Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juni 2004
Aktenzeichen: 14 W (pat) 2/04
(BPatG: Beschluss v. 17.06.2004, Az.: 14 W (pat) 2/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 hat die Prüfungsstelle für Klasse A01N des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung 102 36 489.3-41 mit der Bezeichnung
"Behandlung von Baumsterben"
zurückgewiesen.
Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gegenüber
(1) Becher, Carl: Schädlingsbekämpfungsmittel, VEB Wilhelm Knapp Verlag, Halle (Saale) 1953, S. 354 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Ursachen des Baumsterbens seien vielfältiger Natur. Unter anderem könne es durch die Einwirkung von Insekten, Pilzen und Schadorganismen im Boden hervorgerufen werden. Es liege mithin nahe, Essigsäure wegen ihrer bekannten Wirkung in geeigneten Konzentrationen zur Ursachenbekämpfung einzusetzen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sein Patentbegehren unter Zugrundelegung der ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 bis 5 weiterverfolgt. Der Anspruch 1 lautet:
"1. Behandlung von Baumsterben, dadurch gekennzeichnet, dass die Bäume mit einer Mischung von 80%-iger Essigsäure mit Wasser im Verhältnis 10:2 bis 10:5 behandelt werden."
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu erteilen.
Eine Begründung der Beschwerde werde folgen, sobald in der Beschwerdeinstanz über den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe entschieden worden sei.
Mit Beschluss vom 17. März 2004 hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts den Antrag des Anmelders, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens 14 W (pat) 2/04 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und Patentanwalt Dr. H... in L..., als Vertreter beizuordnen, mangels Aussicht auf Erteilung eines Patents und unter gleichzeitigem Hinweis auf die im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigende Druckschrift
(2) DE 40 30 687 A1 zurückgewiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist zulässig (PatG § 73). Sie ist jedoch nicht begründet.
1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 5 stimmen mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen überein. Bezüglich der Offenbarung der geltenden Patentansprüche bestehen somit keine Bedenken.
2. Das Verfahren nach geltendem Anspruch 1 ist neu, weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich, da es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Therapie erkrankter Baumstämme mit stammeigenen Stoffen vorzunehmen.
Die Aufgabe soll gemäß Anspruch 1 gelöst werden, indem die Bäume mit einer Mischung von 80%-iger Essigsäure mit Wasser im Verhältnis 10:2 bis 10:5 behandelt werden.
Aus dem Stand der Technik gemäß (1) geht hervor, Essigsäure im Pflanzenschutz einzusetzen. Die Essigsäure wird dort als Breitbandschädlingsbekämpfungsmittel, dh als Fungizid, Insektizid, zur Bodendesinfektion und als Unkrautvernichtungsmittel, verwendet. Die Wirkung beruht gemäß (1) auf der Säureeigenschaft der Essigsäure, wobei sich die Säure vorteilhaft wieder verflüchtigt. Angaben bezüglich der Konzentration der anzuwendenden Essigsäure werden in (1) im Unterschied zum anmeldungsgemäßen Verfahren nicht gemacht, und es ist dort auch nicht ausdrücklich hervorgehoben, dass Bäume, dh verholzte Pflanzenteile, damit behandelt werden können.
Diese Maßnahmen können die erfinderische Tätigkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 indessen nicht begründen.
Nachdem als Ursachen für die Erkrankung von Bäumen -wie dem Fachmann bekannt- ua Pilzbefall, Schädlingsfraß, Bodenveränderungen oder Standortnachteile durch überwuchernde Unkräuter in Folge von klimatischen Einflüssen und/oder Luftverschmutzung in Frage kommen, lag es für den Fachmann, hier ein Forstwirt, in Kenntnis von (1) nahe, verdünnte Essigsäure als bekanntes Breitbandschädlingsbekämpfungsmittel auch gegen Baumsterben einzusetzen. Einen Hinweis auf diese Vorgehensweise erhält der Fachmann auch bereits aus (2); dort wird vorgeschlagen, verdünnte Essigsäure zum Pflanzenschutz im Obstbau, dh bei empfindlichen verholzten Pflanzen, zu verwenden (Sp 1 Z 13 bis 21 iVm Ansp 1).
Im übrigen ist auch der erzielte Effekt nicht überraschend; er konnte vielmehr nach der aus (1) bekannten Breitbandwirkung erwartet werden. Auch mit Nachteilen, die ihn vom Einsatz der verdünnten Essigsäure als Therapeutikum bei verholzten Pflanzenteilen, dh bei Bäumen, abhielten, musste der Fachmann nicht rechnen. Denn er weiß aus (2), dass die verdünnte Essigsäure verholzte Pflanzenteile nicht schädigt (Sp 1 Z13 bis 21).
Insofern vermag auch der Einwand des Anmelders, wonach umfangreiche Prüfungen und Behandlungen von Bäumen hätten vorgenommen werden müssen, nicht zu überzeugen. Ausprobieren und bloße Durchführung nahe liegender Versuche, etwa zur Ermittlung der besten Konzentration einer Lösung ua für harte, weiche und empfindliche Stämme, können die erfinderische Tätigkeit des vorliegend beanspruchten Verfahrens in Kenntnis des oben genannten Standes der Technik nicht begründen. Diese erfordern im vorliegenden Fall weder den Einsatz besonderer, auf erfinderischer Tätigkeit beruhender Hilfsmittel noch sind sie mit den üblichen Rahmen pflegerischen Aufwandes sprengenden Maßnahmen im Gartenbau und in der Forstwirtschaft verbunden.
Nach alledem beruht das Verfahren nach geltendem Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch nicht gewährbar ist.
Die Ansprüche 2 bis 5 teilen das Schicksal des Anspruchs 1 (BGH "Elektrisches Speicherheizgerät" GRUR 1997, 120).
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
Nachdem dem Anmelder seit Zustellung des die Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschlusses mehr als zwei Monate zur Verfügung standen, war auch ein weiteres Zuwarten auf die angekündigte Beschwerdebegründung nicht angezeigt.
Schröder Harrer Gerster Schuster Na
BPatG:
Beschluss v. 17.06.2004
Az: 14 W (pat) 2/04
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