Niedersächsisches Finanzgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2001
Aktenzeichen: 4 K 1/99 KO

(Niedersächsisches FG: Beschluss v. 09.01.2001, Az.: 4 K 1/99 KO)

Tatbestand

Die Erinnerungsgegner sind Eheleute. Der Ehemann war in einem Unternehmen tätig, das er an seine Ehefrau verpachtet hat. Der Erinnerungsführer ging davon aus, daß zwischen den Eheleuten eine Mitunternehmerschaft bestehe und erließ deshalb Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1978 bis 1986. Zusätzlich hatte der Erinnerungsgegner gegen die Erinnerungsgegner Gewerbesteuer-Meßbescheide für die Jahre 1983 bis 1986 erlassen. Die gemeinsam erhobenen Einsprüche der Erinnerungsgegner wurden durch drei Einspruchsbescheide zurückgewiesen (Gewinnfeststellungen der Jahre 1978 bis 1982 unter der Rechtsbehelfslisten-Nr.: 53-57/89; Gewinnfeststellungen der Jahre 1983 bis 1986 unter der Rechtsbehelfslisten-Nr.: 58-61/89 und Gewerbesteuer-Meßbescheide 1983 bis 1986 unter Rechtsbehelfslisten-Nr.: 67-74/89). Dagegen haben die Erinnerungsgegner gemeinsam in der gleichen Aufteilung drei gesonderte Klagen erhoben, die beim Gericht unter den Aktenzeichen IV 189/89, 190/89 und 191/89 geführt wurden. In der mündlichen Verhandlung wurden die drei Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung verbunden. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, daß keine Mitunternehmerschaft bestanden hat und hob durch rechtskräftig gewordene Urteile vom 28.03.1996 die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf. Die Kosten wurden dem Erinnerungsführer auferlegt; die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wurde für notwendig erklärt.

Durch Beschluß vom 26.06.1996 setzte das Gericht die Streitwerte für die Gewinnfeststellungsverfahren (IV 189/89 und IV 190/89) mit 25 % der festgestellten Gewinne auf 555.712 DM und 410.403 DM und für das Gewerbesteuerverfahren (IV 191/89) auf 564.899 DM fest. Dagegen hat sich der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 09.07.1996 gewandt und ausgeführt, daß die Streitwerte der Gewinnfeststellungsverfahren nur mit 1 % der festgestellten Gewinne anzusetzen seien, weil die Aufhebungen der Gewinnfeststellungsbescheide für die Erinnerungsgegner keine einkommensteuerliche Auswirkungen hätten. Der Beschluß blieb unverändert.

Durch Beschluß vom 26.11.1998 setzte der Kostenbeamte des Gerichts die von dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf 33.665,60 DM fest. Dabei wurden die Gebühren für das Vorverfahren und die Prozeßgebühr für jedes einzelne Klageverfahren von dem jeweiligen Streitwert und die Verhandlungsgebühr von dem Gesamtstreitwert aller drei Verfahren berechnet. Die Umsatzsteuer wurde nicht angesetzt. Wegen der Kostenberechnung im übrigen wird auf den Beschluß Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Erinnerung. Zur Begründung trug der Erinnerungsführer vor, daß nicht nur die Verhandlungsgebühr, sondern auch die übrigen Gebühren des Vor- und Klageverfahrens von dem Gesamtwert aller drei Verfahren zu berechnen sei. Denn bei allen drei Verfahren handele es sich um dieselbe Angelegenheit i.S. des § 7 Abs. 2 BRAGO.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

die zu erstattenden Kosten ohne Umsatzsteuer auf 24.875,91 DM festzusetzen

Die Erinnerungsgegner beantragen sinngemäß,

die Erinnerung zurückzuweisen.

Gründe

Die Erinnerung ist unbegründet. Der Kostenbeamte hat zutreffend nur die Verhandlungsgebühr aus dem Gesamtstreitwert von 1.531.014 DM und die Gebühren im übrigen aus den Einzelstreitwerten berechnet. Eine Berechnung der Gebühren für das Vorverfahren und die Prozeßgebühren aus dem Gesamtstreitwert kommt nicht in Betracht. Denn es handelt sich bei den drei Verfahren nicht um dieselbe Angelegenheit i.S. des § 7 Abs. 2 BRAGO.

Mehrere behördliche Verfahren bilden grundsätzlich entsprechend viele "Angelegenheiten" i.S. der §§ 7, 13 BRAGO. Das gilt auch dann, wenn die Sach- und Rechtslage gleich gelagert ist (vgl. Hartmann, Kostengesetz, 28. Aufl., § 13 Rz 27). Bei der Schwierigkeit der Abgrenzung des Begriffs "derselben Angelegenheit" i.S. der §§ 7 und 13 BRAGO ist es im Interesse der Rechtssicherheit geboten, bei dem Merkmal der Einheit auf das formale Verfahren abzustellen, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (vgl. z.B. Kostenverzeichnis Teil 3 II Nr. 3210 zu § 11 Abs. 2 GKG).

Im vorliegenden Fall bilden für das Vorverfahren die Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1978 bis 1982, die Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1983 bis 1986 und die Gewerbesteuer-Meßbescheide für die Jahre 1978 bis 1985 getrennte Angelegenheiten. Denn die Rechtsbehelfe wurden in getrennten Verfahren geführt. Das wird dadurch deutlich, daß über sie durch getrennte Einspruchbescheide entschieden wurde. Entsprechendes gilt für das Klageverfahren, allerdings mit der Ausnahme, daß wegen der Verbindung zu gemeinsamer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Verfahrensgebühr - wie geschehen - aus dem Gesamtstreitwert zu berechnen war.

Der Kostenbeamte hat seinem Beschluß auch zu Recht die in dem Streitwertbeschluß vom 26.06.1996 festgesetzten Streitwerte zugrunde gelegt. Denn an diesen war der Kostenbeamte gebunden.

Obwohl die Rechtmäßigkeit des Streitwertbeschlusses nicht Gegenstand des Erinnerungsverfahrens ist, wird darauf hingewiesen, daß der Beschluß unanfechtbar ist und eine Änderung von Amts wegen hinsichtlich einer Verringerung der festgesetzten Streitwerte für die Gewinnfeststellungsverfahren nicht in Betracht kam. Denn entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers hat die Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide allein im Hinblick auf die Auflösung der Gewerbesteuerrückstellungen Auswirkung auf die zu versteuernden gewerblichen Einkünfte der Erinnerungsgegnerin. Es gab daher keine Veranlassung, die Streitwerte für die Gewinnfeststellungsverfahren mit einem geringeren Prozentsatz als mit 25 % der streitigen Gewinne festzusetzen.

Über die Frage, ob der Kostenbeamte zu Recht keine Umsatzsteuer angesetzt hat, kann offen bleiben, weil die Beteiligten sich insoweit anderweitig verständigt haben.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 5 Abs. 5 und 6 Gerichtskostengesetz und § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO i.V. mit § 61 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO.






Niedersächsisches FG:
Beschluss v. 09.01.2001
Az: 4 K 1/99 KO


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/03bcd4afff6d/Niedersaechsisches-FG_Beschluss_vom_9-Januar-2001_Az_4-K-1-99-KO




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share