Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 16. Dezember 2002
Aktenzeichen: 16 U 54/02
(OLG Köln: Urteil v. 16.12.2002, Az.: 16 U 54/02)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.6.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schleiden - 10 C 317/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt die Einlösung einer sog. Gewinnzusage der
Beklagten.
Die Beklagte mit Geschäftssitz in den Niederlanden betreibt
einen Versandhandel und versucht Kunden mit Werbesendungen
einschließlich der Mitteilung, Gewinner eines jeweils näher
bestimmten, nicht unerheblichen Bargeldpreises zu sein, zu einer
Bestellung aus ihrem Warenangebot zu bewegen. So hat die Klägerin
im Oktober 2001 mit einer Werbesendung eine Gewinnmitteilung über
4.200,- DM erhalten, deren Auszahlung sie nunmehr verlangt, ohne im
Zusammenhang damit Waren bestellt zu haben. Zuvor im Juni 2001
hatte die Klägerin bei der Beklagten nach Zugang einer
anderweitigen Bargeldgewinnmitteilung allerdings Waren bestellt.
Die Beklagte hatte gleichwohl die Verrechnung des Gewinns mit dem
Preis für die bestellten Waren abgelehnt, ebenso wenig war der
Gewinn ausgezahlt worden.
Gegenstand der vorliegenden Klage ist der der Klägerin mit der
Werbesendung im Oktober übersandte "Ziehungsnachweis" vom
18.10.2001, in dem es wie folgt heißt:
AUSZAHLUNGS- VORGANG Nr. ...
OFFIZIELLER
ZIEHUNGS - NACHWEIS
Bitte beachten!
Laut Ziehungs-Protokoll vom 18.10.01 sind Sie
Gewinnerin eines Bargeld-Preises!
Liebe Frau G.,
atmen Sie tief durch, Sie haben es
geschafft!
Ja, jetzt steht es schwarz auf
weiß."
Name und Anschrift des Gewinners: Frau K. G.
...
Registriertes Gewinn-Protokoll der offiziellen
Ziehung (Nr. 1) am 18.10.01 Die Preise und Gewinner wurden unter
Aufsicht eines neutralen Jurors gezogen. Auf Gültigkeit geprüft
(Stempelaufdruck: juristisch geprüft!) 18.10.01
(Unterschrift)
5 x Bargeld 3.100,- DM-Bargeld ... 2.000,-
DM-Bargeld ... 4.200,- DM-Bargeld ... 4.900,-
DM-Bargeld ... 1.000,- DM-Bargeld ...
5 namentlich genannte Gewinner Zuteil.-Nr. ...
(Fiktiver Name) Zuteil.-Nr. ... (Fiktiver Name)
Zuteil.-Nr. ... (K. G.) Zuteil.-Nr. ... (Fiktiver Name)
Zuteil.-Nr. ... (Fiktiver Name)
In den Fußzeilen der Rückseite dieses Ziehungsnachweises finden
sich kleingedruckt "Regeln", u. a. dass der Adressat mit Ausstellen
des Offiziellen Gewinn-Schriftstücks die auf seinen Namen gezogene
Zuteilungs-Nummer erhalte, er durch Einsenden des blauen
Kassenscheins den Erhalt seines Offiziellen Gewinn-Schriftstücks
bestätige und dass die Höhe der zu vergebenden Preise unter
Ausschluss des Rechtsweges im Ermessen der Beklagten liege.
Ein beigefügtes "Offizielles Gewinn-Schriftstück" enthält u. a.
den hervorgehobenen Aufdruck "Antwort innerhalb 3 Tagen
erforderlich!" und die Erklärung, dass man innerhalb 3 Tagen
4.200,-- DM an die Klägerin ausbezahlen wolle.
Die Klägerin hat bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen
Amtsgericht Schleiden Klage auf Einlösung der Gewinnzusage gemäß §
661 a BGB eingereicht und für den Fall, dass ihr die beantragte
Prozesskostenhilfe gewährt wird,
beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie
4.200,- DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz nach § 1 der Diskont-Óberleitungsgesetzes vom 9.6.98
seit dem 21.11.2001 zu zahlen.
