Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 170/99

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2000, Az.: 28 W (pat) 170/99)

Tenor

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückge- wiesen.

2. Auf die Anschlußbeschwerde der Antragstellerin wird die Löschung der Marke 396 33 507 auch für die Wa- ren "Milch und Milchprodukte, Speiseöle und -fette" angeordnet.

Gründe

I.

Es ist beantragt, die für

"Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Backwaren, Saucen (Würzmittel), Gewürze; Verpflegung; Beherbergung von Gästen"

am 19. September 1996 eingetragene Marke 396 33 507 "FAJITAS" zu löschen.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent und Markenamtes hat dem Löschungsantrag durch Beschluß vom 19. Juli 1999 teilweise stattgegeben und die Löschung der Marke 396 33 507 "FAJITAS" für die Waren und die Dienstleistung:

"Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse; Backwaren, Saucen (Würzmittel), Gewürze; Verpflegung"

angeordnet.

Zur Begründung wird ausgeführt, die angegriffene Marke sei sowohl im Zeitpunkt ihrer Eintragung und der Entscheidung über den Löschungsantrag als eine unmittelbar beschreibende und damit freihaltebedürftige Sachangabe anzusehen. Es handele sich bei "FAJITAS" um ein aus dem Spanischen abgeleitetes Kunstwort mit dem Sinngehalt von "kleinen Streifen". Damit werde ein Gericht bezeichnet, das aus kleinen marinierten und gegrillten in einer heißen Teigrolle eingewickelte Fleischstreifen besteht und aus der vorwiegend mexikanisch/texanischen Küche stammt. Fajitas gebe es mit verschiedenen Fleisch, Fisch und Gemüsefüllungen unter Verwendung spezieller FAJITAS"-Gewürze. In diesem Sinn sei auch "FAJITAS" lexikalisch belegt ("epicurious DICTIONARY", "epicurious FOOD BOOKSTORE"). Im übrigen seien bereits im Jahre 1990 in einschlägigen deutschen Zeitschriften wie "GOURMET" und "Bon Appetit" sogar schon "FAJITAS"-Rezepte erschienen. Das Gericht "FAJITAS" sei bei Besuchern der zahlreichen mexikanischen Restaurants in Deutschland bereits 1996 neben anderen ähnlichen Gerichten wie zB Tacos, Salsas verbreitet und bekannt gewesen und sei es immer noch.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Markeninhaberin mit einem nicht unterzeichneten Beschwerdeschriftsatz. Auf Mitteilung durch das Bundespatentgericht, daß die Beschwerde mangels Unterschrift als unzulässig zurückzuweisen sein werde, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt mit der Begründung, daß ein ordnungsgemäß unterschriebener Beschwerdschriftsatz rechtzeitig per Fax an das Deutsche Patent und Markenamt übermittelt worden sei, wie das in der eidesstattlichen Versicherung einer Mitarbeiterin ihrer anwaltlichen Vertreter bestätigt werde. Gleichzeitig hat sie die Beschwerdeschrift, nunmehr ordnungsgemäß unterzeichnet, eingereicht mit dem Antrag:

Den Beschluß der Markenstelle 3.4 des DPMA vom 19. Juli 1999 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Sie trägt im wesentlichen vor, es fehle an dem von der Markenabteilung angenommenen Freihaltebedürfnis, denn es sei kein Nachweis für die Bekanntheit des Begriffes "Fajitas" zum Eintragungszeitpunkt und zum Entscheidungszeitpunkt erbracht worden. Die Eintragung einer Marke über mehrere Jahre hinweg begründe auch einen Vertrauenstatbestand für den Markeninhaber. Außerdem stünden dem Verkehr als Synonym für das Markenwort der Begriff "Sizzlers" zur freien Verfügung.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt:

die Beschwerde zurückzuweisensowie im Wege der in der mündlichen Verhandlung eingelegten Anschlußbeschwerde die angegriffene Marke auch für die Waren "Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette" zu löschen.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im Löschungsantrag und schließt sich den Ausführung des angefochtenen Beschlusses an.

