Verwaltungsgericht München:
Urteil vom 17. Dezember 2009
Aktenzeichen: M 10 K 09.1215

(VG München: Urteil v. 17.12.2009, Az.: M 10 K 09.1215)

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom € Dezember 2007 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts € vom € März 2009 werden insoweit aufgehoben, als darin ein höherer Beitrag als 1.536,21 Euro festgesetzt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Parteien haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung eines Herstellungsbeitrags für die Entwässerungseinrichtung des Beklagten.

Der Kläger war zusammen mit seiner Ehefrau in der Zeit vom 6. Juli 1998 bis zum 29. August 2002 als Eigentümer zu 1/2 eines Miteigentumsanteils von 500/1000 am Grundstück Fl.-Nr. 489/13 Gemarkung € im Grundbuch eingetragen.

Der Beklagte erhebt Beiträge für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten vom 28. November 2003 (BGS/EWS). Diese Satzung trat rückwirkend zum 1. Januar 2001 in Kraft.

Mit Bescheid vom € Dezember 2007 setzte der Beklagte für das Grundstück Fl.-Nr. 489/13 einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 3.214,90 Euro fest. Der Bescheid war an den Kläger und dessen Ehefrau adressiert. In Nr. 3 des Bescheids wurde ausgeführt, dass der Herstellungsbeitrag als Eigentümer, Miteigentümer oder Erbbauberechtigter geschuldet werde. Mehrere Beitragsschuldner würden als Gesamtschuldner haften. Für die Berechnung des Herstellungsbeitrags ging der Beklagte von einer Grundstücksfläche von 962 m² und einem hieraus zu berechnenden Beitrag in Höhe von 1.192,88 Euro aus. Für den Beitrag nach der Geschossfläche ging er von einer Geschossfläche von 581,88 m² und einem sich hieraus ergebenden Beitrag von 5.236,92 Euro aus. Der sich so errechnende Beitrag wurde entsprechend dem Miteigentumsanteil von 500/1000 halbiert.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2008, eingegangen bei dem Beklagten am 22. Januar 2001, erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom € Dezember 2007. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass die Doppelhaushälfte auf dem Grundstück im Jahr 1994 von einem Bauträger erbaut worden sei und von ihm und seiner Frau gekauft wurde. Im Jahr 2002 sei die Doppelhaushälfte an einen Dritten weiter- veräußert worden. Ein Anspruch müsse mittlerweile verjährt sein.

Mit Widerspruchsbescheid vom € März 2009 wies das Landratsamt € den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, dass die Straße, in der sich das streitgegenständliche Grundstück befinde, zwar bereits im Jahr 1965 von der damalig zuständigen Gemeinde € kanalisiert worden sei. Es sei jedoch weder für das unbebaute Grundstück noch nach der Bebauung mit einem Doppelhaus im Jahr 1994 eine Veranlagung zum Kanalbeitrag erfolgt. Da die ursprüngliche Gebührensatzung des Beklagten vom 20. Juli 2000 nichtig gewesen sei, habe diese keine Rechtswirkungen entfalten können. Die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist habe deshalb erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2003 zu laufen begonnen. Sie habe somit frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2007 geendet.

Mit einem am 24. März 2009 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 23. März 2009 erhob der Kläger Klage gegen den Beklagten. Er beantragt wörtlich:

€1. Der Beklagte nimmt den Gebührenbescheid vom € Dezember 2007 zurück. Festgesetzt wurde fälschlicherweise vom Beklagten ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 3.214,90 Euro für das Grundstück mit der Fl.-Nr. 489/15, Gemarkung €, in der €straße 2a, €. Von diesem Betrag entfallen gemäß ½ Ehegatten-Miteigentumsanteil 1.607,45 Euro auf mich, der andere Teil auf meine getrennt von mir lebende Frau.

2. Der Beklagte erstattet dem Kläger die Gebühr des Widerspruchsbescheids des Landratsamts € vom € März 2009 in Höhe von 203,45 Euro.

3. Der Beklagte erstattet dem Kläger die Gerichtskosten.

4. Der Beklagte erstattet dem Kläger Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über den Basiszinssatz ab geleisteter Zahlung des Klägers für die oben genannten Beträge.€

Zur Begründung führte der Kläger aus, dass Beitragsschuldner der Erwerber des Doppelhauses sei. Der Eigentumsübergang sei am € August 2002 im Grundbuch vollzogen worden. Eine rückwirkende Anwendung der Satzung des Beklagten auf den 1. Januar 2001 sei eine Rechtsverletzung und würde dem Grundgesetz widersprechen. Sofern durch rückwirkenden Akt in ein bereits beendetes Rechtsverhältnis eingegriffen werde, sei dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verboten. Hier würde die rückwirkende Anwendung der Satzung die bereits notariell beurkundete Übertragung des Eigentums beeinflussen. Dies dürfe nicht geschehen.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2009 beantragt der Bevollmächtigte des Beklagten:

Die Klage wird abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2009 beantragt der Kläger, dass die Vertretung des Beklagten durch den Bevollmächtigten desselben zu untersagen sei. Die Klage basiere auf einer rechtlichen Beurteilung des Kanzleikollegen des Bevollmächtigten des Beklagten, Herrn Dr. €. Deshalb dürfe die Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers nicht tätig werden.