Nach antragsgemäßer Gewährung der Prozesskostenhilfe ist der
Beklagten mit der Terminsladung die Klage im März 2002 zugestellt
worden.
Die Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen, und ihre
Verteidigung darauf beschränkt, die internationale Zuständigkeit
deutscher Gerichte zu rügen.
Das Amtsgericht hat seine internationale Zuständigkeit nach Art.
5 Nr. 1 a EuGVVO und eine Gewinnzusage der Beklagten gemäß § 661 a
BGB bejaht und durch Urteil vom 3.6.2002, auf das im übrigen
verwiesen wird, der Klage antragsgemäß stattgegeben.
Gegen dieses ihr am 10.6.2002 zugestellte Urteil hat die
Beklagte am 10.7.2002 Berufung eingelegt und diese nach
antragsgemäßer Fristverlängerung am 12.9.2002 begründet. Sie
wiederholt die Rüge der fehlenden internationalen
Entscheidungszuständigkeit, bezieht sich hilfsweise zur Sache auf
die auf der Rückseite des "Ziehungsnachweises" abgedruckten
"Spielregeln" und beantragt
unter Abänderung des angefochtenen
Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten
gereichten Urkunden verwiesen.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten ist unbegründet.
Im Ergebnis mit Recht hat das Amtsgericht seine internationale
Zuständigkeit sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 661 a
BGB bejaht und demgemäss die Beklagte zur Auszahlung des der
Klägerin mitgeteilten Bargeldgewinns von 4.200,- DM = 2.147,43 Euro
nebst den verlangten Verzugszinsen verurteilt.
I.
Zutreffend ist die Auffassung des Amtsgerichts, die der
überwiegenden Rechtsprechung und dem Schrifttum entspricht, dass im
Falle grenzüberschreitender Gewinnzusagen nach den
Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO (Verordnung - EG - Nr.
44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) bzw. des EuGVÓ (auch)
das Gericht am Wohnsitz des inländischen Empfängers zur
Entscheidung berufen ist (vgl. OLG Frankfurt OLGR 2002, 168 = MDR
2002, 1023; OLG Dresden OLG-NL 2002, 97 = VuR 2002, 187; OLG
Nürnberg NJW 2002,3637; LG Braunschweig IPrax 2002, 213; LG
Freiburg, Urteil vom 22.3.02 - 6 O 147/01; LG Hof, Urteil vom
16.11.2001 - 14 0 87/01; Lorenz NJW 2000, 3305 und IPrax 2002, 192;
Fetsch RIW 2002, 936; a. A. z. B. OLG Bamberg, Urteil vom 5.5.2002
- 5 U 7/02; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.4.02 - 7 U
199/01). Dabei kann hier dahinstehen, ob im Hinblick darauf, dass
die Klage vor dem Inkrafttreten der EuGVVO bei Gericht eingereicht
aber der Beklagten erst nach dem Inkrafttreten zugestellt worden
war, gemäss Art. 66 I EuGVVO deren Vorschriften oder aber die des
EuGVÓ anwendbar sind (so wegen Art. 30 EuGVO Schlosser,
EU-Zivilprozessrecht, 2. Auflage, Art. 66 I EuGVVO Rdn. 11). Das
bleibt für die Entscheidung des Senats unerheblich, weil er den
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für gegeben erachtet und
mithin die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und
damit des Amtsgerichts Schleiden aus dem Gerichtsstand der
unerlaubten Handlungen, also aus Vorschriften (Art. 5 Nr. 3 EuGVVO
bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVÓ) herleitet, die - was die hier zu
beantwortende Frage betrifft - unverändert geblieben sind.
1)
Eine Zuordnung der Gewinnmitteilung - wie vom Amtsgericht in
Anschluss an Lorenz (a. a. O.) angenommen - zum Gerichtsstand des
Erfüllungsorts gemäß Art. 5 Nr. 1 a EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 EuGVÓ
(ebenso LG Braunschweig a. a. O.; hilfsweise: OLG Nürnberg a. a.
