Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. November 2010
Aktenzeichen: 8 W (pat) 334/06

(BPatG: Beschluss v. 18.11.2010, Az.: 8 W (pat) 334/06)

Tenor

Das Patent 100 62 590 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Das Patent 100 62 590 mit der Bezeichnung "Düsenanordnung zur Coextrusion" ist am 15. Dezember 2000 angemeldet worden. Das Patent ist am 14. Juli 2005 erteilt und die Patenterteilung am 29. Dezember 2005 veröffentlicht worden.

Am 29. März 2006 hat die Firma D... GmbH& Co.KG in R...

Einspruch erhoben.

Zur Stützung ihres Einspruchsvorbringens verweist sie dabei auf folgende Druckschriften:

D1: EP0834386A1 D2: EP0243516A1 D3: GB 994 567 A D4: WO 96/28294 A1 D5: DE4010404A1 D6: Zeichnung einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung der Firma D...

Die Dokumente D1 bis D5 wurden dabei bereits im Prüfungsverfahren herangezogen.

Die Einsprechende führt in ihrer Einspruchsbegründung mit Eingang vom 29. März 2006 aus, dass der erteilte Gegenstand des Patentanspruchs 1 einerseits über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) und andererseits nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Zum Stand der Technik benennt die Einsprechende mit dem Dokument D6 auch eine Zeichnung, deren dargestellter Gegenstand (Düsenanordnung, Bezeichnung "Spritzkopf 18''") seitens der Einsprechenden an die Firma C... Inc. nach S... (O... in USA) ausgeliefert worden sei. Gegenüber diesem Dokument D6 sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bereits nicht neu. Zudem sei auch die Neuheit gegenüber den Druckschriften D1 und D2 nicht gegeben.

Die Einsprechende beantragt, das Patent aufgrund -unzulässiger Erweiterung sowie -fehlender Neuheit bzw. mangels erfinderischer Tätigkeitzu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Sie tritt dem Vorbringen der Einsprechenden mit Schreiben vom 8. November 2006 in allen Punkten entgegen und sieht den Gegenstand des Streitpatents in den ursprünglichen Unterlagen als offenbart an. Ferner sei auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik und der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung sowohl neu als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

Mit Eingabe vom 21. Oktober 2010 hat die Einsprechende mitgeteilt, dass sie zu dem anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung nicht erscheinen werde und zugleich um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet ohne Bezugszeichen (DE 100 62 590 B4):

Düsenanordnung für einen Coextrusionsprozess, mit einem Extrudern zugewandten Verteilerabschnitt, über den Extrusionsmassen austragbar sind, und mit einem Düsenabschnitt zur Extrusion der Extrusionsmassen, die als eine Komponente wenigstens einen Kunststoff enthalten, wobei eine Montageund Anschlussbasis zwischen dem Verteilerabschnitt und dem Düsenabschnitt vorgesehen ist, wobei die Montageund Anschlussbasis den Düsenabschnitt in einer bestimmten Montageanordnung zu halten vermag, die bei der Demontage der Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt gegenüber dem Verteilerabschnitt erhalten bleibt, dadurch gekennzeichnet, dass die Montageund Anschlussbasis und der Verteilerabschnitt jeweils für zwei oder mehr getrennte Extrusionsmassenströme eingerichtet sind, wobei die Montageund Anschlussbasis auch Fließkanäle enthält, um die Fließkanäle in dem Verteilerabschnitt an die Kanäle in dem Düsenabschnitt anzuschließen, und Dichtmittel an wenigstens einer Stoßstelle zwischen der Montageund Anschlussbasis und dem Verteilerabschnitt vorgesehen sind, so dass die Fließkanäle der Montageund Anschlussbasis und die Fließkanäle des Verteilerabschnittes gegenüber der Umgebung abgedichtet sind.

Hinsichtlich der abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Patentschrift verwiesen.

II.

Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG a. F. zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH -Informationsübermittlungsverfahren I und II -GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff.; bestätigt durch BGH -Ventilsteuerung -GRUR 2009, 184 -185).

Der formund fristgerecht eingelegte Einspruch ist substantiiert auf einen der Einspruchsgründe gemäß § 21 PatG gerichtet und daher zulässig. Er ist jedoch in der Sache nicht erfolgreich, denn es liegt eine patentfähige Erfindung vor.