Zur weiteren Begründung führte der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2009 aus, dass das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2006 im Normenkontrollverfahren gegen die Satzung des Beklagten keine Aussage zur rückwirkenden Anwendung dieser Satzung treffe. Ein rückwirkender Erlass von Satzungen sei nur möglich, wenn der Bürger zu dem Zeitpunkt, auf den die Satzung rückwirken soll, mit der Erhebung einer Abgabe habe rechnen müssen. Da es vor der BGS/EWS vom 28. November 2003 keine Beitragssatzung gegeben habe, sondern nur eine Gebührensatzung vom 20. Juli 2000, seien keine Beitragsbescheide, sondern nur Gebührenbescheide erlassen worden. Somit hätten auch frühere Beitragsbescheide nicht geheilt werden können. Nachdem die Beitragssatzung vom 28. November 2003 die erste Beitragssatzung des Beklagten gewesen sei, habe keine Verpflichtung oder eine rechtliche Zulässigkeit bestanden, die Beitragssatzung rückwirkend zu erlassen. Darüber hinaus sei die Version der Satzung, die im Internet ersichtlich sei, widersprüchlich, insbesondere die Nummerierung nicht fortlaufend. Der Kläger habe darauf vertrauen können, dass keine Herstellungsbeiträge erhoben werden würden. Vielmehr sei die Erhebung dieses Beitrags völlig überraschend gekommen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2009 trug der Kläger des Weiteren vor, dass der Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die frühere Gemeinde € für das streitgegenständliche Grundstück nie einen Kanalbeitrag erhoben habe. Vielmehr sei im Jahr 1967 von der Familie € als Eigentümerin des Grundstücks Fl.-Nr. 489/16 ein Herstellungsbeitrag für die gesamte Grundstücksfläche von 1.918 m² erhoben worden. Von diesem Grundstück sei später die Fl.-Nr. 489/13, das streitgegenständliche Grundstück, abgeteilt worden. Nach der Übergangsregelung der Beklagten vom 14. Dezember 2005 würde demnach kein Beitrag für die Grundstücksfläche erhoben werden dürfen.

Mit Schriftsatz vom 15. November 2009 führte der Kläger ergänzend aus, dass im Verfahren M 10 K 09.835 mittlerweile widerlegt worden sei, dass für die Fl.-Nr. 489/13 keine Herstellungsbeiträge erhoben worden seien. In den Hausakten des Bauamts € sei ein Eintrag zur Berechnung des Herstellungsbeitrags des Neubaus Fl.-Nr. 419/13 (richtig wohl 489/13) vom 10. Mai 1995 vorgefunden worden. Dieser lasse darauf schließen, dass ein Herstellungsbeitrag auf dem Wege der elek-tronischen Erstellung und Archivierung erlassen worden sei. Dieser sei an die € GmbH gerichtet gewesen. Sofern bisher eine Kopie des Herstellungsbeitragsbescheids nicht gefunden worden sei, könne nicht darauf geschlossen werden, dass ein solcher nicht erhoben worden wäre. Der Beklagte müsse mit einem Bescheid aus dem Jahr 1995 den Nachweis erbringen können, dass kein Herstellungsbeitrag erhoben worden sei.

Mit Schriftsatz vom 16. November 2009 trug der Bevollmächtigte des Beklagten zur Klageerwiderung vor, dass der Bescheid vom € Dezember 2007 rechtmäßig sei. Er beruhe auf der BGS/EWS des Beklagten vom 28. November 2003, die durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollverfahren Az. 23 N 05.3090 mit Urteil vom 29. Juni 2009 (richtig wohl 2006) bestätigt worden sei. Auch die in § 17 enthaltene Regelung über das rückwirkende Inkrafttreten der Satzung sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet worden. Es würden auch keine Bedenken gegen das rückwirkende Inkrafttreten der Satzung bestehen, da die Vorgängersatzung vom 20. Juli 2000 nichtig gewesen sei und eine reine Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwands vorgesehen habe. Entscheidend sei, dass zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der BGS/EWS 2003 eine Abgabensatzung existiert habe und daher ein Vertrauen darauf, dass zur Refinanzierung der Herstellungskosten für die Anlage keine Abgaben - seien es Gebühren oder Beiträge - gezahlt werden müssten, nicht schutzwürdig gewesen sei. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Übergangsregelung berufen. Zwar sei mit Bescheid vom € Oktober 1967 das bebaute Grundstück Fl.-Nr. 489/16 veranlagt worden. In die Abrechnung der Grundstücksfläche sei auch Fl.-Nr. 489/13 eingezogen worden. Das klägerische Grundstück sei jedoch nicht Gegenstand der damaligen Abrechnung gewesen.

