Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 207/03
(BPatG: Beschluss v. 13.01.2004, Az.: 33 W (pat) 207/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 des Patentamts vom 25. Juni 2003 aufgehoben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Dienstleistung "Vermittlung von Versicherungen" zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 34 604 angeordnet.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Dienstleistungen
"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Vermittlungen einschließlich Beratungen (ausgeschlossen Rechts- und Steuerberatung) auf den Gebieten Geld, Finanzen und Immobilien; Vermittlung von Versicherungen; Sammeln und Liefern von Informationen (insbesondere als Onlinedienste) in den Bereichen Freizeitgestaltung, Seminare, Gesundheit, Warenhandel, Verlagserzeugnisse, Vereinsarbeit, Betreuung sowie Vermögensaufbau und Vermögenssicherung"
am 15. Juni 2000 angemeldeten und am 5. Dezember 2000 registrierten Marke 300 45 129 KONZEPT 50 PLUS aufgrund der am 25. Oktober 1996 eingetragenen Marke 396 34 604 50 Plusbeschränkt Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke ist nach einer Teillöschung nunmehr nur noch eingetragen für:
"Versicherungswesen".
Die Markenstelle für Klasse 36 hat den Widerspruch durch Beschluß vom 25. Juni 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß die Kennzeichnungskraft und damit der Schutzumfang der Widerspruchsmarke als gering einzustufen sei, die Widerspruchsmarke eine werbeübliche Aussage in Form der Zielgruppe der ab 50-jährigen darstelle und damit stark an eine beschreibende Angabe angelehnt sei. Bei dieser Sachlage seien an den Markenabstand - auch soweit die Dienstleistungen im Identitätsbereich lägen - eher durchschnittliche Anforderungen zu stellen. Dieser Abstand werde von der jüngeren Marke eingehalten. Für die Verkehrskreise bestehe keine Veranlassung die Einheit "KONZEPT 50 PLUS", die die Marke als ganzes präge auseinanderzureißen und dann einzelne im vorliegenden Fall stark an beschreibende Angaben angelehnte Bestandteile isoliert als Kenn- oder Merkwort herauszugreifen. Damit würden sich die streitgegenständlichen Marken trotz des gemeinsamen Bestandteils "50 Plus" so deutlich voneinander abheben, daß die Gefahr von Verwechslungen iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu verneinen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2004 ihren Widerspruch auf die mit der jüngeren Marke beanspruchte Dienstleistung "Vermittlung von Versicherungen" weiter beschränkt und ausgeführt, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch umfangreiche Benutzung gestärkt worden sei. Sie hat diesbezüglich eine eidesstattliche Versicherung eines Vorstandsmitglieds der Widersprechenden sowie Unterlagen zu den geschalteten Werbeanzeigen für Produkte der Marke "50 Plus" vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Dienstleistungsidentität seien an den Markenabstand daher hohe Anforderungen zu stellen, denen die jüngere Marke nicht gerecht werde. Diese werde durch "50 Plus" geprägt.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung für die Dienstleistung "Vermittlung von Versicherungen" anzuordnen.
Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat vorgetragen, daß das prägende Merkmal der Marke im Bestandteil "KONZEPT" zu sehen sei und daher nicht in "50 PLUS". Aus diesem Grund sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der Dienstleistungen "Vermittlung von Versicherungen" gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG für gegeben.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen muß im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Dienstleistung "Vermittlung von Versicherungen" bejaht werden.
1. Nachdem Benutzungsfragen nicht angesprochen worden sind, ist für die Frage der Dienstleistungsähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die "Vermittlung von Versicherung" im Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke wird von dem Begriff "Versicherungswesen" (Widerspruchsmarke) umfaßt, so daß von identischen Dienstleistungen auszugehen ist.
2. Der Senat geht ferner davon aus, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus zumindest sehr gering ist. Im Zusammenhang mit den identischen Dienstleistungen liegt für die angesprochenen Verkehrskreise - neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum - nahe, anzunehmen, dass sich die mit der Marke verknüpften Dienstleistungen an Personen im Alter von mindestens 50 Jahren richten. Die Widersprechende hat jedoch unter Vorlage entsprechender Unterlagen vorgetragen, daß die Marke "50 Plus" seit 1995 in erheblichem Umfang zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Versicherungswesen verwendet worden ist. Dies ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Vorstandsmitglieds H... der Widersprechenden sowie den aufgelisteten Anzeigenschaltungen der Widersprechenden. Diese haben bereits in den Jahren seit 1995 und damit vor Anmeldung der angegriffenen Marke im erheblichen Umfang stattgefunden. Der Markeninhaber hat das diesbezügliche Vorbringen der Widersprechenden auch nicht bestritten, so daß jedenfalls vorwiegend davon auszugehen ist, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bis hin zu einem annähernd normalen Umfang gesteigert worden ist.
3. Den insoweit erforderlichen erheblichen Abstand halten die sich gegenüberstehenden Marken hinsichtlich der nunmehr noch angegriffenen Dienstleistung "Vermittlung von Versicherungen" in klanglicher Hinsicht nicht ein. Dabei ist davon auszugehen, daß die jüngere Marke durch den Bestandteil "50 Plus" im wesentlichen geprägt wird.
Zwar ist es grundsätzlich nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke ohne weiteres ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn einem der Markenteile eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, daß darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen werden kann (BGH GRUR 1996, 775 - Sali Toft; GRUR 1998, 930 - Fläminger). So verhält es sich im vorliegenden Fall. "Konzept" im Sinne eines Gesamtangebots bzw "Versicherungspakets" ist für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres ein beschreibender Hinweis dahingehend, daß das Angebot des Markeninhabers eine durchdachte Gesamtplanung enthält (ähnl. BPatG 32 W (pat) 62/2000 - Concept; BPatG 28 W (pat) 268/97 - Concept I; 32 W (pat) 183/95 - CONCEPT ONE; HABM R0854/01-2 - NEW CONCEPT).
Es handelt sich somit um einen beschreibenden Bestandteil der in Alleinstellung nicht schutzfähig wäre. Insgesamt ist daher davon auszugehen, daß die angegriffene Marke lediglich von dem Bestandteil "50 Plus" geprägt wird. Dieser Bestandteil ist identisch mit der Widerspruchsmarke, so daß zumindest von klanglicher Verwechslungsgefahr auszugehen ist.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 13.01.2004
Az: 33 W (pat) 207/03
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