Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juni 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 104/03

(BPatG: Beschluss v. 08.06.2005, Az.: 32 W (pat) 104/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2003 aufgehoben.

2. Die Marke 399 65 373 ist wegen des Widerspruchs aus der Marke 667 395 zu löschen.

Gründe

I.

Gegen die am 20. Oktober 1999 angemeldete und seit 17. Januar 2000 für

"Ketchup, insbesondere Gewürzketchup"

eingetragene Wortmarke 399 65 373 KLAXX hat die Widersprechende am 12. Mai 2000 Widerspruch eingelegt aus der Wortmarke 667 395 Knaxdie seit 1954 für

"Gurken, Gurkenkonserven und sterilisierte Gurken"

eingetragen ist.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Bekanntheit ihrer Marke in Gesamtdeutschland vorgelegt und eine eidesstattliche Versicherung, nach der sie jährlich mehr als jeweils ... Gurkengläser gekennzeichnet mit "KNAX" in den Jahren 1993 bis 2001 vertrieben habe.

Die Markenstelle hat den Widerspruch mit Beschluss vom 21. Januar 2003, zugestellt am 30. Januar 2003, zurückgewiesen.

Dazu ist ausgeführt, bei allenfalls entfernter Ähnlichkeit der Waren und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien Verwechslungen nicht zu befürchten. Schriftbildlich unterschieden sich die Marken durch die Verdopplung der Endkonsonanten und die Oberlänge des L in der jüngeren Marke.

Klanglich sei eine Ähnlichkeit zu verneinen, da dem Nasallaut N der Fließlaut L gegenüberstehe, ein Unterschied der bei den kurzen Worten deutlich zum Vorschein komme. Auch stünden die Bedeutungen der beiden Marken (Klacks = geringe Menge / Knacks = Riss) einer Verwechslungsgefahr entgegen.

Die Widersprechende hat am 27. Februar 2003 Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Auffassung, es bestehe Warenähnlichkeit. Durch die vorgelegten Umfrageergebnisse sei belegt, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine Marke mit erhöhter Kennzeichnungskraft handle. Auch bei kurzen Wörtern gewähre das Markenrecht nicht nur Identitätsschutz. Die klangliche Nähe der Marken sei so groß, dass Verwechslungen nicht zu vermeiden seien. Ein eventueller Sinngehalt gehe dabei unter.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2003 aufzuheben und die Marke 399 65 373 unter Feststellung der Verwechslungsgefahr zu löschen.

Demgegenüber beantragt die Inhaberin der angegriffenen Marke schriftsätzlich, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke, zumal nur "HENGSTENBERG" bekannt sei. "Knax" sei sogar ein verbrauchter Begriff, was die Kennzeichnungskraft mindere. Es liege allenfalls eine entfernte Warenähnlichkeit vor, weil die Behandlung der Zutaten unterschiedlich sei und die Produkte auch in Supermärkten entfernt voneinander angeboten würden. Gleiche Hersteller seien kein Indiz für Warenähnlichkeit, da die von der Widersprechenden herangezogenen Großunternehmen ein breites Sortiment hätten.

Die Zeichenunterschiede fielen ausreichend auf, weil die so gekennzeichneten Produkte auf Sicht gekauft würden. Aber auch klanglich reiche der Unterschied im Anklang, zumal die Sinngehalte Unterscheidungshilfen böten.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg; nach Ansicht des Senats besteht eine Verwechslungsgefahr.

a) Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten (§ 43 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 5 MarkenG). Aufgrund der zeitlich unbeschränkt erhobenen Einrede hat die Widersprechende eine nach § 26 MarkenG rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke innerhalb der beiden in § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG bestimmten Zeiträume (fünf Jahre vor dem 17. Januar 2000 und von Juni 2000 bis zum Tag der Entscheidung) glaubhaft zu machen.

Das von der Widersprechenden vorgelegte Glaubhaftmachungsmaterial für die Jahre 1993 bis 2001 zeigt eine Benutzung für "Gurken" unter der Marke KNAX in Gesamtdeutschland in beiden Zeiträumen. Zwar nennt die eidesstattliche Versicherung kein Vertriebsgebiet für die ... Gurkengläser im Jahr, durch die GfK-Gutachten für alle Bundesländer ist die Benutzung der Widerspruchsmarke in Deutschland aber glaubhaft gemacht.

b) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Für deren Beurteilung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Aufmerksamkeit des Publikums besteht. So kann ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS; EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - MARCA/ADIDAS).

aa) Die Widerspruchsmarke ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig; eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ist bestritten; die Benutzung ist aber jedenfalls soweit belegt und gerichtsbekannt, dass dies ausreicht, eine Minderung durch Drittmarken auszugleichen.

bb) Auf Grund der Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung sind der Beurteilung der Warennähe auf Seiten der Widersprechenden allein Gurken zugrunde zu legen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Damit ist eine mittlere Warenähnlichkeit gegeben.

Sowohl bei Gurken wie auch bei Tomaten, dem Grundstoff von Ketchup, handelt es sich um Gemüsesorten. Beide werden vor dem Einmachen behandelt. Herstellerbetriebe können beides produzieren (so etwa DEVELEY und KÜHNE). Auch die Vertriebsstätten weisen Überschneidungen aus; bei Läden mit großen Sortimenten finden sich Ketchup und Gurkengläser, nicht zuletzt wegen der ähnlichen Verwendung als Beilagen zu Essen, noch in einem so engen Bereich, der Warenähnlichkeit annehmen lässt.

cc) Die unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände an den erforderlichen Markenabstand zu stellenden jedenfalls durchschnittlichen Anforderungen halten die Marken klanglich nicht ein.

Allein dies reicht für die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus, auch wenn die Endkunden die Produkte meist auf Sicht kaufen (vgl. BGH GRUR 1999, 241 - LIONS).

Der Unterschied zwischen einem Nasal- und einem Fließlaut ist beim Einkauf nicht auffallend. Auch die Verdopplung des Endkonsonanten in der angegriffenen Marke kommt klanglich nicht zum Tragen.

Die Waren richten sich an Verbraucher, die nicht sorgfältiger als ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH GRUR Int. 1999, 734, Rdnr. 24. - LLOYD/LOINTS) prüfen und auswählen. Deshalb wird das angesprochene Publikum bei phonetischer Konfrontation mit den Marken die gegebenen Unterschiede nicht besonders wahrnehmen.

Dagegen lassen die Übereinstimmungen in den jeweils einzigen Vokalen sowie in den klangstarken Endlauten eine Verwechslung erwarten.

Die Sinngehalte der Marken, wenn sie überhaupt wahrgenommen werden, können eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht verhindern, da sie bei einem Verhören gar nicht zum Tragen kommen.

2) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Cl






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Az: 32 W (pat) 104/03


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