Mit Schriftsatz vom 04.12.2009 ergänzte der Bevollmächtigte des Beklagten, dass ein Beitragsbescheid der Gemeinde € für das streitgegenständliche Grundstück weder bei der Kasse noch in den Hausakten der Gemeinde aufzufinden sei.

In der mündlichen Verhandlung erklärte Herr Rechtsanwalt Dr. €, dass er seinen Kanzleikollegen € befragt habe, ob er Frau € in dieser Angelegenheit beraten habe. Dies habe Herr € verneint. Er habe in der gesamten Angelegenheit nie eine Partei förmlich beraten.

Auch der Kläger erklärte, dass er Herrn Rechtsanwalt € nicht mandatiert habe. Dieser sei nur informell als Bekannter um Auskunft gebeten worden.

Die Vertreter des Beklagten erklärten, dass unstreitig der Bescheid vom € Oktober 1967 dem Grundsatz nach eine Beitragserhebung im Sinne der Übergangsregelung darstelle. Nach Auffassung des Beklagten wirke sich dies jedoch nur hinsichtlich der Grundstücksfläche des streitgegenständlichen Grundstücks aus.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom € Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom € März 2009 aufzuheben.

Der Vertreter des Beklagten wiederholt den Antrag auf Klageabweisung.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten, die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2009 und die Akten in dem Parallelverfahren M 10 K 09.835 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig (1.). Sie ist nur insoweit begründet, als der streitgegenständliche Bescheid einen höheren Beitrag als 1.536,21 Euro festsetzt (2.). Die streitgegenständliche Beitragserhebung beruht auf der wirksamen Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten vom 28. November 2003 (2.1). Die streitgegenständliche Beitragserhebung ist rechtmäßig, soweit sie sich auf einen Betrag von 1.536,21 Euro bezieht (2.2). Der Bescheid vom € Dezember 2007 ist formell rechtmäßig (2.2.1). Der Kläger ist Beitragspflichtiger im Sinne der BGS/EWS (2.2.2) und die Beitragsschuld ist nicht verjährt (2.2.3). Die privat-rechtlichen Vereinbarungen des Klägers mit dem Veräußerer des Grundstücks haben keinen Einfluss auf die Beitragserhebung (2.2.4). Wegen der Übergangsregelung des Beklagten vom 14. Dezember 2005 ist der Beitrag für die Grundstücksfläche und die fiktive Geschossfläche jedoch bereits durch eine frühere Beitragserhebung abgegolten. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.2.5).

1. Die Klage ist zulässig.

Die Versäumung der Widerspruchsfrist gemäß § 70 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unschädlich, da diese durch die Sachentscheidung im Widerspruchsbescheid vom € März 2009 geheilt wurde.

Der Bescheid des Beklagten vom € Dezember 2007 wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 18. Dezember 2007 zugestellt. Die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO wäre deshalb am 18. Januar 2008 abgelaufen. Der Widerspruch des Klägers ist ausweislich des Posteingangsstempels des Beklagten jedoch erst am 22. Januar 2008 bei dem Beklagten eingegangen (vgl. Bl. 7 der Widerspruchsakte). Die Versäumung der Widerspruchsfrist wurde jedoch durch die Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde mit dem Widerspruchsbescheid vom € März 2009 geheilt (herrschende Meinung, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 70 RdNr. 9 m.w.N.).

Der Beklagte konnte auch durch Herrn Rechtsanwalt Dr. € vertreten werden (§ 67 Abs. 2 VwGO). Die vom Kläger gewünschte Zurückweisung des Vertreters des Beklagten kommt nicht in Betracht. Der vom Kläger angedeutete Verstoß gegen § 43 a Abs. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bzw. § 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) ist schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar. Nach § 43 a BRAO darf ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten. Er darf nach § 3 Abs. 1 BORA nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich befasst war. Ein derartiger Fall liegt nach dem Vortrag des Klägers hier nicht vor. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2009 ausdrücklich erklärt, dass Herr Rechtsanwalt €, der in der Sozietät des Vertreters des Beklagten tätig ist, nicht mandatiert worden sei. Dieser habe ihm selbst auch keine Auskünfte erteilt. Lediglich über eine gemeinsame Bekannte habe der Kläger von dessen Rechtsmeinung erfahren. Dieser Sachverhalt lässt keinerlei Verbindung zu einer Pflichtverletzung im Sinne von § 43 a BRAO oder § 3 BORA erkennen. Beide Vorschriften sprechen ausdrücklich von derVertretungwiderstreitender Interessen. Ausdrücklich wird in § 3 Abs. 1 BORA auf eineberuflicheBefassung mit der gleichen Sache hingewiesen. Abgesehen davon, dass das Verbot des § 43 a Abs. 4 BRAO sich dem Grunde nach nur auf den Einzelanwalt bezieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.7.2003, Az.: 1 BvR 238/01, zitiert nach Juris) scheidet ein Interessenskonflikt allein schon deshalb aus, da der Kollege des Vertreters des Beklagten nicht beruflich für den Kläger tätig wurde und keine Beratung des Klägers stattfand.

