Finanzgericht Köln:
Beschluss vom 15. Dezember 2010
Aktenzeichen: 14 V 2484/10

(FG Köln: Beschluss v. 15.12.2010, Az.: 14 V 2484/10)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung).

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast.) wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Nach dem Ankauf einer CD mit Daten über Kapitalanlagen von in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen Personen bei der Schweizer B-Bank wurden auch Feststellungen bezüglich des Ast. getroffen. Am 10.06.2010 erfolgte eine Durchsuchung seiner Wohnräume. Dabei ergaben sich jedoch keine Hinweise auf ein Konto bei der B-Bank. Wegen Einzelheiten wird auf den gegen den Ast. ergangenen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts (AG) A vom 22.04.2010 (...), den nachfolgenden Beschluss des Landgerichts (LG) A1 vom 11.10.2010 (...) sowie den Aktenvermerk des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (Steuerfahndung) C vom 14.06.2010 Bezug genommen.

Am 05.07.2010 ergingen gegen den Ast. und seine Ehefrau für die Jahre 1999 bis 2008 geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen Hinzuschätzungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen vorgenommen wurden. Die Bescheide wurden dem Ast. und seiner Ehefrau einzeln bekannt gegeben und enthielten in den Erläuterungen jeweils einen Hinweis auf die Ermittlungen der Steuerfahndung.

Gegen die Bescheide legten der Ast. und seine Ehefrau fristgerecht Einspruch ein. Mit Schreiben vom 22.07.2010 wies der Antragsgegner (Ag.) darauf hin, dass der Ast. nach den der Steuerfahndung vorliegenden Unterlagen seit dem 18.09.1991 bei der B-Bank ein Konto unterhalten habe. Erträge hieraus seien in den Steuererklärungen nicht angegeben worden. Bei der Durchsuchung sei der Ast. mehrfach aufgefordert worden, Unterlagen bei der Bank anzufordern und vorzulegen. Da er dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, seien die Hinzuschätzungen gerechtfertigt. Die Höhe der Hinzuschätzungen basiere auf dem Kontostand im Jahr 2007. Dieser habe 1.841.000 CHF betragen. Bei den Hinzuschätzungen sei von einer durchschnittlichen Verzinsung von 5% im Jahr ausgegangen worden, was etwa der durchschnittlichen Verzinsung eines ...-Fonds (...) entspreche. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 22.07.2010 Bezug genommen. Über die Einsprüche wurde bislang nicht entschieden.

Nachdem der Ag. mit Bescheid vom 22.07.2010 einen Aussetzungsantrag abgelehnt hatte, begehrt der Ast. im vorliegenden Verfahren beim Gericht vorläufigen Rechtsschutz.

Der Ast. macht im Wesentlichen geltend, die angefochtenen Bescheide beträfen - soweit ersichtlich - allein den Ansatz seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine nachprüfbare Begründung der Besteuerungsgrundlagen finde sich weder in den Bescheiden noch anderorts. Die Begründung erschöpfe sich in dem Hinweis, den Änderungen lägen Ermittlungen der Steuerfahndung zugrunde. Seine Ehefrau sei vor Erlass der Bescheide nicht angehört worden. Bei ihm habe am 10.06.2010 eine Durchsuchung stattgefunden mit der Folge der Sicherstellung einiger Unterlagen und Gegenstände. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden seien nicht bekannt. Sein Antrag vom 16.06.2010 auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht beschieden worden. Ihm sei daher eine substantiierte Verteidigung verwehrt, seiner Ehefrau erst recht. Allein die strafrechtlichen Ermittlungen und seine Benennung auf einer "CD mit Datensätzen" gebe zu einer geänderten Betrachtungsweise keinen Anlass. Inhalt und Verwertbarkeit der Daten-CD in sachlicher und rechtlicher Hinsicht seien mangels nachprüfbarer Erläuterung in Zweifel zu ziehen.

