Oberlandesgericht München:
Urteil vom 23. Oktober 2008
Aktenzeichen: 29 U 5696/07

(OLG München: Urteil v. 23.10.2008, Az.: 29 U 5696/07)

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 14. November 2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000, € abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung wegen der Kosten kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit eines elektronischen Querverweises (Hyperlink oder Link) im Internetauftritt eines IT-Nachrichtendienstes.

Die Klägerinnen stellen Bild- und Tonträger her und sind Inhaberinnen der daraus erwachsenden Rechte. Allein 29 der 30 bestverkauften Musik-DVDs des Jahres 2006 in Deutschland stammen von den Klägerinnen.

Die Beklagte bringt verschiedene Zeitschriften, darunter die Zeitschrift x, heraus und betreibt unter der Internetadresse www.h. .de den IT-Nachrichtendienst h. online.

Im Heft 7/2003 der Zeitschrift x berichtete die Beklagte über Abspielschwierigkeiten, die bei Musik-CDs von Kopierschutzmaßnahmen verursacht würden; dabei führte sie aus, dass mehrere der Klägerinnen derartige Schutzmaßnahmen ergriffen hätten (vgl. Anlage K 26). Um ihren Lesern zu ermöglichen, sich bereits vor dem Kauf über die bei einem bestimmten Medium eingesetzten Kopierschutzmaßnahmen zu informieren, richtete die Beklagte eine aus Lesereinträgen bestehende Datenbank mit dem Namen x-CD-Register ein, die nach Eingabe des Interpreten oder Werktitels darüber informiert, von welchem Unternehmen die CD oder DVD stammt sowie ob bzw. welcher Kopierschutz auf dem Medium zum Einsatz kommt. Darin sind auch Tonträger der Klägerinnen als kopiergeschützt erfasst (vgl. Anlage K 27).

Am 7. Juli 2003 berichtete die Beklagte in h. online, dass das Programm CloneDVD auch nach der anstehenden Novellierung des Urheberrechts mit weißer Weste dastehen werde: während dieses Programm alle Kopierschutzmechanismen unangetastet lasse, kümmere sich ein Tool namens AnyDVD um den künftig illegalen Teil, das den Abspielschutz CSS entschlüssele und User-Prohibitions deaktiviere. Das schwarze Schaf AnyDVD sei kürzlich an das antiguanische Unternehmen S. Inc. (im Folgenden: S. ) verkauft worden; aus den sicheren Gefilden der West Indies biete S. AnyDVD nun zum Download an (vgl. Anlage K 7).

Am 1. August 2004 berichtete die Beklagte in h. online darüber, dass AnyDVD nach der Novellierung des Urheberrechts in Deutschland nicht mehr verkauft werden dürfe.

Um Verstöße gegen das Werbeverbot des § 95a Abs. 3 UrhG auszuschließen, führte die Beklagte eine Liste mit solchen Unternehmen, die entsprechende Programme verbreiten, in die sie S. aufnahm.

Am 19. Januar 2005 veröffentlichte sie folgenden, den vorliegenden Rechtsstreit auslösenden Artikel in h. online (vgl. Anlage K 4):

AnyDVD überwindet Kopierschutz von Un-DVDs

Der in Antigua ansässige Hersteller S. hat ein Update für seinen Kopierschutzknacker AnyDVD veröffentlicht, das nicht nur den CSS-Schutz von DVDs entfernt, sondern auch drei weitere Kopiersperren für Un-DVDs aushebelt. [...]

So rühmt sich S. , mit AnyDVD 4.5.5.1 Sonys DVD-Kopiersperre ARccOS aushebeln zu können zu können [...]. Wir knacken den Kopierschutz schneller, als ihn die Filmindustrie unter die Leute bringen kann, freut sich S. -Chef G. B. geradezu schelmisch über die wenig effektiven Schutzverfahren.

Auch der nach ähnlichem Prinzip funktionierende koreanische DVD-Kopierschutz Settec-Alpha-DVD soll von AnyDVD bereits überwunden werden. Gleiches gilt für den bereits seit Frühjahr 2004 unter anderem bei den DVDs der Augsburger Puppenkiste genutzten DVD-Kopierschutz, der als Puppenlock oder Puppetlock bekannt geworden ist. Vielleicht sieht die Filmindustrie ja dadurch ein, wie sinnlos so ein Kopierschutz eigentlich ist. Er ist kostspielig und führt oft zu Kompatibilitätsproblemen beim Kunden, kommentiert B. weiter.

Eines erwähnt B. jedoch nicht: AnyDVD hebelt reihenweise die Verfahren aus, die die Industrie zusätzlich zu dem eigentlich als Abspielkontrolle gedachten CSS einsetzt; und es ist in vielen Ländern so auch in Deutschland und Österreich inzwischen verboten, dies zu tun. Der reine Besitz kopierschutz-knackender Software ist allerdings nicht strafbar.

Zumindest für sein Projekt CloneCD meint S. allerdings auf Grund eines von der Firma in Auftrag gegebenen Gutachtens, sein Einsatz sei auch nach dem neuen Urheberrecht eigentlich gar nicht verboten: Bei den heutzutage eingesetzten Kopierschutztechniken handele es sich um eine wirksame technische Maßnahme nach § 95a Urheberrechtsgesetz , meint man bei S. . Die Musikindustrie sieht dies natürlich anders und auch die Film-Branche wird sich auf solche Argumentationsschienen zu AnyDVD wohl kaum einlassen. (vza/x)

Die unterstrichenen Worte waren dabei als Link ausgestaltet; der Link bei dem Wort S. in der ersten Zeile des Artikels führte zum Internetauftritt von S. unter der Domain www.s. .com. Von dort wurde der als deutschsprachig erkannte Besucher automatisch auf den deutschsprachigen Auftritt von S. unter www.s. .com/de weitergeleitet, der neben Angaben zu den weiteren S. -Produkten CloneCD und CloneDVD und einem mit Download beschrifteten Feld folgende Angaben zu AnyDVD enthielt (vgl. Anlage K 5):

AnyDVD ist ein Treiber, der im Hintergrund automatisch und unbemerkt eingelegte DVD-Filme entschlüsselt. Für das Betriebssystem und alle Programme scheint diese DVD niemals einen Kopierschutz oder Regionalcode-Beschränkungen gehabt zu haben. Mit Hilfe von AnyDVD sind somit auch DVD-Kopierprogramme wie CloneDVD, Pinnacle InstantCopy, Intervideo u. a. in der Lage, kopiergeschützte DVD-Filme zu verarbeiten. AnyDVD entschlüsselt aber nicht nur DVDs: AnyDVD ermöglicht auch das Abspielen, Kopieren und Rippen kopiergeschützter Audio-CDs!

