Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 256/99

(BPatG: Beschluss v. 01.08.2001, Az.: 32 W (pat) 256/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. April 1998 und vom 28. Dezember 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet ist für die Waren Armaturen für Wasserleitungs-, Warmwasserbereitungs-, Bade-, Brause- und Waschanlagen, nämlich manuell, thermostatisch und berührungslos geregelte Mischbatterien, Mischventile, Regelventile, Absperrventile; Brausen, Brausehalterungen, Brauseschläuche; Wassereinläufe, Wasserausläufe; Kartuschen und Oberteile für Sanitärarmaturen; mechanische Sicherheitsventile und daraus im wesentlichen bestehende Sicherheitsgruppen für Sanitärinstallationendie farbige Bildmarkehttp://agora/bpatg2/docs/32W(pat)256-99.3.gif Die Markenstelle für Klasse 11 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 6. April 1998 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 28. Dezember 1998 zurückgewiesen, weil es sich bei der Marke um die naturgetreue Abbildung einer handelsüblichen Steuereinheit für wasserführende Armaturen handle. Damit fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. Die farbige Abbildung zeige nur die tatsächliche Ausgestaltung des Produkts. Die Kunststofftechnik erlaube vielfältige farbliche Gestaltungen, und es sei üblich, dies zu nutzen. Darüber hinaus handle es sich um eine freihaltungsbedürftige Angabe.

Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, nur für Kartuschen zeige die als Marke angemeldete Abbildung die Ware selbst. § 3 Abs 1 MarkenG erkenne aber die Form der Ware als markenfähig an. Die abgebildete Kartusche sei nicht handelsüblich.

Sie habe im Anmeldeantrag "farbige Eintragung" angekreuzt. Eine Beschreibung sei nicht notwendig gewesen. Die aus vier Farben bestehende Kombination sei weder üblich noch technisch bedingt. Viele Produkte könnten verschiedenfarbig gestaltet werden; dies spreche nicht gegen Unterscheidungskraft. Die beanspruchten Waren kaufe der Verbraucher nicht nach dem Aussehen, so dass die Farben keine gefällige Ausstattung seien. Damit entfalle auch das Freihaltungsbedürfnis. Für alle übrigen Waren gelte dies noch mehr.

Die Anmelderin legte Prospekte von Wettbewerbern vor und führte dazu aus, einige Hersteller böten Kartuschen in herstellungsbedingten Farben an, wobei nur die Dichtungen farblich abgesetzt seien. Zunehmend gingen die Hersteller aber dazu über, Farben als betriebliche Herkunftshinweise zu verwenden. Die Prospekte zeigten eine solche Fülle unterschiedlicher Farbkombinationen.

Ein Teil ihrer Waren beinhalte zwar Kartuschen; diese seien aber nicht sichtbar. Ein weiterer Teil enthalte nicht einmal Kartuschen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Deutschen Patentamts vom 6. April 1998 und 28. Dezember 1998 aufzuheben, hilfsweise, die Beschlüsse für folgende Waren aufzuheben: Armaturen für Wasserleitungs-, Warmwasserbereitungs-, Bade-, Brause- und Waschanlagen, nämlich manuell, thermostatisch und berührungslos geregelte Mischbatterien, Mischventile, Regelventile, Absperrventile; Brausen, Brausehalterungen, Brauseschläuche; Wassereinläufe, Wasserausläufe; mechanische Sicherheitsventile und daraus im wesentlichen bestehende Sicherheitsgruppen für Sanitärinstallationennächsthilfsweise, die Beschlüsse für folgende Waren aufzuheben: Brausen, Brausehalterungen, Brauseschläuche; Wassereinläufe, Wasserausläufe; mechanische Sicherheitsventile und daraus im wesentlichen bestehende Sicherheitsgruppen für Sanitärinstallationen II.

Die zulässige Beschwerde hat im Hauptantrag Erfolg.

Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) noch das einer beschreibenden Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bereits eine geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden.

Gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass einer Marke und ihrer farblichen Gestaltung eine für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung zugeordnet werden kann, die der angesprochene Kundenkreis - etwa wegen einer entsprechenden technischen Verwendung - nicht als Unterscheidungsmittel versteht, so ist Unterscheidungskraft gegeben (vgl BGH GRUR 2000, 722 - LOGO mwNachw).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren fehlt.

Die Gestalt der Steuerpatrone in Form einer handelsüblichen Kartusche ist allerdings nicht unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG (vgl BGH GRUR 1995, 732, 734 - Füllkörper), denn sie weist nur technisch bedingte Gestaltungsmerkmale auf, die nicht geeignet sind, herkunftshinweisend zu wirken (vgl BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge).

Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die farbliche Gestaltung der Steuerpatrone ein bestimmtes Unternehmen kennzeichnet. Die Farbe einer Ware ist nur dann ohne jegliche Unterscheidungskraft, wenn sie erkennbar technisch oder funktional bedingt ist oder dazu dient, ein ästhetisch ansprechendes Aussehen zu verleihen. Diese Zwecke werden hier mit der grünen Farbe aber ersichtlich nicht verfolgt. Es war nicht feststellbar, dass die grüne Farbe technisch oder funktional bedingt ist. Sie ist auch kein bloßes Schmuckelement, denn anders als etwa im Badezimmerbereich, in dem auch Sanitärteile gerne farblich an das Ambiente angepasst werden, handelt es sich hier um Einbauteile, die nicht sichtbar sind und daher nicht auf die Farbe von Fliesen, Sanitärartikeln oder Armaturen abgestimmt werden. Vielmehr dient die Farbgebung hier dem Fachmann zur Unterscheidung der Patrone hinsichtlich ihrer betrieblichen Herkunft. Auf dem einschlägigen Warengebiet bedienen sich die Hersteller farblicher Gestaltungen als Unterscheidungsmittel ("Hausfarbe") gegenüber den Produkten der Mitbewerber. Das hat für den Fachmann, etwa für den zur Reparatur bestellten Installateur, den Vorteil, dass er mit einem Blick erkennt, von welchem Hersteller ein Ersatzteil stammen muss.

Die angemeldete Marke ist auch nicht nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, da die grüne Farbe nach den Feststellungen des Senats nicht zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Ware dienen kann.

Winkler Klante Dr. Albrecht Cl






BPatG:
Beschluss v. 01.08.2001
Az: 32 W (pat) 256/99


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