1. Gegenstand des Streitpatents ist eine Düsenanordnung für die Coextrusion, bei der verschiedene Abschnitte eines Düsensatzes zum Einsatz kommen. Bei der Coextrusion werden dabei in der Regel mehrschichtige oder mehrwandige Teile hergestellt. Beim Wechsel eines Düsensatzes vor und nach der Produktion kommt es aufgrund des Produktionsstillstands auf ein schnelles Umrüsten an, wobei es zudem von Bedeutung ist, Beschädigungen an den Bauteilen des Düsensatzes zu vermeiden. Bei der Justierung der unterschiedlichen Abschnitte des Düsensatzes müssen diese gemäß den Ausführungen des Streitpatents (DE 100 62 590 B4, Absatz [0003]) bisher zueinander justiert und eingestellt werden, so dass der hierbei entstehende Zeitund Materialaufwand von Nachteil ist. Aus diesem Grund müssten nach dem Stand der Technik sowohl große Ausfallzeiten, Materialausschuss als auch Verschleißerscheinungen am Düsensatz des Spritzkopfes selbst in Kauf genommen werden, um einen Spritzkopf von einem Produkt auf ein anderes umstellen zu können [0011].

Daher liegt dem Streitpatentschrift nach Absatz [0012] die Aufgabe zugrunde, Düsenanordnungen nach dem Stand der Technik so weiterzubilden, dass die aufgezeigten Nachteile zumindest teilweise ausgeräumt werden.

Zur Lösung schlägt das Streitpatent eine Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 vor, die sich in folgende Merkmale gliedern lässt:

1. Die Düsenanordnung für einen Coextrusionsprozess weist auf:

1.1 Einen Verteilerabschnitt, über den Extrusionsmassen austragbar sind und der Extrudern zugewandt ist:

1.2 Einen Düsenabschnitt zur Extrusion der Extrusionsmassen, die als eine Komponente wenigstens einen Kunststoff enthalten.

1.3 Eine Montageund Anschlussbasis, die zwischen dem Verteilerabschnitt und dem Düsenabschnitt vorgesehen ist.

1.3.1 Die Montageund Anschlussbasis vermag den Düsenabschnitt in einer bestimmten Montageanordnung zu halten, die bei der Demontage der Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt gegenüber dem Verteilerabschnitt erhalten bleibt.

1.3.2 Die Montageund Anschlussbasis und der Verteilerabschnitt sind jeweils für zwei oder mehr getrennte Extrusionsmassenströme eingerichtet.

1.3.3 Die Montageund Anschlussbasis enthält auch Fließkanäle, um die Fließkanäle in dem Verteilerabschnitt an die Kanäle in dem Düsenabschnitt anzuschließen.

1.4 Dichtmittel, die an wenigstens einer Stoßstelle zwischen der Montageund Anschlussbasis und dem Verteilerabschnitt vorgesehen sind, so dass die Fließkanäle der Montageund Anschlussbasis und die Fließkanäle des Verteilerabschnittes gegenüber der Umgebung abgedichtet sind.

Beim vorliegenden Anmeldungsgegenstand handelt es sich um eine Düsenanordnung für einen Coextrusionsprozess, die sich im Wesentlichen aus einem Verteilerabschnitt, einem Düsenabschnitt, einer Montageund Anschlussbasis sowie Dichtmitteln zwischen der Montage-/Anschlussbasis und dem Verteilerabschnitt zusammensetzt ("Haupt"-Merkmale 1.1 bis 1.4 der gegliederten Merkmalsauflistung). Mit weiteren Merkmalen spezifiziert sind ferner die Montageund Anschlussbasis sowie auch der Verteilerabschnitt (Merkmale 1.3.1 bis 1.3.3).

Beim Merkmal des Verteilerabschnitts (1.1) sind bereits zwei Aspekte wesentlich: Zum einen sind über diesen Verteilerabschnitt zwei (oder mehrere) Extrusionsmassen austragbar, andererseits ist dieser Abschnitt Extrudern, d. h. mindestens zwei Extrudern, zugewandt (s. a. Figur). Gemäß Merkmal 1.2 ist zusätzlich gesagt, dass es sich bei einer Komponente (der eingesetzten Extrusionsmassen) um wenigstens ein Kunststoffmaterial handelt. Der Düsenabschnitt ist ansonsten nicht weiter spezifiziert.

