Landgericht Köln:
Urteil vom 25. September 2008
Aktenzeichen: 84 O 15/08
(LG Köln: Urteil v. 25.09.2008, Az.: 84 O 15/08)
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie in der nachfolgend wiedergegebenen Werbebeilage zu der „FAZ“ vom 7. 1. 2008
a) einen Internet-Zugang unter Angabe einer Übertragungsgeschwindigkeit zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne unmittelbar darauf hinzuweisen, dass diese nicht uneingeschränkt gewährt werden kann;
und/oder
b) Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen mit der Angabe „Schnellster Anbieter bundesweit“ zu bewerben und/oder bewerben zu las-sen: (Es folgt eine mehrseitige Darstellung)
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 1.780,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. 1. 2008 zu zahlen. We-gen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, deren Höhe hinsichtlich des Unterlassungstitels € 100.000,00 und hinsichtlich der Kos-tenentscheidung 110 % der zu vollstreckenden Kosten beträgt.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Telekommunikationsdienstleistungen u.a. zur Herstellung eines Internet-Zugangs.
Zum Produktfolio der Klägerin gehören u.a. "VDSL", womit der Verbraucher im "Downstream" eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 25.100 Kbit/s und im "Upstream" eine Datenübertragungsgeschwindigkeit bis zu 5.056 Kbit/s erreichen kann, sowie das Produkt "VDSL 2", das Geschwindigkeiten von bis zu 51.400 Kbit/s bzw. von 10.000 Kbit/s gestattet.
In der vorstehend wiedergegebenen Werbebeilage zur "FAZ" vom 7. 1. 2008 bewarb die Beklagte einen Internetanschluss. Die Klägerin sah die Werbung insoweit als irreführend an, als es auf der Titelseite "Neu: Erhältlich auch mit 32.000 kbit!" sowie "10.000 Kbit Internetanschluss + Flatrate" sowie auf der Innenseite "Jetzt erhalten Sie 10.000 Kbit zum Preis von 6.000 Kbit!" und dort weiter "Schnellster Anbieter bundesweit²" heißt. Die Klägerin mahnte die Beklagte deshalb mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10. 1. 2008 ab und verfolgt nunmehr mit der Klage den Unterlassungsanspruch sowie den Kostenersatzanspruch hinsichtlich des Abmahnschreibens.
Die Klägerin behauptet, dass der Umstand, dass die Übertragungsgeschwindigkeit u.a. von der Leistungsfähigkeit des Servers, von dem Informationen im Internet abgerufen werden, abhängt, dazu geführt habe, dass bei der Bewerbung von Produkten zu Realisierung des Internet-Zugangs Übertragungsgeschwindigkeiten mit einschränkenden Angaben wie "bis zu" etc. relativiert würden. Aufgrund der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten erwarte der Verkehr, dass ihm die herausgestellten Übertragungsraten immer und ohne Einschränkung zur Verfügung stehen würden, was jedoch nicht der Fall sei.
Da die Beklagte ihre Angebote nicht bundesweit anbieten könne, und zwar auch in NRW nicht flächendeckend, sei die Schlagzeile "Schnellster Anbieter bundesweit" unzutreffend, weil die Beklagte gar nicht bundesweit tätig werde. Die Beklagte suggeriere mit der angegriffenen Werbung dem Verkehr ein Tätigkeits- und Verbreitungsgebiet ihres Unternehmens, das mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimme. Im übrigen sei die Beklagte, deren Internet-Produkte maximal eine Datenübertragungsgeschwindigkeit von bis zu 32.000 Kbit/s anbieten würden, auch gar nicht der "schnellste Anbieter"
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) einen Internet-Zugang unter Angabe einer Übertragungsgeschwindigkeit zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne unmittelbar darauf hinzuweisen, dass diese nicht uneingeschränkt gewährt werden kann, wenn dies geschieht wie in der Werbebeilage zu der "FAZ" vom 7. 1. 2008;
und/oder
b) Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen mit der Angabe "Schnellster Anbieter bundesweit" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Werbebeilage zu der "FAZ" vom 7. 1. 2008;
2. an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 1.780,20 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. 1. 2008 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet eine Irreführung des angesprochenen Verbrauchers aufgrund der streitgegenständlichen Werbung.
Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Bezeichnungen "10.000 kbit" oder "32.000 kbit" als abgekürzte, schlagwortartige Produktbezeichnungen und nicht als Zusicherung einer uneingeschränkten Datenübertragungsgeschwindigkeit verstehen.
