Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 30. Juni 2009
Aktenzeichen: 22 L 582/09
(VG Köln: Beschluss v. 30.06.2009, Az.: 22 L 582/09)
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage der Antragstellerin im Verfahren 22 K 2369/09 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2009 wird angeordnet soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin aufgegeben hat, Angaben zur Beförderung von Briefsendungen für Dritte zu machen.
Im Óbrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 4/5 und die Antragsgegnerin zu 1/5.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage der Antragstellerin im Verfahren 22 K 2369/09 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2009 anzuordnen,
ist zulässig.
Die Antrag ist statthaft. Der Bescheid vom 22. Januar 2009 ist ein belastender Verwaltungsakt, denn der Antragstellerin werden Verpflichtungen zur Auskunftserteilung nach § 45 Postgesetz (PostG) vom 22. Dezember 1997, BGBl. I S. 3294, zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Postgesetzes vom 16. August 2002, BGBl, I S. 3218 und die Neunte ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31. Oktober 2006, BGBl. I S, 2407, auferlegt. Der Bescheid ist auch sofort vollziehbar. Nach 44 PostG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz 1996 (TKG 1996) in der Fassung des 1. Gesetzes zur Änderung des TKG vom 21. Oktober 2002, BGBl. I S. 4186 haben Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde (jetzt Bundesnetzagentur - BNA) keine aufschiebende Wirkung. Zwar ist das Telekommunikationsgesetz von 1996, auf das weiterhin in § 44 Satz 2 PostG verwiesen wird, am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten (vgl. § 152 Abs. 2 TKG 2004). Die Bezugnahme in § 44 Satz 2 PostG geht deshalb formal ins Leere. Den rechtsstaatlichen Geboten der Normenbestimmtheit und Normenklarheit ist aber hinreichend genügt, wenn sich die Verweisungsnorm des § 44 PostG auf Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2004 erstreckt, die den in der Verweisungsnorm aufgeführten Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes 1996 inhaltlich entsprechen,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2006 - 6 C 13/05 -, NVwZ-RR 2006, 580-582; im Ergebnis ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 13 B 1428/07 -.
Die in der Verweisungsnorm des § 44 Satz 2 PostG aufgeführte Vorschrift des § 80 Abs. 2 TKG 1996 findet in § 137 Abs. 1 TKG 2004 dahin eine Entsprechung, dass Klagen gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur - nach wie vor - keine aufschiebende Wirkung haben.
Der Antrag ist begründet, soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin im Bescheid vom 22. Januar 2009 aufgegeben hat, Auskünfte zur Beförderung von Briefsendungen für Dritte zu erteilen.
An der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin bestehen insoweit ernstliche Zweifel. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Antragstellerin daran, insoweit vom Vollzug einstweilen verschont zu werden, das Interesse der Antragsgegnerin am Sofortvollzug überwiegt.
Nach § 45 Abs. 1 PostG kann die BNA von im Postwesen tätigen Unternehmen Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen, soweit dies zur Erfüllung der in diesem Gesetz der BNA übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Das durch § 45 PostG eingeräumte Auskunfts- und Prüfungsrecht soll der BNA eine wirkungsvolle Aufgabenerfüllung gewährleisten,
vgl. BT-Drucksache 13/7774, S. 32.
Der Begriff der wirtschaftlichen Verhältnisse, über die Auskunft verlangt werden kann, ist deshalb - dem Zweck der Regulierung entsprechend - weit zu fassen,
BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2009 - 6 C 14.08 -; Badura in Beck´scher Kommentar zum PostG, 2. Aufl., § 45 Rdn. 13.
Neben den im Gesetz ausdrücklich genannten Umsatzzahlen gehören dazu die Vermögensverhältnisse, die Art und Weise der wirtschaftlichen Betätigung, die Geschäftsbeziehungen in wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht, die Kostenrechnung und Preiskalkulation, etc.,
Badura, a.a.O.