Zudem stünden einer Verwertung der Daten-CD Beweisverwertungsverbote entgegen. Diese hätten nicht nur strafprozessualen Charakter, sondern entsprächen allgemeinen Rechtsgedanken. Ein Beweisverwertungsverbot folge aus behördlicher Straftat. Mangels Akteneinsicht und mangels Substantiierung der Begründung des Durchsuchungsbeschlusses werde der Sachverhalt aus der Tagespresse zugrunde gelegt. Dabei könne offen bleiben, ob die rechtswidrige Begebung der Daten durch die öffentlich bezahlten Akteure zum Beweisverwertungsverbot führe. Ebenfalls könne offenbleiben, ob das eigene Verhalten der Informanten angesichts dessen öffentlicher Förderung einen solch grundlegenden Verstoß gegen den ordre public darstelle, dass ein Verwertungsverbot begründet werde. Jedenfalls ergebe sich ein Beweisverwertungsverbot aus der Rechtswidrigkeit staatlichen Handelns. Dieses verletzte das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG -), welches ein rechtsstaatlich faires Verfahren gebiete, jedenfalls nachdem der Ankauf durch die staatlichen Akteure selbst strafbar gewesen sei. Der Ankauf der Daten sei Beihilfe oder Anstiftung zur unbefugten Verschaffung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Auf eine besondere geschäftliche Handlung komme es nicht an. Nichts anderes ergebe sich bei kontrollierend gewichtender Abwägung des Unrechtsgehalts. Insofern sei zu beachten, dass die final auf Beweismittelgewinnung ausgerichtete Straftat regelmäßig einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsordnung darstelle und dass ferner eine rechtmäßig Erlangung der Daten mangels Rechtshilfe der Schweiz ausgeschlossen gewesen sei. Die Umgehung verletzte Grundrechte aus Art. 20 Abs. 3 GG. Ein Beweisverwertungsverbot folge aber auch aus dem Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage zur Beweiserhebung. Der Sachverhalt ähnele dem der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Online-Durchsuchung und zur Vorratsdatenspeicherung. Das Verschaffen personenbezogener Daten ohne Ermächtigungsgrundlage verstoße gegen Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Eine Ermächtigungsgrundlage ergebe sich auch nicht aus § 161 der Strafprozessordnung (StPO). Damit korrespondiere der unzulässige Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht entgegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG. Nichts anderes legitimierten § 34 Strafgesetzbuch (StGB), § 93 Abgabenordnung 1977 (AO) und §§ 161, 163 StPO.

Ein Beweisverwertungsverbot folge aber auch aus einem Fundamentalverstoß gegen das Fair-Trial-Prinzip. Das illustriere die Zahlung der immensen, unverhältnismäßigen Geldbeträge. Anders als bei der Ausführung kleinerer Beträge behindere die aus der Zahlung sechs- und siebenstelliger Eurobeträge folgende Amortisationspflicht die Objektivität des Verfahrens. Mit der Zahlung beraubten sich die staatlichen Behörden der Neutralität ihrer Stellung. Das sei zugleich europarechtswidrig. Dementsprechend werde eine Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beantragt.

Ein Beweisverwertungsverbot folge aber auch aus dem Verstoß gegen das Trennungsgebot zu Feststellungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) einerseits und der Steuerbehörden andererseits. Der Hinweis an die Verwaltungsbehörden zur Möglichkeit der Datenbeschaffung sei laut Presseberichten über den BND erfolgt. Zulässige Hinweise seien jedoch auf Großgefahren beschränkt (§ 9 Abs. 3 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst i.V.m. § 20 BVerfSchG). Solche lägen nicht vor. Das Außerachtlassen des Trennungsgebots unterlaufe den Zwang zur Erstattung strafprozessualer Ermittlungsmethodik, ferner das Bestimmtheitsgebot. Nichts anderes folge aus

