Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Oktober 2002
Aktenzeichen: 6 U 200/97
(OLG Köln: Urteil v. 21.10.2002, Az.: 6 U 200/97)
1. Die großformatigen, in zwei Staffeln vor der Eröffnung einer Filiale eines großen Unternehmens der Elektro- und Elektronikbranche publizierten Zeitungsanzeigen, mit den darin einem bekannten Schauspieler in den Mund gelegten Aufforderungen, vor einem genannten Datum (= Eröffnungstag) keine bzw. ab dem betreffenden Datum bei dem nunmehr erstmals namentlich genannten Unternehmen - in jeder Anzeige unterschiedlich herausgestellte - Geräte "kaufen zu gehen", ist als vergleichende Werbung in Form der pauschalen Herabsetzung aller (ungenannten) Mitbewerber im regionalen Verbreitungsgebiet der Werbung unlauter im Sinne von § 1 UWG. 2. Erklärt der Unterlassungsschuldner in der Berufungsverhandlung, er halte eine früher abgegebene gesicherte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht aufrecht und wiederhole sie auch nicht, ist Begehungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung eines (wettbewerblichen) Unterlassungsanspruchs (wieder) zu bejahen.
Tenor
A) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.10.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 618/97 - teilweise abgeändert und im Hauptauspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:I.) Die Beklagte wird verurteilt,1.) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, a) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung in Printmedien auf rotem Untergrund für Haushaltsgeräte und/ oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/oder Computer wie nachstehend auf den Seiten 3-9 dieses Urteils wiedergegeben zu werben, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind;b) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung nach Schaltung der vorstehend unter Ziffer 1.a) dargestellten Werbungen in Printmedien für eine Geschäftseröffnung auf rotem Untergrund für Haushaltsgeräte und/oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/oder Computer wie nachstehend auf den Seiten 10 und 11 dieses Urteils wiedergegeben zu werben, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind: 2.) an den Kläger 207 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8.8. 1997 zu zahlen. II.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen. B) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. C) Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen ha-ben der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen. D) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicher-heitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen: Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung: 75.000 DM;b) Zahlung: 220 DM;c) Kostenerstattung: 12.000 DM. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 3.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen. E) Die Beschwer der Parteien wird wie folgt festgesetzt:für den Kläger auf 25.000,00 DM;für die Beklagte auf 75.207,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG. Die Beklagte betreibt seit dem Frühjahr 1997 Einzelhandel u.a. mit Haushaltsgeräten ("weiße Ware"), Geräten der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation sowie mit Audioprodukten.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, mit dem der Kläger die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch nimmt, ist die in dem obigen Tenor dargestellte Eröffnungswerbung, die die Beklagte im April 1997 in Kölner Tageszeitungen schaltete.
Die Beklagte, die ihr Geschäft am 17.4.1997 eröffnet hat, hatte zuvor ab dem 1.4.1997 zunächst die mit dem Klageantrag zu I 1 angegriffenen Anzeigen mit dem Text: "... Bis 17.4. kein ... kaufe jon" und ab dem 8.4.1997 die mit dem Klageantrag zu I 2 angegriffenen Anzeigen mit dem Text: "...Ab 17.4. ... kaufe jon" geschaltet.
Zeitgleich mit diesem Wechsel hat die Beklagte bezüglich der ersten Werbung strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben, und zwar unter dem 8.4.1997 gegenüber dem Verlag D. S. und - nachdem der Kläger sie diesbezüglich abgemahnt hatte - unter dem 9.4.1997 gegenüber dem Kläger und gegenüber dem H. Verlag.