Mit E-Mail vom 21. Januar 2005 wandten sich die anwaltlichen Vertreter der Klägerinnen an die Beklagte und forderten sie zur Unterlassung auch des Links auf, wobei sie auf die Rechtswidrigkeit des Programms AnyDVD hinwiesen (vgl. Anlage K 13). Nachdem der Justiziar der Beklagten jegliche Änderung des Artikels abgelehnt hatte, forderten die Klägerinnen die Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 2005 (vgl. Anlage K 15) unter Hinweis darauf, dass durch die Linksetzung die rechtswidrige Verbreitung des rechtswidrigen Programms AnyDVD unterstütze, zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte veröffentlichte noch am selben Tag in h. online einen Beitrag über die Abmahnung, in dem ein Link auf den Beitrag vom 19. Januar 2005 gesetzt wurde, der seinerseits weiterhin den Link auf den Internetauftritt von S. enthielt (vgl. Anlage K 16). Am 9. Februar 2005 veröffentlichte die Beklagte einen weiteren h. -online-Beitrag zu AnyDVD und CloneCD, die sie darin als Programme zur Umgehung der technischen Schutzmaßnahmen bezeichnete und in den sie erneut einen Link auf den Internetauftritt von S. aufnahm (vgl. Anlage K 18).

Die Klägerinnen beantragten eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten die Berichterstattung über AnyDVD und die Setzung des Links auf den Internetauftritt von S. verboten werden sollten. Landgericht (vgl. GRUR-RR 2005, 214 ff. DVD-Kopierschutz) und Senat (vgl. GRUR-RR 2005, 372 ff AnyDVD I) lehnten ein Verbot der Berichterstattung wegen des Gewichts der Pressefreiheit ab, verboten der Beklagten aber die Linksetzung. Das Bundesverfassungsgericht nahm die gegen das Verbot gerichtete Verfassungsbeschwerde der Beklagten nicht zur Entscheidung an (vgl. BVerfG GRUR 2007, 1064 ff. Kopierschutzumgehung), weil die Beklagte den Rechtsweg in der Hauptsache noch nicht erschöpft hatte.

Die Klägerinnen sind der daraufhin von der Beklagten beantragten Anordnung gemäß § 926 Abs. 1 ZPO, die Hauptsacheklage zu erheben, nachgekommen.

Sie haben mit ihrer Klage vorgetragen, sie setzten zum Schutz ihrer Bild- und Tonträger Kopierschutztechnologien ein, die dazu bestimmt und geeignet seien, eine Vervielfältigung zu verhindern. AnyDVD sei geeignet und dazu bestimmt, Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen. Der Beklagten seien im Zeitpunkt der Linksetzung die rechtswidrigen Inhalte des verlinkten Internetauftritts positiv bekannt gewesen. Die Klägerinnen haben die Auffassung vertreten, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe sowohl auf Grund vorsätzlicher Beihilfe der Beklagten zur illegalen Verbreitung von AnyDVD als auch nach den Grundsätzen der Störerhaftung.

Sie haben beantragt,

der Beklagten bei Meidung näher bestimmter Ordnungsmittel zu verbieten.

den Bezug der Software AnyDVD durch das Setzen eines Hyperlinks auf einen Internetauftritt der Herstellerfirma, auf dem diese Software zum Download angeboten wird, zu ermöglichen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, sich einer eigenen rechtswidrigen Handlung nicht bewusst gewesen zu sein. Daneben hat sie die Auffassung vertreten, die Linksetzung sei wegen der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) verfassungsrechtlich zulässig; der Link sei das zentrale Ordnungselement des Internet schlechthin; er sei kein zusätzlicher Service, sondern schöpfe die Möglichkeiten erst aus, die das Internet der auf weitest mögliche Authentizität ausgerichteten Presse zur Verfügung stelle. Außerdem komme ein Unterlassungsanspruch schon nicht in Betracht, weil weder die Voraussetzungen einer Beihilfe zu einem Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG noch diejenigen einer Störerhaftung gegeben seien. Weder sei eine Haupttat, für die der Link eine Unterstützungshandlung sein könnte, vorgetragen noch sei die Störerhaftung, die auf Fälle der Verletzung absoluter Rechte zugeschnitten sei, bei der Verletzung von Verhaltensunrecht anwendbar. § 95a Abs. 3 UrhG sei auch kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Im Übrigen stelle die Linksetzung keine adäquat-kausale Förderung eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG dar, weil der Internetauftritt von S. ohne weiteres auch über Suchmaschinen oder gängige Browserprogramme gefunden werden könne.

Mit Urteil vom 14. November 2007 (vgl. MMR 2008, 192 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte hafte nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung. Diese Grundsätze seien nach der Entscheidung Schöner Wetten des Bundesgerichtshofs (GRUR 2004, 693 ff.) auf Fälle der Linksetzung auf eine Internetauftritt, der rechtswidrigem Handeln diene, anwendbar. Daran sei trotz der Kritik im Schrifttum am Institut der Störerhaftung, vornehmlich im Falle von Verhaltensunrecht, festzuhalten. Insbesondere sei die Störerhaftung im Streitfall angezeigt, weil der Umgehungsschutz des § 95a UrhG zwar kein neues absolutes Recht geschaffen habe, sondern lediglich eine die urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte flankierende Verhaltensnorm, aber gerade dem Schutz absoluter Rechte wie dem Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers diene.

Die Klägerinnen seien aktivlegitimiert. Das Gericht sehe es als erwiesen an, dass die Klägerinnen bei Bildtonträgern, an denen ihnen Rechte zustünden, tatsächlich wirksame Kopierschutzmaßnahmen verwendeten. Das ergebe sich aus dem Vortrag der Klägerinnen hinsichtlich der konkret verwendeten Systeme für ihre im Einzelnen benannten Bildtonträger, aus dem Umstand, dass AnyDVD entsprechende Systeme erkenne, aus der von der Beklagten selbst eingerichteten Datenbank x-CD-Register mit Angaben über Kopierschutzmaßnahmen und deren Wirksamkeit auch bei den Klägerinnen zuzuordnenden Tonträgern sowie aus den eigenen Artikeln der Beklagten über die Verwendung von Kopierschutzmaßnahmen auch durch die Klägerinnen. Das einfache Bestreiten der Wirksamkeit i. S. d. § 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG der von den Klägerinnen eingesetzten Maßnahmen durch die Beklagte sei unbehelflich; angesichts ihrer eigenen Berichterstattung hätte die Beklagte substantiiert bestreiten müssen, dass die Kopierschutzmaßnahmen der Klägerinnen einen bestimmten Mindeststandard unterschritten, so dass bereits der durchschnittliche Benutzer dadurch nicht von Verletzungen des Urheberrechts abgehalten werden könne.

S. verstoße mit ihrem Internetauftritt, in dem sie für das Programm AnyDVD werbe und das sie zum Download anbiete, gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Die Klägerinnen hätten durch die Vorlage entsprechender Bildschirmabbildungen dargelegt, dass S. AnyDVD als Produkt zur Umgehung von wirksamen Kopierschutzmaßnahmen vermarkte sowie zum Download bereit halte und damit vertreibe. Nicht zuletzt angesichts dieser Werbeäußerungen wäre das Bestreiten der Beklagten unsubstantiiert. Es könne außerdem nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass ein Unternehmen über Jahre hinweg eine tatsächlich zu den beworbenen Zwecken ungeeignete bzw. nicht funktionierende Software erfolgreich vertreibe und dass die Beklagte als seriöses Medienunternehmen ungeprüft und vielfach über einen langen Zeitraum hinweg in ihren Artikeln entsprechend unrichtige Aussagen getroffen habe.