§ 116 AO. Die Vorschrift legitimiere BND-Informationen nicht. Amtshilfe komme nicht in Betracht. Andernfalls würden die strafprozessual geregelten Ermittlungsmethoden durch Erweiterungen in die BND-Methodik verwässert. Ein Beweisverwertungsverbot folge aber auch aus der Völkerrechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns. Der Ankauf der Steuer-CD umgehe den Rechtsweg. Das verstoße gegen die Resolution Nr. 56/83 der Vereinten Nationen. Zugleich mache sich die Bundesrepublik Deutschland das rechtswidrige Verhalten der Informanten zu Eigen. Der Vorgang entspreche der Entführung eines Beschuldigten im Ausland. Ein Beweisverwertungsverbot folge schließlich auch aus der Zweifelhaftigkeit der Beweismittel. Die Daten seien bekanntermaßen manipuliert. Zahlreiche Datensätze seien gelöscht (Handelsblatt vom 05.08.2010 Seite 12). Die Übereinstimmung der CD-Daten mit den Ursprungsdaten fehle. Eine Kopie liege nicht mehr vor. Eine Erstreckung der Manipulation auf andere, noch nicht gelöschte, aber möglicherweise geänderte Teilbereiche sei nicht ausgeschlossen.

Mit Schriftsatz vom 10.12.2010 trägt der Ast. ergänzend vor, die Besteuerungsgrundlagen seien nach wie vor nicht bekannt. Auch seinem Antrag auf Akteneinsicht sei nicht entsprochen worden. Für den Fall, dass die Entscheidung nicht bis zum 15.12.2010 vorliege, sehe er sich gehalten, die Berichterstatterin wegen Befangenheit abzulehnen. Deren prozessuales Vorgehen entbehre ausreichender gesetzlicher Grundlage. Dazu rechne die ungebührliche Verfahrensverzögerung. Das Aussetzungsverfahren sei per definitionem eilbedürftig. Das Unterlassen der Entscheidung seit einem halben Jahr widerspreche dem Verfahrenszweck und stelle den Rechtsschutzsuchenden schutzlos. Das vorläufige Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen durch den Ag. könne die Entscheidung nicht ersetzen. Ferner habe er ein Interesse an verbindlicher Klärung der Aussetzung im Hinblick auf den Zinslauf respektive die Entscheidung, Aussetzungs- oder Erstattungszinsen zu begründen oder zu vermeiden sowie über die Vermögensanlage in Höhe des Steueranspruchs und Nebenforderungen zu disponieren. Damit einher gehe die Besorgnis evident mangelnder Sorgfalt. Mit Schreiben vom 01.12.2010 habe die Berichterstatterin nach der Aufrechterhaltung des Antrags im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 09.11.2011 gefragt, obwohl der Antrag primär auf den Mangel der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und den Mangel der Begründung gestützt sei.

Soweit der Ag. darauf hinweise, Ermittlungs- oder Finanzbeamte seien in das strafrechtliche Beweisermittlungsverfahren nicht involviert gewesen, da sie den Verkauf des strafrechtlich relevant beschafften Materials nicht betrieben, sondern dieses lediglich gekauft hätten, bagatellisiere dies lebensfremd den Helferbeitrag des Käufers zur Beschaffungskriminalität des Verkäufers. Dies gelte gesteigert unter Berücksichtigung der - gemessen an den üblichen Beweismittelbeschaffungsaufwendungen der Verwaltung - ungewöhnlichen Höhe des "Kaufpreises".

Hilfsweise sei die Beschwerde zuzulassen. Die grundsätzliche Bedeutung der Sache folge aus dem Erfordernis der Definition der Reichweite des Rechtsstaatsprinzips bei Veranlagung entgegen den Grundrechten aus Art. 103, Art. 20, Art. 19 GG. Hinzu kämen höchstrichterlich bislang nicht geklärte Zweifel bei illegal erlangten Daten, sofern dem Erhalt der Daten - wie der Tagespresse zu entnehmen sei - eine Beihilfe zum Datendiebstahl zugrunde liege.

Der Ast. beantragt,

die geänderten Einkommensteuerbescheide der Jahre 1999 bis 2008, jeweils vom 05.07.2010, von der Vollziehung auszusetzen,

hilfsweise

die Beschwerde zuzulassen.

