Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Dezember 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 358/03
(BPatG: Beschluss v. 15.12.2004, Az.: 26 W (pat) 358/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren
"Rohtabak, verarbeiteter Tabak und Tabakprodukte, insbesondere Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Feinschnitttabak, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Raucherartikel, insbesondere Tabakdosen, Zigarettenetuis, Zigarettenspitzen, Aschenbecher (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, Zigarettenfilter, Pfeifen, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Feuerzeuge; Streichhölzer"
unter der Nummer 301 26 074 eingetragene Marke KRONOS ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 961 565 KRONE, die für die Waren "Zigaretten" eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 34 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Die Vergleichswaren seien identisch oder hochgradig ähnlich, was zu überdurchschnittlich strengen Anforderungen an den einzuhaltenden Zeichenabstand führe. Zugunsten der Widersprechenden gehe die Markenstelle von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Die von der Widersprechenden behauptete Bekanntheit der Widerspruchsmarke rechtfertige keine weitere Verschärfung des Prüfungsmaßstabes, weil die Benutzungslage insoweit weder amtsbekannt noch unstreitig sei und die Widersprechende den Umfang der Benutzung ihres Zeichens weder konkret dargelegt noch behauptet habe. Dem weithin bekannten Begriff KRONE stehe der den inländischen Verkehrskreisen eher weniger bekannte Begriff KRONOS gegenüber. Dieser stamme aus der griechischen Mythologie und bezeichne den Vater des Gottes Zeus. Bekannt sei das Wort in fremd- und deutschsprachigen Zusammensetzungen. Abgeleitet vom griechischen Wort "chronos" mit der Bedeutung "Zeit" kenne man Fremdworte wie Chronist, Chronologie, Chronometrie, Chronograph usw. Die für inländische Verbraucherkreise eher ungewöhnliche Endung der angegriffenen Marke und die allgemeine Vertrautheit mit dem Kenn- und Merkwort der Widerspruchsmarke schaffe in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht hinreichende Unterschiede, um ein Auseinanderhalten auch unter Berücksichtigung einer lauten Geräuschkulisse zu ermöglichen. Hinzu komme, daß es sich bei den Vergleichswörtern zwar nicht um Kurzwörter handle, dennoch seien sie relativ kurz und leicht merkbar. Damit wirkten sich die deutlichen figürlichen und klanglichen Abweichungen in den zweiten Silben nachhaltig auf den Gesamteindruck der Marken aus. Auch erhalte die jüngere Marke durch die Wiederholung des Buchstabens "O" ein vom Gegenzeichen wegführendes charakteristisches Gepräge. Die unterschiedlichen Sinngehalte trügen ebenfalls zur Unterscheidbarkeit bei Verwechslungsgefahren in andere Richtungen seien nicht ersichtlich.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. An den Markenabstand seien besonders strenge Anforderungen zu stellen, da die Anmeldemarke für identische und hochgradig ähnliche Waren eingetragen sei. Bei der Widerspruchsmarke handle es sich zudem um eine bekannte und kennzeichnungskräftige Marke. Zum Nachweis der Bekanntheit und langjährigen Benutzung füge sie eine eidesstattliche Versicherung zur Höhe des Umsatzes der Widerspruchsmarke bei. Damit komme ihr ein besonders weiter Schutzumfang zu. Die Vergleichsmarken seien sowohl klanglich als auch schriftbildlich hochgradig ähnlich. Sie wiesen die identische und regelmäßig betonte Vorsilbe "KRON-" auf und unterschieden sich lediglich in der Endung "-OS". Diese minimalen Unterschiede träten im Gesamteindruck vollkommen in den Hintergrund. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr komme es gerade auf die Wortanfänge an, die identisch seien. Unterschiede in den Endungen von Markenwörtern blieben weniger in Erinnerung und verhinderten deshalb regelmäßig keine Verwechslung. Zudem stimmten die Marken in dem phonetisch besonders prägenden Vokal "O" überein und bestünden übereinstimmend aus zwei Silben. Die besondere Bekanntheit und Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führe zur Erhöhung der Verwechslungsgefahr, der der Begriffsgehalt der Bezeichnung "KRONE" nicht entgegenwirke. Der Verkehr nehme eine Marke als Ganzes wahr ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen. Zwar sei dem deutschen Verbraucher das Wort "Krone" als solches bekannt. Im Zusammenhang mit den Waren der Widerspruchsmarke mache diese Bezeichnung jedoch keinen Sinn, so daß der Verbraucher nicht an eine Krone im herkömmlichen Sinn denken und sich erst gar nicht über den Sinngehalt der Widerspruchsmarke Gedanken machen werde.