Die Montageund Anschlussbasis ist nach Merkmal 1.3 zwischen dem Verteilerabschnitt und der Düse angeordnet. Weiterhin ist gemäß Merkmal 1.3.1 wesentlich, dass diese Anschlussbasis "den Düsenabschnitt in einer bestimmten Montageanordnung zu halten vermag, die bei der Demontage der Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt ... erhalten bleibt". Dies ist seitens eines Fachmanns, der als Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulausbildung (oder entsprechend) angesehen wird und eine mehrjährige Berufserfahrung in der Konstruktion von Extrusionsdüsen aufweist, dahingehend zu verstehen, dass die Montageund Anschlussbasis bei Demontage zusammenhängend mit dem weiteren Düsenabschnitt verbunden bleibt, um später wieder komplett und gemäß der ursprünglichen Einstellung montiert zu werden, wobei die Position der Montageund Anschlussbasis in Verbindung mit dem Düsenabschnitt gegenüber dem Verteilerabschnitt erhalten bleibt (ebenfalls Merkmal 1.3.1).

Das Merkmal 1.3.2 verdeutlicht mit dem unter Merkmal 1.1 offenbarten Sachverhalt, dass sowohl der Verteilerabschnitt als auch die Montageund Anschlussbasis für zwei oder mehrere getrennte Extrusionsmassenströme ausgelegt sind, die nachfolgend in den Düsenabschnitt überführbar sind. Hierzu sind notwendigerweise auch Fließkanäle in der Montageund Anschlussbasis vorgesehen (Merkmal 1.3.3). Dies bedeutet, dass die unterschiedlichen Fließkanäle beider Abschnitte an keiner Stelle miteinander (fließtechnisch) verbunden sein dürfen, da ansonsten keine (vollständige) Trennung der jeweiligen Massenströme vorliegt. Die Vorrichtung muss also dahingehend ausgelegt sein, dass auch (chemisch und/oder physikalisch) unterschiedliche Materialströme verarbeitet werden können, die zumindest in den Abschnitten Verteilerabschnitt sowie Montageund Anschlussbasis getrennt vorliegen.

An der wenigstens einen Stoßstelle zwischen Verteilerabschnitt und Montageund Anschlussbasis sind ferner über die abdichtende Wirkung von ebenen Kontaktflächen hinausgehende Dichtmittel vorgesehen, die die Fließkanäle gegenüber der Umgebung abdichten (Merkmal 1.4).

2. Die Merkmale des Gegenstands des Patentanspruchs 1 sowie die Merkmale der Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 6 des Streitpatents sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart.

Die Merkmale 1 bis 1.3.1, die den Oberbegriff des Patentanspruchs 1 darstellen, entsprechen den Merkmalen des ursprünglichen Patentanspruchs 1. Das Merkmal 1.3.2 ist im Wesentlichen im ursprünglichen Anspruch 9 offenbart. Dass die Extrusionsmassenströme zudem getrennt vorliegen, ist der Beschreibung auf Seite 6, Absatz 1 i. V. m. der Figur zu entnehmen, wonach der Verteilerabschnitt (14) "für eine Coextrusion mit zwei Schichten zwei Zulaufkanäle (52, 54) aufweist" und diese beiden Fließkanäle "an die Fließkanäle (30, 32)" der Montageund Anschlussbasis (16) anschließen und "gegenüber der Umgebung" abdichten (Seite 7, Absatz 1). Die Kanäle liegen dabei auch gemäß der Figur eindeutig getrennt vor. Das Merkmal 1.3.3 entspricht dem Inhalt des ursprünglichen Patentanspruchs 2, wobei lediglich der Begriff "Kanäle" in "Fließkanäle" verändert wurde, entsprechend der Formulierung auf Seite 7, Absatz 1 der ursprünglich eingereichten Unterlagen. Das Merkmal 1.4 ist dem ursprünglichen Anspruch 4 entnommen, wobei die Wirkungsweise der Dichtmittel -die Abdichtung gegenüber der Umgebung zusätzlich mit aufgenommen wurde, auf die bereits vorstehend Bezug genommen wurde.

Demnach sind alle Merkmale des Gegenstands des Patentanspruchs 1 aus den ursprünglichen Unterlagen bekannt, da die Merkmale aus den entsprechenden Unteransprüchen 2, 4 und 9 auf den Patentanspruch 1 sowie untereinander rückbezogen waren.

Die Unteransprüche 2 bis 6 entsprechen inhaltlich den ursprünglich offenbarten Ansprüchen 5 bis 8 sowie 10.

3. Die Vorrichtung des erteilten Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit aufgrund seiner Zweckbestimmung zweifellos gegeben ist, ist neu.

