Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2010
Aktenzeichen: 21 W (pat) 310/09

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2010, Az.: 21 W (pat) 310/09)

Tenor

Das Patent DE 10 2004 012 414 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Bezeichnung: Messeinsatz und Fluidzähler Patentansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2010 mit der Maßgabe, dass in Patentanspruch 1 das Wort "zueinander" vor "veränderbar" gestrichen wird.

Beschreibung, Seiten 2/14 bis 5/14, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2010, 8 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 8b, gemäß Patentschrift.

Gründe

I Die Erteilung des am 13. März 2004 beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldeten Patents 10 2004 012 414 mit der Bezeichnung "Messeinsatz und Fluidzähler" ist am 10. November 2005 veröffentlicht worden.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

Messeinsatz für einen Fluidzähler, wobei der Messeinsatz (3) mit einem Anschlussgehäuse (2) verbindbar, vorzugsweise verschraubbar ist, mit einem Messkammerdeckel (5) sowie einem Kanalring (6), die den Messraum (8) festlegen, im Messraum (8) angeordneten Flügeln (7), einem an der Außenseite des Messraums (8) umlaufenden Strömungskanal (11), mindestens einem, vorzugsweise einer Mehrzahl von Einlasskanälen (9), der bzw. die den Strömungskanal (11) mit dem Messraum (8) verbindet bzw. verbinden, einem Auslasskanal (10) sowie mindestens einer Reguliereinrichtung zur Messfehlerregulierung, wobei die Regulierwirkung der Reguliereinrichtung durch Veränderung der Winkelstellung von Kanalring (6) zu Messkammerdeckel (5) oder von Teilen des Kanalrings (6) zueinander veränderbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reguliereinrichtung mindestens eine, vorzugsweise eine Mehrzahl von Regulieröffnungen (12) umfasst, deren Durchlass durch Veränderung der Winkelstellung des Kanalrings (6) zum Messkammerdeckel (5) oder von Teilen des Kanalrings (6) zueinander veränderbar ist.

Wegen der weiteren Ansprüche 2 bis 15 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen das Patent ist am 10. Februar 2006 Einspruch erhoben worden mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Hierzu verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:

E1 DE 100 31 782 A1 E7 DE 41 21 056 C2 E8 DE 27 15 964 C2.

Zu eine offenkundigen Vorbenutzung durch einen "KOAX-Wasserzähler" der Einsprechenden verweist sie auf Druckschriften E2 bis E6 (Kopien einer Preisliste, eines Zulassungsscheins der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und Konstruktionszeichnungen des KOAX-Wasserzählers).

Die Einsprechende beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2010 überreichten Patentansprüchen 1 bis 14 mit der Maßgabe, dass im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 das Wort "zueinander" vor "veränderbar" gestrichen wird, sowie der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung Seiten 2/14 bis 5/14, sowie mit der Zeichnung gemäß der Patentschrift.

Der danach geltende Patentanspruch 1 lautet mit Gliederungspunkten versehen:

M1 Messeinsatz für einen Fluidzähler, M2 wobei der Messeinsatz (3) mit einem Anschlussgehäuse (2)

verbindbar, vorzugsweise verschraubbar ist, M3 mit einem Messkammerdeckel (5) sowie M4 einem Kanalring (6), die den Messraum (8) festlegen, M5 im Messraum (8) angeordneten Flügeln (7), M6 einem an der Außenseite des Messraums (8) umlaufenden Strömungskanal (11), M7 mindestens einem, vorzugsweise einer Mehrzahl von Einlasskanälen (9), der bzw. die den Strömungskanal (11) mitdem Messraum (8) verbindet bzw. verbinden, M8 einem Auslasskanal (10)

M9 sowie mindestens einer Reguliereinrichtung zur Messfehlerregulierung, M10 wobei die Regulierwirkung der Reguliereinrichtung durch Veränderung der Winkelstellung von Kanalring (6) insgesamt zum Messkammerdeckel (5) veränderbar ist, dadurch gekennzeichnet, M11 dass die Reguliereinrichtung mindestens eine, vorzugsweise eine Mehrzahl von in der Höhe der Flügel (7) in den Messraum (8) mündenden Regulieröffnungen (12) umfasst, deren Durchlass durch Veränderung der Winkelstellung des Kanalrings (6) insgesamt zum Messkammerdeckel (5) veränderbar ist, M12 so dass mittels der Reguliereinrichtung Messfehler, die aufgrund der Drehung des Flügelrades entstehen, regulierbarsind.