Der Kläger vertritt die Auffassung, beide Werbungen verstießen unter dem Gesichtspunkt der pauschalen Herabsetzung der Wettbewerber gegen § 1 UWG. Der Verkehr verstehe die erste Werbung dahin, daß ein besseres Angebot beworben werde, als sich sonst auf dem Markt befinde. Angesichts des Umstandes, daß es bei Markenware wie z.B. Waschmaschinen um den Vertrieb von Waren gehe, bei dem ein Konkurrenzkampf nur im Bereich des Preises stattfinde, werde der beworbene Interessent z.B. bezüglich der Waschmaschinen annehmen, er werde ab dem 17.4.1997 eine Waschmaschine erwerben können, die nirgendwo anders so billig gekauft werden könne. Damit würden indes die übrigen Anbieter pauschal herabgesetzt. Das gelte auch für die Folgewerbung, weil diese nicht geeignet sei, die Fortwirkungen der vorhergehenden Werbung zu beseitigen.
Die ihr gegenüber abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung sei nicht annahmefähig, weil die Beklagte zum einen auch Radiowerbung betreibe, die Erklärung aber auf Printwerbung beschränkt habe, und zum anderen sich weigere, auch bezüglich der Folgewerbung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.
Die Klägerin hat b e a n t r a g t,
die Beklagte zu verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie nachstehend wiedergegeben auf rotem Untergrund, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind, für Haushaltsgeräte und/oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/ oder Computer zu werben:
(es folgten die sieben oben auf S.3-9 dieses Urteils wiedergegebenen Werbungen.)
in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung nach Schaltung der vorstehend unter Ziffer I 1.) wiedergegebenen Werbungen, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind, für eine Geschäftseröffnung für Haushaltsgeräte und/ oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/oder Computer, wobei die Daten nur beispielhaft angegeben sind, auf rotem Untergrund zu werben:
(es folgten die beiden oben auf S.10 und 11 dieses Urteils wiedergegebenen Werbungen.)
an ihn 207 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (8.8.1997) zu zahlen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Werbung werde nicht als Herabsetzung der Wettbewerber, sondern als Beschreibung der eigenen Leistungsfähigkeit verstanden. Es komme hinzu, daß sie nicht anonym, sondern unter Bezugnahme auf den bekannten Kölner Volksschauspieler Willy Millowitsch erfolgt sei, woraus ebenfalls deutlich werde, daß es sich lediglich um eine launige Anpreisung handele.
Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Kammer hat offengelassen, ob der Verkehr der Werbung die behauptete pauschale Herabsetzung der Wettbewerber in Bezug auf die Preiswürdigkeit von deren Angeboten entnehme, und ausgeführt, die Werbung verstoße als Marktstörung gegen § 1 UWG. Der Kunde sei über einen Zeitraum von 2 Wochen vor der Eröffnung dazu aufgefordert worden, in den umworbenen Sortimenten keine Käufe zu tätigen, ohne daß ihm die Möglichkeit eröffnet worden sei, einen Leistungsvergleich anzustellen.
Ihre B e r u f u n g gegen dieses Urteil begründet die Beklagte im wesentlichen wie folgt:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stelle die Werbung keine Marktstörung dar. Diese setze eine Gefährdung des Wettbewerbsbestandes voraus, die indes nicht vorliege. Eine derartige Gefährdung bestehe nämlich nur, wenn die wettbewerbliche Struktur auf Dauer gefährdet werde. Es fehle auch an den erforderlichen Anhaltspunkten für die Gefahr deutlicher Umsatzeinbußen der Mitbewerber. Die Werbung erfülle diese Kriterien deswegen nicht, weil sie nicht in gesteigertem Umfange dazu führe, daß die Verbraucher geplante Anschaffungen zurückstellten. Sie wirke vielmehr so wie jede Eröffnungswerbung. Das gelte insbesondere deswegen, weil in der ersten Werbung garnicht erkennbar sei, für wen geworben werde. Auch die Folgewerbung erfülle die Kriterien nicht, weil diese lediglich die Auflösung der mit der früheren Werbung aufgebauten Spannung enthalte.
