Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Mai 2003
Aktenzeichen: 15 W (pat) 12/03
(BPatG: Beschluss v. 12.05.2003, Az.: 15 W (pat) 12/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 04 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. April 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Verfahren zum Herstellen eines Estrich-Hohlbodens unter Verwendung einer verlorenen Schalung Anmeldetag: 25. Januar 2000 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1-7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2003, Beschreibung Seiten 1, 1a, 2-5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2003, 5 Seiten Zeichnungen Seiten 1-5, gemäß DE 100 04 145 A1.
Gründe
I.
Die Anmelderin reichte am 25. Januar 2000 die Anmeldung 100 04 145.0-25 mit der Bezeichnung
"Hohlböden"
ein. Das Deutsche Patent- und Markenamt veröffentlichte am 9. August 2001 in Form die deutsche Offenlegungsschrift 100 04 145 A1.
Mit Beschluss vom 5. April 2001 wies die Prüfungsstelle für Klasse E 04 F des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung aus den Gründen des Bescheids vom 31. August 2000 zurück.
Dem Beschluss lagen die mit Eingabe vom 27. Mai 2000 (eingegangen am 29. Mai 2000) vorgelegten Ansprüche 1 bis 38 mit folgendem Wortlaut des Patentanspruchs 1 zugrunde:
"Ein Hohl- und Doppelbodensystem für den Einbau in umbauten Räumen, z. B. für Büro- und Lagerflächen und für angelegte Freiflächen im Zusammenhang mit Bauten jedweder Art, dadurch gekennzeichnet, dass die tragenden Elemente (Stützen und Kleingewölbe) bauseits mit den hierfür erforderlichen verlorenen Schalungen hergestellt werden. Zu diesem Hohl- und Doppelbodensystem gehören ebenso neuentwickelte und neuartige Brandabschottungen, spezielle Halterungen für Installationseinrichtungen, Blechrondelle für die Stützfüße mit den Unterlegscheiben für die schalltechnische Trennung, die mit einem Raster bedruckte oder speziell konfigurierte Folien für die bauseitige Herstellung der verlorenen Schalung, Dübel, Schrauben, Abdeckkappen und alle sonstigen Zubehörteile, die zusammen mit den bauseits gegossenen tragenden Elementen (Stützfüße und Kleingewölbe) und der bauseits aus vorgefertigter Folienrollenware hergestellten verlorenen Schalung das Hohl- und Doppelbodensystem bilden.
Ein weiteres Merkmal der Erfindung ist die selbst nivellierende Eigenschaft des Hohl- und Doppelbodensystems, die bauseitige Vergießung der gesamten Tragkonstruktion mit dem tragenden Boden inklusiv der Installationselemente für Heizung Elektro, Klima und Lüftung, die fugenlose selbsttätige Anpassung der bauseits gegossenen Tragkonstruktion an auch sehr unebene Untergründe und Höhenunterschiede, die durch die flexible Anpassungsfähigkeit der bauseits hergestellten verlorenen Schalung ausgeglichen werden.
In einer anderen Ausgestaltung der Erfindung können in diesem Hohlbodensystem Isolierungen gegen Feuchtigkeit, Schall und thermische Verluste zusätzlich vor der Vergießung des Hohlbodens und vor der Fertigung der verlorenen Schalung integriert werden.
In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung kann der Hohlraum unter dem Oberboden, zusätzlich zu seiner Hauptfunktion als Installationsraum auch noch parallel für die Klimatisierung, Heizung und Lüftung der darüber liegenden Räume genutzt werden."
Bezüglich der weiteren Patentansprüche 2 bis 38 wird auf die DE 100 04 145 A1 verwiesen.
Der Beschluss war damit begründet, dass die zugrunde liegende Anspruchsfassung gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei, dass der beschriebenen technischen Lehre die erforderliche Klarheit fehle und dass gegenüber dem ermittelten Stand der Technik in Form von sieben Druckschriften und dem Wissen des Fachmanns kein erfinderischer Überschuss verbleibe.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2003 eine neue Anspruchsfassung eingereicht. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 7 lauten wie folgt:
"1. Verfahren zum Herstellen eines Estrich-Hohlbodens unter Verwendung einer verlorenen Schalung, die als Folie ausgebildet ist, wobei man eine Folie auslegt und luftdicht abdichtet, dann den abgedichteten Raum auf Überdruck aufbläst, insbesondere mit Luft, bis die so gebildete Schalung eine ausreichende Steifigkeit aufweist, und dann den Estrich, insbesondere einen Fließestrich, aufbringt, dadurch gekennzeichnet, dass die Folie eine Polyethylenfolie ist oder dass die Folie vorkonfiguriert ist, in Form von Foliengewölben, Folientunnels oder sonstigen gewünschten Formen, unddass man die auf dem Rohboden ausgelegte Folie gegenüber dem Rohboden luftdicht abdichtet und die Folie zum Bilden von Stützfüßen an vorgegebenen Stellen mit runden Metallplatten und unterliegenden Dichtungsplatten am Rohboden befestigt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man zum Bilden der Stützfüße eine Bohrung durch die Folie und in den Rohboden anbringt und die Metallplatten und Dichtungsplatten mittels Schlag- oder Schraubdübeln am Rohboden befestigt.
