat, so daß die Münze in diese Münzaufnahmebox gelangt."

Der nebengeordnete Patentanspruch 7 vom 19. Juli 2001 lautet (ebenfalls mit eingefügter Gliederung):

"1. Banknotensortiervorrichtung mit Banknotenausgabemitteln zur Aufnahme von Banknoten und zum nacheinander Weiterleiten derselben an einer Banknotentransportstrecke (112), 2.

mit Transportmitteln (111), die in dem Banknotentransportkanal angeordnet sind, 3.

mit im Banknotentransportkanal (112) angeordneten Sensoren (113, 114) zur Feststellung, ob die Banknoten angenommen werden können, zur Bestimmung der Nennwerte und zur Ausgabe von Bestimmungssignalen, mit mehreren Banknotenverteilweichen (121 bis 125), die stromabwärts der Sensoren (113, 114) an der Banknotentransportstrecke (112) angeordnet sind, 4.

wobei ihre Anzahl größer ist als die Anzahl der Nennwerte der zu sortierenden Banknoten, 5.

mit mehreren Banknotenaufnahmeboxen (161 bis 165), von denen jede mit einer der Banknotenverteilweichen in Verbindung steht und annehmbare Banknoten durch die entsprechende Banknotenverteilweiche aufnehmen kann, und 6.

mit Steuermitteln zum selektiven Ansteuern der Banknotenverteilweichen (121 bis 125), 7.

mit Sortiermodusauswahlmitteln, die von einem Bediener auf einen Sortiermodus einstellbar sind, der festlegt, welche Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) welche Banknotennennwerte aufnimmt, und 8.

die ein entsprechendes Sortiermodussignal ausgeben, wenn der Sortiermodus ausgewählt ist, 9.

wobei mit dem Sortiermodusauswahlmittel (63) ein erster Automatikauswahlmodus wählbar ist, a) bei dem die Steuermittel basierend auf den Bestimmungssignalen der Sensoren (113, 114) für jede auszusortierende Banknote feststellen, ob bereits eine Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) eine Banknote des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Banknote entspricht, und bei dem die Steuermittel in diesem Fall selektiv eine Banknotenverteilweiche (121 bis 125) derart ansteuern, daß die Banknote in die festgestellte Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) gelangt, b) oder für den Fall, daß die Zahl der aufgenommenen Banknoten in der festgestellten Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) eine vorher bestimmte Zahl erreicht hat, selektiv eine Banknotenverteilweiche (121 bis 125) derart ansteuern, daß die Banknote in eine Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) gelangt, die noch keine Banknote aufgenommen hat, c) und bei dem die Steuermittel für den Fall, daß noch keine Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) eine Banknote des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Banknote entspricht, selektiv eine Banknotenverteilweiche (121 bis 125) derart ansteuern, daß die Banknote in eine Banknotenaufnahmebox (161 bis 165) gelangt, die noch keine Banknote aufgenommen hat."

Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Geldsortiervorrichtung an die Hand zu geben, die in effizienter Art und Weise Geldstücke, d. h. Münzen oder Banknoten, selbst dann sortiert, wenn die Geldstücke, welche in die Geldverarbeitungsmaschine eingegeben werden, eine große Zahl von Geldstücken eines bestimmten Nennwertes umfassen (urspr. Beschreibung Seite 3 Absatz 1).