2. Die Klage ist nur insoweit begründet, als mit dem Bescheid des Beklagten vom € Dezember 2007 ein höherer Beitrag als 1.536,21 Euro festgesetzt wurde. Insoweit ist der Bescheid vom € Dezember 2007 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

2.1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Beitragserhebung ist die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten vom 28. November 2003. Die darauf folgenden Änderungssatzungen sind für die Festsetzung des streitgegenständlichen Beitrags nicht mehr relevant, da der Beitrag schon mit dem Inkrafttreten dieser Satzung entstanden ist.

Die BGS/EWS vom 28. November 2003 ist rechtmäßig. Dies wurde durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2006 (Az.: 23 N 05.309) und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 (Az.: 10 BN 5/06) ausdrücklich festgestellt. Die erkennende Kammer hat die Satzung ebenfalls bereits in der Vergangenheit für wirksam gehalten (vgl. z.B. Urt. v. 2.10.2008, Az.: M 10 K 07.4329). Hieran wird auch angesichts des Vortrags des Klägers im vorliegenden Verfahren festgehalten.

Soweit der Kläger glaubt, dass sich aus der im Internet verfügbaren Fassung der BGS/EWS bereits eine Unbestimmtheit der Vorschriften ableiten lässt, so geht diese Annahme fehl. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Satzung ist nicht der Text, der im Internet zur Information zur Verfügung gestellt wird, sondern die Fassung, die tatsächlich vom zuständigen Gremium beschlossen und bekannt gemacht wurde. Der von der Beklagten auch im vorliegenden Fall vorgelegte Satzungstext enthält nicht die vom Kläger gerügten Unstimmigkeiten bei der Nummerierung der §§. Eine Unbestimmtheit der Norm ist deshalb nicht zu erkennen.

Auch das rückwirkende Inkrafttreten der Satzung zum 1. Januar 2001 (§ 15 BGS/EWS) ist nicht zu beanstanden. Zwar ist der rückwirkende Erlass einer Abgabensatzung mit Rücksicht auf das Rechtsstaatsprinzip nur in sehr engen Grenzen zulässig (BVerwG, Urt. v. 26.2.2003, Az.: 9 CN 2.02). Entscheidend kommt es jedoch darauf an, ob der Rückwirkung im Einzelfall ein schutzwürdiges Vertrauen der Abgabepflichtigen entgegensteht. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die rückwirkende Satzung dazu dient, eine nichtige Satzung zu ersetzen und damit den dadurch entstandenen rechtsleeren Raum zu überbrücken (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht, Teil I Frage 17, Nr. 3.2, m.w.N.). Eine gültige Satzung, die die Überwälzung der Herstellungskosten auf die Nutzer der Abwasserentsorgungsanlage regelt, lag vor dem Erlass der BGS/EWS vom 28. November 2003 nicht vor. Vielmehr war die Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten vom 20. Juli 2000 nichtig (vgl. VG München, Urt. v. 6.12.2003, Az.: M 10 K 02.5957). Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht, das sowohl den Herstellungsaufwand als auch die tatsächliche Inanspruchnahme der Einrichtung über Gebühren abdeckte, muss ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls mit einem anderen Beitragsmaßstab und auch mit höheren Beitragssätzen herangezogen zu werden (BayVGH, Beschl. v. 16.5.2008, Az.: 20 ZB 08.903 m.w.N.). Denn das Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibt und nicht durch eine neue rückwirkende Satzung ersetzt wird, ist nicht schützenswert. Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem die Herstellungskosten für die Entwässerungsanlage zunächst über Gebühren finanziert werden sollten und nunmehr rückwirkend über Beiträge gedeckt werden. Die rückwirkende Satzung diente der Behebung des Fehlers in der Vorgängersatzung (vgl. hierzu BayVerfGH v. 12.1.2005, Az.: Vf.3-VII-03, zitiert nach Juris, RdNr. 255). Die Nichtigkeit der Satzung vom 20. Juli 2000 resultierte aus der mangelhaften Berücksichtigung des Herstellungsaufwandes beim Gebührenmaßstab. Es bestand deshalb Anlass und die Berechtigung des Beklagten, eine Satzungsregelung zu erlassen, die durch eine Trennung von Gebühren und Beiträgen eine dem Äquivalenzprinzip entsprechende Abgaberegelung trifft. Die Deckung des Herstellungsaufwandes bedurfte einer rückwirkenden Regelung, da die erhöhten Gebühren für Neuanschließer nach der Satzung vom 20. Juli 2000 nicht geltend gemacht worden waren (vgl. VG München, Urt. v. 2.10.2008, Az.: M 10 K 07.4329).