Entgegen der Auffassung des Klägers liege in der Werbung auch keine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber. Dies gelte für die erste Werbung schon deswegen, weil sie - trotz der Abbildung des Volksschauspielers Millowitsch - anonym erfolgt sei. Aber auch die zweite Werbung enthalte eine Herabsetzung nicht, weil sie einen reinen Kaufappell enthalte.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger b e a n t r a g t,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Unterlassungsanträge wie folgt gefaßt werden:
"I.) ...
in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung auf rotem Untergrund für Haushaltsgeräte und/oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/oder Computer wie nachstehend wiedergegeben zu werben, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind;
(es folgen die auf den Seiten 3-9 dieses Urteils wiedergegebenen Werbungen.)
in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung nach Schaltung der vorstehend unter Ziffer I 1.) dargestellten Werbungen für eine Geschäftseröffnung auf rotem Untergrund für Haushaltsgeräte und/oder Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte und/oder Computer wie nachstehend wiedergegeben zu werben, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind:
(es folgen die auf den Seiten 10 und 11 dieses Urteils wiedergegebenen Werbungen.)"
Er vertritt unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, daß die Werbung sowohl unter dem Gesichtspunkt der pauschalen Herabsetzung der Mitbewerber, als auch als Marktstörung wettbewerbswidrig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur zu einem kleinen Teil Erfolg. Neben dem Zahlungsanspruch und den auf ihn entfallenden Zinsen stehen dem Kläger, an dessen Klagebefugnis aus § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG zu zweifeln kein Anlaß besteht, die Unterlassungsansprüche insoweit zu, als sie die Werbung in Printmedien zum Gegenstand haben. Soweit der Kläger darüber hinaus auch die Unterlassung der Werbung in anderen Medien verlangt, besteht ein Anspruch wegen fehlender Begehungsgefahr nicht. Insoweit ist die Berufung begründet.
I.
Die Unterlassungsansprüche sind im vorstehend dargelegten Umfange aus § 1 UWG begründet, weil beide Werbungen in sämtlichen Ausgestaltungen eine pauschale Herabsetzung der Angebote der Wettbewerber enthalten. Aus diesem Grunde kann die - allerdings zweifelhafte - Frage offenbleiben, ob die Werbung, wie das Landgericht angenommen hat, auch eine Marktstörung darstellt.
Der Unterlassungsanspruch wegen vergleichender Werbung in der hier allein in Betracht kommenden Form der pauschalen Herabsetzung von (ungenannten) Mitbewerbern setzt voraus, daß die Werbung die Aussage enthält, daß die beworbene Ware - beispielsweise in Preis und Qualität - so nur bei dem werbenden Unternehmen und nicht auch bei den Mitbewerbern zu erhalten sei (vgl. BGH WRP 97,182 f - "Aussehen mit Brille" m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt ersichtlich vor.
Die zunächst erschienene, mit dem Antrag zu I 1.) angegriffene Werbung enthält in allen ihren Varianten die Aussage, daß die betreffenden Produkte ab dem 17.4.1997 von der Beklagten billiger angeboten werden, als von sämtlichen in Betracht kommenden Mitbewerbern. Dem steht entgegen der Behauptung der Beklagten der Umstand, daß die Werbung anonym erfolgt ist und das werbende Unternehmen nicht erkennen läßt, nicht entgegen. Im Gegenteil bestärkt dieser Umstand den Eindruck, daß sich die Werbung gerade gegen die Konkurrenten richtet.
Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß die Anzeige trotz ihrer Anonymität und der Bezugnahme auf den bekannten Kölner Volksschauspieler Willy Millowitsch als kommerzielle Werbung erkannt wird. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, daß in den Anzeigen jeweils einzelne Produkte (Waschmaschine, Computer etc.) aufgeführt sind, die bis zum 17.4. nicht gekauft werden sollen. Denn diese Aufforderung macht nur als kommerzielle Werbung, die allerdings wegen ihrer Anonymität einer späteren Erklärung bedarf, Sinn. Ebenso eindeutig ist indes, daß die Werbung die Aussage enthält, die jeweils aufgeführten Produkte würden, wenn auch erst nach dem angegebenen Datum des 17.4.(1997), billiger angeboten, als bei sämtlichen in Betracht kommenden Mitbewerbern. Denn die Werbung enthält - was keiner Erklärung bedarf - den Appell, etwaige Anschaffungen bis zu dem 17.4. nicht zu tätigen. Es macht indes nur dann einen Sinn, Kaufentschlüsse wegen einer Neueröffnung, wie sie durch die Angabe des Datums ersichtlich signalisiert wird, zurückzustellen, wenn eben die Produkte bei dem neu eröffnenden Unternehmen günstiger angeboten werden, als bei den Konkurrenten. Aus dem von dem Kläger bereits in erster Instanz dargelegten Grunde, daß es sich bei den beworbenen Produktgattungen um solche handelt, in denen ganz überwiegend Markenware vertrieben wird (Waschmaschinen, Computer), wird der Verkehr die Aussage dahin verstehen, daß Produkte aus den beworbenen Gattungen nach der Geschäftseröffnung bei dem werbenden Unternehmen billiger als bei allen Wettbewerbern angeboten werden.