Der Ag. beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Ag. macht in seinem Schriftsatz vom 05.11.2010 geltend, die AO kenne kein allgemeines Verwertungsverbot. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es im Besteuerungsverfahren kein allgemeines Verwertungsverbot für rechtswidrig erlangte Informationen gebe. Entscheidend sei, ob eine gesetzmäßige, richtige und gleichmäßige Besteuerung oder ausnahmsweise die Individualinteressen des Betroffenen an einem Verwertungsverbot vorrangig seien. Ein Verwertungsverbot bestehe lediglich dann, wenn die Ermittlungen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt hätten. Der Umstand, dass die CD mit den Daten gekauft worden sei, könne schon deswegen kein Verwertungsverbot auslösen, weil sich die Beweisgewinnungsvorschriften an Behörden richteten und deshalb auch nur durch diese in einer die Verwertbarkeit ausschließenden Weise verletzt werden könnten. Deliktisches Verhalten von Privatpersonen bräuchten die Staaten sich nicht zurechnen zu lassen. Ob der Ankauf der CD rein rechtswidriges, insbesondere völkerrechtswidriges Verhalten dargestellt habe, könne dahinstehen, da strafrechtliche Verwertungsverbote auf das Besteuerungsverfahren nicht durchschlügen. Da im Falle des Datenerwerbs durch eine Privatperson ein strafrechtliches Verwertungsverbot zu verneinen sei, könne angesichts des Fehlens von Beweisverwertungsverboten in der AO erst recht kein steuerrechtliches Verwertungsverbot bestehen. Da in den verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Ast. nicht eingegriffen worden sei, sei den fundamentalen Besteuerungsprinzipien der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung Vorrang vor einem Beweisverwertungsverbot einzuräumen. Wer Vermögenswerte bei ausländischen Banken anlege, um in der Bundesrepublik Steuern zu hinterziehen, könne und dürfe nicht durch ein Verwertungsverbot geschützt werden. Ein Verwertungsverbot käme einer Aufforderung zur Steuerhinterziehung gleich, wäre für den ehrlichen Steuerzahler unerträglich und würde die allgemeine Steuermoral und die Gleichmäßigkeit der Bestteuerung nachhaltig schädigen. Hinzu komme, dass der Ast. und seine Ehefrau jede Mithilfe verweigert hätten, obwohl sie bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht treffe (§ 90 Abs. 2 AO). Daher könne eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerung nur durch die Verwertung der CD sichergestellt werden. Eine Vorlage an den EuGH sei nicht erforderlich. Insoweit werde auf den Beschluss des LG A1 vom 17.09.2010 (...) hingewiesen. Schließlich werde noch darauf hingewiesen, dass der BND in die Beweismittelgewinnung nicht eingebunden gewesen sei. Der Vorwurf einer Datenmanipulation sei bislang nicht erhoben worden. Der Ast. greife Informationen aus den Medien auf; diese betrafen indes ein anderes Ermittlungsverfahren. Das Unterlassen einer Anhörung bzw. eine unzureichende Begründung seien unschädlich. Dies sei mit dem Schreiben vom 22.07.2010 nachgeholt worden. Das LG A1 habe mit Beschluss vom 11.10.2010 (...) die Beschwerde des Ast. gegen den Durchsuchungsbeschluss zurückgewiesen.

II.

Der Senat war nicht gehindert, über den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Sache nach zu entscheiden, ohne zuvor dem Prozessbevollmächtigten des Ast. Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben zu haben. Der Prozessbevollmächtigte hat im Verlauf des Aussetzungsverfahrens ausreichend Gelegenheit für einen Akteneinsichtsantrag beim Gericht gehabt. Zwar hat er in der Antragsschrift gerügt, der Ag. habe seinen Antrag vom 16.06.2010 auf Gewährung von Akteneinsicht nicht beschieden, einen diesbezüglichen Antrag auf Akteneinsicht beim Gericht hat er jedoch erst am 10.12.2010 gestellt. Hinzu kommt, dass der Prozessbevollmächtigte nunmehr auf eine Entscheidung bis zum 15.11.2010 drängt.

Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen und schon vollzogenen Verwaltungsaktes aufheben, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder - was im Streitfall nicht in Betracht kommt - seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, z. B. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 08.08.2001 I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536).

Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide.

1. Der Einwand des Ast., die angefochtenen Bescheide seien unter Verletzung des Begründungserfordernisses (§ 121 Abs. 1 AO) und unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 91 Abs. 1 AO) erlassen worden, ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Bescheide zu begründen. Dem Ast. ist durch das im Tatbestand erwähnte Schreiben des Ag. vom 22.07.2010 ausreichend Gelegenheit gegeben worden, zu den der Besteuerung zugrunde liegenden Tatsachen - insbesondere auch zu den Gründen und der Höhe der Hinzuschätzungen - Stellung zu nehmen. Eine mögliche Verletzung von

§ 121 Abs. 1 AO und § 91 Abs. 1 AO ist damit gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 AO geheilt und deshalb unbeachtlich.

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide sind schon deswegen nicht hinreichend dargetan, weil der Ast. seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Für Vorgänge, die sich im Ausland ereignet haben, trifft den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat solche Vorgänge aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen und hierbei alle für ihn bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falles bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können (§ 90 Abs. 2 AO). Dies gilt im verstärkten Maße dann, wenn der Sachverhalt - wie im vorliegenden Verfahren - (etwa durch Vorlage von Kontounterlagen über die Geldanlagen bei der B) leicht transparent zu machen wäre. Eine Überschreitung des Schätzungsrahmens durch den Ag. ist nicht feststellbar, da dieser die Hinzuschätzungen auf der Grundlage des sich aus der CD ergebenden Kontenstands im Jahr 2007 und einer nicht unangemessenen Verzinsung von 5% im Jahr vorgenommen hat.

2. Der Ast. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die CD mit den Kontendaten von der B-Bank, die Anlass für die weiteren Ermittlungen bei ihm und seiner Ehefrau war, nicht verwertet werden durfte.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG obliegt die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensfolgen hat und ob hierzu insbesondere ein Beweisverwertungsverbot zählt, in erster Linie den zuständigen Fachgerichten und ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 09.11.2010 2 BvR 2101/09, Betriebs-Berater - BB - 2010, 3025; vom 02.07.2009 2 BvR 2225/08, Neue Juristische Wochenschrift 2009, 3225). Unter welchen Voraussetzungen ein steuerrechtliches Verwertungsverbot anzunehmen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Für den Bereich des Steuerverfahrensrechts hat der Gesetzgeber die Festlegung der Voraussetzungen für ein Verwertungsverbot der Rechtsprechung überlassen (Bundestag-Drucksache 7/4292 Seite 25).

Der BFH unterscheidet in ständiger Rechtsprechung (grundlegend BFH-Urteil vom 25.11.1997 VIII R 4/94, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1998, 461 m.w.N.) bei der Frage, ob rechtswidrig ermittelte Tatsachen einem Verwertungsverbot unterliegen, zwischen verfahrensrechtlichen Mängeln, die grundsätzlich nicht zu einem endgültigen Verwertungsverbot führen, und sog. qualifizierten materiellrechtlichen Verstößen. Ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot liegt vor, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzen oder in strafbarer Weise von der Finanzbehörde erlangt worden sind. Die so ermittelten Tatsachen sind schlechthin und ohne Ausnahme unverwertbar (vgl. BFH-Urteile vom 10.04.2001 XI R 10, 11/01, BStBl II 2002, 328; vom 28.04.1998 IX R 24/94, BFH/NV 1998, 1192; BFH-Beschlüsse vom 02.04.2004 II B 13/02, BFH/NV 2005, 58; vom 15.05.2002 V B 74/01, BFH/NV 2002, 1279; vom 26.02.2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464; vgl. auch die ausführliche Darstellung im BFH-Urteil vom 04.10.2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 zur Fernwirkung von Verwertungsverboten). Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor.

a) Der Ast. kann sich nicht darauf berufen, die Auswertung der CD entspreche nicht den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen.

