Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 19. Februar 2008
Aktenzeichen: 3 W 232/07
(OLG Hamburg: Beschluss v. 19.02.2008, Az.: 3 W 232/07)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 3. Dezember 2007 teilweise abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung € der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.- ; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
verboten,
für das Arzneimittel Laxxx (Zoledronsäure) zu werben
1. mit der in der Anlage I zu diesem Beschluss wiedergegebenen Weise der Angabe €1 x 1 der Osteoporose€
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Von den in erster Instanz entstandenen Kosten tragen die Antragstellerin 20% und die Antragsgegnerin 80 %.
Von den Kosten der Beschwerde haben die Antragstellerin 2/5 und die Antragsgegnerin 3/5 nach einem Beschwerdewert von € 50.000.- zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
I.
Hinsichtlich des Verfügungsantrags zu 1. ist der Unterlassungsanspruch aus §§ 3,4 Nr. 11 i. V. mit § 3 HWG begründet. Die Bewerbung des Arzneimittels Laxxx mit dem Slogan € 1 x 1 der Osteoporose€ ist jedenfalls irreführend, denn dieser Slogan erweckt den nicht zutreffenden Eindruck, als stelle dieses Arzneimittel den bei der Behandlung der Osteoporose immer in Erwägung zu ziehenden Standard in der Therapie dar. Im Einzelnen:
1. DerVerfügungsantrag zu 1. betrifft die Werbung für das Arzneimittel Laxxx (Zoledronsäure) mit der Angabe €1 x 1 der Osteoporose€ wie in der Werbung gemäß Anlage I geschehen. Auf dieser Werbekarte heißt es unter der Überschrift:
€Jetzt Laxxx® -
1 x 1 der Osteoporose*
1 Jahr Knochenschutz1
x
1 Infusion€.
Die Sternchenbemerkung bei Osteoporose* ist aufgelöst mit der Indikationsangabe: €Zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit einem erhöhten Risiko für Frakturen€, das Zitat €1€ verweist auf: €Black DM et al. NEJM 2007;356:1809-22€.
2. Die Antragstellerin beanstandet diese Angabe aus zwei Gründen: zum einen werde dem Verkehr gesagt, dass Laxxx ein Mittel zur Behandlung der Osteoporose bei allen Indikationen sei, zum anderen, dass es sich um das grundlegende Mittel handele, eben um das Einmaleins. Beides sei angesichts der auf die Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen beschränkten Zulassung unrichtig. Die falsche Angabe im Blickfang könne durch die Angaben zur Indikation in der Fußnote nicht mehr korrigiert werden, denn Aussagen zur Indikation hätten klar und eindeutig zu sein. Laxxx sei auch nicht das €Einmaleins€ € also der Goldstandard in der Osteoporosebehandlung. Das Mittel hebe sich weder in der Wirkweise noch in der Wirkung von dem Produkt Bonviva der Antragstellerin ab.
3. Der Spruch €1 x 1 der Osteoporose€ ist im Hinblick auf die damit einhergehende Besetzung der Redewendung vom €1 x 1€ so sehr geeignet, sich zu verselbständigen, als dass er nur in dem Sinne des in der Werbung dargebotenen Wortspiels verstanden und im Gedächtnis haften bleiben wird. Selbst bei denjenigen, die erkennen, dass in der Überschrift nur das Ergebnis der Formel €1 Jahr Knochenschutz x 1 Infusion€ wiedergegeben werden soll und die weiter erkennen, dass mit dieser Formel € wie die Antragsgegnerin ausführen lässt - der große in der einmaligen Jahresgabe liegende Fortschritt in der Therapie hervorgehoben werden soll, wird sich der Slogan festsetzen und im Gedächtnis verbleibend ein Eigenleben entwickeln. Denn selbst in der konkreten Werbung ist er als ein Slogan präsentiert worden, der sich wie ein Wiedererkennungssignal mit dem Produktnamen verbindet und zwar dergestalt, dass sich allein bei Nennung des Namens mehr oder weniger unbewusst die Assoziation €1 x 1 der Osteoporose€ einstellen wird.
Es handelt sich hier also um eine Werbeaussage, die so geschickt dargeboten wird, dass es auf der sprachlichen Oberfläche nichts zu beanstanden gibt, durch deren Konnotation aber insinuiert wird, es handele es sich bei dem Mittel um das €1 x 1€ der Osteoporose-Behandlung , also um eine grundlegenden Standardbehandlung , die stets in Erwägung gezogen werden sollte. Diese Suggestion ist Irreführung, denn die zugelassene Indikation unterliegt den oben im tatbestandlichen Abriss dargestellten Einschränkungen. Die auch mit der Sternchenanmerkung nicht mehr rückholbare Vorstellung von der viel zu weiten Indikation entsteht hier unmittelbar durch die Benutzung der Redewendung vom €1 x 1€ der Osteoporose-(Behandlung), wobei es im Sprachverständnis keinen Unterscheid macht, ob nun das €kleine€ oder das €große 1 x 1€ der Osteoporosetherapie gedanklich assoziiert werden wird.