Die Ausübung der Ermittlungsbefugnisse stellt zugleich einen Eingriff in die Berufs- und Unternehmensfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG) und - hinsichtlich der Betretungs- und Durchsuchungsrechte nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 PostG - in den grundrechtlichen Schutz der Betriebs- und Geschäftsräume (Art. 13 GG) dar. Dem weiten Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Nr. 1 PostG korrespondiert deshalb eine Verpflichtung zum transparenten und maßvollen Einsatz des Instrumentariums, um etwaigen Missbrauchsrisiken in rechtsstaatlicher Weise Rechnung zu tragen. Zunächst muss sich die Behörde bei ihrer Fragestellung eng an den Zweck halten, für den das Ersuchen gestellt wird,
vgl. Habersack in Habersack/Holznagel/Lübbig, Behördliche Auskunftsrechte und besondere Missbrauchsaufsicht im Postrecht, S. 89.
Im Streitfall muss die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung und Feststellung bestehen, ob das behördliche Verlangen nicht anderen - aufgabenfremden - Zwecken dient. Deshalb sind in der Anordnung gem. § 45 Abs. 2 Satz 2 PostG die Rechtsgrundlage, der Gegenstand und der Zweck des Auskunftsverlangens anzugeben.
Darüber hinaus ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip strikt zu beachten. Entsprechend den für das Auskunftsrecht der Kartellbehörden entwickelten Grundsätzen zu § 59 GWB müssen andere der Behörde zur Verfügung stehende Mittel ausgeschöpft oder ungeeignet sein, bevor ein Auskunftsersuchen gestellt werden darf,
vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - KVR 17/06 -; Hermanns, Ermittlungsbefugnisse der Kartellbehörden nach deutschem und europäischem Recht, S. 98 f.
Der angefochtenen Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 lässt sich nicht entnehmen, welchem Zweck die Benennung von Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen dienen soll. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, ob diese Auskünfte zur Erfüllung einer Aufgabe der BNA erforderlich sind.
Insoweit ist die angefochtene Auskunftsanordnung sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Der Mitteilungszwang nach § 45 Abs. 2 Satz 2 PostG dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Betroffenen. Sowohl der Betroffene als auch das Gericht sollen in die Lage versetzt werden, die behördliche Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dementsprechend hat die BNA gem. § 45 Abs. 2 Satz 2 PostG und entsprechend § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG die tragenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe ihrer Entscheidung mitzuteilen. Die Begründung muss dabei so vollständig sein, dass dem Adressaten eine tatsächliche und rechtliche Prüfung möglich ist und er sich anhand der Begründung darüber schlüssig werden kann, ob er die Auskunftsanordnung hinnehmen oder sie anfechten will,
vgl. zu der entsprechenden Vorschrift des § 61 GWB: Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl., § 61 Rdn. 13, 14 m.w.N.
Die Begründung der angefochtenen Verfügung vom 22. Januar 2009 genügt nicht diesen gesetzlichen Anforderungen. Die Ausführungen, mit denen die BNA die Auskunftspflicht über Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen gerechtfertigt hat, sind unzureichend. In der angefochtenen Verfügung vom 22. Januar 2009 finden sich hierzu keine Ausführungen. Der Begründungsmangel ist gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG auch nicht dadurch geheilt worden, dass die BNA in ihrem Widerspruchsbescheid vom 13. März 2009 oder ihrer Antragserwiderung die Gründe und Umstände offen gelegt hat, aus denen nachvollziehbar ersichtlich wird, warum die Auskunft über Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen zur Erfüllung einer Aufgabe der BNA erforderlich ist. Übertragene Aufgabe i.S.d. § 45 Abs. 1 PostG, zu deren Erfüllung die Nennung von Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen verlangt werden, ist nach dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2009 die Erteilung und der Widerruf von Lizenzen gem. §§ 6 und 9 PostG. Die Antragstellerin ist auch gem. § 45 Abs. 1 PostG ein auf dem Gebiet des Postwesens tätiges Unternehmen. Die Mitteilungspflicht erstreckt sich zudem auf Geschäftsbeziehungen des Unternehmens in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht,
vgl. Badura, a.a.O., § 45 Rdn. 13.