Entgegen ihrer Behauptung stellt die Werbung ersichtlich auch nicht etwa nur die eigene Leistung der Beklagten heraus. Das ergibt sich ohne weiteres schon daraus, daß sie anonym und die Beklagte daher als Werbetreibende gerade nicht erkennbar ist. Der Verkehr erkennt zwar aus den schon dargelegten Gründen trotzdem, daß es sich um Werbung, und zwar den ersten Teil einer mehrteiligen Werbung, handelt, er wird diese Werbung aber gleichwohl aufgrund der zunächst gewahrten Anonymität zumindest in erster Linie als gegen die Mitbewerber gerichtet verstehen.
Es ist auch für den Verkehr hinreichend konkret erkennbar, welche Mitbewerber durch die Anzeigenserie herabgesetzt werden. Die Wettbewerbswidrigkeit einer Werbung wegen ungerechtfertigter pauschaler Herabsetzung setzt zunächst nicht voraus, daß die betroffenen Wettbewerber namentlich benannt werden (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.). Erforderlich ist allerdings, daß die Werbung sich nicht etwa pauschal gegen den gesamten Einzelhandel richtet, sondern daß zumindest in abstrakter Form erkennbar ist, welche Konkurrenten als Adressaten der Herabsetzung von der Werbung betroffen sind. Auch dieses Erfordernis ist indes erfüllt. Durch die in der Kölner Lokalpresse erschienene Werbung werden sämtliche Anbieter im Raum Köln herabgesetzt, die Waren aus den in den einzelnen Anzeigen angesprochenen Branchen vertreiben. Betroffen ist damit z.B. jeder Händler in Köln, der etwa CDs oder Autoradios, aber auch "weiße Ware" an Endverbraucher vertreibt. Auf diese Weise ist der - allerdings große - Kreis der Wettbewerber erkennbar, der von der Herabsetzung betroffen ist.
Stellt aus den vorstehenden Gründen die erste Werbung eine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber dar, so gilt das ohne weiteres auch für die mit dem Antrag zu I 2) angegriffene zweite Werbung. Denn diese wird - wie es von der Beklagten auch beabsichtigt ist - als Folgewerbung erkannt, in der die von der Beklagten dargestellte Spannung über den unbekannten Werbetreibenden aufgelöst wird. Die Werbung knüpft unmittelbar an die erste Werbung an, indem sie darlegt, wo die bislang zurückgestellten Käufe nunmehr getätigt werden sollen. Sie greift damit die Behauptung auf, daß die beworbenen Produkte nirgends billiger erworben werden können, und deckt im Unterschied zu der ersten Anzeige nunmehr lediglich auf, wer das werbende Unternehmen ist.
Zu Unrecht meint die Beklagte demgegenüber, die Werbung enthalte lediglich eine Darstellung ihrer eigenen Leistungen. Denn diese Sicht ignoriert den sich aufdrängenden - und auch gewollten - Zusammenhang zu der ersten Werbung. Es mag sein, daß diejenigen Leser, die die erste Anzeige nicht gesehen haben oder sich an sie nicht erinnern, der zweiten Anzeige lediglich den von der Beklagten dargestellten Gehalt beimessen. Dies allein vermag der Berufung bezüglich dieses Anspruches indes nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn jedenfalls für die Menge der Verbraucher, die entsprechend der Absicht der Beklagten auch die erste Anzeige zur Kenntnis genommen haben, wird aus den dargestellten Gründen auch durch die zweite Anzeige die gesamte Konkurrenz pauschal in ihrer Leistungsfähigkeit herabgewürdigt.