Die Inhaberin der jüngeren Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Eine erhöhte Bekanntheit der Widerspruchsmarke werde bestritten. Zwar werde diese schon seit langer Zeit benutzt, sie habe aber im Jahr 2003 mit einem Marktanteil von 0,17% lediglich den 80. Platz belegt. Es gebe außer der Widersprechenden noch eine Reihe von Firmen, die das Wort "Krone" als Zeichen (oder Zeichenbestandteil) verwendeten. Dies werde durch die von der Widersprechenden selbst vorgelegte Markenliste belegt. Angesichts des geringen Marktanteils habe die Widerspruchsmarke nur eine geringe Kennzeichnungskraft, jedenfalls aber sei diese nicht überdurchschnittlich. Die Aussprache der jüngeren Marke sei kurz und prägnant und der Vokal "O" werde hier anders artikuliert als bei dem Wort "Krone". Vielmehr erinnere die jüngere Marke an Begriffe wie Chronologie usw. Dabei sei auf den verständigen, aufmerksamen und durchschnittlich informierten Verbraucher abzustellen, der die jüngere Marke kurz und hart aussprechen werde. Der Bedeutungsgehalt der Widerspruchsmarke sei jedem bekannt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, nicht die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon).
Hiervon ausgehend bedarf es angesichts der weitgehenden Identität und im übrigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zwar eines deutlichen Abstandes der Marken. Dieser wird von der angegriffenen Marke jedoch in jeder Richtung eingehalten. Dabei war der Widerspruchsmarke allenfalls eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen, da sie sich nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Inhaberin der jüngeren Marke mit einem Marktanteil von 0,17% lediglich auf dem 80. Platz bei einem Vergleich des Umsatzes der verschiedensten Zigarettensorten befindet. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden von einer gut eingeführten Marke mit entsprechend erweiterten Schutzumfang ausgehen wollte, würde dies am festgestellten Ergebnis nichts ändern.
Unter Berücksichtigung der danach mittleren bis eher strengen Anforderungen, die an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand zu stellen sind, besteht zwischen den beiderseitigen Marken ein ausreichender klanglicher Unterschied. Zwar kommt es für die Beurteilung des klanglichen Gesamteindrucks einer Marke weniger auf die einzelnen Laute als vielmehr auf die Silbenanzahl, die Silbengliederung und die Vokalfolge an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdnr 182). Dennoch reichen die Unterschiede in den Vokalfolgen und dem abweichenden Konsonanten "S" sowie der daraus regelmäßig folgenden unterschiedlichen Betonung für eine sichere Unterscheidung aus. Die Vergleichszeichen weisen denselben Wortanfang "KRON-" auf. Die jüngere Marke erhält jedoch durch die Endung "-OS" ein in der deutschen Sprache unübliches Klanggepräge, das meist zu einer kurzen und harten Aussprache der beiden Silben führt. Obwohl der Konsonant "S" am Wortende steht, wird er als Zischlaut nicht unbeachtet bleiben. Dies gilt um so mehr, als die Vergleichswörter jedenfalls nicht sehr lang sind und das Wortende gerade nach dem Vokal "O" genau artikuliert werden wird. Zudem wird auch die Wiederholung des Vokals "O" in der jüngeren Marke nicht unbeachtet bleiben. Dagegen fällt die Wirkung des unbetonten Vokals "E" in dem Wort "KRONE" klanglich ab, zumal es sich hierbei um eine in deutschen Wörtern oft vorkommende Endung handelt. Zusätzlich weist die Widerspruchsmarke einen klaren Begriffsgehalt auf, der einen etwa noch bestehenden Rest an klanglicher Verwechslungsgefahr entscheidungserheblich reduziert.