Dazu zählen auch Art und Umfang vertraglicher Beziehungen zu vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen,
vgl. Holznagel in Habersack/Holznagel/Lübbig, a.a.O., S. 59,
also auch zu Subunternehmen. Über deren wirtschaftliche Verhältnisse besteht hingegen keine Auskunftspflicht, weil § 45 Abs. 1 PostG nur zur Auskunft über eigene wirtschaftliche Verhältnisse verpflichtet,
vgl. Badura, a.a.O., § 45, Rdn. 12.
Die von der BNA erfragten Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen betreffen weder Art und Umfang vertraglicher Beziehungen zu Geschäftspartnern noch die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin; sie korrelieren nicht einmal mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29. Mai 2009 klargestellt, dass sich das Auskunftsersuchen nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse von Subunternehmen erstrecke. Ausweislich des eigenen Rechtsgutachtens der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 2008, sind bei der Übermittlung der entsprechenden Angaben hinsichtlich der personenbezogenen Daten der Subunternehmen datenschutzrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen". In der Tat ist gem. § 13 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003, BGBl. I S. 66 (BDSG) das Erheben von personenbezogenen Daten nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der verantwortlichen Stelle erforderlich ist. Personenbezogene Daten sind gem. § 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Es ist nicht auszuschließen, dass für die Antragstellerin natürliche Personen als Subunternehmer tätig geworden sind - auch die Antragsgegnerin geht hiervon aus. Warum eine Auskunft über deren Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen zur Erfüllung einer Aufgabe der BNA i.S.d. § 13 Abs. 1 BDSG und des § 45 Abs. 1 PostG erforderlich sein soll, ist weder von der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, noch sonst ersichtlich. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dass eine anonyme Datenerhebung mangels Verifizierbarkeit nicht zu validen Daten führe, betrifft dies allenfalls Name, Anschrift und Firmenbezeichnung der Antragstellerin. Auch um regionale Unterschiede bei der Beauftragung von Subunternehmen zu ermitteln, würde eine regionale Ortsangabe zu den beauftragten Subunternehmen bereits ausreichen. Dagegen möchte die BNA über die wirtschaftlichen Verhältnisse von Subunternehmen der Antragstellerin nach eigenem Bekunden weder Auskunft erlangen noch etwa derartige Angaben gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 PostG überprüfen können.
Auch aus der von der BNA herangezogenen Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PostG folgt keine Begründung für eine Auskunftsverpflichtung der Antragstellerin über Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von Subunternehmen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PostG ist die Erteilung einer Lizenz i.S.d. § 5 PostG zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im lizenzierten Bereich üblich sind, nicht unerheblich unterschreitet. Bereits erteilte Lizenzen können in diesem Fall gem. § 9 Abs. 1 PostG widerrufen werden. Unter wesentlichen Arbeitsbedingungen im Sinne des PostG versteht man Arbeitslohn, Arbeitszeit, Urlaubsregelungen und Vereinbarungen über den Kündigungsschutz,
vgl. Badura, a.a.O., § 6, Rdn. 28.
Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Sie wurde im Vermittlungsverfahren auf Antrag des Bundesrats in das Gesetz eingefügt, um der Gefahr vorzubeugen, dass der Wettbewerb durch ein massenhaftes Ausweichen in ungeschützte Arbeitsverhältnisse verzerrt wird",
vgl. BT-Drucksache 13/774, S. 36.
Sie hat damit zwei Stoßrichtungen: sie will Wettbewerbsverzerrungen verhindern, indem sie Mindeststandards bei den Arbeitsverträgen der Lizenznehmer festschreibt, darüber hinaus aber auch als Sozialklausel" das Regulierungsziel der Berücksichtigung sozialer Belange nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 PostG für den lizenzierten Bereich verwirklichen,
vgl. Badura, a.a.O., § 6, Rdn. 2.
