Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 199/03
(BPatG: Beschluss v. 20.12.2005, Az.: 32 W (pat) 199/03)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patentund Markenamts -Markenstelle für Klasse 41 -vom 13. Februar 2003 und vom 9. April 2003 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren und Dienstleistungen
"Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Papier, Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; E-Commerce-Dienstleistungen, nämlich Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Handelsgeschäften über Onlineshops; Werbung einschließlich Rundfunkwerbung sowie Printund Internetwerbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Marketing, auch für Dritte in digitalen Netzen (Werbevertising), Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Durchführung von Werbeveranstaltungen; Geschäftsführung für andere, Unternehmensverwaltung; Dienstleistungen einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Durchführung von sportlichen Live-Events und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Konfiguration von Computer-
Netzwerken durch Software"
versagt worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 23. Oktober 2002 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 angemeldete Wortmarke GourmetTräumeist von der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts nach vorangegangenem Beanstandungsbescheid in einem ersten Beschluss vom 13. Februar 2003 teilweise, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen
"Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets; mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art sowie Tonund Bildaufzeichnungsträger, insbesondere Disketten, CD-ROMs, DVDs, Chip-Karten, Magnet-Karten, Video-Kassetten, Compact-Disks und Video-Disks; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen und Datenbanken; elektronische Publikationen (herunterladbar); Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, insbesondere auch als elektronische Publikationen; Poster, Aufkleber, Kalender, Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Papier, Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten; E-Commerce-Dienstleistungen, nämlich Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Handelsgeschäften über Onlineshops; Werbung einschließlich Rundfunkwerbung sowie Printund Internetwerbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Marketing, auch für Dritte in digitalen Netzen (Werbevertising), Marktforschung und -analyse; Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Verkaufsförderung; Öffentlichkeitsarbeit; Durchführung von Werbeveranstaltungen; Geschäftsführung für andere, Unternehmensverwaltung; Dienstleistungen einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Telekommunikation; Übermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze; Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Online-Dienste, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; E-Mail-Datendienste (= elektronischer Postversand); Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen im Internet, jeweils soweit in Klasse 38 enthalten; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, sowie von Lehrund Informationsmaterial, jeweils einschließlich gespeicherter Tonund Bildinformation und auch in elektronischer Form; Produktion von Tonund Bildaufzeichnungen auf Tonund Bildträger; Vorführung und Vermietung von Tonund Bildaufzeichnungen; Produktion von Rundfunksendungen, Zusammenstellen von Rundfunkprogrammen; Dienstleistungen einer Multimediaproduktion, nämlich Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audiound Videoinformation im Internet und anderen Medien; Unterhaltung, insbesondere Rundfunkunterhaltung; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen, sportlichen und werbemäßigen Live-Events, Schulungsveranstaltungen, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Erstellen von Dokumentationen im Rahmen einer redaktionellen Betreuung von Internetauftritten; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern, zur Verfügung stellen und Aktualisieren von Daten und sonstigen Informationen; Erstellen und Design von Programmen für die Datenverarbeitung (Computer-Software); Pflege und Aktualisierung von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Online-Updating-Service; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Erstellung, Design und Einrichtung von Internetpräsentationen; Konzeption, Wartung und Pflege von Internet-Inhalten"
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Dem Beschluss waren Ausdrucke von Internetseiten beigefügt, die u.a. eine Verwendung der Begriffe "Gourmet-Essen, Gourumet-Restaurants, Gourmetgeschäft, Gourmet-Wochenende, Gourmet-Seiten, Gourmetguide" und "Gourmetträume" belegen.
Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss vom 9. April 2003 zurückgewiesen worden. Die Marke erschöpfe sich in der Beschreibung von Art, Bestimmung, Inhalt und Gegenstand der Waren und Dienstleistungen und weise keine darüber hinausgehende individualisierende Eigenart auf. "GourmetTräume" bezeichne in seiner Gesamtheit "Traumhaftes für Gourmets". Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen beschreibe "GourmetTräume" in seiner Gesamtheit lediglich, dass sich diese inhaltlich mit traumhaften Dingen für Gourmets beschäftigen. Sämtliche Waren und Dienstleistungen könnten sich auch inhaltlich mit einem bestimmten Thema befassen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, die Marke sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Die Unterscheidungskraft von "GourmetTräume" ergebe sich aus der Mehrdeutigkeit dieses Begriffs -hierzu verweist die Anmelderin u. a. auf eine Entscheidung des EuG vom 31. Januar 2001 -DOUBLEMINT -und aus der grammatikalischen Besonderheit, dass das Wort zusammen und Träume großgeschrieben sei. Dritte seien durch die Vorschrift des § 23 Abs. 2 MarkenG ausreichend geschützt. Schließlich verweist die Anmelderin auf die Eintragung ihrer Auffassung nach vergleichbarer Marken wie "WohnenTräume, FrühlingsTräume, Sommer-Träume, HerbstTräume, WinterTräume, gourmet express" für die hier in Rede stehenden Warenund Dienstleistungsklassen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen begründet; im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.
1. Für die nicht im Tenor genannten beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen fehlt der als Marke angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss -seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz -eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 -Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 -Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke (die aus einem oder mehreren Wörtern besteht) ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr -etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung -stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 -Cityservice).