Der Beklagte war angesichts der mit der rückwirkenden Beitragserhebung auch im vorliegenden Fall verbundenen Härten nicht gezwungen, auf die Rückwirkung zu verzichten. Wäre die BGS/EWS vom 28. November 2003 erst im Zeitpunkt des Satzungserlasses in Kraft getreten, so hätte dies dazu geführt, dass nur derjenige Beitragsschuldner ist, der im Zeitpunkt des Satzungserlasses Eigentümer des beitragspflichtigen Grundstücks war. In diesem Fall wäre es zur Heranziehung eines Eigentümers gekommen, der möglicherweise nicht auch zu dem Zeitpunkt Eigentümer war, in dem der Beklagte die Entwässerungseinrichtung als neue Einrichtung selbst erstmals betrieben hat. Ohne Anordnung der Rückwirkung wäre dann möglicherweise dem späteren Eigentümer ein Beitrag auferlegt worden, obwohl die mit der Erschließung verbundene Wertsteigerung des Grundstücks zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten war. In diesem Fall hätte der in Anspruch genommene Eigentümer möglicherweise bereits einen höheren Kaufpreis für das erschlossene Grundstück bezahlt und würde nunmehr zusätzlich mit dem Beitrag für den Beklagten belastet werden. Um eine derartige Situation zu vermeiden, hat der Beklagte den Weg eines rückwirkenden Satzungserlasses gewählt. Damit behält er den Grundsatz bei, dass der Beitrag mit der Benutzbarkeit der Einrichtung in Form der Erschließung und der damit einhergehenden Werterhöhung des Grundstücks entsteht. Dies trägt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) Rechnung, der ausdrücklich vorsieht, dass die Erhebung der Beiträge von den Grundstückseigentümern erfolgen soll, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen einen besonderen Vorteil bietet. Der Vorteil der Erschlossenheit des Grundstücks durch die Entwässerungseinrichtung des Beklagten ist hier schon mit der Übernahme der Einrichtung durch den Beklagten am 1. Januar 2001 entstanden. Die Entstehung der Beitragspflicht ist deshalb folgerichtig an diesen Zeitpunkt zu knüpfen. Die Beitragspflicht kann nicht entfallen, weil der Kläger auf ein Satzungsrecht des Beklagten vertraute, das sich als nichtig erwiesen hat. Der dem Kläger nachfolgende Eigentümer des Grundstücks hätte einen noch geringeren Bezug zum Zeitpunkt der erstmaligen Benutzbarkeit der Anlage des Beklagten.

2.2. Die Beitragserhebung durch den Bescheid vom € Dezember 2007 ist nur insoweit rechtswidrig, als ein Beitrag von mehr als 1.536,21 Euro festgesetzt wurde.

2.2.1 Der Bescheid des Beklagten vom € Dezember 2007 ist hinreichend bestimmt (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 119 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)). Insbesondere wird aus dem Bescheid hinreichend deutlich, dass der Kläger und dessen Ehefrau als Gesamtschuldner für den gesamten festgesetzten Beitrag in Höhe von 3.214,90 Euro in Anspruch genommen werden sollen. In Nr. 3 des Bescheids wird ausdrücklich ausgeführt, dass der Herstellungsbeitrag als Eigentümer, Miteigentümer oder Erbbauberechtigter geschuldet werde. Mehrere Beitragsschuldner würden als Gesamtschuldner haften. Aus diesem Hinweis ergibt sich, dass bei mehreren Miteigentümern jeder Beitragsschuldner Gesamtschuldner ist. Des Weiteren wird in Nr. 2 des Bescheids deutlich gemacht, dass wegen des Wohnungseigentums gemäß Art. 5 Abs. 6 KAG nur die Hälfte des auf die gesamte Fl.Nr. 489/13 entfallenden Beitrags geschuldet wird. Aus dem Zusatz in Nr. 2 des Bescheids (€½ MEA je Ehegatte€) lässt sich nicht ableiten, dass aus dem nebenstehenden Betrag von 3.214,90 Euro für jeden Ehegatten nur die Hälfte festgesetzt sei. Durch die Erwähnung des halben Miteigentumsanteils je Ehegatten wird auf einen möglichen Ausgleich innerhalb des Gesamtschuldverhältnisses hingewiesen und verdeutlicht, dass insgesamt für beide Ehegatten ein Anteil von 500/1000 am Wohnungseigentum angenommen wurde. Es lässt sich daraus nicht ableiten, dass für jeden Miteigentümer nur die Hälfte des auf den Wohnungseigentumsanteil entfallenden Beitrags festgesetzt werden sollte. Dies folgt insbesondere auch daraus, dass in Nr. 1 des Bescheids ausdrücklich die Festsetzung der gesamten Beitragssumme erfolgt, während in Nr. 2 des Bescheids lediglich die Erläuterung der Veranlagung erfolgt.