Beidem entspricht es, die wesentlichen Arbeitsbedingungen im oben genannten Sinn zu verstehen. Ihre Ermittlung erfordert eine umfassende Auswertung aller insoweit bedeutsamen Daten unter Heranziehung aller im lizenzierten Bereich Tätigen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 13 B 1428/07 -.
Zu den Bedingungen, unter denen im lizenzierten Bereich gearbeitet wird, zählen Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von beauftragten Subunternehmen ebensowenig wie Namen und Anschriften der Arbeitnehmer der Antragstellerin.
Die Kammer lässt ausdrücklich offen, ob die Erfragung personenbezogener Daten von Subunternehmen bei Dritten möglicherweise erforderlich sein könnte, um der BNA die Erfüllung einer Aufgabe nach dem Postgesetz zu ermöglichen. Ohne die formellrechtlich zutreffende Mitteilung eines derartigen Zwecks gem. § 45 Abs. 2 Satz 2 PostG kann jedoch nicht festgestellt werden, ob ein solches Auskunftsbegehren erforderlich und damit auch materiell rechtmäßig ist. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass insoweit die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 bislang völlig unerwähnten Zwecken dienen soll - etwa im Hinblick auf §§ 36 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 7 PostG .
Da die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 nach gebotener summarischer Prüfung hinsichtlich der Frage nach Namen, Anschriften und Firmenbezeichnungen von beauftragten Subunternehmen (Teil III, Ziffer 5 des Fragebogens zur Auskunftsanordnung) rechtswidrig ist, hat die BNA auch das ihr in § 45 Abs. 1 PostG eingeräumte Ermessen gem. § 40 VwVfG fehlerhaft ausgeübt, § 114 VwGO. Der BNA steht neben dem Entschließungsermessen, der Frage also, ob Auskünfte überhaupt eingeholt werden sollen, auch ein Ermessen bei der Auswahl der zu stellenden Fragen zu,
vgl. OVG Münster, Beschluss vom 26.1.2000 - 13 B 47/00 -, NVwZ 2000, S. 702.
Mit einer Aussetzung nur der beanstandeten Frage in Teil III, Ziffer 5 des Fragebogens würde das Gericht im Ergebnis sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der BNA setzen. Der BNA muss aber vorbehalten bleiben, welche Fragen sie im Rahmen des Fragenteils III für erforderlich hält. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass sie zur Beförderung von Briefsendungen für Dritte andere Fragen gestellt hätte, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass die Fragen nach Namen, Anschriften und Firmenbezeichnung von Subunternehmen rechtswidrig ist. Möglicherweise hätte sie etwa die Fragen zur Beförderung von Briefsendungen für Dritte unter Berücksichtigung regionaler Ortsangaben gestaltet.
Dem lässt sich nicht der - dem Baurecht entlehnte - Gedanke der Antragsgegnerin entgegen halten, im Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz komme es nicht auf eine rechtliche, sondern nur konstruktive Teilbarkeit des Streitgegenstandes an. Deshalb könne die Antragstellerin allenfalls beanspruchen, vorläufig vor der Beantwortung einzelner rechtswidriger Fragen verschont zu bleiben. Dies lässt außer acht, dass der Bereich des öffentlichen Baurechts im Hinblick auf Art. 14 GG von der zuständigen Stelle grundsätzlich durch gebundene Entscheidungen zu regeln ist. Dagegen hat die BNA bei dem Erlass einer Auskunftsanordnung nach § 45 PostG fehlerfrei Ermessen auszuüben.
Im Übrigen ist der Antrag unbegründet. Insoweit überwiegt das Interesse der Antragsgegnerin am gesetzlich angeordneten Sofortvollzug das Interesse der Antragstellerin daran, vom Vollzug einstweilen verschont zu werden.