Im übrigen wird die zweite Anzeige ausdrücklich nur unter der Voraussetzung angegriffen, daß sie auch in Zukunft im Anschluß an die erste Werbung geschaltet wird.
Beide Werbeserien sind aus den vorstehenden Gründen wettbewerbswidrig. Die hieraus resultierende Wiederholungsgefahr ist nicht etwa deswegen entfallen, weil es sich um eine Eröffnungswerbung gehandelt und die Eröffnung inzwischen stattgefunden hat. Denn es kann - trotz der gerichtsbekannten Struktur der einzelnen M.-Märkte, die bisher als jeweils eigenständige Unternehmen organisiert sind, - nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte zukünftig einen Filialbetrieb eröffnet. Überdies kann die Werbung ohne weiteres auch während des schon laufenden Geschäftsbetriebes zur Bewerbung einzelner Produkte wiederholt werden.
Bezüglich des mit dem Antrag zu I 1) verfolgten Anspruches besteht auch trotz der verschiedenen Unterlassungserklärungen der Beklagten Begehungsgefahr.
Daß zunächst eine der beiden oben aufgeführten nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber dem Verlag D. S. und dem H. Verlag abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr ausreichen könnte, kann nicht festgestellt werden, weil die Beklagte, die sich selbst auf diese Erklärungen weder in erster noch in zweiter Instanz beruft, diese Erklärungen nicht vorgelegt hat.
Was die unter dem 9.4.1997 gegenüber dem Kläger abgegebene Unterlassungserklärung angeht, die nicht angenommen worden ist, so spricht allerdings einiges für die Annahme, daß durch sie die Begehungsgefahr in der Form der Wiederholungsgefahr zunächst beseitigt worden ist, weil die Erklärung annahmefähig und annahmepflichtig gewesen sein dürfte. Die Frage kann indes auf sich beruhen. Denn wenn sie zu bejahen sein sollte, ist die Begehungsgefahr jedenfalls wieder entstanden. Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung vor dem Senat im Rahmen der Erörterung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr durch die früher von ihr abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung ausdrücklich erklärt, sie halte ihre Erklärung nicht aufrecht und wiederhole sie auch nicht. Daraus wird deutlich, daß die Beklagte sich weiterhin für berechtigt ansieht, die angegriffene Werbung zu schalten, was die Unterlassungsanträge begründet.
Schließlich ist die angegriffene Werbung auch - wie dies § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG zusätzlich erfordert - geeignet, den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem von dem Landgericht anschaulich dargestellten Umfang der Auswirkungen der Werbung in den betroffen Branchen im Raum Köln. Der Senat sieht hierzu von näheren Ausführungen ab, weil die Beklagte selbst das Vorliegen dieser Voraussetzung des Unterlassungsanspruches nicht in Abrede stellt.
II.
Bestehen die Unterlassungsansprüche aus den vorstehenden Gründen bezüglich der Werbung in Printmedien, so gilt dies nicht auch für eine zukünftige Werbung in anderen Medien, weswegen die Berufung insoweit Erfolg haben muß.
Die Unterlassungsansprüche sind nach allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen nur in der konkreten Form begründet, in der eine Verletzung der von dem Kläger wahrgenommenen Rechte droht. Aus diesem Grunde stehen dem Kläger nur Ansprüche bezüglich einer Wiederholung der angegriffenen Werbung zu. Denn die Schaltung der Anzeigen im April 1997 indiziert zwar nach ebenfalls allgemeinen, auf § 1004 BGB beruhenden Grundsätzen die Gefahr der Wiederholung, es besteht aber darüber hinaus mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht die Gefahr, daß die Werbung auch in anderer Weise geschaltet werden könnte. Die angegriffene Werbung stellt indes eine Werbung in Zeitungen, also in Printmedien dar, weswegen die ursprünglichen Verstöße Ansprüche lediglich in dem oben zuerkannten Umfange rechtfertigen.