Die Patentinhaberin hält den Gegenstand dieses Anspruchs 1 für neu und erfinderisch.

Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung gerügt, dass das Merkmal "in der Höhe der Flügel in den Messraum mündenden" in Merkmalsgruppe M11 ursprünglich nicht offenbart sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 449 f. -Rundsteckverbinder).

1.

Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist im Übrigen von der Patentinhaberin nicht bestritten worden.

2.

Der Einspruch ist auch insoweit begründet, als er nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Patentanspruchs 1 führt.

2.1. Mit dem neu eingereichten Patentanspruch 1 hat die Patentinhaberin das Patent zum Einen durch Aufnahme weiterer Merkmale in zulässiger Weise beschränkt, zum Anderen dadurch, dass sie die im erteilten Patent noch geschützte Alternative, wonach die Regulierwirkung der Reguliereinrichtung durch Veränderung der Winkelstellung von Teilen des Kanalrings zueinander veränderbar ist, nicht mehr beansprucht. Die geänderte Fassung erweitert weder den Gegenstand der dem erteilten Patent zugrunde liegenden Anmeldung noch den Schutzbereich des Patents. Die weiteren Merkmale finden ihre Stütze im erteilten Patentanspruch 1 und in der Beschreibung, Absätze [0031, 0041]. Die von der Einsprechenden bemängelte Offenbarung der Einmündung der Reguliereinrichtung in den Messraum "in der Höhe der Flügel" ist in Absatz [0041] in Verbindung mit der Fig. 2 für den Fachmann, einen mit der Entwicklung von Fluidzählern befassten Diplom-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau, als zur Erfindung gehörend offenbart, wonach die Trennebene E der Regulieröffnungen und damit auch die Regulieröffnungen in der Höhe der Flügel liegen. In den weiteren Patentansprüchen wurde lediglich der erteilte Patentanspruch 4 gestrichen und die Patentansprüche wurden entsprechend in ihrer Nummerierung angepasst.

2.2. Die Erfindung betrifft einen Messeinsatz für einen Fluidzähler, die insbesondere als Wasserzähler eingesetzt werden und über die Drehung eines Flügelrades die durchströmende Wassermenge zählen. Gemäß der Patentschrift ergeben sich bei solchen Fluidzählern Messfehler, die beim Stand der Technik durch aufwendige zusätzliche Bauteile reguliert werden (siehe Absätze [0002] bis [0007]). Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht daher darin, einen neuartigen Messeinsatz zur Verfügung zu stellen, welcher es erlaubt, die Teileanzahl des Messeinsatzes zu minimieren, sowie Montagearbeiten und damit Kosten einzusparen (siehe Absatz [0008]).

2.3. Der -zweifelsohne gewerblich anwendbare -Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 ist, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt, gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu, da keine der entgegengehaltenen Druckschriften einen Messeinsatz mit sämtlichen, im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmalen offenbart. So sind aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften Reguliereinrichtungen gemäß Merkmalsgruppe M11 bekannt.

Der beanspruchte Messeinsatz für einen Fluidzähler wird dem genannten Fachmann durch den genannten Stand der Technik auch nicht nahe gelegt. Insbesondere hat auch die in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2010 von der Einsprechenden beantragte und gewährte Vertagung, um Gelegenheit zur Nachrecherche zu erhalten, zu keinem weiteren Stand der Technik geführt.

Aus der nächstkommenden Druckschrift E8 (siehe insbesondere die Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein M1= Messeinsatz für einen Fluidzähler bekannt, M2= wobei der Messeinsatz mit einem Anschlussgehäuse 1 verschraubbar ist (siehe Überwurfmutter 2) M3= mit einem Messkammerdeckel 8 (siehe Gehäuse 8 und daran befestigtes Gehäuse 9 mit Zählwerk) sowie M4= einem Kanalring 7, die den Messraum festlegen, M5= im Messraum angeordneten Flügeln 3 (Messrad), M6= einem an der Außenseite des Messraums umlaufenden Strömungskanal (siehe Fig. 2), M7= einem Einlasskanal 11 (Ringspalt), der den Strömungskanal mit dem Messraum verbindet, M8= einem Auslasskanal (siehe Fig. 2)

M9= sowie einer Reguliereinrichtung 4 (Justierring) zur Messfehlerregulierung, M12= wobei mittels der Reguliereinrichtung Messfehler, die aufgrund der Drehung des Flügelrades entstehen, regulierbarsind (siehe Spalte 2, Zeilen 36 bis 40).