Keine der seitens der Einsprechenden aufgeführten Druckschriften umfasst alle Merkmale 1 bis 1.4.

Das Dokument D6, das nach Auffassung der Einsprechenden eine Vorbenutzung eines Spritzkopfs darstellen soll, besteht lediglich aus einem Din-A 3 Blatt, dem neben der Zeichnung selbst druckschriftlich im Wesentlichen nur "Spritzkopf 18", "PVC" zu entnehmen ist. Der Spritzkopf ist dabei als Coextrusionsdüse anzusehen (Merkmal 1), bei dem an zwei konzentrischen Düsenausgängen Material ausgetragen wird, das offensichtlich aus einem Extruder beschickt wird (Eingang ganz links in der Zeichnung) und sich in einem als Verteiler zu bezeichnenden Bauteil mit Bezugszeichen (15) aufspaltet. Weiterhin ist das Merkmal 1.2 ebenfalls offenbart, da zumindest im Düsenabschnitt zwei (inzwischen getrennte) Massenströme vorliegen und extrudiert werden, wobei diese Komponenten gemäß dem Aufdruck auf der Zeichnung für Kunststoff vorgesehen sind (PVC).

Aus dem Dokument D6 nicht bekannt ist bereits das Merkmal 1.1, da der Verteilerabschnitt offensichtlich lediglich einem Extruder zugewandt ist (links im Anschluss an die Zeichnung), da lediglich ein Massenzugang zum Verteiler vorhanden ist. Insofern handelt es sich bei der D6 um einen Spritzkopf, der lediglich aus einer Massenstromquelle gespeist ist.

Das Teil mit dem Bezugszeichen (13), das sich zwischen dem eigentlichen Düsenabschnitt (rechts von Teil 13) und dem Verteilerabschnitt (15) befindet, dient dazu, den Düsenabschnitt an den Verteilerabschnitt anzuschließen. Es handelt sich daher um eine Montageund Anschlussbasis, wodurch das Merkmal 1.3 aus der D6 bekannt ist. Bekannt ist auch das Merkmal 1.3.3, da die Montageund Anschlussbasis zur Verbindung zwischen Verteiler und Düsenabschnitt zwei (konzentrische) Fließkanäle aufweist. Das Merkmal 1.3.1 des Streitpatents ist jedoch nicht bekannt, da bei der Demontage der "Montageund Anschlussbasis" (13) die Düse von außen nach innen demontiert werden muss (die jeweiligen Schrauben 40 und 45 müssten vorab gelöst werden) und somit die Montageund Anschlussbasis den Düsenabschnitt eben nicht in einer bestimmten, konstanten Montagestellung zu halten vermag, wie dies das Merkmal 1.3.1 fordert.

Das Merkmal 1.3.2 des Streitpatents ist ebenfalls nicht bekannt, da zumindest der Verteilerabschnitt nicht für zwei oder mehr getrennte Massenströme eingerichtet ist. Eine prinzipielle Verarbeitungsmöglichkeit von mindestens zwei unterschiedlichen bzw. getrennten Massenströmen -beschickt aus zwei oder mehreren Extrudern -ist mit der Düsenanordnung der D6 nicht möglich. Auch ist der D6 kein Hinweis zu entnehmen, dass an wenigstens einer Stoßstelle Dichtmittel vorgesehen sind, so dass auch das Merkmal 1.4 nicht bekannt ist.

Die Druckschrift EP 0 834 386 A1 (D1) betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoff-Verbundrohren und zeigt gemäß der Figur 2 eine Düsenanordnung für einen Coextrusionsprozess (Merkmal 1). Da auch diese Vorrichtung lediglich die Verarbeitung nur einer Kunststoffmasse vorsieht (Merkmal 1.2), beschickt aus nur einem Extruder, erfolgt bei der D1 der "Anschluss" an den Extruder über das auch so genannte "Anschlussteil 27" in entsprechender Art und Weise, wie es in der D6 gezeigt ist. Allerdings ist in der Figur 2 der D1 der eigentliche Anschluss an den Extruder, gegebenenfalls über einen Flansch, nicht mehr erkennbar, da die Zeichnung am linken Rand abgebrochen ist.

Der Tragring (28) der Druckschrift D1 kann als Montageund Anschlussbasis angesehen werden, der zwischen der endseitigen Coextrusionsdüse und dem Anschlussteil (27) angebracht ist. Das Anschlussteil (27) entspricht dann im Sinne des Streitpatents dem dortigen Verteilerabschnitt (Merkmal 1.3).

