Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Januar 2008
Aktenzeichen: 30 W (pat) 154/05
(BPatG: Beschluss v. 25.01.2008, Az.: 30 W (pat) 154/05)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 03, 41 und 44 Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Öle für Körper- und Schönheitspflege; Kräuter für Körper- und Schönheitspflege; Zahnputzmittel; Ausbildungsberatung und Fortbildungsberatung sowie Erziehungsberatung; Coaching; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Seminaren, Lehrgängen (Ausbildung), insbesondere in asiatischen Methoden der traditionellen Thai-Medizin (traditionelle Thai-Massage, Fußmassage, Kräuteranwendungen), Ayurveda-Medizin und ayurvedische Massagen, Gesundheits- und Schönheitspflege, Yoga, Shiatsu, Wellness und SPA (Sanus per Aquam); Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Behandlungen und Anwendungen von asiatischen Methoden der traditionellen Thai-Medizin (traditionelle Thai-Massage, Fußmassage, Kräuteranwendungen), Ayurveda-Medizin und ayurvedische Massagen, Gesundheits- und Schönheitspflege, Yoga, Shiatsu, Wellness und SPA (Sanus per Aquam); therapeutische und physiotherapeutische Behandlungen; Dienstleistungen von Schönheitssalons; Gesundheits- und Schönheitspflegeeingetragene und am 2. Juli 2004 veröffentlichte Wortmarke 304 08 191 Spasiaist am 1. Oktober 2004 Widerspruch aus der am 8. August 2000 unter der Nummer 2 106 346 eingetragenen Wortmarke
"SPA"
eingelegt worden, die eingetragen ist für
"Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Saunen".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss einer Prüferin des höheren Dienstes vom 2. August 2005 zurückgewiesen mit der Begründung, selbst im Bereich identischer Waren sei der erforderliche Abstand zur Widerspruchsmarke gewahrt, zumal deren Schutzbereich wegen seiner beschreibenden Bedeutung entweder als Hinweis auf "Heilquelle" oder im Sinne einer geographischen Herkunftsangabe zu beschränken sei. Sowohl im klanglichen als auch im schriftbildlichen Vergleich fielen die Zeichenunterschiede hinreichend auf. Neben der übereinstimmenden Anfangssilbe verfüge die angegriffene Marke mit dem zweisilbigen Zusatz "sia" über eine deutliche Abweichung, die auch klanglich hinreichend zur Geltung komme, zumal durch die Betonung der angegriffenen Marke auf der zweiten Silbe die Abweichungen deutlich und unüberhörbar hervorträten. Schließlich sorge auch der Sinngehalt der Widerspruchsmarke für ein sicheres Auseinanderhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund überragender Bekanntheit ihrer Marke geltend macht. Deren Kennzeichnungskraft sei keinesfalls vermindert, weil es keine Belege für eine beschreibende Bedeutung von "SPA" gebe. Sie verweist hierzu auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2001, 420 - SPA). Die im Beschwerdeverfahren vom Senat übersandten Belege zeigten deutlich, dass der Begriff "Spa" in derart vielfältigen Bedeutungen verwendet werde, dass ein eindeutiger Begriffsgehalt nicht zugeordnet werden könne. Aus der Bekanntheit der Herkunftsangabe und der Monopolstellung der Widerspruchsmarke folge dagegen, dass der Bestandteil "Spa" in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Bedeutung behalte. Unter Berücksichtigung der zumindest engen Warenähnlichkeit könne die Widerspruchsmarke einen weiten Abstand beanspruchen, der ersichtlich nicht eingehalten sei. Die Übereinstimmung der Widerspruchsmarke mit der Anfangssilbe der angegriffenen Marke reiche aus, da die Endung "asia" für die betroffenen Waren eine beschreibende Herkunftsangabe darstelle. Jedenfalls sei wegen des gemeinsamen Bestandteils "SPA" zumindest eine mittelbare Verwechslungsgefahr zu befürchten.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 2. August 2005 aufzuheben, und regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Ferner beantragt sie die Aussetzung, hilfsweise das Ruhen des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem anderweitig anhängigen Löschungsverfahren gegen die Widerspruchsmarke.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat weder einen Antrag gestellt noch sonst eine Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgegeben. Den Termin zur mündlichen Verhandlung hat er nicht wahrgenommen.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Markenstelle hat nach Auffassung des Senats die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken zutreffend verneint und den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen.