O.) bzw. zum Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO
bzw. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 EuGVÓ ( so OLG Dresden und OLG
Nürnberg jeweils a. a. O. mit zust. Anm. Feuchtmeyer NJW 2002,
3598; LG Braunschweig a. a. O.) muss nach Ansicht des Senats
ausscheiden, weil der geltend gemachte Anspruch nicht als
vertraglicher Anspruch i. S. dieser Vorschriften qualifiziert
werden kann. Es ist ständige Rechtsprechung des EuGH, dass der
Begriff Vertrag autonom, d. h. nach dem Begriffssystem der
Verordnung (und nicht der jeweiligen lex fori) auszulegen ist,
wobei in erster Linie deren Systematik und Zielsetzungen
berücksichtigt werden müssen (zuletzt in der Entscheidung vom
1.10.2002 - Rs. C-167/00 in NJW 2002, 3617) .
Vorliegend hat die Klägerin im Zusammenhang mit der streitigen
Gewinnmitteilung bei der Beklagten nichts bestellt, also keinen
Vertrag abgeschlossen. Die vom EuGH auf den Fall der gleichzeitigen
Bestellung von Waren beschränkte Entscheidung vom 11.7.2002 (Rs.
Gabriel, NJW 2002, 2697) mit der gewählten akzessorischen Lösung
über das Koppelungsgeschäft ist deshalb nicht einschlägig.
Allerdings wird der Abschluss eines Vertrages nach der
Rechtsprechung des EuGH auch nicht verlangt, schon die Feststellung
einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung würde ausreichend aber
auch unerlässlich sein, da sich die Zuständigkeit des nationalen
Gerichts dann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag
den Gegenstand des Verfahrens bilden, nach dem Ort bestimmt, an dem
die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (EuGH
vom 17.9.2002 - Rs. C-334/00, NJW 2002, 3159). Aber auch eine
solche Verpflichtung ist die Beklagte mit ihrer Gewinnmitteilung
gegenüber der Klägerin nicht eingegangen. Bei § 661 a BGB, auf den
die Klägerin ihren Anspruch stützt, handelt es sich gerade nicht um
eine vertragliche, sondern um eine gesetzliche Verpflichtung, bei
dem es um die Sanktionierung vorvertraglicher Verhaltenspflichten,
konkret um die Verpflichtung des Unternehmers geht, den
Vertragsschluss nicht durch Vortäuschung scheinbarer Gewinne zu
erschleichen. Nach seinem Sinn und Zweck soll § 661 a BGB - was die
Gesetzesmaterialien deutlich ausweisen - in Ergänzung des
Sanktionssystem des UWG unerwünschten Geschäftspraktiken
entgegenwirken, nämlich den Missstand der wettbewerbswidrigen
Zusendung von Gewinnzusagen unterbinden, indem dem Empfänger ein
Anspruch auf den mitgeteilten Preis eingeräumt wird (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 14/2658, 49 f;
Ànderungsvorschlag des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920, 7,
Stellungnahme der Bundesregierung BT-Drucks. 14/2920, 15 und
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/3195, 33).
Wegen seines regelmäßig entgegenstehenden Willens, der im
Kleingedruckten verborgen ist, ist sonach Grundlage der
Erfüllungsverpflichtung nicht der autonome Wille des Unternehmers,
sondern die Bestrafung für unlautere Werbung (vgl. Fetsch a. a. O.
S. 937).
Mangels eines vertraglichen Anspruchs der Klägerin muss damit
auch eine Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO/13 Abs. 1 Nr.
3 EuGVÓ ausscheiden, denn die Bestimmungen setzen wiederum voraus,
dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand
des Verfahrens bilden.
2)
Zuzuordnen ist nach Ansicht des Senats die Gewinnmitteilung als
unlautere, wettbewerbsrechtlich unzulässige und mithin
deliktsähnliche Maßnahme der Vertragsanbahnung vielmehr dem
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO
bzw. EuGVÓ (ebenso OLG Frankfurt a. a. O.; LG Freiburg a. a. O.;
hilfsweise OLG Dresden a. a. O.; Fetsch a. a. O.; ablehnend OLG
Nürnberg a. a. O. S. 3639). Nach diesen Bestimmungen ist das
Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis
eingetreten ist oder einzutreten droht (letztere Alternative
eingefügt als einzige Ànderung der Neufassung), wenn eine
unerlaubte Handlungen oder eine Handlung, die einer unerlaubten
Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen
Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.