Bereits alle weiteren Merkmale des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Streitpatents sind aus der Druckschrift D1 nicht (vollständig) bekannt. Der Verteilerabschnitt ist nicht zwei oder mehreren Extrudern zugewandt (Merkmal 1.2). Es ist ebenfalls aus der D1 nicht das Merkmal 1.3.1 offenbart, dass bei der Demontage der Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt deren Montageanordnung gegenüber dem Verteilerabschnitt erhalten bleibt. Bei einer entsprechenden Demontage gemäß der Vorrichtung des Ausführungsbeispiels der D1 müssen zuerst die Schrauben (73) der "ersten Justiereinrichtung" (Bezugszeichen 91, Spalte 7, Zeilen 13 und 14) gelöst werden, um die Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt von dem "Verteiler" (Anschlussteil 27) abzuziehen. Damit ist gerade die Montageanordnung gemäß Merkmal 1.3.1 bei einer erneuten Montage nicht mehr gegeben, sondern es muss neu justiert werden. Die Montageund Anschlussbasis sowie der Verteilerabschnitt sind jeweils nicht für zwei oder mehrere getrennte Extrusionsmassenströme vorgesehen (Merkmal 1.3.2), da auch bei der Montageund Anschlussbasis mit dem Zusammenstoßen der Kanäle in der Grenzfläche zum Verteilerabschnitt eine Fließkanaltrennung von (getrennt) verlaufenden Kanälen in dem Verteilerabschnitt nicht (praktikabel) möglich ist (Merkmal 1.3.3). Der linksseitige Anschluss der Montageund Anschlussbasis nach Figur 2 ist für den Anschluss lediglich an einen Fließkanal verwendbar. Zudem sind der D1 keine Aussagen über Dichtmittel an den Stoßstellen zwischen dem Tragring (28) und dem Rohrkopf (25, entsprechend Düsenabschnitt im Streitpatent) zu entnehmen (Merkmal 1.4).

Auch die Druckschrift EP 0 243 516 A1 (D2) betrifft eine Vorrichtung zum Extrudieren eines doppelwandigen Kunststoffrohrs mittels eines Coextrusionsverfahrens (Merkmal 1), wobei jedoch auch hier lediglich ein Ausgangs-Schmelzestrom betrachtet wird. Damit ist auch aus der D2 das Merkmal 1.1 des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Streitpatent nicht bekannt. Damit verbunden ist analog zur Betrachtung gemäß der D1, dass ein entsprechender Verteilerabschnitt und eine entsprechende Montageund Anschlussbasis, wie im Streitpatent gemäß den Merkmalen 1.3.2 und 1.3.3 spezifiziert, in der D2 nicht beschrieben sind. Eine Abdichtproblematik oder allgemeine Ausführungen zu Dichtmitteln sind der D2 ebenfalls nicht zu entnehmen (Merkmal 1.4).

Zu den weiteren von der Einsprechenden aufgeführten Dokumenten D3 bis D5 wurden in der Einspruchsbegründung keine weiteren Ausführungen gemacht.

Aus der GB 994 567 A (D3) ist ein Werkzeug für die Extrusion eines doppelwandigen Rohres bekannt, das jedoch zum Streitpatent weiter ab liegt. In der D3 liegt bereits keine Montageund Anschlussbasis zwischen einem Verteiler und einem Düsenabschnitt vor.

Die Druckschrift WO 96/28294 A1 (D4) betrifft bereits kein Coextrusionswerkzeug und weist demzufolge keinen entsprechenden Verteilerabschnitt auf, wie dies beim Streitpatentgegenstand vorgesehen ist. Damit ist ebenfalls der gegebenenfalls als Montageund Anschlussbasis anzusehende Düsenkopf (12) nicht für zwei oder mehr getrennte Extrusionsmassenströme vorgesehen. Eine in der D4 ausgeführte zusammenhängende Demontagemöglichkeit der Düsenkopfteile (10) und (12; Seite 6 unten bis Seite 7 oben) kann somit nicht mit der verbundenen Demontage von Montageund Anschlussbasis mit dem Düsenabschnitt einer Coextrusionsdüse verglichen werden, da hier andere Verhältnisse vorliegen.