Die für die Störerhaftung erforderliche willentliche und adäquate Unterstützung des Verstoßes von S. sei im Setzen des Links auf den Internetauftritt von S. zu sehen. Die Beklagte habe dadurch das Auffinden des Internetauftritts zumindest erleichtert und damit die Gefahr von Rechtsgutverletzungen erhöht. Daran ändere sich auch nichts im Vergleich mit der von der Beklagten angeführten alternativen Betrachtungsweise, dass es den angesprochenen Verkehrskreisen keine nennenswerten Schwierigkeiten bereite, den Internetauftritt nach Lektüre des Artikels auch ohne Link zu erreichen, da es einen auch rechtlich relevanten Unterschied ausmache, ob ein Leser des Artikels bereits durch bloßes Anklicken des Links zum rechtswidrigen Internetauftritt gelange oder ob er erst noch durch Übernahme eines geeigneten Suchbegriffs in eine Suchmaschine oder etwa durch Eingeben des Namens des Herstellers in die Browser-Adresszeile tätig werden müsse. Die Unterstützungshandlung sei auch willentlich erfolgt. Schon aus dem streitgegenständlichen Artikel selbst ergebe sich, dass die Beklagte Kenntnis davon gehabt habe, dass der verlinkte Internetauftritt rechtswidrigem Handeln gedient habe. Die Kenntnis der Beklagten ergebe sich auch aus mehreren früheren Artikeln zu dem Programm. Darüber hinaus lasse sich die Kenntnis der Beklagten von der Rechtswidrigkeit des Programms dem Umstand entnehmen, dass sie S. in eine schwarze Liste aufgenommen habe, um Verstöße gegen das Werbeverbot des § 95a Abs. 3 UrhG auszuschließen. Schließlich habe die Beklagte auch durch die E-Mail des anwaltlichen Vertreters der Klägerinnen vom 21. Januar 2005 und die förmliche Abmahnung vom 28. Januar 2005 Kenntnis erlangt.

Durch die dergestalt begründete Störerhaftung werde die Pressefreiheit der Beklagten (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 EMRK) nicht verletzt. Bei § 95a Abs. 3 UrhG handele es sich um ein allgemeines Gesetz i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG, das seinerseits im Lichte des für die Beklagte streitenden Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgelegt und angewandt werden müsse. Zugleich sei aber die Befugnis der Klägerinnen zur wirtschaftlichen Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen als vermögenswertes Recht zu berücksichtigen, das von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erfasst und von § 95a Abs. 3 UrhG geschützt werde. Diese konkurrierenden Grundrechte seien durch Anwendung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Sinne einer praktischen Konkordanz bestmöglich in Einklang zu bringen. Wegen der zentralen Bedeutung von Links im Rahmen der Online-Berichterstattung sei im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses grundsätzlich von der Zulässigkeit einer Linksetzung und in der Konsequenz regelmäßig vom Fehlen einer Störerhaftung auszugehen. Jedenfalls wenn ein Presseunternehmen positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts habe, müsse allerdings eine Ausnahme gemacht werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Daneben rügt sie, das Landgericht sei auf Grund unsubstantiierten und auch bestrittenen Vortrags der Klägerinnen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese wirksame Kopierschutzmaßnahmen einsetzten und dass AnyDVD zur Umgehung solcher Maßnahmen geeignet sei.

Sie beantragt,

das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen

Die Klägerinnen verteidigen das landgerichtliche Urteil und beantragen,

die Berufung zurückzuweisen

Im Übrigen wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 23. Oktober 2008 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Unterlassung verurteilt.

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die deutschen Gerichte entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. S. 37 d. Berufungsbegründung = Bl. 311 d. A.) international zuständig. Das folgt schon daraus, dass die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO, Peifer IPRax 2006, 246 [247]). Ob bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen eines Links an die den Verweis enthaltende Internetseite angeknüpft wird oder an die Seite, auf die verwiesen wird, ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine Frage der internationalen Zuständigkeit, sondern der Bestimmung des anwendbaren Rechts und damit eine solche der Begründetheit.

II. Die Klage ist auch begründet.

1. Auf den Streitfall ist deutsches Recht anzuwenden.

Die Klägerinnen machen Ansprüche unter Berufung auf deutsche urheberrechtliche Vorschriften geltend. Nach dem auch im Urheberrecht geltenden Territorialitätsprinzip kann eine inländische urheberrechtliche Rechtsposition grundsätzlich nur durch eine zumindest teilweise im Inland begangene Handlung verletzt werden (vgl. BGH GRUR 2007, 691 Staatsgeschenk Tz. 31 m. w. N.). Der Streitfall weist den danach erforderlichen Inlandsbezug auf, da sowohl der Artikel der Beklagten mit dem beanstandeten Link als auch der verlinkte Internetauftritt auf Internetnutzer in Deutschland ausgerichtet waren. Für den deutschsprachigen Artikel der Beklagten in einem Internetauftritt unter der Top Level Domain .de für Deutschland bedarf das keiner weiteren Erörterung. Dass der Auftritt von S. sich bestimmungsgemäß auch in Deutschland auswirken sollte, ergibt sich ungeachtet des Unternehmenssitzes in Antigua und der nicht ländergebundenen Top Level Domain .com daraus, dass sich dieser Auftritt in deutscher Sprache an Interessierte wendet und die Abbildung einer deutschen Fahne enthält (vgl. BGH GRUR 2007, 871 Wagenfeld-Leuchte Tz. 18 m. w. N.).

2. Die Klägerinnen sind aktiv legitimiert.

a) Hersteller, die zum Schutz ihrer Bild- und Tonträger wirksame Kopierschutzmaßnahmen einsetzen, gehören zu den von § 95a UrhG geschützten Rechtsinhabern und sind daher berechtigt, zivilrechtliche Ansprüche wegen einer Verletzung dieser Bestimmung geltend zu machen (vgl. BGH WRP 2008, 1449 Clone-CD Tz. 17 m. w. N.). Das gilt auch, soweit sie nicht gegen den Verletzer selbst, sondern gegen einen wegen der Verletzung durch einen Dritten Haftenden vorgehen.

b) Das Landgericht hat auf der Grundlage des Parteivorbringens sowohl festgestellt, dass die Klägerinnen bei Bild- und Tonträgern, an denen ihnen Rechte zustehen, Kopierschutzmaßnahmen verwenden, als auch, dass diese hinreichend wirksam sind (vgl. S. 18 f. UA).

