Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2010
Aktenzeichen: 21 W (pat) 21/08
(BPatG: Beschluss v. 01.07.2010, Az.: 21 W (pat) 21/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I Die Patentanmeldung wurde am 2. November 2006 unter der Bezeichnung "Verfahren und Einrichtung zur Anzeige eines im Rahmen einer Mammographie aufgenommenen Röntgenbildes" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 15. Mai 2008.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat die Anmeldung mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 zurückgewiesen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 US 2002/0181651 A1 nicht neu sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihr Patentbegehren mit neuen Patentansprüchen 1 bis 17, eingegangen bei Gericht am 27. Mai 2010, weiterverfolgt.
Der geltende Patentanspruch 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt und Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 durch Fettdruck hervorgehoben) lautet:
M1 Verfahren zur Ermittlung eines Aufnahmeparameters für eine Folgeaufnahme eines als Voraufnahme im Rahmen einer Mammographie aufgenommenen Röntgenbildes (26) einer auf eine Kompressionsdicke (d) komprimierten Brust (6), bei dem:
M2 -das Röntgenbild (26) als Voraufnahme für die Folgeaufnahme aufgenommen wird, M3 -für einen Bildbereich (24, 66) des Röntgenbildes (26) ein im Bildbereich (24, 66) abgebildeter Brustbereich (43, 68) der Brust (6) bestimmt wird, M4 -die Drüsendichte (g) des Brustbereiches (43, 68) aus den Helligkeitswerten des Röntgenbildes (26) im Bildbereich (24, 66) und der Kompressionsdicke (d) ermittelt wird, M5 -eine die Drüsendichte (g) charakterisierende Kenngrösse ("1"-"4") zusammen mit dem Röntgenbild (26) angezeigtwird, M6 -ein Aufnahmeparameter für die Folgeaufnahme abhängig von der Drüsendichte im Bildbereich ermittelt wird.
Die Anmelderin hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 für neu und erfinderisch.
Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamtes vom 18. Dezember 2007 aufzuheben und das Patent DE 10 2006 051 778 zu erteilen mit den Patentansprüchen 1 bis 17, eingegangen bei Gericht am 27. Mai 2010, sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung, Figuren 1 bis 4, gemäß Offenlegungsschrift.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn das Verfahren des Patentanspruchs 1 ist im Hinblick auf den Stand der Technik nicht patentfähig, da es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Die Erfindung betraf ursprünglich ein Verfahren und eine Einrichtung zur Anzeige eines im Rahmen einer Mammographie aufgenommenen Röntgenbildes einer Brust. Dabei sollte die Erkennbarkeit und Diagnose von Tumoren durch die Bestimmung des Anteils des dichten Drüsengewebes am Gesamtgewebe (Glandularität) verbessert werden (siehe Offenlegungsschrift Absätze [0001-0004]). Als Aufgabe ist daher in der Offenlegungsschrift (siehe Absatz [0005]) genannt, ein verbessertes Verfahren und eine verbesserte Einrichtung zur Anzeige eines im Rahmen einer Mammographie aufgenommenen Röntgenbildes anzugeben.
Die neuen Ansprüche sind zulässig. Die Merkmale im neuen Patentanspruch 1 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 12, die Merkmale im neuen Patentanspruch 14 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 15 und 12 und die weiteren Unteransprüche wurden lediglich entsprechend angepasst und umnummeriert.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 mag zwar neu sein, er beruht jedoch zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 in Verbindung mit dem Wissen und Können des Fachmanns ergibt, hier einem Team aus einem Dipl.-Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik, der Kenntnisse bei der Entwicklung von entsprechenden Röntgengeräten hat, und einem Mediziner, der die Röntgengeräte in der Praxis anwendet und sich über die daraus resultierenden Anforderungen zur Verbesserung der Geräte mit dem Dipl.-Ingenieur austauscht.
Aus der Druckschrift D1 (siehe insbesondere die Fig. 1 und 4 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein Verfahren zur Anzeige eines im Rahmen einer Mammographie aufgenommenen Röntgenbildes einer auf eine Kompressionsdicke komprimierten Brust 120 bekannt (siehe Absatz [0008]: "A more detailed embodiment is provided wherein breast density, as the proportion of body materials of a breast is determined. ... The radiation device includes a device for retaining therein the body part in a uniform position."; entspricht teilweise Merkmalsgruppe M1), bei dem: für einen Bildbereich des Röntgenbildes ein im Bildbereich abgebildeter Brustbereich der Brust bestimmt wird (siehe Absatz [0023]: "The example measures the breast tissue on a pixel by pixel basis and determines the proportion 200 in terms of percentage fat."; entspricht Merkmalsgruppe M3), die Drüsendichte des Brustbereiches (siehe Absatz [0023]: "proportion 200") aus den Helligkeitswerten des Röntgenbildes im Bildbereich und der Kompressionsdicke W (siehe Absatz [0027]: "kompression thickness W") ermittelt wird (entspricht Merkmalsgruppe M4) und eine die Drüsendichte charakterisierende Kenngrösse (siehe Formel 1 und 7) ermittelt wird. Für den Fachmann ist es dabei selbstverständlich, die pixelweise ermittelte Kenngröße und das ebenfalls pixelweise digital gespeicherte Röntgenbild (siehe Absatz [0018]: "presenting ... the attuenuated values ... in ... a color scheme or a grey scale") entsprechend anzuzeigen und diese Informationen bei Bedarf gemäß Merkmalsgruppe M5 somit ebenfalls zusammen anzuzeigen.