Das Dokument DE 40 10 404 A1 (D5) betrifft zwar eine Extrudiervorrichtung mit zwei unterschiedlichen Massenströmen aus zwei Extrudern, diese werden jedoch nicht über einen Verteilerabschnitt zugeführt und somit gibt es auch keine dem Streitpatent entsprechende Montageund Anschlussbasis. Insofern liegt auch die Druckschrift D5 weiter ab vom angegriffenen Gegenstand des Streitpatents.

4. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn für die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik keine Anregungen.

Ausgehend von einer der Druckschriften D1, D2 oder auch D6 mag sich der Fachmann, der stets einen vielseitigen und wirtschaftlichen Einsatz der modular aufgebauten Düsenanordnungen anstrebt, zum Ziel setzen, die Düsenanordnungen so weiterzuentwickeln, dass eine Mehrzahl von Massenströmen durch den Anschluss an zwei oder mehrere Extruder verarbeitet werden kann. Aus diesen Druckschriften heraus findet er keine Anregungen zur Lösung des Anbindungsproblems, da jeweils nur ein zentraler Zuführungskanal vorhanden ist. Eine potentiell denkbare Anbindung eines zweiten Flansches mit einem weiteren (gegebenenfalls exzentrischen) Zuführungskanal an die jeweiligen Verteilerabschnitte führt auch nicht zur beanspruchten Lehre, da die Verteilerabschnitte für die Zuführung von zwei Massenströmen nicht geeignet sind und zudem gemäß den Druckschriften D1 und D2 getrennt vorliegende Kanäle in dem Verteilerabschnitt nicht getrennt durch die Montageund Anschlussbasis geleitet werden könnten.

Auch die Hinzuziehung der Druckschrift D5 -des einzigen Dokuments, das eine Verarbeitung von zwei der Düsenanordnung getrennt zugeführten Massenströmen offenbart -führt den Fachmann nicht zur aufgezeigten Lösung des Streitpatents. Denn dort werden die zwei Massenströme in getrennten Bauelementen direkt den entsprechenden Kanälen des Düsenabschnitts zugeführt. Da kein Verteilerabschnitt, der beide eingeleiteten Massenströme in getrennten Kanälen "verteilt", und zudem auch keine Montageund Anschlussbasis vorhanden ist, die ebenfalls in getrennten Kanälen die Massenströme in den Düsenabschnitt leitet, kann der Fachmann dieser Druckschrift keinen Lösungsansatz entnehmen, um zur streitpatenten Lösung zu gelangen. Da die wesentlichen Bauelemente "Verteilerabschnitt" und "Montageund Anschlussbasis" in der D5 gar nicht vorhanden sind, wird der Fachmann durch diese offenbarte Lösung von der Lösung des Streitpatents sogar weg geführt. Insofern scheidet auch ein Ausgehen von der Druckschrift D5 als Ausgangspunkt der Betrachtungen aus.

Auch die weiter abliegenden Druckschriften D3 und D4 liefern dem Fachmann keinen Beitrag, um die beanspruchte Lösung aufzufinden.

Der entgegengehaltene Stand der Technik konnte somit weder für sich genommen noch in der Zusammenschau betrachtet dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nahelegen, bei dem zudem noch bei Demontage der Montageund Anschlussbasis mit der Düsenanordnung die Montageanordnung gegenüber dem Verteilerabschnitt dauerhaft erhalten bleibt. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne Weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf eine erfinderische Tätigkeit schließen lassen. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des Streitpatents hat somit Bestand.

5.

Die Unteransprüche 2 bis 6 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Patentanspruchs 1, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen. Sie haben daher ebenfalls Bestand.

6.

Der seitens der Einsprechenden geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung des Gegenstands gemäß dem Dokument D6 brauchte nicht weiter nachgegangen zu werden, da auch unter Hinzuziehung des Inhalts der D6 die Vorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents nicht nahegelegt ist.

7.

Eine mündliche Verhandlung war nicht erforderlich. Die Einsprechende hat mitgeteilt, dass sie an der von ihr hilfsweise beantragten Verhandlung nicht teilnehmen wird, und darum gebeten, nach Aktenlage zu entscheiden. Der Senat hat diese Erklärung als Rücknahme des hilfsweisen Terminsantrags gewertet (Busse PatG 6. Aufl. § 78 Rn. 11).

Bei dieser Sachlage war das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Dr. Zehendner Dr. Huber Reker Dr. Dorfschmidt Cl






BPatG:
Beschluss v. 18.11.2010
Az: 8 W (pat) 334/06


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