2.2.2 Der streitgegenständliche Bescheid richtet sich an den Kläger als richtigen Beitragsschuldner.

Gemäß § 4 BGS/EWS ist Beitragsschuldner derjenige, der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks war. Die Beitragsschuld ist im vorliegenden Fall gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS mit Inkrafttreten der Satzung am 1. Januar 2001 entstanden. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Parteien bestand eine Erschließung des streitgegenständlichen Grundstücks mit einer Entwässerungseinrichtung bereits vor Inkrafttreten der BGS/EWS vom 28. November 2003. Damit entstand der Beitrag gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS mit Inkrafttreten der Satzung gemäß § 15 BGS/EWS am 1. Januar 2001. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer des Wohnungseigentumsanteils von 500/1000.

Die BGS/EWS vom 28. November 2003 führt zur erstmaligen Entstehung eines Herstellungsbeitrags zur Entwässerungseinrichtung gegenüber dem Beklagten. Der Beklagte kann grundsätzlich neue Beiträge für die Entwässerungseinrichtung erheben. Er ist nicht Rechtsnachfolger seiner Mitgliedsgemeinden und betreibt daher rechtlich gesehen eine andere, von den früheren Anlagen der Mitgliedsgemeinden zu unterscheidende Entwässerungseinrichtung (BayVGH, Urteil v. 25. Juni 2006, Az.: 23 N 05.3090). Diese kann er über Beiträge finanzieren. Daher kommt es für das Entstehen der Beitragsschuld gegenüber dem Zweckverband zunächst nicht auf eine Veranlagung durch die Vorgängergemeinde oder die Verjährung einer Beitragsschuld gegenüber der Vorgängergemeinde für deren rechtlich selbständige Anlage an (BayVGH, Urteil v. 25. Juni 2006, Az.: 23 N 05.3090).

2.2.3 Die Beitragsschuld war beim Erlass des Bescheides am € Dezember 2007 noch nicht verjährt.

Die Festsetzungsfrist begann im vorliegenden Fall gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b, cc, 2. Spiegelstrich KAG erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die BGS/EWS vom 28. November 2003 bekannt gemacht worden ist. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b, cc, 2. Spiegelstrich KAG bestimmt ausdrücklich, dass die Festsetzungsfrist im Fall der Ungültigkeit einer Satzung erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die neue gültige Satzung bekannt gemacht wurde. Im vorliegenden Fall war die Gebührensatzung des Beklagten vom 20. Juli 2000 nichtig (VG München, Urteil vom 06.11.2003, Az.: M 10 K 02.5957). Der Verschiebung des Verjährungsbeginns steht nicht entgegen, dass mit der Satzung vom 20. Juli 2000 keine Beitragserhebung stattfinden sollte, sondern eine gebührenfinanzierte Deckung des Herstellungsaufwands erfolgen sollte. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b, cc, 2. Spiegelstrich KAG beruht auf der Überlegung, dass eine Festsetzungsfrist nur dann zu laufen beginnen kann, wenn den Einrichtungsträgern die Festsetzung des Beitrags aus tatsächlichen (Art.13 Abs.1 Nr. 4 b, cc, 1. Spiegelstrich KAG) oder aus rechtlichen Gründen (Art. 13 Abs.1 Nr. 4 b, cc, 2. Spiegelstrich KAG) möglich ist. Dem Beitragsgläubiger soll damit die gesamte Festsetzungsfrist zur Verfügung stehen, um eine Beitragserhebung durchzuführen. Darüber hinaus soll vermieden werden, dass ein Beitrag verjährt, bevor gültiges Satzungsrecht bekannt gemacht wurde. Diese Überlegung gilt in gleicher Weise für die vorliegende Situation, in der der Beitragsaufwand durch eine Gebührensatzung gedeckt werden sollte. Auch in diesem Fall war dem Beklagten die Festsetzung des Beitrags nicht vor Bekanntgabe der BGS/EWS vom 28. November 2003 rechtlich und tatsächlich möglich. Dementsprechend durfte die Festsetzungsfrist auch erst mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnen, in dem die BGS/EWS vom 28. November 2003 bekannt gemacht worden ist. In gleicher Weise spielt es für den Beginn der Festsetzungsfrist keine Rolle, dass die Gemeinde als früherer Einrichtungsträger bereits Beiträge hätte erheben können. Der Beklagte ist nicht Rechtsnachfolger der Gemeinden und kann unabhängig von der Beitragserhebung durch diese Beiträge für eine neue Einrichtung erheben (vgl. BayVGH, Urteil vom 29.6.2006, a.a.O., RdNr. 25 ff.). Die Beitragspflicht gegenüber dem Beklagten konnte erst ab 1. Januar 2001 entstehen. Die Beitragserhebungsmöglichkeit der Gemeinden hat damit auf die Beitragserhebung durch den Beklagten keinen Einfluss.