Soweit es um die Werbeangabe "schnellster Anbieter bundesweit" gehe, ergebe sich aus der Werbung der Beklagten offensichtlich, dass sie ein Testergebnis der Zeitschrift "ComputerBild" zitiere, die bei einem Test zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Beklagte mit ihrem Produkt in Deutschland innerhalb der vergleichbaren Anschlussgeschwindigkeiten anderer Anbieter die schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit biete. Für jeden verständigen Verbraucher sei der Begriff "bundesweit" in der konkreten Formulierung ein Synonym für "in Deutschland"; unmittelbar im Anschluss an die beanstandete Aussage folge das, was "ComputerBild" gemessen habe, nämlich nur ganz bestimmte Anschlussgeschwindigkeiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen verwiesen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
1. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht gemäß §§ 3, 5, 8 UWG, weil die Werbung in den angegriffenen Punkten irreführend ist.
a) Die Werbung auf der Titelseite im Stil einer Ticker-Leiste mit der Aussage "Neu: Erhältlich auch mit 32.000 kbit!" sowie mit der optisch hervorgehobenen Angabe "10.000 kbit" und auf den Innenseiten mit der Oberzeile "Jetzt erhalten Sie 10.000 kbit zum Preis von 6.000 kbit!" ist irreführend, weil hierdurch dem angesprochenen Verbraucher suggeriert wird, dass er mit dem Produkt der Beklagten tatsächlich eine entsprechende Datenübertragungsgeschwindigkeit uneingeschränkt erziele. Tatsächlich ist dies, wie auch die Beklagte einräumt, nicht der Fall; die Zahlen beziffern lediglich die maximal erreichbare Übertragungsgeschwindigkeit.
Es ist nicht zutreffend, dass der Verbraucher die Zahlenangaben als Produktbezeichnung und nicht als Geschwindigkeitsangabe versteht. In der Formulierung "... erhalten Sie 10.000 kbit zum Preis von..." stellt die Zahlenangabe ganz ersichtlich keine Produktbezeichnung dar. Auch auf der Titelseite des Faltblatts handelt es sich bei den Zahlenangaben nicht um die Nennung des Produkts, das - wie sich aus der Werbung selbst ergibt - 2play 10000 oder 3play 10000 heißt. Eine die Geschwindigkeitsangabe einschränkende Formulierung "..bis zu .." folgt erst eher unauffällig auf der Innenseite in kleiner Schrift auf hellblauem Grund. Die Blickfangwerbung auf der ersten Seite sowie auf den Innenseiten ohne einschränkenden Sternchenhinweis bleibt hiernach falsch.
Es ist zwar richtig, dass die Angabe "10.000 kbit" an sich gar keine Geschwindigkeitsangabe darstellt, weil diese stets als Relation einer Strecke oder Menge zur jeweiligen Zeiteinheit angegeben wird. Die Beklagte räumt jedoch selbst ein, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine Bezeichnung wie "10.000 kbit" oder "32.000 kbit" als Bezeichnung der maximalen Datenübertragungsgeschwindigkeit verstehen; entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Werbung der Beklagten.
b) Ebenfalls irreführend ist die auf den Innenseiten herausgestellte Anpreisung "Schnellster Anbieter bundesweit", weil die Beklagte hiermit über die Verfügbarkeit ihres Angebotes täuscht und sich zudem eine Stellung anmaßt, die ihr gar nicht zukommt. Soweit sich die Beklagte insoweit auf den Test von "ComputerBild" beruft, macht es einen erheblichen Unterschied aus, ob einerseits "ComputerBild" alle in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Anbieter getestet hat und sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Beklagte unter diesen der schnellste ist, oder ob andererseits jemand behauptet, "bundesweit" der schnellste Anbieter zu sein. Denn letztere Aussage muss der angesprochene Verkehr dahingehend verstehen, dass der mit dieser Aussage Werbende "bundesweit", also über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, jeden anderen Anbieter überbietet, was unstreitig nicht der Fall ist.
2. Der Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Kosten ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet, der Zinsanspruch aufgrund der in dem Abmahnschreiben enthaltenen Fristsetzung jedoch erst ab 26. 1. 2008 und gemäß § 288 Abs. 1 BGB nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, weil es sich vorliegend nicht um eine Entgeltforderung handelt.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
Streitwert: € 100.000,00
LG Köln:
Urteil v. 25.09.2008
Az: 84 O 15/08
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