Die Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr., vgl. WRP 2004, 1281 - Mustang; WRP 2004, 907 - Kleiner Feigling; WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).
Benutzungsfragen sind nicht aufgeworfen. Zwar hat der Markeninhaber mit Schreiben vom 4. Februar 2005 vor der Markenstelle die Benutzungseinrede erhoben, die jedoch seinerzeit unzulässig war, da sich zu diesem Zeitpunkt die am 8. August 2000 eingetragene Widerspruchsmarke noch in der fünfjährigen Benutzungsschonfrist befand; mangels hinreichend deutlicher Äußerung des Markeninhabers dahingehend, dass er die Einrede aufrecht erhalte, kommt eine Umdeutung in eine Benutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG nicht in Betracht (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 43 Rdn. 18 m. w. N.).
Demgemäß ist hinsichtlich der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen von der Registerlage auszugehen. Insoweit stehen den Waren der angegriffenen Marke, wie die Markenstelle zu Recht festgestellt hat, nur zum Teil identische oder ähnliche Waren gegenüber, während hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen eine erhebliche Ferne, wenn nicht sogar Unähnlichkeit zu den Widerspruchswaren und -dienstleistungen besteht, so dass schon deshalb der Widerspruch erfolglos bleiben muss. Dies gilt insbesondere für die Dienstleistungen der Klasse 41 der angegriffenen Marke, die weder mit den Waren noch den Dienstleistungen der älteren Marke ähnlich sind. Zwar mögen insofern Zusammenhänge bestehen, als die Beratungsdienstleitungen oder Workshops die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zum Gegenstand haben; dies allein reicht allerdings nicht aus, um hinreichend enge Berührungspunkte herzustellen, die die Annahme der beteiligten Verkehrskreise nahelegen könnten, dass die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen, sollten sie sie mit identischen Marken gekennzeichnet sein, aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Dagegen spricht nämlich zum einen der unterschiedliche Charakter und der Einsatzzweck der beiderseitigen Dienstleistungen und zum anderen die Tatsache, dass weder die Waren noch die Dienstleistungen der Vergleichsmarken regelmäßig von denselben Unternehmen gleichzeitig als selbständige gewerbliche Tätigkeit angeboten werden (vgl. dazu Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 83 m. w. N.).
Aber auch soweit ähnliche oder sogar identische Waren und Dienstleistungen betroffen sind, scheidet eine Verwechslungsgefahr aus. Dabei kann es im vorliegenden Fall dahinstehen, ob der Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft zuzusprechen ist, was angesichts der Bedeutung des englischsprachigen Wortes "Spa" im Sinne von "(Heil-)Bad, Heilquelle" zumindest hinsichtlich der Dienstleistungen "Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Saunen" eher zweifelhaft ist. Denn auch bei Anerkennung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft ist eine registerrechtliche Verwechslungsgefahr zu verneinen, weil die angegriffene Marke selbst den dann strengeren Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand noch genügt.
Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit steht zwischen den Beteiligten im Grunde außer Streit, dass die Marken in ihrer Gesamtheit deutliche Unterschiede aufweisen, weil sie in ihren Bestandteilen unterschiedliche Länge, Buchstaben und Silbenzahl zeigen, was auch bei einem flüchtigen Verhalten weder überhört noch übersehen werden kann.
Eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit wäre nur denkbar, wenn man aus der angegriffenen Marke den Bestandteil "Spa" herausgreifen und der Widerspruchsmarke isoliert kollisionsbegründend gegenüberstellen könnte, was sich jedoch grundsätzlich verbietet, weil der Verkehr Zeichen regelmäßig so auffasst, wie sie ihm entgegentreten, d.h. als einheitliches und eigenständiges Gebilde (vgl. BGH GRUR 2004, 783 (784) - NEURO-VIBOLEX). Gleichermaßen wäre es rechtsfehlerhaft, ohne Weiteres eine Zeichenkollision feststellen zu wollen, weil sich die Buchstabenfolge der älteren Marke wie hier identisch in dem jüngeren Zeichen wiederfindet. Eine Ausnahme ist nur denkbar, wenn in Kombinationsmarken ein Bestandteil den Gesamteindruck der Marke allein prägt, weil etwa die übrigen Bestandteile wegen ihrer beschreibenden Bedeutung eindeutig nicht zur Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke beitragen und damit schon aus Rechtsgründen bei der Kollisionsprüfung ausscheiden. Im vorliegenden Fall steht der Widerspruchsmarke jedoch eine einheitlicher Fantasiebegriff gegenüber, der auch nicht durch grafische Elemente zergliedert ist, so dass schon deshalb die Anwendung der Grundsätze über die Prägung von Markenbestandteilen ausscheidet (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9 Rdn. 218 f. m. w. N.). Selbst wenn man der Argumentation der Widersprechenden folgen wollte, dass in der angegriffenen Marke der kennzeichnungsschwache geografische Hinweis "asia" enthalten sei, so lässt sich daraus keine Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck ableiten. Denn dieser bestimmt sich nicht aufgrund von zergliedernden analytischen Gedankenschritten, wobei der Verkehr im vorliegenden Fall entscheiden müsste, ob in der angegriffenen Marke als Wortteil "spa" oder "asia" im Vordergrund steht, da beide Teile durch den gemeinsamen Buchstaben "a" miteinander verschränkt sind. Insofern bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Verkehr erfahrungsgemäß eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt (vgl. Hacker a. a. O. Rdn. 214, 111 m. w. N.). Im Übrigen sind in einteiligen Marken selbst kennzeichnungsschwache Bestandteile für den Gesamteindruck mit zu berücksichtigen (Hacker a. a. O. Rdn. 214 m. w. N.).
Soweit sich die Widersprechende auf die besondere Bedeutung übereinstimmender Wortanfänge beruft, wogegen Endungen schnell untergehen könnten, so können diese Bedenken im vorliegenden Fall nicht durchgreifen. Sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht sind die Unterschiede deutlich wahrzunehmen, wobei der Klangeindruck der angegriffenen Marke durch die zwei weiteren Vokale "ia", die selbständige Silben bilden, mitbestimmt wird, von denen entweder der eine oder der andere betont ist, so dass ein Verschlucken oder Überhören äußerst unwahrscheinlich ist.
Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr scheidet aus. Abgesehen davon, dass es sich um einen Ausnahmefall mit restriktiver Anwendung handelt, steht seiner Annahme im vorliegenden Fall entgegen, dass "Spasia" als ein einheitliches Fantasiewort aufgefasst wird, in welchem die Widerspruchsmarke gerade nicht nach Art eines eigenständigen Wortstamms hervortritt und deshalb den Verkehr von der Vorstellung abhalten, es lägen Serienmarken eines Unternehmens vor (vgl. Hacker a. a. O. Rdn. 326 m. w. N.).
Somit war die angefochtene Entscheidung der Markenstelle im vollen Umfang zu bestätigen und die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
2. Für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gem. § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung über das beim Bundesgerichtshof anhängige Löschungsverfahren gegen die Widerspruchsmarke bestand keine Veranlassung, weil deren Fortbestand für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kein vorgreifliches Rechtsverhältnis darstellt (vgl. Ströbele a. a. O., § 43 Rdn. 64), wobei insbesondere dahingestellt bleiben konnte, ob sich "Spa" zu einer beschreibenden Bedeutung weiterentwickelt hat.
3. Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Da für den vorliegenden Fall im Wesentlichen nur tatsächliche Umstände entscheidungserheblich und keine besonderen Rechtsfragen zu klären sind, ist nicht ersichtlich, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sich stellt bzw. aus welchem Grund eine höchstrichterliche Entscheidung erforderlich sein soll.
4. Bei der Kostenentscheidung war eine einseitige Auferlegung der Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten nach § 71 Abs 1 MarkenG nicht veranlasst.
Dr. Vogel von Falckenstein Richterin Winter ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung gehindert.
Dr. Vogel von Falckenstein Paetzold Ko
BPatG:
Beschluss v. 25.01.2008
Az: 30 W (pat) 154/05
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