Die Festsetzungsfrist begann damit mit Ablauf des 31. Dezember 2003 und endete gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b, bb KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO am 31. Dezember 2007. Die streitgegenständliche Beitragsfestsetzung erfolgte daher rechtzeitig vor Eintritt der Festsetzungsverjährung.

2.2.4 Die von dem Kläger mit dem Veräußerer des Anwesens getroffenen Vereinbarungen über Beiträge haben keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung.

Ein Beleg dafür, dass die Gemeinde € bereits im Rahmen des Hausbaus Beitragsbescheide erlassen hatte, konnte sich nicht finden. In den Akten des Beklagten findet sich ein Berechnungsansatz für den Beitrag (Bl. 10 bis 12 der Behördenakten), aber keine Beitragsfestsetzung. Dies spricht dafür, dass eine solche Beitragsfestsetzung nicht erfolgt ist. Davon geht auch die Gemeinde € aus (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten vom 04.12.2009). Einen hiervon abweichenden Geschehensablauf hat der Kläger nicht glaubhaft machen können.

Wenn der Kläger für den Erschließungsaufwand eine Summe an den Veräußerer gezahlt hat, ist dies im Verhältnis zur Gemeinde € und dem Beklagten irrelevant. Der notarielle Kaufvertrag führt als solcher nicht zu einer Abgeltung der Beiträge. Die privatrechtliche Vereinbarung zu Erschließungskosten bindet nur die Vertragspartner im Innenverhältnis. Auf das öffentlich-rechtliche Beitragsschuldverhältnis hat die privatrechtliche Vereinbarung keinen Einfluss (vgl. VG München, Beschluss. v. 14.11.2007, Az.: M 10 E 07.3690). Der Vertrag kann allein zwischen dem Kläger und dem Veräußerer zu Zahlungsansprüchen oder im Fall seiner Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen, nicht aber zulasten der Gemeinde wirken.

2.2.5 Die streitgegenständliche Beitragsfestsetzung widerspricht indes der Übergangsregelung des Beklagten vom 14. Dezember 2005.

Durch die Übergangsregelung vom 14. Dezember 2005 sind der Grundflächenbeitrag und der Beitrag für die fiktive Geschoßfläche in Höhe von insgesamt 1.678,69 Euro abgegolten.

In der Übergangsregelung des Beklagten vom 14. Dezember 2005 heißt es:

€Für bebaute Grundstücke, für die bereits ein Beitrag nach den bisherigen Abgaberegelungen der Mitgliedsgemeinden €, €, €, €, €, €, € und € erhoben wurden, sind die Beiträge für die Grundstücksflächen und die bestehenden Geschossflächen abgegolten.

Für unbebaute Grundstücke, für die bereits ein Beitrag nach den bisherigen Abgaberegelungen der Mitgliedsgemeinden €, €, €, €, €, €, € und € erhoben wurden, sind die Beiträge für die Grundstücksflächen und die fiktiven Geschoßflächen abgegolten.

Sofern von den Mitgliedsgemeinden €, €, €, €, €, €, € und € nach den bisherigen Abgaberegelungen Beiträge nur teilweise erhoben wurden, sind diese auch nur entsprechend abgegolten.€

Mit Beitragsbescheid vom € Oktober 1967 wurde das klägerische Grundstück anhand der Entwässerungssatzung der Gemeinde € vom 15. Dezember 1964 veranlagt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Bescheid, welcher keine Flurnummer trägt, neben dem Grundstück Fl.Nr. 489/16 auch auf das klagegegenständliche Grundstück Fl.Nr. 489/13 bezieht. Damit wurde für ein unbebautes Grundstück im Sinne des Abs. 2 der Übergangsregelung vom 14. Dezember 2005 ein Beitrag nach einer bisherigen Abgaberegelung erhoben. Zwar entsprach die damalige Veranlagung nicht den Vorgaben des § 34 der Entwässerungssatzung der Gemeinde € von 1964 (EWS €). Nach § 34 Nr. 1 e EWS € hätte für das eigenständige Buchgrundstück Fl.-Nr. 489/13 ein Beitrag in Höhe von 600,-- Euro festgesetzt werden müssen. Tatsächlich wurde die Grundstücksfläche fälschlicherweise als Teil des Grundstücks Fl.Nr. 489/16 mit veranlagt.

