Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 268/99
(BPatG: Beschluss v. 10.07.2001, Az.: 27 W (pat) 268/99)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. Oktober 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Bezeichnung "Centralcity" soll als Marke für "Programme für die elektronische Datenverarbeitung, insbesondere ...; Werbung, Marketing, Werbung für Dritte, insbesondere im Internet; Geschäftsführung für Dritte, Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften und Vermittlung von Verträgen über ...; Betrieb und Dienstleistungen einer elektronischen Datenbank, nämlich ...; Erstellen von Programmen für die elektronische Datenverarbeitung, Entwicklung, Gestaltung und Programmierung von Software für das Internet; Erstellen von Konzepten ... für interaktive multimediale Informationssysteme, wie insbesondere das Internet; Bereitstellen von Computerprogrammen ..." als Marke geschützt werden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß es sich bei dem angemeldeten Begriff zwar nicht um die korrekte englische Bezeichnung für "Stadtzentrum, Innenstadt" handle; jedoch werde der deutsche Verkehr, dem die Begriffe "central" und "city" geläufig seien, deren Sinngehalt "ganz intuitiv" zu der genannten Gesamtbedeutung "addieren". Diese - "Innenstadt(gebiet)" - sei aber ein rein beschreibender Hinweis auf Sitz- oder Wirkungskreis der Anmelder, nicht eine individuelle Betriebskennzeichnung.
Hiergegen haben die Anmelder Beschwerde eingelegt. Sie halten die Marke für schutzfähig. Es handle sich dabei um eine ungewöhnliche Zusammenstellung englischer Begriffe. Das Markenwort habe weder die Bedeutung von "Innenstadt" noch werde es vom Verkehr in diesem Sinne verstanden, weil ihm die richtige Übersetzung hierfür (zB "citycenter") geläufig sei. Aber selbst wenn man die Anmeldemarke mit "Innenstadt" übersetzen wolle, sei dies für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein sinnvoller beschreibender Hinweis, da diese über Internet, sozusagen weltweit, angeboten würden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde mußte in der Sache Erfolg haben, da die Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG der Schutzgewährung nicht entgegenstehen.
Ein Freihaltungsbedürfnis, das auch die Markenstelle nicht angenommen hat, wäre selbst dann nicht gegeben, wenn man die Anmeldemarke mit "Innenstadt" übersetzen wollte. Denn nach der - in ihren Auswirkungen möglicherweise nicht unbedenklichen - "House of Blues" -Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BlPMZ 1999, 365) fällt eine die Eigenschaften des Betriebes beschreibende Angabe nicht notwendig in den Anwendungsbereich des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
Die Marke besitzt aber auch (noch) hinreichende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Der Senat vermag zwar den Anmeldern nicht zu folgen, wenn sie meinen, im vorliegenden Fall sei auch der Hinweis "Innenstadt" letztlich fantasievoll, da ihre Waren und Dienstleistungen schließlich weltweit angeboten würden. Selbst wenn dies so ist, können diese Waren und Dienstleistungen natürlich auch in einem Geschäftslokal verkauft werden, weshalb einem bloßen Hinweis auf die mögliche Lage dieses Geschäfts auch hier die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen würde.
In einem solchen Hinweis erschöpft sich die Anmeldemarke aber nicht. Bei ihr handelt es sich zwar um einen Begriff, der aus bekannten englischen (und auch im Deutschen geläufigen) Wörtern zusammengesetzt ist, der andererseits aber eindeutig nicht mit "Innenstadt" oder "Stadtzentrum" zu übersetzen ist, wie dies die Anmelder bereits im Verfahren vor dem Patentamt dargelegt haben (vgl hierzu auch die entsprechenden Stichworteinträge bei Schöffler/Weis, Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache; Langenscheidts Handwörterbuch Englisch; PONS Kompaktwörterbuch Englisch-Deutsch; Collins German-English/ English-German Dictionary usw). Deshalb ist für den Verkehr eine Deutung in diesem Sinne auch nicht nahegelegt. Zum einen spricht dagegen, daß auch im deutschen Geschäftsleben die richtigen Begriffe "Center" oder "Citycenter" nicht ungebräuchlich sind, so daß schon von daher die genannte (falsche) Übersetzung der Anmeldemarke sich nicht aufdrängt. Zum anderen ist die Bedeutung beider Bestandteile ("central" und "city") dem Verkehr so geläufig, daß er sie, wenn er sich schon Gedanken über den Sinn der Marke machen sollte, auch unschwer (richtig) "übersetzen" kann, nämlich mit "Zentralstadt", was natürlich (sprachlich analog "Zentralbahnhof", "Zentralverwaltung" usw gebildet) etwas ganz anderes bedeutet als "Stadtzentrum" oder "Innenstadt". Da schließlich - was theoretisch vielleicht denkbar wäre - es keine Anhaltspunkte für eine (falsche) Verwendung des Begriffes "Centralcity" (iSv "Stadtzentrum") in der Werbung gibt, kann man bei dieser Marke, die durchaus einen gewissen sprechenden Charakter aufweisen mag, die erforderliche Unterscheidungskraft nicht verneinen.
Der Beschwerde war sonach stattzugeben.
Dr. Schade Friehe-Wich Albert Ko
BPatG:
Beschluss v. 10.07.2001
Az: 27 W (pat) 268/99
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