Da aus der Druckschrift D1 auch bekannt ist, dieses Verfahren bei klinischen Studien anzuwenden (siehe Absatz [0014]), bei denen zwangsläufig mehrere Röntgenaufnahmen von Patienten über eine gewisse Zeitspanne aufgenommen und verglichen werden, ist auch gemäß Merkmalsgruppe M2 bekannt, die Röntgenbilder als Voraufnahme für Folgeaufnahmen aufzunehmen.
Somit ist die ursprünglich angegebene Aufgabe, ein verbessertes Verfahren zur Anzeige von Röntgenbildern bei der Mammographie durch die Auswertung der Glandularität anzugeben, bereits durch die Lehre der Druckschrift D1 gelöst. Mit der bei Gericht am 27. Mai 2010 eingegangenen Eingabe mit den neuen Patentansprüchen führt die Anmelderin auch aus, dass es nun Aufgabe der Erfindung sei, ein verbessertes Verfahren zur Ermittlung eines Aufnahmeparameters für ein Röntgenbild anzugeben, welches als Folgeaufnahme eines zuvor von der gleichen Brust erstellten Röntgenbildes erzeugt wird.
Gemäß dem Patentanspruch 1 wird im Unterschied zur bekannten Lehre nach der Druckschrift D1 lediglich noch beansprucht, dass gemäß Merkmalsgruppen M1 und M6 die Aufnahmeparameter für die Folgeaufnahme abhängig von der Drüsendichte im Bildbereich ermittelt werden. Welche Aufnahmeparameter ermittelt werden, wird in den Ansprüchen nicht näher spezifiziert, und in der Beschreibung ist lediglich angegeben, dass die Parameter z. B. Röntgenparameter wie Aperturblende, Beschleunigungsspannung, Anodenstrom, Blendencharakteristik oder ähnliches sein können (siehe OS, Absatz [0024]). Mit dem Patentanspruch 1 wird daher lediglich sehr allgemein beansprucht, die Drüsendichte bei der Aufnahme von Folgeaufnahmen, bei der immer vorzunehmenden Einstellung der Aufnahmeparameter eines Röntgengerätes, in irgendeiner Weise zu berücksichtigen.
Darin kann der Senat keine erfinderische Leistung erkennen, da diese Vorgehensweise für einen Fachmann ausgehend von der Lehre nach der Druckschrift D1 nahe lag, aus der bereits Verfahren zum Auswerten der bei einer Mammographie bei klinischen Studien wiederholt gemachten Röntgenaufnahmen der gleichen Brust einer Patientin bekannt sind. Aus der Druckschrift D1 ist insbesondere bekannt, die Glandularität zur Krebsvorhersage in Röntgenbildern auszuwerten (siehe Absatz [0007]). Der Mediziner wird daher bei der Festlegung der Aufnahmeparameter für eine Folgeaufnahme bei einer Patientin die bereits ermittelte Drüsendichte aus älteren Röntgenbildern aufgrund der ihm immer obliegenden Minimierung der Strahlenbelastung für die Patientin berücksichtigen. Bereits die Vergrößerung (Zoom) eines bestimmten Bereichs des Röntgenbildes, in dem in einer Voraufnahme aufgrund der dort ermittelten Drüsendichte ein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt wurde, oder die Wiederholung einer Aufnahme mit einer höheren Röntgendosis, weil in einer Voraufnahme aufgrund einer hohen Drüsendichte ein verrauschtes und kontrastarmes Röntgenbild gemacht wurde, wird vom Patentanspruch 1 gemäß seiner allgemeinen und breiten Formulierung in den Merkmalsgruppen M1 und M6 umfasst.
Darüber hinaus sind dem Fachmann die technischen Mittel zur Auswertung der Drüsendichte (aus der Druckschrift D1) und die bei jedem Röntgengerät vorhandenen Einstellvorrichtungen zur Einstellung der Aufnahmeparameter eines Röntgengerätes (z. B. Aperturblende, Beschleunigungsspannung, Anodenstrom, Blendencharakteristik) aus seinem Fachwissen bekannt.
Mit dem nicht gewährbaren Anspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die Unteransprüche 2 bis 13 und 15 bis 17 und der nebengeordnete Patentanspruch 14 (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 -Schneidhaspel).
Im Übrigen hat eine Überprüfung des Senats ergeben, dass auch die Unteransprüche und der auf eine Einrichtung zur Anzeige eines Röntgenbildes gerichtete Patentanspruch 14 nicht gewährbar sind.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Bernhart Pü
BPatG:
Beschluss v. 01.07.2010
Az: 21 W (pat) 21/08
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