Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 27. April 2010
Aktenzeichen: 5 W 24/10
(OLG Hamburg: Beschluss v. 27.04.2010, Az.: 5 W 24/10)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 09.02.2010 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 20.01.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller nach einem Beschwerdewert von € 50.000.-
Gründe
Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet und deshalb zurückzuweisen. Das Landgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat auf die überzeugenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die maßgebliche Rechtslage und auch die hierzu ergangene Senatsrechtsprechung richtig und erschöpfend dargestellt. Dem lässt sich nichts Wesentliches hinzufügen. Die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung gehen hierauf nicht im Einzelnen an. Es steht dem Antragsteller frei, seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des Senats zu setzen. Dies rechtfertigt jedoch keine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung. Allein der Umstand, dass Urheberrechtsverletzungen massenhaft vorkommen sowie unerwünscht sind und Angebote wie dasjenige der Antragsgegnerin möglicherweise wesentlich zu deren Verbreitung beitragen, rechtfertigt für sich allein nicht die mit dem Verfügungsantrag begehrte Unterlassungspflicht. Die Angaben des Antragstellers dazu, welche Handlungen die Antragsgegnerin sinnvollerweise hätte vornehmen können, mögen zutreffend sein oder nicht. Solange eine dahingehende Rechtspflicht nicht besteht, bleibt dieser Umstand letztlich sanktionslos. Gleiches gilt für die Erwägung, dass die Antragsgegnerin im Rahmen eines kommerziellen Handelns von den eingestellten Verletzungsgegenständen möglicherweise mittelbar profitiert.
2. Der Verfügungsantrag ist auch nicht deshalb begründet, weil die Antragsgegnerin im Anschluss an die Abmahnung des Antragstellers vom 22.12.2009 (Anlage ASt 5) nach Kenntniserlangung von den Rechtsverstößen keine wirksamen Maßnahmen unternommen hat, um diese jedenfalls für die Zukunft zu unterbinden.
a) Allerdings hatte der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung und nachfolgend unter Bezug auf seine Anlagen ASt 13 und ASt 14 dargelegt, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Zeichnungen noch am 23.02. bzw. 20.03.2010 über den Dienst der Antragsgegnerin verfügbar waren.
b) Dieser Umstand kann jedoch nicht belegen, dass die Antragsgegnerin Prüfungs- und Handlungspflichten zur Verhinderung erneuter Rechtsverletzungen nicht ausreichend beachtet hat, die ihr auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats im Anschluss an eine rechtswirksame Abmahnung erwachsen. Die von dem Antragsteller am 22.12.2009 ausgesprochene Abmahnung war in Bezug auf die gerügten Urheberrechtsverstöße ungeeignet, derartige Prüfungspflichten überhaupt entstehen zu lassen.
aa) Durch die Abmahnung soll der als Störer in Anspruch genommene Diensteanbieter bzw. Forenbetreiber in die Lage versetzt werden zu erkennen, durch welche seiner Mitglieder mithilfe seines Dienstes welche konkreten Rechtsverletzungen in Bezug auf welche geschützten Objekte vorgenommen werden. Nur dann, wenn der Diensteanbieter von dem Verletzten die hierfür erforderliche Kenntnis vermittelt erhalten hat, ist er in der Lage, gegenüber seinen Mitgliedern hierauf durch sachgerechte Kontrollmaßnahmen, technische Veränderungen bzw. Auflagen zu reagieren.
bb) Schon daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Antragsteller hatte in der Abmahnung vom 22.12.2009 nur in relativ allgemeiner Form beanstandet, dass Rechtsverletzungen von der Website der Antragsgegnerin ausgehen und diese durch die Google-Bildersuche gefunden werden. Obwohl dem Antragsteller das Pseudonym (€m 22 - P.€) desjenigen Nutzers bekannt war, der die als rechtsverletzend beanstandeten Werke über sein Profil bei der Antragsgegnerin eingestellt hatte, hat er der Antragsgegnerin diese Informationen nicht mitgeteilt. Vielmehr hat er der Antragsgegnerin mit der Abmahnung letztlich missverständlich ein Handeln entgegengehalten, welches darin zu bestehen schien, dass sie selbst in eigener Verantwortung und zu eigenen Zwecken die Comicdarstellungen €auf Ihren gewerblichen Internetshop-Seiten www.xxx.de€ öffentlich zugänglich gemacht habe. Schon damit war die Möglichkeit der Antragsgegnerin, wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten bzw. ihren Dienst auf Rechtsverletzungen zu überprüfen, nicht unerheblich erschwert.
cc) Der Senat muss aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht verbindlich entscheiden, ob bereits diese Tatsache für sich genommen das Entstehen von Prüfungspflichten der Antragsgegnerin als Störerin gehindert hätte. Hier kommen weitere Umstände hinzu. Der Antragsteller hat im Rahmen seiner Abmahnung die von ihm als rechtsverletzend beanstandeten Grafiken nur mit ihrem verbalen Titel (€S.€, €R.€ usw.) benannt, nicht jedoch die Grafiken selbst in die Abmahnung eingeblendet. Infolge dieses Umstandes war es der Antragsgegnerin praktisch nicht möglich, wirkungsvolle Prüfungsmechanismen in Gang zu setzen. Allein über die verbale Benennung mit einem Titel lassen sich Grafiken ersichtlich nicht verlässlich lokalisieren. Bei der Beanstandung urheberrechtlich geschützter grafischer Gestaltungen setzt eine wirksame Reaktion des Abgemahnten deshalb die Kenntnis des konkreten Erscheinungsbildes des Schutzobjekts voraus. Deshalb sind Abbildungen der Abmahnung in der Regel beizufügen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Grafiken € wie hier € noch nicht einmal sichtbar mit ihrer verbalen Beschreibung betitelt sind. Diesem Erfordernis ist der Antragsteller nicht gerecht geworden. Dementsprechend war seine Abmahnung vom 22.12.2010 nicht geeignet, rechtswirksam Prüfungs- und Handlungspflichten der Antragsgegnerin auszulösen.
c) Allerdings hatte der Antragsteller für eine als markenrechtsverletzend beanstandete Abbildung mit dem Titel "H." nach eigener Darstellung der Abmahnung auch einen Markenregisterauszug beigefügt, aus welchem sich die Grafik offenbar ergeben hat. Gleichwohl ist der Unterlassungsantrag insoweit auch nicht teilweise als Markenrechtsverstoß begründet. Insoweit fehlt es bereits an der Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen eines Verstoßes nach § 14 Abs. 2 MarkenG. Es ist schon nichts dafür ersichtlich, dass durch die Abbildung der Grafik in dem privaten Profil eines Nutzers gerade der Antragsgegnerin ein markenrechtswidriges Handeln im geschäftlichen Verkehr zur Last zu legen ist. Hierzu hat der Antragsteller keine Umstände vorgetragen. Auch für eine markenmäßige € d.h. produktkennzeichnende € Verwendung der Abbildung ist nichts ersichtlich. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die Abbildung den Schutzbereich der Marke tangieren könnte. Die in dem Registerausdruck (Anlage ASt 8) aufgezählten Waren und Dienstleistungen sind vorliegend nicht relevant.
d) Dementsprechend hat der Antragsteller auch für die Zeit im Anschluss an die Abmahnung eine relevante Rechtsverletzung durch die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
OLG Hamburg:
Beschluss v. 27.04.2010
Az: 5 W 24/10
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