Der Umstand, dass eine Marke einen Begriffsgehalt besitzt, hat die Wirkung, dass bildliche oder klangliche Unterschiede vom Leser oder Hörer wesentlich schneller und besser erfasst werden, so dass es erst gar nicht zu Verwechslungen kommt (BGH GRUR 1959, 182, 185 - Quick; GRUR 2000, 605 comtes/ComTel). Eines Bezugs des betreffenden Begriffs zu den einschlägigen Waren bedarf es insoweit nicht (BGH GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL). Voraussetzung für eine Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt ist lediglich, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und keinen weitergehenden Denkvorgang erfordert. Dies jedoch ist bei dem jedermann geläufigen Wort "Krone" der Fall. Einen Begriffsgehalt weist auch die jüngere Marke auf. Allerdings wird dieser von den überwiegenden Verkehrskreisen vielleicht nicht in seiner Bedeutung als "Vater des Zeus" verstanden, wegen seiner klanglichen Nähe zu Begriffen wie Chronometer oder chronologisch aber ebenfalls oft mit einem Begriffsanklang belegt werden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sich die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander begegnen, reichen die klanglichen Unterschiede damit zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr aus.
Auch in schriftbildlicher Hinsicht besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr. Insoweit fallen neben den unterschiedlichen Wortlängen zunächst die Abweichungen in den jeweils zweiten Silben der Marken ins Auge. Dabei steht dem Vokal "E" die Buchstabenfolge "OS" gegenüber, die sich bei jeder zu berücksichtigen Schreibweise deutlich davon abhebt. Zwar wird eine handschriftliche Wiedergabe deren Bedeutung ohnehin im Abnehmen begriffen ist (vgl Ströbele/Hacker aaO Rn 211), unter Umständen gegen Wortende hin etwas "verschliffener" ausfallen, die Buchstabenfolge "OS" ist jedoch auch dann im Verhältnis zum Vokal "E" deutlich länger. Zudem sind die Vergleichswörter insgesamt nicht so lang, daß gegen Wortende hin mit einer unleserlichen Schreibweise gerechnet werden muß. Eine weitere, entscheidungserhebliche Reduzierung der Verwechslungsgefahr wird auch in schriftbildlicher Hinsicht aus den bereits dargelegten Gründen durch den leicht erfassbaren Sinngehalt der Widerspruchsmarke bewirkt, der in der jüngeren Marke keine Entsprechung aufweist.
Begriffliche Verwechslungen sind ebenfalls nicht zu befürchten. Während der Begriff "KRONE" ohne weiteres geläufig ist, wird das Wort "KRONOS" entweder als Phantasiebegriff aufgefasst oder in seiner Bedeutung als "Vater des Zeus" bzw seinem Begriffsanklang unter Hinweis auf die vorerwähnten Begriffe verstanden werden. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr in andere Richtungen, wie z.B. für eine Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Im übrigen führt eine bloße (und mehr oder weniger vage) Assoziation des einen Begriffs mit dem anderen noch nicht zu einer markenrechtlichen Verwechslung. Vielmehr müssen dafür weitere Umstände hinzutreten, die eine Übereinstimmung der betrieblichen Herkunft vermuten lassen. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Damit konnte die Beschwerde der Widersprechenden wegen fehlender Verwechslungsgefahr der Marken keinen Erfolg haben.
Besondere Gründe, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, sind nicht gegeben.
Albert Reker Eder Bb
BPatG:
Beschluss v. 15.12.2004
Az: 26 W (pat) 358/03
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