Gemäß der Druckschrift E8 wird die Regulierwirkung der Reguliereinrichtung nicht durch die Veränderung der Winkelstellung von Kanalring 7 insgesamt zum Messkammerdeckel 8 verändert, sondern durch die Veränderung der Winkelstellung des Justierringes 4 zum Kanalring 7. Die Reguliereinrichtung umfasst auch keine Regulieröffnung, deren Durchlass durch Veränderung der Winkelstellung des Kanalrings 7 insgesamt zum Messkammerdeckel 8 veränderbar ist, sondern wird durch die Veränderung des als Einlasskanal dienenden Ringspaltes 11 durch eine Veränderung der Winkelstellung des Justierringes 4 zum Kanalring 7 realisiert. Aus der Druckschrift E8 ergeben sich für den Fachmann auch keine Anregungen, zur Reduzierung der Bauteile eine Regulieröffnung vorzusehen, die in der Höhe der Flügel in den Messraum mündet und deren Durchlass durch eine Veränderung der Winkelstellung eines Kanalrings insgesamt zum Messkammerdeckel veränderbar ist gemäß den Merkmalsgruppen M10 und M11.

Aus der Druckschrift E1 (siehe insbesondere die Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein Fluidzähler bekannt, der zur Messfehlerregulierung ein Bodenteil 5 aufweist, welches gegenüber einem Messkammerteil 4 verdrehbar ist, um so den Durchlass durch eine Bypassöffnung 12 zu regulieren (siehe Absatz [0032]). Der Fluidzähler weist ein Oberteil 2 als Messkammerdeckel und mehrere Teile auf, die den Messraum und den Strömungskanal bilden, nämlich das Unterteil 1, den Messkammerteil 4 und das Bodenteil 5. Durch die Bypassöffnung 12 wird der Fluidstrom unter Umgehung der im Messkammerteil 4 ausgebildeten Einströmschlitze (siehe Absatz [0030]) und damit des Flügelrades von dem Einlass zum Auslass geleitet (siehe Absätze [0006, 0013, 0014]). Somit ist aus der Druckschrift E1 auch nicht bekannt und für den Fachmann auch nicht nahe gelegt, zur Reduzierung der Bauteile eine Regulieröffnung vorzusehen, die in der Höhe der Flügel in den Messraum mündet, und deren Durchlass durch eine Veränderung der Winkelstellung eines Kanalrings insgesamt zum Messkammerdeckel veränderbar ist, wie in den Merkmalsgruppen M10 und M11 beansprucht ist.

Aus der Druckschrift E7 (siehe insbesondere die Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung) ist ebenfalls nur ein Fluidzähler bekannt, der zur Messfehlerregulierung einen Justierring 50 aufweist, welcher gegenüber einem Flügelbecherunterteil 40 verdrehbar ist, um so im Flügelbecherunterteil ausgebildete Bypassöffnungen 44 mehr oder weniger zu verschließen (siehe Spalte 4, Zeilen 57 bis 67). Der Fluidzähler weist ein Flügelbecheroberteil 60 als Messkammerdeckel und mehrere Teile auf, die den Messraum und den Strömungskanal bilden, nämlich das Flügelbecherunterteil 40 und das Kartuschenunterteil 30. Durch die Bypassöffnung 44 wird der Fluidstrom unter Umgehung der Einströmkanäle 61 und damit des Flügelrades von dem Einlass zum Auslass geleitet (siehe Spalte 4, Zeilen 57 bis 67 und Fig. 1). Somit ist aus der Druckschrift E7 auch nicht bekannt und für den Fachmann auch nicht nahe gelegt, zur Reduzierung der Bauteile eine Regulieröffnung vorzusehen, die in der Höhe der Flügel in den Messraum mündet und deren Durchlass durch eine Veränderung der Winkelstellung eines Kanalrings insgesamt zum Messkammerdeckel veränderbar ist gemäß den Merkmalsgruppen M10 und M11.

Der zur offenkundigen Vorbenutzung genannte KOAX-Wasserzähler geht gemäß den vorgelegten Konstruktionszeichnungen über den Stand der Technik gemäß den Druckschriften E1 und E7 nicht hinaus und wurde auch dementsprechend in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen.

2.4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nach alledem patentfähig. Der nebengeordnete Anspruch 14, der einen Fluidzähler mit einem Messeinsatz gemäß dem Patentanspruch 1 umfasst und die Unteransprüche 2 bis 13 haben ebenfalls Bestand.

Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Dr. Müller Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2010
Az: 21 W (pat) 310/09


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