Das Antragsbegehren ist teilbar, weil die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 rechtlich teilbar ist. Ob ein Verwaltungsakt teilbar ist, ist in Anlehnung an § 113 VwGO, § 44 Abs. 4 VwVfG zu ermitteln, der nicht nur für die Teilnichtigkeit, sondern analog auch für die Teilrechtswidrigkeit gilt. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehene Anspruch betrifft nicht nur gebundene Verwaltungsakte, sondern erstreckt sich auch auf Verwaltungsakte, die im Ermessen der Behörde stehen oder bei denen der Behörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Demnach kann ein angefochtener Verwaltungsakt teilweise aufgehoben werden, wenn die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen. Der rechtswidrige Teil des Verwaltungsaktes muss in der Weise selbstständig abtrennbar sein, dass der Verwaltungsakt im Übrigen ohne Änderung seines Inhalts sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann,
vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 - 3 C 33.96 -, BVerwGE 105, 354 (358).
Auch wenn der Behörde ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, ist es daher nicht zwingend, dass eine Teilaufhebung nach den aufgezeigten Grundsätzen stets ausscheidet,
vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Mai 2005 - 6 B 605.05 -,
Die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 ist bei gebotener objektiver Betrachtungsweise dergestalt teilbar, dass die Fragen nach der Beförderung von Briefsendungen für Dritte (Teil III des Fragebogens) von den übrigen Fragen in einer Weise abtrennbar sind, dass der Verwaltungsakt im Übrigen ohne Änderung seines Inhalts sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies folgt schon daraus, dass die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Juni 2007 insoweit bereits im wesentlichen gleiche Auskünfte von Lizenznehmern, die auf dem Gebiet des Postwesens tätig sind, angeordnet hat und mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Januar 2009 zusätzlich noch Fragen nach der Beförderung von Briefsendungen für Dritte aufgenommen hat. Der Bescheid vom 22. Juni 2007 hat sich bereits als rechtmäßig erwiesen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 13 B 1428/07 -.
Ein um den Fragenteil III verkürzter Bescheid vom 22. Januar 2009 kann deshalb sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben. Die insoweit fehlerfrei erfolgten Ermessenserwägungen erstrecken sich ausschließlich auf Fragen zu den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin und den bei ihr herrschenden wesentlichen Arbeitsbedingungen.
Insoweit ist die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 rechtmäßig, denn sie findet in § 45 PostG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage.
Der Bescheid vom 22. Januar 2009 ist insoweit auch formell rechtmäßig. Er ist der Antragstellerin förmlich zugestellt worden und die übrigen formellen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 PostG liegen vor: Der Bescheid benennt für das übrige Auskunftsbegehren Rechtsgrundlage, Gegenstand und Zweck des Auskunftsverlangens.
Die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 ist insoweit auch materiell rechtmäßig. Sie verletzt insbesondere nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sondern ist geeignet und erforderlich, die Erfüllung der der BNA übertragenen Aufgaben aufgrund eines hinreichenden Marktüberblicks, sicherzustellen; ihre Befolgung ist der Antragstellerin auch nicht unzumutbar. Hierzu wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides der Antragsgegnerin vom 13. März 2009 verwiesen, denen die Kammer insoweit folgt, §§ 122, 117 Abs. 5 VwGO. Weiterhin verweist die Kammer auf die den Beteiligten bekannte Entscheidung des OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 13 B 1428/07 -. Die dort umstrittene Auskunftsanordnung vom 22. Juni 2007 enthielt im Wesentlichen den gleichen Fragenkatalog wie die angefochtene Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 in den Teilen I,II,IV und V des Fragebogens.