Der Senat hat diese Feststellungen gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, weil die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte vorträgt, die Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten. Die Beklagte hat zwar den Vortrag der Klägerinnen zum Teil bestritten, aber keinen (Gegen-)Beweis für ihre Sichtweise angeboten. Dass das Landgericht bei diesem Streitstand zu den dargestellten Ergebnissen gelangt ist, ist ohne weiteres nachvollziehbar, wenn nicht sogar nahe liegend; Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Angriffe der Beklagten im Berufungsverfahren erschöpfen sich letztlich darin, deren eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen, ohne aber Rechtsfehler des Landgerichts aufzuzeigen.

aa) Sowohl die Berichterstattung der Beklagten zum Vorliegen von Kopierschutzmaßnahmen auch bei klägerischen Produkten als auch die Aufnahme klägerischer Produkte in das von der Beklagten geführte x-CD-Register als kopiergeschützt sind von Anfang an unstreitig. Zudem hat das Landgericht festgestellt, dass sämtliche von den Klägerinnen in Bezug genommenen Medien Hinweise gemäß § 95d UrhG auf Kopierschutzmaßnahmen aufweisen.

Angesichts dieser Umstände ist das Landgericht nicht gehindert gewesen, zu dem Ergebnis zu gelangen, die Behauptung der Klägerinnen, sie setzten Kopierschutzmaßnahmen nicht nur für CDs, sondern auch für DVDs ein, sei für wahr zu erachten (vgl. § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zumal die nicht unerhebliche Marktstellung der Klägerinnen die Annahme nahelegt, dass sie in besonderem Maße Interesse an der Verwendung solcher Maßnahmen haben.

bb) Gleiches gilt für die Feststellung des Landgerichts, diese Maßnahmen seien wirksam i. S. d. § 95a UrhG.

(1) Wirksam sind technische Maßnahmen gemäß § 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG unter anderem, soweit der Rechtsinhaber durch sie die Nutzung eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Schutzgegenstands durch einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellt, unter Kontrolle hält. Schon die Werbung des Herstellers eines Umgehungsmittels kann den Schluss auf die Wirksamkeit solcher Maßnahmen erlauben (vgl. BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 19).

(2) Neben den Werbeaussagen von S. zu den Fähigkeiten von AnyDVD sind auch die Aussagen der Beklagten in ihrer Berichterstattung über die Wirksamkeit auch der klägerischen Kopierschutzmaßnahmen unstreitig.

53Die auf diesen Umständen gründende Würdigung des Landgerichts, die klägerischen Maßnahmen seien hinreichend wirksam, lässt auch unter Berücksichtigung des soweit ersichtlich nicht rechtskräftigen Urteils des erstinstanzlichen Bezirksgerichts von Helsinki vom 25. Mai 2007 R 07/1004 (vgl. Anlage B 14 [Übersetzung ins Englische]), auf das sich die Beklagte beruft, keinen Rechtsfehler erkennen. Jenes Gericht schloss allein daraus, dass Umgehungsprogramme für den auch von den Klägerinnen benutzten Kopierschutz CSS zu Dutzenden im Internet sogar kostenlos zu finden seien und einige Betriebssysteme solche Programme sogar vorinstalliert enthielten, dass CSS keine wirksame technische Maßnahme mehr sei, ohne sich mit den Umgehungsmöglichkeiten durch den durchschnittlichen Benutzer auseinander zu setzen. Aus der bloßen Existenz von Umgehungsmaßnahmen kann indes nicht auf die Unwirksamkeit der betroffenen Schutzmaßnahmen geschlossen werden, denn dann fehlte der rechtlichen Regelung der Anwendungsbereich. Ihr ist vielmehr immanent, dass technische Maßnahmen grundsätzlich auch dann wirksam sein können, wenn ihre Umgehung möglich ist; andernfalls würde das Umgehungsverbot jeweils mit der Umgehung technischer Maßnahmen in Folge der dadurch erwiesenen Unwirksamkeit obsolet (vgl. BT-Drs. 15/38, S. 26; Götting in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 95a Rz. 21; Dreier in: Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 95a Rz. 15; Wandtke/Ohst in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 95a UrhG Rz. 50; Dreyer in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Heidelberger Kommentar zum UrhR, 2004, § 95a Rz. 21; Peukert in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2003, Kap. 34 Rz. 12). Es ist deshalb darauf abzustellen, ob der durchschnittliche Benutzer durch die Schutzmaßnahmen von Urheberrechtsverletzungen abgehalten werden kann (vgl. Götting, a.a.O. , Rz. 22; Wandtke/Ohst, a.a.O. ; jeweils m. w. N.). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auf der Grundlage der Berichterstattung der Beklagten und der Werbeaussagen von S. von der Wirksamkeit der von den Klägerinnen eingesetzten Schutzmaßnahmen in diesem Sinne ausgegangen ist.

3. Spezialgesetzliche Vorschriften, nach denen die Verantwortlichkeit der Beklagten für das Setzen eines Links zu beurteilen wäre, bestehen nicht. Das Telemediengesetz enthält ebenso wenig wie das zum Zeitpunkt des beanstandeten Artikels geltende Teledienstegesetz eine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines Links den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet (vgl. BGH GRUR 2008, 534 ueber18.de Tz. 20 m. w. N.).

4. Es kann dahin stehen, ob die Setzung eines Links auf fremde Internetauftritte nach den Grundsätzen der presserechtlichen Verbreiterhaftung zu bewerten ist (so Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 10 Rz. 249) und ob das auch gilt, wenn nicht Äußerungen in diesen Drittauftritten, sondern dort erhältliche Programme den Haftungsanlass darstellen. Selbst wenn eine Verbreiterhaftung nach diesen Grundsätzen im Streitfall deshalb nicht in Betracht käme, weil sich die Beklagte den Inhalt des verlinkten Internetauftritts nicht zu eigen machte (vgl. Senat, a.a.O. , AnyDVD I S. 373), wäre deren Haftung aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen.

5. Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche stehen den Klägerinnen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Teilnehmerhaftung gemäß § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2 BGB i. V. m. § 95a Abs. 3 UrhG zu.

a) Der Senat hat in seinem Urteil im Verfügungsverfahren die Frage offen gelassen, ob eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe in Betracht kommt, obwohl die Klägerinnen nicht glaubhaft gemacht hatten, dass es tatsächlich zu einem Download des Programms durch einen Internetnutzer mit Sitz in Deutschland gekommen sei (vgl. Senat, a.a.O. , AnyDVD I, S. 374). Der Bundesgerichtshof hat indes in zwei nach dem Erlass des Senatsurteils ergangenen Entscheidungen ausgeführt, dass gegen einen Teilnehmer auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch in Betracht kommt, wenn es zwar noch nicht zu einer Haupttat gekommen ist, die Teilnahmehandlung aber die Gefahr einer rechtswidrigen Handlung begründet (vgl. BGH GRUR 2008, 810 Kommunalversicherer Tz. 44 [zum Wettbewerbsrecht]; GRUR 2007, 708 Internet-Versteigerung II Tz. 30 [zum Markenrecht]).

b) Als Teilnehmer haftet danach auf Unterlassung, wer zumindest bedingt vorsätzlich den auch nur drohenden Verstoß eines anderen fördert. Dabei gehört zum Teilnehmervorsatz nicht nur die Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale, sondern auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat (vgl. BGH, a.a.O. , Kommunalversicherer Tz. 15 m. w. N.).

c) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

aa) Der Internetauftritt von S. , zu dem der beanstandete Link führte, verstieß gegen § 95a Abs. 3 UrhG.