Bei der streitigen Gewinnmitteilung handelt es sich um einen als
unerlaubte Handlung einzustufenden Wettbewerbsverstoß (vgl. BGH MDR
1988, 643 = NJW 1988, 1466; OLG München NJW-RR 1994, 190), der bei
der gebotenen autonomen Auslegung unter Nr. 3 des Art. 5 fällt. Der
Adressat soll den Eindruck gewinnen, er sei persönlich aus einer
größeren Anzahl von Interessenten als Gewinner einer großen
Geldsumme ausgewählt worden, verbunden mit der Absicht, dieser
werde unter dem Eindruck dieser Mitteilung problemlos die
gleichzeitig mit angebotene Ware bestellen. Mit einem solchen
Vorgehen verschafft sich ein Unternehmer im Kampf um Kunden
gegenüber jedem Mitbewerber eine bessere Position, auch wenn die
Zusage des Gewinns nicht von einer Bestellung abhängig gemacht
wird. Unzweifelhaft unterliegen indes Streitigkeiten aus
Wettbewerbsverstößen dem deliktischen Gerichtsstand des Art 5 Nr. 3
EuGVVO/EuGVÓ (zuletzt EuGH NJW 2002, 3617), soweit entsprechende
Klagen - wie hier - nicht zugleich an einen Vertrag bzw. eine
freiwillig eingegangene Verpflichtung des Unternehmers im Sinne von
Art. 5 Nr. 1 a EuGVVO/5 Nr. 1 EuGVÓ anknüpfen. Im übrigen wird mit
der vorliegenden Klage - wie nach der Rechtsprechung des EuGH
erforderlich (EuGH NJW 2002, 2697, 3159 und 3617) auch eine
Schadenshaftung der Beklagten geltendgemacht. Der Schaden ist in
dem enttäuschten Vertrauen in den bei der Klägerin zurechenbar
geweckten Anschein einer Vermögensmehrung zu sehen, ohne dass es
dabei einer besonderen Vertrauensdisposition bedürfte (Lorenz a. a.
O. S. 195).
Schließlich versteht der EuGH in ständiger Rechtsprechung unter
dem "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" nicht
nur den Handlungs- sondern auch den Erfolgsort (zuletzt näher
hierzu im Urteil vom 1.10.2002, NJW 2002, 3617). Der Erfolg ist mit
dem Empfang der Gewinnzusage und damit am Wohnort der Klägerin
eingetreten.
Im übrigen hat der EuGH zwar nunmehr entschieden, dass bei einer
Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten aus
Verschulden bei Vertragsschluss (c. i. c.) geltendgemacht wird,
eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten
Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen
Handlung den Gegenstand des Verfahrens im Sinne der vorgenannten
Bestimmung bilden (NJW 2002, 3159). Für einen Anspruch aus
Verschulden bei Vertragsschluss spräche im Streitfall, dass die
Klägerin bereits Kundin der Beklagten war, die Gewinnmitteilung mit
einem Angebot zur Bestellung von Waren verbunden worden ist, und
das wettbewerbswidrige Verhalten einen Verstoß gegen
Rechtsvorschriften ergibt, "namentlich gegen diejenige, wonach die
Parteien bei Vertragsverhandlungen nach Treu und Glauben handeln
müssen" (EuGH NJW 2000, 3160). Letztlich kann indes die Frage, ob
die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Verschulden bei
Vertragsschluss vorliegen, dahingestellt bleiben, da wegen des
wettbewerbsrechtlichen Einschlags ohnehin eine Zuständigkeit
deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVÓ begründet
ist.
II.
In der Sache hat das Amtsgericht mit Recht die Voraussetzungen
des § 661 a BGB als erfüllt angesehen.