Ergänzend weist die Kammer zu dem Vorbringen der Antragstellerin auf folgendes hin:
Die Auskunftsanordnung vom 22. Januar 2009 ist in einem umfassenden Sinne vor dem Hintergrund der zum Januar 2008 erfolgten Liberalisierung des Postmarktes, der damit einhergehenden Entwicklung und der weiteren Handhabung der Erteilung von Lizenzen für Postdienstleistungen sowie insbesondere des Streits über die angemessene Entlohnung von Postdienste-Mitarbeitern zu sehen. So ist über die Revision gegen das Urteil des OVG Brandenburg vom 18. Dezember 2008 - OVG 1 B 13.08 - zu der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen (BAnz. 2007 Nr. 242, S. 8410) soweit ersichtlich bislang nicht entschieden worden. Es kommt deshalb für die Erforderlichkeit der zu Recht gestellten Fragen nicht darauf an, ob ein gewisser Anfangsverdacht" besteht,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 13 B 1428/07 -.
Die Auskunft über Name, Anschrift und Firmenbezeichnung der Antragstellerin ist gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 PostG erforderlich, weil eine anonyme Datenerhebung den Zweck der Auskunftserteilung gefährden würde. Ohne Kenntnis personenbezogener Daten des Adressaten in der Antwort zur Auskunftsanordnung würde das Prüfungsrecht der BNA aus § 45 Abs. 1 Nr. 2 PostG leer laufen können, weil der BNA die Identität des Antwortenden verborgen bliebe. Die Verifizierbarkeit und Richtigkeit des erhobenen Datenmaterials ist indes Voraussetzung für eine zutreffende Feststellung der wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im lizenzierten Bereich üblich sind. Auch die elfte Marktuntersuchung der BNA vom September 2008 ist nicht anonym erfolgt. Die von der Antragstellerin angeführte Rücklaufquote von 99 % kam u. a. erst dadurch zustande, dass 618 Erinnerungen sowie 318 Auskunftsanordnungen versandt werden mussten und in sechs Fällen ein Zwangsgeld festgesetzt wurde.
Die angefochtene Auskunftsanordnung ist auch nicht infolge der elften Marktuntersuchung der BNA vom September 2008 unnötig. Diese - jährliche - Untersuchung erlaubt nur einen sehr groben Überblick über die Marktverhältnisse im Bereich des Postwesens und erfasst nur den Markt für lizenzpflichtige Postdienstleistungen. Eine differenzierte Datenerhebung - etwa nach regionalen Besonderheiten - fand dort nicht statt.
Soweit die Antragstellerin anführt, dass es zu den erfragten Daten über Entlohnung, Arbeitszeit und Urlaubsanspruch gesetzliche geregelte Mindeststandards gibt, trifft dies zwar zu. Ob diese Mindeststandards den wesentlichen Arbeitsbedingungen im lizenzierten Bereich entsprechen, obliegt jedoch nicht einer Prüfungskompetenz der Antragstellerin.
Soweit die Antragstellerin schließlich geltend macht, sie sei der Gefahr einer Selbstbezichtigung ausgesetzt und dies widerspreche dem in §§ 55 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO angelegten Rechtsgrundsatz nemo tenetur se ipsum accusare, hat die Antragstellerin auch nicht ansatzweise dargelegt, dass sie eine solche Gefahr treffen könnte. Überdies kann die geltend gemachte Konfliktlage zwischen Auskunftsverpflichtung und Zwang zur Selbstbezichtigung bei juristischen Personen wie der Antragstellerin nicht eintreten,
vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 2172/96 -, BVerfGE 95, 220.
Eine Selbstbezichtigungsgefahr zu Lasten des nach § 45 Abs. 3 PostG auskunftspflichtigen gesetzlichen Vertreters der Antragstellerin hat diese nicht einmal geltend gemacht und ist auch sonst im Hinblick auf § 45 Abs. 4 PostG i.V.m. § 127 Abs. 5 - 8 TKG 2004 nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, bei der Streitwertfestsetzung erachtet die Kammer die Hälfte des Anhaltswertes nach § 52 Abs. 2 GKG als angemessen.
VG Köln:
Beschluss v. 30.06.2009
Az: 22 L 582/09
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/05c8b38f0fd0/VG-Koeln_Beschluss_vom_30-Juni-2009_Az_22-L-582-09