(1) Die Regelung des § 95a Abs. 3 UrhG stellt ein Schutzgesetz dar, an dessen Vereinbarkeit mit der Verfassung entgegen der Auffassung der Beklagten keine Zweifel bestehen.

aaa) Die Regelung des § 95a UrhG ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 14 m. w. N.). Sie schützt Kopierschutzmaßnahmen, die ihrerseits ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Werk oder einen anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Gegenstand schützen. Derartige Maßnahmen dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden (§ 95a Abs. 1 UrhG). Mittel oder Dienstleistungen zur Umgehung dieser Maßnahmen dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden (§ 95a Abs. 3 UrhG). Der Schutz dieser Kopierschutzmaßnahmen ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz der mit deren Hilfe geschützten Werke und Leistungen der Rechtsinhaber. Er soll den Inhabern von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten zugute kommen, die solche Maßnahmen zum Schutz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen einsetzen (vgl. auch Begründungserwägungen 47 und 48 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 22. Mai 2001 [ABl. Nr. L 167 v. 22. Juni 2001, S. 10]; im Folgenden: Richtlinie 2001/29/EG). Der Umstand, dass § 95a UrhG unmittelbar die Schutzmaßnahmen und nur mittelbar die mit deren Hilfe geschützten Rechte der Rechtsinhaber schützt, ändert nichts daran, dass es sich bei dieser Bestimmung um ein Schutzgesetz zugunsten der Rechtsinhaber handelt; denn der Schutz der Rechtsinhaber ist nicht nur eine unbeabsichtigte Nebenfolge, sondern der eigentliche Sinn und Zweck dieser Bestimmung (vgl. BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 16).

§ 95a Abs. 3 UrhG ist deshalb auch geeignet, eine über den Täter hinausgehende Haftung zu begründen. Dass diese Vorschrift Verbote im Vorfeld der eigentlichen Umgehungsmaßnahmen beinhaltet (vgl. Dreier, a.a.O. , § 95a Rz. 17), steht einer solchen Haftung grundsätzlich nicht entgegen. Wenn der Gesetzgeber es für erforderlich erachtet hat, Vorfeldhandlungen wegen des darin liegenden Gefahrenpotenzials zu verbieten, so ist es auch angezeigt, vorsätzlich erbrachte Kausalbeiträge zu diesen verbotenen Handlungen als haftungsbegründend zu würdigen. Entsprechend hat der Gesetzgeber mit Rücksicht auf den weiten Umfang der hergebrachten urheberrechtlichen Verantwortlichkeit auf ergänzende Regelungen zur Umsetzung der aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 8 der Richtlinie 2001/29/EG folgenden Pflichten des nationalen Gesetzgebers zur Schaffung eines wirksamen Rechtsschutzes für die in der Richtlinie genannten technischen Maßnahmen verzichtet (so BVerfG, a.a.O. , Kopierschutzumgehung Tz. 20 unter Hinweis auf die Gegenäußerung der Bundesregierung auf BT-Drucks. 15/38, S. 39 zu der Stellungnahme des Bundesrats auf BT-Drucks. 15/38, S. 35 [dort Ziffer 1d]).

bbb) Das Verbot des Verbreitens von Erzeugnissen zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 28 m. w. N.).

65a-1) Auch soweit das Verbot des Vertriebs von Erzeugnissen zur Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen die Zulässigkeit der digitalen Privatkopie beschränkt (vgl. § 95a, § 95b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 108b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 111a Abs. 1 Nr. 1 UrhG), ist damit keine Verletzung des Eigentumsgrundrechts des Besitzers einer Kopiervorlage verbunden. Es handelt sich dabei lediglich um eine wirksame Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, da den Verbrauchern aus der Befugnis zur Privatkopie, die 1965 aus der Not der geistigen Eigentümer geboren wurde, kein Recht erwachsen ist, das sich heute gegen das seinerseits durch Art. 14 GG geschützte geistige Eigentum ins Feld führen ließe (vgl. BT-Drs. 16/1828 S. 20; ähnlich BVerfG GRUR 2005, 1032 [1033] Eigentum und digitale Privatkopie, BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 29; jeweils obiter dictum). Im Übrigen soll der Beklagten nicht die Unterstützung der Programmverbreitung durch Download gerade zur Anfertigung von Privatkopien untersagt werden, sondern die einschränkungslose Verbreitung.

a-2) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, § 95a UrhG enthalte einen Eingriff in die Informationsfreiheit, der nicht nach Art. 5 Abs. 2 GG gerechtfertigt sei. Das Grundrecht der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt zwar das Recht, sich selbst aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, garantiert aber keinen kostenlosen Zugang zu allen gewünschten Informationen (vgl. BT-Drucks. 16/1828, S. 20 f.; BGH, a.a.O. , Clone-CD Tz. 30), zumal der Besitzer der Kopiervorlage über die darin verkörperten Informationen bereits verfügt und es ihm bei der Kopieanfertigung nicht um den Zugang dazu, sondern lediglich um deren Vervielfältigung geht. Weder derjenige, der Kopierschutzmaßnahmen umgeht, noch diejenigen, die die Umgehungsmittel zur Verfügung stellen oder die Zurverfügungstellung unterstützen, können aus der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eine Rechtfertigung ihres Handelns herleiten.

(2) Die Verbreitung des Programms AnyDVD ist durch § 95a Abs. 3 UrhG verboten.

aaa) Das Landgericht hat ausgeführt, dass AnyDVD als zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen geeignet beworben worden sei und deshalb die Voraussetzungen des § 95a Abs. 3 Nr. 1 UrhG erfüllt seien. Zudem ist das Landgericht unter Heranziehung des unstreitigen klägerischen Vorbringens dazu, wie S. das Produkt AnyDVD bewarb und wie die Beklagte über das SlySoft-Angebot berichtete, sowohl von der tatsächlichen Umgehungsgeeignetheit des Programms als auch davon ausgegangen, dass S. Downloadmöglichkeiten tatsächlich funktionierender Programmversionen eröffnet habe (vgl. S. 20 f. UA).