4. DieDringlichkeitsvermutung aus § 12 Abs . 2 UWG ist nicht erschüttert. Die Antragstellerin ist zeitnah zur Kenntnisnahme von der beanstandeten Werbung gegen diese gerichtlich vorgegangen. Der Umstand, dass die Sache wegen der Überlastung des Senats bedauerlicherweise einige Zeit nicht hat bearbeitet werden können, ist nicht dringlichkeitsschädlich, denn die Antragstellerin sie ist für die eingetretene Unterbrechung der Bearbeitung nicht verantwortlich und hat zwischenzeitlich gemahnt. Damit konnte die Antragsgegnerin wegen der Verzögerung also keineswegs darauf schließen, dass der Antragstellerin etwa nicht mehr dringend an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gelegen ist.
II.
DerVerfügungsantrag zu 3. ist unbegründet. Die mit diesem Antrag beanstandete Werbung ist unter keinem rechtlichen Aspekt zu verbieten.
1. Der Verfügungsantrag zu 3. betrifft die Werbung mit einer €Geld-zurück Garantie€, wenn innerhalb eines Jahres nach der Infusion des Arzneimittels eine osteoporotische Fraktur auftreten sollte. Die Beanstandung bezieht sich auf die konkrete Verletzungsform der Anlage II. Dort steht in dem blickfangmäßig hervorgehobenen Button, mit dem die €Geld-zurück Garantie€ angekündigt wird, noch geschrieben: €Kooperation mit DAK€. Auf der Rückseite der Werbekarte, die insoweit nicht zum Bestandteil des Antrags gemacht ist, heißt es noch (Anlage Ast. 9): €Das heißt für Sie ... DAK veranlasst keine Wirtschaftlichkeitsprüfung*€. Das Sternchen ist aufgelöst mit dem Hinweis: €im Einzelfall bei leitlinien € und zulassungsgerechter Verordnung€.
2. Diese Werbung erwecke den unzutreffenden Eindruck als profitierte die Patientin von der Garantie und zwar dergestalt, dass sie ihre gezahlte Praxisgebühr und eine etwa geleistete Zuzahlung erstattet bekomme. Tatsächlich profitiere aber, wenn überhaupt jemand profitiere, allenfalls die DAK. Dies sei für den behandelnden Arzt irrelevant, denn er therapiere zum Wohle der Patienten und nicht zu dem der Krankenkasse. Die Aussage sei auch dann unzutreffend, wenn man auf den Arzt als Begünstigten der Garantie abstelle, denn dieser erhalte kein Geld zurück. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung werde nicht von der Krankenkasse, sondern dem €gemeinsamen Prüfungsausschuss€ vorgenommen. Die Krankenkasse erhalte lediglich eine Rückerstattung der Arzneimittelkosten, nicht aber auch eine Erstattung der Kosten, die insgesamt für die erfolglose Therapie aufgewendet worden sei. Schließlich sei die Werbung irreführend, weil nur die DAK und nicht auch andere Krankenversicherer in den Genuss der Rückerstattung käme.
3. Der normal informierte, durchschnittlich verständige und situationsadäquat aufmerksame durchschnittliche niedergelassene Arzt, an den sich die Werbung wendet, wird diese in keiner der von der Antragstellerin aufgezeigten Möglichkeiten missverstehen, sondern sie so verstehen, wie sie gemeint ist, nämlich als ein vollmundig aufgeblähtes Versprechen, ggf. das für die Beschaffung des Arzneimittels im Ergebnis vergeblich aufgewendete Geld an die DAK zurückzuerstatten. Der Referenzarzt kann schon der Vordersite der Werbekarte entnehmen, dass es um eine Kooperation, also eine Zusammenarbeit allein mit der DAK geht. Der Referenzarzt weiß, dass es eine Vielzahl von Versicherungen in der Pflichtversicherung gibt, die für die Versorgung der Versicherten in zum Teil erheblich voneinander abweichender Weise mit Leistungsanbietern Verträge abschließen. Er hat von daher keinen Anlass zu der Annahme, die vereinbarte €Geld-zurück Garantie€ sei auch mit anderen Kassen vereinbart worden. Weil nun eine solche Garantie bei einem Nichteintritt des Erfolges durchaus ungewöhnlich ist, wird der Arzt die Werbekarte umdrehen und dort erfahren, dass es wohl tatsächlich nur darum gehen soll, im Falle eines Ereignisses, das mit der Medikamentengabe gerade hat verhindert werden sollen, die für den Kauf des Arzneimittels aufgewendeten Kosten, an die DAK zurückzuzahlen. Der Arzt wird also zutreffend erkennen, dass Nutznießer der Garantie allein die DAK ist.
Ob der ihm auf der Rückseite der Karte mitgeteilte sekundäre Nutzen, mit dem ihm versprochen wird, dass die DAK für den Fall der regelgerechten Verordnung des Arzneimittels keine Wirtschaftlichkeitsprüfung veranlassen werde, zutreffend oder aber auf irreführende Weise vermittelt wird, kann offen bleiben, weil das Versprechen auf der Rückseite der Karte nicht Gegenstand des Antrags ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
OLG Hamburg:
Beschluss v. 19.02.2008
Az: 3 W 232/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/06b9a975cd69/OLG-Hamburg_Beschluss_vom_19-Februar-2008_Az_3-W-232-07