Die Anmelderin macht geltend, dass bisher bei Münzsortiervorrichtungen entweder gleichgroße Becher vorgesehen seien und ein voller Becher jeweils geleert werde, oder für vorgegebene Münzsorten größere Becher vorgesehen seien oder von vornherein für jede Münzsorte zwei Becher vorgesehen würden. Nach der Lehre der vorliegenden Anmeldung werde erst während des Sortiervorgangs entschieden, welcher neue Becher genommen werde sobald ein Becher gefüllt sei. Die Zuweisung der Becher an die Münzsorte erfolge dynamisch und unabhängig von statistischen Erfahrungswerten. Bei der Vorrichtung nach der DE 39 07 354 A1 sei keine dynamische Änderung der Zuordnung möglich. Ausgehend vom Stand der Technik gehe der Fachmann, ein Dipl.-Ing. (FH) der Feinwerktechnik, nicht unbedarft an die gegebene Sortieraufgabe heran, sondern berücksichtige die Vorgaben aus dem Stand der Technik.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G07D des Deutschen Patentund Markenamtes vom 4. März 2005 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 10 vom 19. Juli 2001, Beschreibung und 17 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 15, vom Anmeldetag 10. April 1992.

II.

Die fristund formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Die vorliegende Anmeldung betrifft Vorrichtungen zum Sortieren von Münzen (Patentanspruch 1) oder Banknoten (Patentanspruch 7). Dabei werden gemäß Patentanspruch 1 die Münzen vereinzelt und auf einen Münztransportkanal weitergeleitet. Dort angeordnete Sensoren erkennen die Nennwerte der Münzen, womit die Münzverteiler angesteuert werden, die die Münzen nach Münzsorten sortiert durch Münzeinwurföffnungen in die zugeordnete Münzaufnahmebox befördern.

Aus der DE 39 07 354 A1 in Übereinstimmung mit dem Patentanspruch 1 ist eine Münzsortiervorrichtung bekannt mit:

1.

Münzausgabemitteln (3) zur Aufnahme von Münzen und zum nacheinander Weiterleiten derselben an einen Münztransportkanal (7), 2.

mit Transportmitteln (17), die in dem Münztransportkanal angeordnet sind, (Sp. 1 Z. 62 -Sp. 2 Z. 41)

3.

mit im Münztransportkanal (7) angeordneten Sensoren (18) zur Feststellung, ob die Münzen angenommen werden können, zur Bestimmung der Nennwerte und zur Ausgabe von Bestimmungssignalen, mit mehreren Münzeinwurföffnungen (10.1 bis 10.6), die stromabwärts der Sensoren (18) in dem Münztransportkanal (7) angeordnet sind und gleiche Größe haben, 5.

wobei jede Münzeinwurföffnung (10.1 bis 10.6) entsprechend ihrer Nennwerte annehmbare Münzen aufnehmen kann, 6.

mit mehreren Münzaufnahmeboxen, von denen jede mit einer der Münzeinwurföffnungen in Verbindung steht und annehmbare Münzen durch die entsprechende Münzeinwurföffnung aufnehmen kann (müssen zwangsläufig vorhanden sein), 7.

mit mehreren den Münzeinwurföffnungen (10.1 bis 10.6) zugeordneten Münzverteilungsmitteln (12.1 bis 12.6) und 8.

mit Steuermitteln zum selektiven Ansteuern der Münzverteilungsmittel (12.1 bis 12.6), (Sp. 3 Z. 34-36).

Bei dieser bekannten Vorrichtung sind die Münzeinwurföffnungen den Münzsorten zugeordnet, aber diese Zuordnung kann geändert werden. Nachteilig bei ihr ist, dass immer, wenn eine Münzaufnahmebox voll ist angehalten und dann der Sortiervorgang wieder gestartet werden muss. Nun lag es auch vor dem Anmeldetag im Zuge der Zeit, Vorgänge soweit wie möglich automatisch laufen zulassen und die Eingriffe durch Bedienpersonen zu minimieren. Wenn der Fachmann dieses Ziel verfolgt, wird er bei der Verbesserung der bekannten Vorrichtung neben dem Stand der Technik auch Erfahrungen aus dem täglichen Leben berücksichtigen, insbesondere wird er untersuchen, wie üblicherweise sortiert wird.