Diese Feststellungen hat der Senat ebenfalls seiner Entscheidung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu Grunde zu legen, weil die Beklagte auch insoweit keine konkreten Anhaltspunkte vorträgt, die Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten.

bbb) Daneben begründete die nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts von S. angebotene Möglichkeit, das Programm herunterzuladen, zumindest auch die hinreichende Gefahr, dass dadurch das Programm auch in Deutschland verbreitet wird. Ob ein Leser des Artikels den Link tatsächlich benutzte, um zum Internetauftritt von S. zu gelangen und von dort AnyDVD herunterzuladen, ist nach der oben dargestellten neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, a.a.O. , Kommunalversicherer Tz. 44; a.a.O. , Internet-Versteigerung II Tz. 30) für den Rechtsstreit ohne Bedeutung.

cc) Die Beklagte förderte den Verstoß von S. durch den beanstandeten Link, weil sie dadurch den Lesern ihres Artikels den Zugang zum rechtswidrigen Internetauftritt von S. erleichterte, von dem AnyDVD heruntergeladen werden konnte (vgl. BGH, a.a.O. , Schöner Wetten S. 695). Angesichts der automatischen Weiterleitung zu der deutschsprachigen Unterseite des Auftritts mit der Adresse www.s. .com/de ist es unerheblich, dass die Beklagte den Link lediglich auf die Adresse www.s. .com gesetzt hatte.

Ohne Bedeutung ist auch, dass die Leser des Artikels den Internetauftritt von S. unter Zuhilfenahme der bloßen Nennung dieses Unternehmens die ohne Link als Berichterstattung zulässig ist (vgl. Senat, a.a.O. , AnyDVD I S. 373 f.) durch eigene Maßnahmen selbst auffinden könnten. Dass eine rechtswidrige Haupttat auch ohne den Beihilfebeitrag erfolgen könnte, lässt den Unterstützungscharakter der tatsächlich erfolgten Gehilfenhandlung nicht entfallen.

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, es läge rechtmäßiges Alternativverhalten vor, weil die Leser des Artikels den Internetauftritt von S. ohne weiteres auch selbst finden könnten. Das Alternativverhalten eines Dritten könnte denjenigen, der Teilnehmer an einer rechtswidrigen Handlung ist, selbst dann nicht aus der Haftung entlassen, wenn es rechtmäßig wäre; dies gilt umso mehr, als Selbsthilfemaßnahmen zur Umgehung eines Kopierschutzes auch dann rechtswidrig sind, wenn sie dazu dienen, von der Erlaubnis des § 53 Abs. 1 UrhG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfG, a.a.O. , Eigentum und digitale Privatkopie S. 1033 m. w. N.)

dd) Die Beklagte handelte bei der Linksetzung mit Teilnehmervorsatz.

(1) Sie wusste selbstverständlich, dass sie ihren Lesern durch den Link die Zugangsmöglichkeit zum Internetauftritt von S. erleichterte. Sie beruft sich auch im Rechtstreit gerade darauf, dass diese Erleichterung Wesensmerkmal des Internet-Journalismus sei.

Die Beklagte wusste auch, dass S. das Programm AnyDVD per Download über das Internet verbreitete, wie sich aus ihrem Artikel vom 7. Juli 2003 (vgl. Anlage K 7) ergibt. Damit einher ging die Kenntnis, dass der Internetauftritt von S. dem Programmvertrieb diente.

(2) Darüber hinaus setzt der Teilnehmervorsatz beim Teilnehmer das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der von ihm geförderten Handlung voraus (vgl. BGH, a.a.O. , Kommunalversicherer Tz. 42 m. w. N.). Das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass der Teilnehmer im Zeitpunkt der Teilnahmehandlung mit der Möglichkeit rechnete und dies billigend in Kauf nahm, dass der Haupttäter rechtswidrig handelte. Für die Annahme einer Billigung in diesem Sinne genügt, dass sich der Teilnehmer um seiner eigenen Ziele willen mit einem Verstoß abfand, auch wenn ihm ein solcher an sich gleichgültig oder unerwünscht war. Es reicht aus, dass sich der Teilnehmer einer Kenntnisnahme von der Rechtswidrigkeit des von ihm veranlassten oder geförderten Verhaltens entzieht (vgl. BGH, a.a.O. , Kommunalversicherer Tz. 45 m. w. N.). Das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit kann auch durch eine plausibel begründete Abmahnung herbeigeführt werden (vgl. BGH, a.a.O. , Kommunalversicherer Tz. 47 m. w. N.).

aaa) Die Kenntnis des Journalisten, der den Artikel vom 19. Januar 2005 verfasste, um die Rechtswidrigkeit des Internetauftritts von S. ergibt sich bereits zwingend aus dem Artikel selbst, in dem der Link erfolgt ist. Der darin enthaltene Satz

AnyDVD hebelt reihenweise die Verfahren aus, die die Industrie [...] einsetzt; und es ist in vielen Ländern so auch in Deutschland und Österreich inzwischen verboten, dies zu tun.

erschöpfte sich entgegen der nunmehr geäußerten Auffassung der Beklagten nicht in einer abstrakten Information der Leser über die Rechtslage, sondern drückte zutreffend und unmissverständlich aus, dass das Angebot gerade von AnyDVD rechtswidrig war.

Die Kenntnis dieses Mitarbeiters muss sich die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB zurechnen lassen. Diese Vorschrift gilt nicht nur für die rechtsgeschäftliche Vertretung und die Wissensvertretung; ihr ist vielmehr unabhängig von einem Vertretungsverhältnis der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, sich das Wissen des anderen zurechnen lassen muss (vgl. BGH NJW-RR 2001, 127 [128]; Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 166 Rz. 41; jeweils m. w. N.).

bbb) Zu Recht hat das Landgericht auch aus der Entscheidung der Beklagten, mit S. keine Werbeverträge zu schließen, hergeleitet, dass der Beklagten die Rechtswidrigkeit deren Angebots bekannt war. Angesichts der bereits vor dem beanstandeten Artikel erfolgten Berichterstattung der Beklagten über das Verbot von AnyDVD ist davon auszugehen, dass die Aufnahme in die Liste der Unternehmen, für die nicht geworben werden sollte, zumindest auch auf dem Angebot dieses Programms beruhte. Selbst wenn der Werbeausschluss nur vorsorglich erfolgt sein sollte, zeigt er, dass die Beklagte die Möglichkeit eines rechtswidrigen Handelns von S. erkannt hatte.

ccc) Daneben führten die Abmahnungen der Klägerinnen vom 20. und 28. Januar 2005 das Bewusstsein der Beklagten von der Rechtswidrigkeit herbei, weil diese hinreichend plausibel die Rechtswidrigkeit des S. -Auftritts darlegten. Gleichwohl setzte die Beklagte danach abermals in den Beiträgen vom 28. Januar und vom 9. Februar 2005 einen Link auf den S. -Auftritt. Jedenfalls durch die Linksetzungen nach Abmahnung wurde die Teilnehmerhaftung der Beklagten begründet.