Denn das BVerfG hat in seinem erst kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 09.11.2010 (in BB 2010, 3025) entschieden, dass der für eine Wohnungsdurchsuchung erforderliche Anfangsverdacht ohne Verfassungsverstoß auf Daten gestützt werden könne, die ein Informant aus Liechtenstein auf einem Datenträger an die Bundesrepublik Deutschland verkauft habe. Selbst für den Fall, dass Amtsträger bei der Beschaffung der Daten nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig oder gar strafbar gehandelt oder gegen völkerrechtliche Übereinkommen verstoßen haben, bestehe kein Beweisverwertungsverbot. Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt nach Auffassung des BVerfG nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten wird nur in den Fällen anerkannt, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist. Die Verwendung der Daten berührt nach Auffassung des BVerfG aber nicht den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Des weiteren sind Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte, nach Auffassung des BVerfG grundsätzlich verwertbar, so dass allein von dem Informanten begangene Straftaten bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes nicht berücksichtigt werden müssen. Eine Verletzung des Trennungsgebots scheidet nach Auffassung des BVerfG aus, wenn der Bundesnachrichtendienst die Daten im Wege der Amtshilfe lediglich entgegengenommen und weitergeleitet, nicht aber ihre Herstellung, Beschaffung oder Erfassung veranlasst habe, sondern sich der Informant von sich aus an den Bundesnachrichtendienst gewandt habe.

b) Ein Beweisverwertungsverbot folgt auch nicht aus behördlicher Straftat.

Der Ankauf der Daten war nicht strafbar. Eine Strafbarkeit wegen Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB scheidet aus, weil Daten keine "Sachen" im Sinne der Vorschrift sind. Soweit der Ast. den Ankauf der Daten als Beihilfe oder Anstiftung zur unbefugten Verschaffung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG gewertet wissen will, lässt er unberücksichtigt, dass die Vorschrift den Unternehmensinhaber vor einer Verletzung seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse schützt sowie den Wettbewerb vor Verfälschung, nicht hingegen das Geheimhaltungsinteresse der Kunden (vgl. Pawlik, Juristen Zeitung 2010, 693/ 701 m.w.N.). Wegen weiterer strafrechtlicher Aspekte wird auf den im Tatbestand erwähnten Beschluss des LG A1 vom 11.10.2010 (...) verwiesen, mit dem die Beschwerde des Ast. gegen den gegen ihn ergangenen Durchsuchungsbeschluss des A verworfen wurde. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzbehörde Bankangestellte angestiftet hat, Daten auszuspähen. Vielmehr sind diese, wovon auch im Beschluss des LG A1 vom 11.10.2010 ausgegangen wird, von sich aus mit den bereits ausgespähten Daten an die Finanzverwaltung herangetreten sein.

c) Ein Verwertungsverbot besteht auch nicht aus völkerrechtlichen Gründen. Ein Beweisverwertungsverbot ergäbe sich nur dann, wenn die Verwertung des außerhalb eines vereinbarten Rechtshilfeverkehrs erlangten Beweismittels selbst völkerrechtswidrig ist (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30.04.1990 4 BJs 136/89 - 3 StB 8/90, StB 8/90, BGHSt 37, 30). Diese Voraussetzung ist hier schon deswegen nicht gegeben, weil die Bankangestellten sich von sich aus mit der Daten-CD an die Finanzverwaltung gewandt haben und diese sich deren Handeln nicht zurechnen lassen muss.

d) Die vom Ast. angeregte Vorlage an den EuGH kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich im Streitfall lediglich um eine vorläufige Entscheidung im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung handelt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23.09.1983 III B 45/82, juris; vom 10.05.1999 V B 6/99, BFH/NV 1999, 1526).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, wann im Besteuerungsverfahren ein Beweisverwertungsverbot in Betracht kommt. Die Voraussetzungen, unter denen ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen ist, liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor. Es ist auch kein Verfahren bekannt, in dem festgestellt wurde, dass ein Amtsträger im Zusammenhang mit einer "Steuer-CD" eine Straftat begangen hat.






FG Köln:
Beschluss v. 15.12.2010
Az: 14 V 2484/10


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