Bei "GourmetTräume" steht in Bezug auf die weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen für die angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise ein beschreibender Begriffsinhalt im Vordergrund des Verständnisses. Diese werden "GormetTräume" in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinngehalt verstehen, nämlich, dass sich die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen inhaltlich mit traumhaften Dingen für Gourmets bzw. Feinschmecker beschäftigen. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Bezeichnung "GourmetTräume" vage ist und dem Verbraucher wenig Anhalt dafür bietet, welche konkreten Inhalte vermittelt werden. Eine derartige begriffliche Unbestimmtheit steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2000, 882 -Bücher für eine bessere Welt).
Die Anmelderin kann sich insoweit auch nicht etwa auf die von ihr in diesem Zusammenhang erwähnte Entscheidung des EuG vom 31. Januar 2001 -DOUBLEMINT -berufen. Diese Entscheidung wurde vom EuGH nämlich mit Urteil vom 23. Oktober 2003 aufgehoben, in dem der EuGH ausgeführt hat, ein Wortzeichen könne dann von der Eintragung ausgeschlossen sein, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichne (GRUR 2004, 146).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die angemeldete Bezeichnung nicht schutzfähig für Publikationsmittel aller Art -unabhängig davon, ob sie nun in gedruckter, elektronischer oder sonstiger Form in Erscheinung treten -, weil "GourmetTräume" hier naheliegenderweise inhaltsbezogen (im Sinne einer Behandlung von Themen, die einen Gourmet interessieren) verstanden wird; auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Gleichfalls nicht schutzfähig ist die Marke für sämtliche Dienstleistungen, die einen Bezug zu Publikationen aufweisen. Der produktbezogene Begriffsinhalt von "GourmetTräume" betrifft nicht nur das Druckerzeugnis, den Datenträger, die Software usw. als solche, sondern gleichermaßen auch die Dienstleistungen, mittels derer die Werke entstehen und verbreitet werden (vgl. BGH GRUR 2003, 342 -Winnetou; z.T. abweichend von GRUR 2001, 1042 -REICH UND SCHÖN).
Einen inhaltsbezogenen Hinweis enthält "GormetTräume" auch bezüglich der Lehrund Unterrichtsmittel sowie der Schulungsveranstaltungen, da der zu vermittelnde Lerninhalt (z.B. in von der Volkshochschule angebotenen Kochkursen) das Kochen für Feinschmecker sein kann. Auch bezüglich der weiterhin zu versagenden Dienstleistungen "Marktforschung und -analyse; Verkaufsförderung; Öffentlichkeitsarbeit; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen und werbemäßigen Live -Events, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen Veranstaltungen" kann dem Begriff "GourmetTräume" ein inhaltlicher Bezug entnommen werden.
Die Schreibweise von GourmetTräume ist entgegen der Auffassung der Anmelderin als solche nicht geeignet, ein Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft zu bewirken. Im Deutschen ist die Zusammenschreibung von Wörtern sprachüblich. Dass der zweite Wortbestandteil mit dem Großbuchstaben T beginnt, stellt ein in der Werbung gebräuchliches Mittel dar, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 -AntiVir/AntiVirus).
Die Anmelderin kann sich auch nicht darauf berufen, Dritte seien durch die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG ausreichend geschützt. Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist abschließend geklärt, dass die Freistellungstatbestände des § 23 MarkenG keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG haben, insbesondere eine restriktive Handhabung dieser Schutzhindernisse nicht rechtfertigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 775f (Nr. 25, 28) -Chiemsee; GRUR 2003, 604, 607 f (Nr. 57-59) -Libertel; GRUR 2004, 946, 947 (Nr. 32, 33) Nichols).
Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare deutsche Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z.B. BPatGE 32, 5 -CREATION CROSS); BGH BlPMZ 1998, 248 -Today).
Ob im Umfang der Versagung einer Registrierung auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
2. Eine andere Beurteilung ist aber für die in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen geboten. "Speicher für Datenverarbeitungsanlagen" weisen keine Verbindung zu traumhaften Dingen für Feinschmecker auf; es liegt fern, hierin eine Bestimmungsangabe zu sehen, etwa dahingehend, dass sich diese (nur oder vorrangig) zur Speicherung etwa von Daten spezieller Feinschmeckerrestaurants eigneten. Entsprechendes gilt für die Dienstleistung "Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software". Derartige technische Dienstleistungen haben im allgemeinen keinen inhaltlichen Bezug.
Waren aus Papier und Pappe, einschließlich Schilder und Modelle, richten sich regelmäßig nicht an eine spezielle Zielgruppe.
Bei den Dienstleistungen in Klasse 35, die sich auf Handelsgeschäfte und Werbung aller Art beziehen, ist -sofern sie als selbständige Dienstleistung für Dritte unter der angemeldeten Bezeichnung erbracht werden -ein inhaltsbezogenes Verständnis, etwa, dass nur Geschäfte mit Feinschmeckern angebahnt und getätigt würden oder die Werbemaßnahmen sich nur an diese richteten, jedenfalls nicht so naheliegend, um die Eignung, einen betrieblichen Herkunftshinweis zu geben, mit der gebotenen Sicherheit ausschließen zu können. Gleiches gilt bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 41 "Durchführung von sportlichen Live -Events und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten".
In Bezug auf die in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen stellt "GourmetTräume" auch keine unmissverständliche Merkmalsbezeichnungi.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.
Prof. Dr. Hacker Viereck Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 20.12.2005
Az: 32 W (pat) 199/03
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