Bei einer vorhandenen Menge von Sortiergut, dessen Zusammensetzung unbekannt ist, ist es gang und gäbe eine Anzahl von Behältern vorzuhalten, die die sortierten Gegenstände aufnehmen. Das erste Stück wird in einen freien Behälter gegeben, beim zweiten Stück ist zu erkennen, ob es ebenfalls in den ersten Behälter gehört oder ein zweiter Behälter verwendet werden muss, usw.. Wenn ein Behälter voll ist, muss die Sortierperson handeln. Sie kann den vollen Behälter ausleeren oder durch einen leeren Behälter ersetzen. Für diese beiden Möglichkeiten sind Vorund Nachteile abzuwägen. Bei der ersten Variante muss der Sortiervorgang unterbrochen werden, es können aber weniger Behälter bereitgehalten werden. Bei der zweiten gibt es keine Unterbrechung, aber es müssen mehr Behälter vorhanden sein.

Falls der Fachmann sich für die zweite Variante entscheidet, ist es eine reine Routineaufgabe die Arbeitsweise der Münzsortiervorrichtung nach der DE 39 07 354 A1 leicht entsprechend zu modifizieren.

Er wird also zwangsläufig eine größere Anzahl von Münzeinwurföffnungen vorsehen als die Anzahl der Nennwerte der zu sortierenden Münzen {Merkmal 4}, und ebenso viele Münzaufnahmeboxen vorsehen {vgl. Merkmal 6}.

Sollte er nicht immer diesen Sortiermodus wählen, muss er eine Einstellmöglichkeit vorsehen, wie in Merkmalen 9 und 10 im Patentanspruch 1 angegeben, wobei dann nach den obigen Ausführungen ein Automatikauswahlmodus Sortiermodus entsprechend dem Merkmal 11 ablaufen muss, nämlicha) daß die Steuermittel basierend auf den Bestimmungssignalen der Sensoren (18) für jede auszusortierende Münze feststellen, ob bereits eine Münzaufnahmebox eine Münze des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Münze entspricht, und bei dem die Steuermittel in diesem Fall selektiv ein Münzverteilungsmittel (12.1 bis 12.6) derart ansteuern, daß die Münze in die der festgestellten Münzaufnahmebox zugeordnete Münzeinwurföffnung (10.1 bis 10.6) fällt und so in die festgestellte Münzaufnahmebox gelangt, b) oder für den Fall, daß die Zahl der aufgenommenen Münzen in der festgestellten Münzaufnahmebox eine vorher bestimmte Zahl erreicht hat, selektiv ein Münzverteilungsmittel (12.1 bis 12.6) derart ansteuern, daß die Münze in eine Münzeinwurföffnung (10.1 bis 10.6) fällt, die einer Münzaufnahmebox zugeordnet ist, die noch keine Münze aufgenommen hat, so daß die Münze in diese Münzaufnahmebox gelangt, c) und bei dem die Steuermittel für den Fall, daß noch keine Münzaufnahmebox eine Münze des Nennwertes aufgenommen hat, der demjenigen der auszusortierenden Münze entspricht, selektiv ein Münzverteilungsmittel (12.1 bis 12.6) derart ansteuern, daß die Münze in eine Münzeinwurföffnung (10.1 bis 10.6) fällt, die einer Münzaufnahmebox zugeordnet ist, die noch keine Münze aufgenommen hat, so daß die Münze in diese Münzaufnahmebox gelangt.

Der Fachmann gelangt somit ausgehend von der DE 39 07 354 A1 aufgrund seiner Lebenserfahrung zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 ohne erfinderisch tätig zu werden. Er wird diese Vorgehensweise ohne Weiteres auch auf eine Banknotensortiervorrichtung übertragen, wie sie Gegenstand des Patentanspruchs 7 ist.

Die Patentansprüche 1 und 7 sind somit nicht gewährbar. Mit ihnen fallen die auf sie rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 und 8 bis 10.

Bertl Dr. Kaminski Kirschneck Müller Pü






BPatG:
Beschluss v. 31.03.2010
Az: 19 W (pat) 29/09


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