(3) Ob die Beklagte nicht nur um die Rechtswidrigkeit des Angebots von S. , sondern auch um die Rechtswidrigkeit ihres eigenen Unterstützerhandelns wusste, ist für ihre Unterlassungsverpflichtung ohne Belang. Ob ein Täter hier Täter der Beihilfehandlung der Auffassung ist, durch seine eigene Handlung straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat grundsätzlich keine Bedeutung für seine Strafbarkeit (vgl. BGH GRUR 2008, 818 Strafbare Werbung im Versandhandel Tz. 58 m. w. N.). Nichts anderes gilt für die deliktische Gehilfenhaftung, deren Voraussetzungen sich nach strafrechtlichen Grundsätzen richten (vgl. BGH NJW 2005, 3137 [3139]; 2004, 3706 [3710]; 2001, 969 [971]; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 276 Rz. 159; Löwisch in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2004, § 276 Rz. 26; jeweils m. w. N.). Allenfalls läge ein Verbotsirrtum vor, der angesichts der bereits zu jener Zeit erfolgten Diskussion um die Verantwortlichkeit für die Setzung von Links auch im Pressebereich und der hierzu ergangenen Entscheidung Schöner Wetten des Bundesgerichtshofs vom 1. April 2004 nicht unvermeidbar gewesen wäre.

d) Die Unterstützung der rechtswidrigen Handlungen von S. durch die Beklagte war nicht als Pressetätigkeit durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gerechtfertigt.

aa) Für den Streitfall ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

(1) Durch § 95a Abs. 3 UrhG und die hergebrachte urheberrechtliche Verantwortlichkeit wird die Vorgabe des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG umgesetzt, einen angemessenen Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen vorzusehen. Diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe schließt die Berücksichtigung der Belange der Presse nicht aus, wie sich schon daraus ergibt, dass die Richtlinie die Angemessenheit des gebotenen Rechtsschutzes gebietet. Zudem spricht Nr. 51 der Begründungserwägungen der Richtlinie davon, dass der Rechtsschutz technischer Maßnahmen unbeschadet des in Art. 5 der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Gesichtspunkts des Allgemeininteresses gelte; gemäß Abs. 3 Buchst. c) dieses Art. 5 können die Mitgliedsstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf urheberrechtliche Rechte für die Vervielfältigung durch die Presse vorsehen. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass die Belange der Presse bei der Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzes gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen Berücksichtigung zu finden haben.

Es ist Sache der nationalen Behörden und Gerichte, die für die Anwendung der eine Richtlinie umsetzenden nationalen Regelung zuständig sind, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den betroffenen Rechten und Interessen einschließlich der Grundrechte sicherzustellen (vgl. EuGH MMR 2003, 95 Lindqvist/Schweden Tz. 90).

(2) Der Streitfall ist am Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und nicht an dem der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) zu messen.

Während die in einem Presseerzeugnis enthaltene Meinungsäußerung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt ist, geht es bei der besonderen Garantie der Pressefreiheit um die einzelne Meinungsäußerungen übersteigende Bedeutung der Presse für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung, die Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisten will; daher bezieht sich der Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vor allem auf die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit die Presse ihre Aufgabe im Kommunikationsprozess erfüllen kann (vgl. BVerfGE 85, 1 [12]; vgl. auch BVerfGE 95, 28 [34]).

Die Gewährleistung der Pressefreiheit umfasst das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form eines Publikationsorgans frei zu bestimmen; dazu zählt etwa auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (vgl. BVerfGE 101, 361 [389] m. w. N.). Der Grundrechtsschutz beschränkt sich nicht auf die Erstellung des Inhalts, sondern erfasst auch inhaltsbezogene Hilfsfunktionen von Presseunternehmen (vgl. BVerfG NJW 2003, 3189 f.). Nichts anderes gilt für die Entscheidung, welche Links in einem Online-Medium gesetzt werden (vgl. BGH GRUR 2004, 693 [695] Schöner Wetten).

Im Streitfall kann im Hinblick auf die distanzierenden und kommentierenden Ausführungen in dem genannten Artikel nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beklagte durch die Linksetzung die Aussagen von SlySoft in dem verlinkten Internetauftritt hätte zu Eigen machen wollen (vgl. Senat, a.a.O. , AnyDVD I S. 373). Da die allein streitgegenständliche Linksetzung damit keine Aussage enthält, sondern als technische Unterstützungsleistung einer gänzlich anderen Kategorie angehört, handelt es sich bei ihr nicht um eine Meinungsäußerung. Sie unterfällt daher allein dem Gewährleistungsbereich der Pressefreiheit.

Am anzulegenden Maßstab ändert sich im Ergebnis nichts, wenn Online-Medien und Online-Berichterstattungen von vornherein nicht dem Schutzbereich der Pressefreiheit, sondern demjenigen der Rundfunkfreiheit (vgl. BVerfGE 74, 299 [350 f.]; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 5 Rz. 36; Castendyk in: v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film- Fernseh- und Videorechts, 4. Aufl. 2004, 1. Teil, Kap. 1 Rz. 8; Clemens in: Umbach/Clemens, Grundgesetz - Mitarbeiterkommentar Bd. I, 2002, Art. 5 Rz. 69b) zugerechnet werden. Rundfunk und Presse unterscheiden sich in ihrer Funktion nicht (vgl. BVerfGE 91, 125 [134]), so dass einheitlich von der Freiheit der Medien gesprochen werden kann (vgl. etwa BVerfGE 107, 299 [329]).

94(3) Die Medienfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist indes nicht schrankenlos gewährt, sondern findet ihre Grenzen unter anderem gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, die sich nicht speziell gegen die Medien oder gegen eine bestimmte Meinung richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf bestimmte Informationen oder Meinungen zu schützenden Rechtsguts dienen, das dem Grundrechtsschutz der Medien nicht nachsteht (vgl. BVerfGE 91, 125 [135] m. w. N.). Allgemeine Gesetze, die die Medienfreiheit einschränken, sind freilich ihrerseits im Lichte dieser Grundrechtsverbürgung zu sehen; im Rahmen der gebotenen Abwägung ist das Rechtsgut zu berücksichtigen, dessen Schutz das einschränkende Gesetz dient (vgl. BVerfGE 101, 299 [331 f.] m. w. N.).

bb) Danach ist der in dem Verbot des beanstandeten Links liegenden Eingriff in die Medienfreiheit gerechtfertigt, weil er innerhalb der diesem Grundrecht gesetzten Schranken erfolgt.

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem vom Landgericht ausgesprochenen Verbot nicht um (Vor-)Zensur, die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von vornherein ausgeschlossen ist und deshalb die Medienfreiheit keinesfalls beschränken darf. Art. 5 GG, der das Zensurverbot aus Absatz 1 Satz 3 neben die Schrankenbestimmung des Absatzes 2 stellt, verdeutlicht schon durch dieses Nebeneinander, dass das Zensurverbot nicht betroffen ist, wenn zur Durchsetzung eines in einem allgemeinen Gesetz geschützten Rechtsguts die dort vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten genutzt werden. Eine auf die Unterlassung einer konkreten Rechtsverletzung zielende gerichtliche Entscheidung steht der behördlichen Vorprüfung oder Genehmigung des Inhalts einer Veröffentlichung nicht gleich (vgl. BVerfG NJW 2006, 2836 Tz. 21 m. w. N.).