Gleichwohl wurde damit für das streitgegenständliche Grundstück ein Beitrag im Sinne von Abs. 2 der Übergangsregelung erhoben mit der Folge, dass die Beiträge für die Grundstücksfläche und die fiktive Geschoßfläche abgegolten sind.

Dem steht Abs. 3 der Übergangsregelung nicht entgegen. Danach sind für den Fall, dass nach bisherigen Abgaberegelungen Beiträge nur teilweise erhoben wurden, diese auch nur teilweise abgegolten. Es liegt jedoch keine teilweise Erhebung im Sinne dieser Regelung, sondern eine vollständige Beitragserhebung vor.

Das Wort €teilweise€ in der Übergangsregelung ist so auszulegen, dass es sich auf veranlagte Flächen bezieht. Dies folgt schon aus dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung. Diese dient dem Vertrauensschutz der Beitragsschuldner. Sie sollen sich darauf verlassen können, dass bereits erfasste Lebenssachverhalte nicht Gegenstand erneuter Veranlagungen seien können. Geht aus einem Altbescheid hervor, dass das Grundstück in seiner Gesamtheit erfasst werden sollte, so müssen die Beitragsschuldner nicht mit einer weiteren Veranlagung rechnen. Diese Auslegung der Übergangsregelung ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich. Dem Beitragsschuldner kann es nicht zugemutet werden, anhand von vor mehreren Jahrzehnten gültigem und auch nicht den heutigen Prinzipien des KAG entsprechendem Satzungsrecht nachzuvollziehen, ob der Beitrag auch der Höhe nach richtig erhoben wurde. Dies stößt nicht nur auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Rechtsstandes, sondern würde vor allem auch teilweise unlösbare Probleme bei der Feststellung der damaligen tatsächlichen Verhältnisse bereiten. Vor diese Schwierigkeiten würde auch der Beklagte gestellt, sollte er bei der Beitragsfestsetzung jeweils die Richtigkeit der Höhe früherer Veranlagungen überprüfen müssen, bevor er diese unter die Übergangsregelung fassen kann. Eine mögliche andere Verwaltungspraxis erscheint nicht realistisch und wurde auch in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel dargelegt. Angesichts der dargestellten Schwierigkeiten geht das Gericht davon aus, dass zumindest im Ausgangsverfahren eine Rechtmäßigkeitsprüfung von Altbescheiden nicht in ständiger Praxis stattfindet.

Das Vorbringen des Beklagten, wonach nur rechtmäßige Altbescheide Abgeltungswirkung im Sinne der Übergangsregelung entfalten können, findet schon keine Anhaltspunkte im Wortlaut der Übergangsregelung. Darüber hinaus läge darin ein fundamentaler Verstoß gegen Gleichheitsprinzipien. Eine solche Praxis würde auch diejenigen, die damals aufgrund falscher Ermittlungen oder Berechnungen der Gemeinden eventuell zu ihrem Nachteil nicht vorteilsgemäß oder zu hoch veranlagt wurden, nun erneut benachteiligen. Auch diese Bescheide wären €rechtswidrig€ und daher bei der Übergangsregelung nicht zu berücksichtigen. Überdies erscheint es sinnlos, noch zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Beitragsbescheiden zu differenzieren, wenn die Veranlagung ohnehin auf nichtigem Satzungsrecht beruhte und deshalb mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig war.

Damit durfte im vorliegenden Fall der Beitrag für die Grundfläche in Höhe von 596,44 Euro sowie der Beitrag für die fiktive Geschoßfläche in Form eines Viertels der Grundfläche (240,5 m²) in Höhe von 1.082,25 Euro nicht mehr erhoben werden. Insoweit sind der streitgegenständliche Bescheid und der Widerspruchsbescheid rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie waren insoweit aufzuheben. Im Übrigen war nach dem vorstehend Gesagten die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, wonach die Kosten entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien verhältnismäßig zu teilen waren.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § § 708 ff. ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 3.214,90 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).






VG München:
Urteil v. 17.12.2009
Az: M 10 K 09.1215


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/05c330a210f7/VG-Muenchen_Urteil_vom_17-Dezember-2009_Az_M-10-K-091215




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