1)
Die aus der Gewinnzusage entstandenen Rechtsbeziehungen zwischen
den Parteien beurteilen sich nach deutschen Sachnormen, ohne dass
es einer Feststellung dazu bedarf, ob die Beklagte, welche auf dem
Umschlag für die Rückantwort eine Postfachadresse in Süddeutschland
angegeben hat, sie von den Niederlanden oder Deutschland aus
verschickt hat. Auch kann es in rechtlicher Hinsicht offen bleiben,
ob daraus, dass die Gewinnzusage am Wohnort der Klägerin
eingegangen ist, dort auch der für einen Anspruch aus unerlaubter
Handlung grundsätzlich maßgebliche Handlungsort i. S. d. Art. 40
Abs. 1 S. 1 EGBGB liegt (so LG Freiburg a. a. O.; a. A. - wohl mit
Recht - Fetsch a. a. O.). Da - wie ausgeführt - jedenfalls der
Erfolg der unerlaubten Handlung der Beklagten am Wohnort der
Klägerin eingetreten ist, stand ihr das Wahlrecht des Art. 40 Abs.
1 S. 2 EGBGB zur Verfügung. Sie konnte also verlangen, dass das
Recht des Erfolgsortes, also deutsches Recht angewandt wird. Von
diesem Wahlrecht hat sie Gebrauch gemacht, indem sie die Klage auf
§ 661 a BGB gestützt hat. Ob wegen des wettbewerbsrechtlichen
Charakters des Anspruchs aus § 661 a BGB auch die Voraussetzungen
des § 41 Abs. 1 EGBGB für eine Anwendung deutscher Sachnormen
erfüllt sind (so Fetsch a. a. O.), kann deshalb offen bleiben.
2)
Die Mitteilung der Klägerin stellt eine Gewinnzusage i. S. d. §
661 a BGB dar. Die Parteien unterfallen dem persönlichen
Anwendungsbereich dieser Norm. Die Beklagte ist Unternehmerin im
Sinne von § 14 BGB und die Klägerin Verbraucherin gemäß § 13 BGB.
Auch unterliegt es von der Gesamtgestaltung des "Offiziellen
Ziehungs-Nachweises" her keinen Zweifeln, dass durch die Mitteilung
bei dem Verbraucher den Eindruck erweckt wird, dieser habe
gewonnen. Dies hat die gesetzliche Folge, dass die Beklagte zur
Zahlung des Preises von 4.200,00 DM verpflichtet ist, und zwar
unabhängig von einer Bestellung (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61.
Auflage, § 661 a Rdn. 2). Verdeckte Hinweise "Regeln" vermögen die
abstrakte Eignung der Mitteilung, den Eindruck eines bereits
gewonnenen Preises zu erwecken, in keiner Weise zu mildern (vgl.
OLG Dresden a. a. O.). Im übrigen enthält die Vorderseite der
Gewinnmitteilung keinen Hinweis auf die Einbeziehung der auf der
Rückseite aufgedruckten und als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu
wertenden "Regeln", so dass sie schon nicht Bestandteil der
Gewinnzusage sind. Darüber hinaus könnten die Regeln, die zudem
nicht deutlich erkennen lassen, ob das "Bestimmungsrecht" der
Beklagten zur Höhe des Preises sich auf die Zeit vor oder nach
Zugang der Gewinnmitteilung bezieht, also inhaltlich unklar sind,
eine - wie auch immer geartete - Reduzierung des Gewinnbetrags
nicht rechtfertigen, weil sie im Widerspruch zu dem auf der
Vorderseite klar und bestimmt zugesagten Gewinnbetrag stehen und
als AGB bei Widersprüchen kundenfreundlich auszulegen ist, um
hierdurch dem nach § 661a BGB intendierten Verbraucherschutz
Geltung zu verschaffen (vgl. OLG Koblenz MDR 2002, 1359).
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage
der internationalen Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte
für Ansprüche gemäß § 661a BGB aus ausländischen Gewinnmitteilungen
und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen der
hierzu ergangenen unterschiedlichen Entscheidungen von
Obergerichten gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
OLG Köln:
Urteil v. 16.12.2002
Az: 16 U 54/02
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