(2) Bei der gebotenen Abwägung der konkreten Umstände des Streitfalls überwiegt das Interesse der Klägerinnen am Schutz der ihnen zustehenden urheberrechtlichen Rechtspositionen.

aaa) Die Regelung des § 95a Abs. 3 UrhG und die Grundsätze der Teilnehmerhaftung stellen ein allgemeines Gesetz i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG dar. Sie richten sich nicht in besonderer Weise gegen die Medien, sondern schützen Urheberrechte und Leistungsschutzrechte schlechthin, also auch außerhalb des Tätigkeitsbereichs der Medien.

bbb) Kommt deshalb eine Beschränkung der Medienfreiheit durch § 95a Abs. 3 UrhG und die allgemeine Teilnehmerhaftung in Betracht, so bedarf es einer Abwägung der gegenläufigen grundrechtlichen Belange unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im Internet ohne den Einsatz von Links zur Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien praktisch ausgeschlossen wäre (vgl. BGH, a.a.O. , Schöner Wetten S. 695). Entgegen der Auffassung der Beklagten steht allerdings der Umstand, dass die Setzung von Links für das Wesen des Online-Journalismus damit von zentraler Bedeutung sein mag, dem zivilrechtlichen Verbot einer derartigen Linksetzung nicht von vornherein und ohne Ausnahme entgegen, wie auch die Verwendung von Bildmaterial zentraler Bestandteil der Pressetätigkeit ist, gleichwohl nicht schlechthin jedes Foto veröffentlicht werden darf (vgl. zuletzt BGH NJW 2008, 3138 ff. m. w. N.).

Zu beachten ist auch, dass das Wesentliche eines Links nicht die Mitteilung einer Information etwa der Adresse des Internetauftritts, auf den verlinkt wird ist, sondern der davon zu unterscheidende zusätzliche Service, den Nutzer unmittelbar mit der verlinkten Website zu verbinden. Dadurch wird eine neue Dimension eröffnet, die über die eigentliche redaktionelle Berichterstattung hinausgeht und im Offline-Bereich kein Äquivalent hat (vgl. Senat, a.a.O. , AnyDVD I S. 375 m. w. N.). Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Paperboy (GRUR 2003, 958 [962]) einen Link mit einer Fußnote vergleicht, sprich er lediglich dessen informationsverschaffenden Aspekt an, der auch im Wege der Berichterstattung erfolgen könnte, nicht jedoch den darüber hinausgehenden und gesondert zu würdigenden Aspekt, dass ein Link als solcher lediglich eine technische Erleichterung für den Aufruf eines Internetauftritts darstellt, weil er die sonst vorzunehmende Eingabe der URL im Adressfeld des Webbrowsers und das Betätigen der Eingabetaste ersetzt (vgl. BGH, a.a.O. , Paperboy S. 961).

Die mit dem Verbot des streitgegenständlichen Links verbundene Einschränkung der Pressefreiheit betrifft nur den Aspekt der Ermöglichung der Verbindung zur verlinkten Website. Insoweit geht es nicht um die Mitteilung von Meinungen oder Tatsachen zur Meinungsbildung, die in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) fällt, und deren Rahmenbedingungen in den Kernbereich der Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) fallen, sondern um die weniger zentrale Frage, welchen Service ein Medienunternehmen über die Informationsverschaffung hinaus erbringen darf. Der Link dient lediglich der Ergänzung der redaktionellen Berichterstattung (vgl. BGH, a.a.O. , Schöner Wetten S. 696). Entsprechend ist das von den Klägerinnen begehrte Verbot auf die durch den Link eröffnete Möglichkeit beschränkt, das von der Herstellerin angebotene Softwareprodukt von deren Internetseite im Wege eines Herunterladens beziehen zu können; eine Information über das Angebot der Herstellerin durch Wort oder Bild ist der Beklagten dadurch nicht untersagt (vgl. BVerfG, a.a.O. , Kopierschutzumgehung Tz. 23).

Auf Seiten der Klägerinnen streitet der Schutz von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten, die als vermögenswerte Rechte von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erfasst werden (vgl. BVerfG NJW 1999, 2880 [2881] m. w. N.). Diese werden durch das Angebot von S. erheblich beeinträchtigt, weil dadurch die Gefahr der massenhaften Anfertigung von Raubkopien begründet wird. Das ist auch bei der Bewertung der Unterstützungsleistung der Beklagten im Blick zu halten.

Keine durchgreifende Bedeutung hat bei der Abwägung, dass die Leser der Beklagten den Internetauftritt von S. auch auf Grund der zulässigen Berichterstattung der Beklagten darüber ohne großen Aufwand selbst finden können; dieser Umstand schlägt sich auf beiden Seiten der Abwägung nieder. Ist einerseits der angegriffene Link für die Beeinträchtigung der klägerischen Belange wegen der Leichtigkeit anderweitigen Zugangs nicht von großem Gewicht, so ist andererseits die mediale Zusatzleistung der Beklagten aus demselben Grund ebenfalls nicht gewichtig. Stellt umgekehrt die in einem Link liegende Vermittlungsleistung einen den Lesern den Zugriff auf die verlinkte Seite merklich erleichternden und deshalb von ihnen geschätzten, mithin für das Medienangebot bedeutsamen Service dar, so erhöht diese Vermittlungsleistung zugleich die Gefahr der Beeinträchtigung der klägerischen Rechte in eben demselben Maß.

Ausschlaggebend ist im Streitfall, dass die Beklagte in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des S. -Angebots und damit vorsätzlich gehandelt hat. Jedenfalls wenn Verletzungen urheberrechtlicher Schutzgesetze wie im Streitfall gewerbsmäßig und in erheblichem Umfang erfolgen, rechtfertigen weder der grundrechtliche Schutz der Medien im Allgemeinen noch die besondere Bedeutung der Methode der Linksetzung für den Online-Journalismus eine vorsätzliche Unterstützung der Rechtsverletzung.

Im Streitfall überwiegen daher die klägerischen Grundrechtsbelange, so dass der mit dem Verbot der Linksetzung einhergehende Eingriff in die Medienfreiheit der Beklagten verfassungsrechtlich Bestand hat.

cc) Der Schutz des Rechts der freien Meinungsäußerung durch Art. 10 Abs. 1 EMRK geht nicht weiter als der Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG. Die danach zulässigen Beschränkungen sind auch gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK zum Schutz der Rechte anderer in einer demokratischen Gesellschaft notwendig.

C.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Erstreckung der Abwendungsbefugnis auf die Hauptsache trägt dem Umstand Rechnung, dass das landgerichtliche Urteil durch seine Bestätigung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar wird (vgl. BGH, Beschl. v. 27. August 1993 IV ZB 14/93, juris Tz. 3; Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 708 Rz. 11).

3. Die Revision ist zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, nicht zuletzt weil sie vom Bundesgerichtshof noch nicht geklärte Fragen der Verantwortlichkeit der Presse aufwirft (vgl. BVerfG, a.a.O. , Kopierschutzumgehung Tz. 19).






OLG München:
Urteil v. 23.10.2008
Az: 29 U 5696/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/060ce6503d78/OLG-Muenchen_Urteil_vom_23-Oktober-2008_Az_29-U-5696-07




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