Demgegenüber kann die Gefahr einer weitergehenden Begehung in anderen Medien bezüglich des Antrages zu I 1.) nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß dieser aus den soeben dargestellten Gründen nicht (mehr) auf einer Wiederholungsgefahr, sondern nunmehr auf einer aus der Äußerung der Beklagten im Verfahren herzuleitenden Begehungegefahr beruhe. Denn diese Begehungsgefahr ist inhaltlich mit der ursprünglichen Wiederholungsgefahr identisch.
Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, aus welchen Gründen eine weitergehende Begehungsgefahr in anderen Medien drohen sollte. Sein einziger Hinweis, die Beklagte betreibe auch Radiowerbung, reicht hierfür bei weitem nicht aus. Zum einen zeigt schon der Umstand, daß die Beklagte zwar Radiowerbung betreibt, die konkret angegriffene Werbung in diesem Medium aber gerade nicht geschaltet hat, daß insoweit eine Begehungsgefahr nicht besteht. Zum anderen könnte die Werbung ohnehin nicht ohne Änderung der Aufmachung in anderen Medien geschaltet werden, weil die von dem Kläger ausdrücklich in den Antrag aufgenommene rote Unterlegung nur in Printmedien möglich ist.
III.
Schließlich sind der Zahlungsanspruch aus §§ 683, 677 BGB und der Zinsanspruch aus § 291 BGB begründet. Der Senat sieht hierzu von Ausführungen ab, weil die Beklagte diese Ansprüche nicht zum Gegenstand der Berufung gemacht hat (§ 519 Abs.3 Ziff.2 ZPO).
Die Beklagte ist ungeachtet der teilweisen Abweisung der Klage zum vollen Ersatz der geltendgemachten pauschalen Abmahnkosten verpflichtet, weil diese in gleicher Höhe auch dann angefallen wären, wenn der Kläger die Abmahnung auf die begründeten Ansprüche beschränkt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.
Der Senat schätzt das Interesse des Klägers an einer Unterlassung der angegriffenen Werbungen in anderen als Printmedien und damit den Wert des Teiles der Ansprüche, mit denen der Kläger unterlegen ist, auf 1/4 der beiden Gesamtansprüche, woraus sich die tenorierte Kostenquote ergibt.
Soweit der Kläger in der mündlichen Berufungsverhandlung auf Anregung des Senats die Unterlassungsanträge neu gefaßt hat, liegt darin keine Teilrücknahme der Klage, die Kostenfolgen auslösen müßte, sondern bei unverändertem Inhalt lediglich eine Korrektur der sprachlich teilweise mißlungenen Antragsformulierungen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für beide Instanzen: 100.207,00 DM.
Das gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO für die Wertbestimmung maßgebliche Interesse des Klägers an der Durchsetzung der Unterlassungsansprüche schätzt der Senat auf 50.000 DM je Werbestaffel. Der Kläger selbst hat zwar in der Klageschrift einen niedrigeren Wert angegeben, der höheren Wertvorstellung der Beklagten in beiden Instanzen aber nicht widersprochen. Überdies enthält die Wertangabe in der Klageschrift - entgegen § 23 GKG - nicht die Angabe des ungekürzten Streitwertes, sondern einen "teilweise herabgesetzten" und damit zur Bestimmung des Interesses des Klägers ungeeigneten Wertes.
Die Voraussetzungen des § 23 a UWG 1.Alt. liegen im übrigen ersichtlich nicht vor. Die Entscheidung setzt eine Abgrenzung zwischen der erlaubten bloßen Eigenwerbung und der Herabsetzung der Wettbewerber voraus, die nicht einfach ist, weil jede Werbung auch Elemente einer derartigen Herabsetzung enthält.
OLG Köln:
Urteil v. 21.10.2002
Az: 6 U 200/97
Link zum Urteil:
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