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man zum Abdichten der auf dem Rohboden ausgelegten Folie diese entlang der Wände mittels Leisten und Dichtstreifen abdichtet.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dichtplatte aus einem schalldämmenden Material, insbesondere aus Gummi, Neoprene oder Weichgummi besteht und der Kopf der zur Befestigung der Folie am Rohboden verwendeten Schraube bzw des Schlagdübels mit einem schalldämmenden Material abgedeckt ist.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das zum Befestigen der Folie auf dem Rohboden eingesetzte Befestigungsmittel eine, insbesondere höhenverstellbare, Haltekonstruktion für Rohre, Installationselemente, Entlüftungsgitter oder Revisionsklappen aufweist.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man unterhalb der Folie vorgefertigte Rahmen zum Bilden einer bestimmten Gewölbeform des Estrich-Hohlbodens anordnet.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass man Rohre für eine Fußbodenheizung an der Haltekonstruktion befestigt und in einem Arbeitsgang beim Aufbringen des Estrichs in den Hohlboden eingießt."
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin vorgetragen, dass das weiterverfolgte Patentbegehren von den ursprünglich eingereichten Unterlagen gedeckt sei und die beschriebene technische Lehre im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik neu sei sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen aufgrund folgender Unterlagen:
Patentansprüche 1-7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2003, Beschreibung Seiten 1, 1a, 2-5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2003, 5 Seiten Zeichnungen, Seiten 1-5 gemäß DE 100 04 145 A1.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (PatG § 73). Sie ist unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden Patentbegehrens in der Sache auch begründet.
Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstandes der geltenden Patentansprüche 1 bis 7 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen bzw daraus herleitbar sind (vgl Patentansprüche 1, 2, 4, 6-11 und 15 iVm S 4 Abs 3, S 5 Z 1-2, S 5 Abs 3-4 sowie Anlage 4).
Die Neuheit des Verfahrens gemäß geltender Anspruchsfassung ist anzuerkennen.
Nach dem Großteil der im Prüfungsverfahren als Stand der Technik ermittelten Druckschriften wird ein Estrich auf vorgefertigten, harten, eierkartonähnlich geformten Plastikfolien vergossen und so ein Hohlboden gebildet (vgl DE 33 21 046 A1 (1), DE 44 15 749 A1 (3) und DE 43 29 766 A1 (4), jeweils insbesondere Patentanspruch 1; DE 33 05 040 A1 (5), insbes Patentanspruch 15 sowie DE 88 09 824 U1 (7), insbes Anspruch 1 iVm der ersten Seite der Beschreibung, Abs 3 bis zur zweiten Seite, Abs 3).
Die diesen Entgegenhaltungen entsprechenden Herstellungsverfahren für Hohlböden unterscheiden sich von der Lehre des gültigen Patentanspruchs 1 darin, dass ein Abdichten und Aufblasen nicht erforderlich ist, und darin, dass eine Befestigung der Stützfüße am Boden nicht vorgesehen ist. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für den von der Anmelderin selbst in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen angegebenen Stand der Technik (vgl dort S 2-3).
DE 34 15 581 A1 (2) betrifft einen klassischen Doppelboden mit auf Stützen aufgelegten Platten und wurde im Prüfungsverfahren nur als Beispiel genannt, dass das Vorsehen von Brandabschottungen bei Doppelböden grundsätzlich bekannt ist.
Gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik, DE 197 51 600 A1 (6), werden mindestens zwei Folien aufeinander verlegt und gasdicht so miteinander verschweißt, dass sie im gefüllten Zustand Kleingewölbe und nach unten gerichtete Ausbuchtungen für Stützfüße bilden. Auf diesem gefüllten Foliengebilde wird der Estrich vergossen (vgl (6), insbes Patentansprüche 1, 3 und 12). Ein Abdichten von nur einer Folie gegenüber dem Rohboden und deren Befestigen auf diesem Rohboden im Raster der zu bildenden Stützfüße ist dabei nicht vorgesehen.
Das Verfahren gemäß geltender Anspruchsfassung beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Anmeldungsgemäß gelöst wird die Aufgabe, eine einfache und kostengünstige Herstellung eines Hohlbodensystems zu beschreiben (vgl ursprüngliche Unterlagen, S 2 Abs 1 Z 3-4), insbesondere bei unebenen Rohböden (vgl ursprüngliche Unterlagen, S 3 Abs 1).
Lösungsprinzip ist dabei die Herstellung eines Hohlbodens unter Einsatz einer verlorenen Schalung durch luftdichte Befestigung einer Folie auf dem Rohboden am Rand eines Raumes und an den Positionen der zukünftigen Stützfüße nach den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1.
Ein Hinweis auf eine Herstellung von Hohlböden unter Einsatz einer in solcher Weise erstellten verlorenen Schalung kann der nächstliegenden Druckschrift (6) und den anderen ermittelten Schriften oder dem selbst genannten Stand der Technik weder einzeln noch in Zusammenschau entnommen werden.
Nach alledem ist das Verfahren gemäß der geltenden Patentansprüche 1 bis 7 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die vorliegende Anspruchsfassung gewährbar ist.
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BPatG:
Beschluss v. 12.05.2003
Az: 15 W (pat) 12/03
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