Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 106/03
(BPatG: Beschluss v. 08.11.2004, Az.: 30 W (pat) 106/03)
Tenor
Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Marke Zinkotec ist am 26. Januar 1998 unter der Nummer 397 42 016 in das Markenregister eingetragen worden. Sie ist nach Teillöschung bestimmt für "Arzneimittel, Diätetika für für medizinische Zwecke, ausgenommen Diagnostika". Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 28. Februar 1998.
Widerspruch erhoben hat ua am 20. Mai 1998 die Inhaberin der Marke 396 09 390 ZINKOTEST, eingetragen seit dem 1. August 1996 für "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Diagnostika für medizinische Zwecke".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat aufgrund dieses Widerspruchs wegen der Gefahr klanglicher Verwechslungen die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Abweichungen in den Wortenden reichten angesichts der Übereinstimmungen im Übrigen nach dem Gesamteindruck der Marken nicht aus, um Verwechslungsgefahr verneinen zu können, auch wenn der Markenteil "Zinko-" entfernt an den Wirkstoff "Zink" erinnere und der Verkehr die Aufmerksamkeit mehr auf die übrigen Markenbestandteile richte; die abweichenden Sinngehalte der Endungen seien angesichts unwesentlicher klanglicher Unterschiede nicht geeignet, klanglichen Verwechslungen entgegenzuwirken.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Er meint, im Hinblick auf die Abweichungen in den Wortenden bestehe keine Verwechslungsgefahr, zumal durch die im Warenverzeichnis ausgenommenen Diagnostika keine identischen Waren vorlägen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. Januar 2003 zu Ziffer 1. aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 396 09 390 zurückzuweisen.
Eine Äußerung der Widersprechenden ist nicht zu den Akten gelangt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke ist in der Sache nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling). Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen.
Für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist die Registerlage maßgeblich. Die Marken können danach im Bereich der sich gegenüberstehenden Arzneimittel bzw pharmazeutischen Erzeugnisse angesichts der weiten Oberbegriffe in den Warenverzeichnissen zur Kennzeichnung identischer Produkte verwendet werden. Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei diesen Erzeugnissen eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist, auch in tatsächlicher Hinsicht der Fachverkehr nicht im Vordergrund steht, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Auch insoweit ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd/Loint's) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).
Auch zwischen "Diätetika für für medizinische Zwecke" einerseits und den Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" andererseits ist enge Ähnlichkeit möglich (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen 12. Aufl S 108; 262). Auch wenn diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke auch der Ernährung dienen, so bestehen dennoch deutliche Überschneidungen mit pharmazeutischen Erzeugnissen bei den Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen, Verkaufsstätten, insbesondere auch bei den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte sowie der stofflichen Beschaffenheit. Es darf weiterhin nicht vernachlässigt werden, dass diätetische Erzeugnisse für medizinischen Zwecke auch der Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheitszuständen dienen und deshalb wegen ihrer medizinischen Zweckbestimmung und der damit verbundenen Berührungspunkte den pharmazeutischen Erzeugnissen der Warenklasse 5 zugeordnet sind.
Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke meint, dass der Annahme von Warenidentität bzw Warenähnlichkeit entgegenstehe, dass die Widerspruchsmarke wegen des im Markenwort enthaltenen Begriffs "Test" nur für Diagnostika bestimmt sein könne, diese Waren aber im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke ausdrücklich ausgenommen seien, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Sofern nicht die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten ist, sind im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke eingetragenen Waren heranzuziehen (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 9 Rdn 79 mwN), hier also maßgeblich insbesondere "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse". Abgesehen davon wird aber auch enge Ähnlichkeit zwischen Arzneimitteln wie auch pharmazeutischen Erzeugnissen und Diagnostika jedenfalls dann bejaht, wenn - wie vorliegend - in den Warenverzeichnissen nur Warenoberbegriffe enthalten sind (vgl Richter/Stoppel aaO S 107).
Kollisionsmindernd berücksichtigt der Senat zu Gunsten des Inhabers der angegriffenen Marke, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher geringer einzustufen und damit ihr Schutzumfang vermindert ist. Dies beruht darauf, dass der Markenbestandteil "ZINK" ein Sachhinweis auf dieses essentielle Spurenelement ist, das zB bei Zinkmangelzuständen dem Körper durch entsprechende Präparate zugeführt werden kann (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl S 1817); der weitere Bestandteil "TEST" ist ein Sachhinweis auf die Bestimmung der Waren, hier im Sinn einer medizinischen Untersuchung/Prüfung (vgl Duden, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 7. Aufl Stichwort "Test"); der Buchstabe "O" zwischen diesen Bestandteilen erscheint als typischer Verbindungsvokal, wie dies zB auch entsprechend bei mit "Coro" beginnenden Herz/Kreislaufpräparaten der Fall ist, bei denen das lateinische Wort "Cor" für "Herz" steht. In Verbindung mit den hier maßgeblichen Produkten ergibt sich ein deutlich beschreibender Anklang an "Zinktest" im Sinn von Prüfung der Konzentration an Zink.
Aber auch bei Anlegung nicht mehr ganz strenger Maßstäbe ist ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand nicht eingehalten.
In klanglicher Hinsicht stimmen die Marken bei gleicher Silbenzahl, Vokalfolge sowie gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus bis auf die Endbuchstaben "c", gesprochen wie "k", bzw "ST" überein, wobei der Buchstabenverbindung "ST" am Wortende Einzellautcharakter zukommt. Zwar führt der Erfahrungssatz, dass der Verkehr den Wortanfang regelmäßig stärker beachtet, wegen des beschreibenden Inhalts nicht zu einer besonderen Gewichtung des Bestandteils "Zink" (vgl BGH GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Jedoch besteht auch im Übrigen wegen des hohen Masses an Übereinstimmungen eine so erhebliche Zeichenähnlichkeit, dass die einzige Abweichung im Schlusslaut am allgemein weniger stark beachteten Wortende nicht zu einem nicht mehr verwechselbaren akustischen Gesamteindruck der Marken führt.
Zur Unterscheidbarkeit der Marken trägt schließlich auch nicht der abweichende Begriffsgehalt in den Endbestandteilen der Marken bei. Bei hochgradigen Übereinstimmungen kommt ein Ausschluß der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt regelmäßig nicht in Betracht. Denn auch Abnehmern, denen die Bedeutung des einen oder anderen Markenwortes ohne weiteres geläufig ist, nützt die begriffliche Abgrenzung nichts, wenn sie sich wegen der großen Schrift- oder Klangähnlichkeit verlesen bzw verhören, weil ihnen dann entweder der Sinngehalt überhaupt nicht oder der falsche Begriff zum Bewusstsein kommt (vgl Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn 231 mwN).
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu
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Beschluss v. 08.11.2004
Az: 30 W (pat) 106/03
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