Der Senat hat beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband eine Stellungnahme zum Bedeutungsgehalt und zur Verbreitung des Begriffs "Fajitas". Dieser hat daraufhin ua mitgeteilt:

"Die ersten Tex-Mex-Lokale eröffneten Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre. ...es ist von ca 500 solcher Lokale in Deutschland auszugehen...Es ist jedoch weiter relevant, daß zahlreiche Betriebe dauerhaft oder nur in Form von Aktionswochen mexikanische Gerichte anbieten, ohne als klassische Tex-Mex-Lokale aufzutreten...Fajitas sind Bestandteil jeder Speisekarte von "Tex-Mex-Lokalen" sie sind aber ebenso auf den Speisenkarten anderer Lokale zu finden, die eine mexikanische Aktionswoche durchführen...Fajitas sind von Beginn der inzwischen 10jährigen Geschichte dieses Marktsegments in Deutschland bekannt. Als Klassiker der mexikanischen Küche fehlen sie somit auf keiner Speisenkarte".

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist aufgrund der vom Senat gewährten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1.1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die mangels Unterzeichnung des Beschwerdeschriftsatzes versäumte Beschwerdefrist ist fristgerecht gestellt und auch sonst zulässig (§§ 91 Abs 2, 3 MarkenG; 238 ZPO ). Er ist auch begründet, denn die Fristversäumung, die in der fehlenden Unterschrift des innerhalb der Beschwerdefrist eingegangenen Beschwerdeschriftsatzes liegt, war vom Vertreter der Beschwerdeführerin nicht zu vertreten und daher ohne sein Verschulden erfolgt. Dies ergibt sich aus den eidesstattlichen Erklärungen der Angestellten des Vertreters der Beschwerdeführerin sowie des Vertreters selbst. Damit sind die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen ausreichend glaubhaft gemacht ( § 91 Abs 3 MarkenG). Durch Einreichung der unterschriebenen Beschwerdeschrift mit Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ist auch die Frist gem. § 91 Abs 4 MarkenG gewahrt und die versäumte Handlung nachgeholt.

1.2 Der Löschungsantrag der Antragstellerin ist zulässig (§ 50 Abs 2, § 54 Abs 1, 2 MarkenG), denn die Eintragung der angegriffenen Marke lag zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine 10 Jahre zurück. Hinsichtlich dieser im Gesetz vorgesehenen zeitlichen Limitierung ist dem Vertrauensschutz des Markeninhabers insofern Genüge getan, als dieser zur Gänze erst eingreift, wenn mehr als 10 Jahre nach der Eintragung verstrichen sind. Eine weiterer von der Markeninhaberin reklamierter Vertrauensschutz zugunsten der eingetragenen Marke existiert nicht.

1.3 In der Sache hat die Markenabteilung zutreffend ausgeführt, daß die eingetragene Marke "FAJITAS" sowohl im Zeitpunkt ihrer Eintragung als auch zum Zeitpunkt der Beschlußfassung nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG eine für die in Rede stehenden Waren und die beanspruchte Dienstleistung unmittelbar beschreibende und auch freihaltungsbedürftige Sachangabe war, denn sie dient zur Bezeichnung eines in Deutschland beim Publikum bekannten Gerichts, sowie den für die Zubereitung dieses Gerichts erforderlichen verschiedenen Zutaten und damit auch der Verpflegung von Gästen. Auch nach den Feststellungen des Senats ist "FAJITAS" ein vom Spanischen abgeleiteter Begriff mit der wörtlichen Bedeutung "Kleine Streifen". Er dient als Bezeichnung für ein Gericht aus in Teigrollen eingewickelten, marinierten Fleischstreifen, das in der gesamten TEX-MEX-Küche sowie auch in der übrigen Gastronomie schon seit Anfang der 90iger Jahre bis heute verbreitet und dem inländischen Verkehr bekannt ist. Dieser Umstand ist schon von der Markenabteilung mit Fundstellen aus einschlägigen Fachzeitschriften, wie "Gourmet" und "Bon Appetit" belegt und ergibt sich insbesondere auch aus der vom Senat eingeholten Stellungnahme des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie den Begriff "FAJITAS" in der Bundesrepublik Deutschland erst bekanntgemacht hat, ist für die rechtliche Beurteilung des beschreibenden Charakters zum Eintragungszeitpunkt nicht relevant; denn es kommt nicht darauf an, wer den Begriff als beschreibende Angabe eingeführt hat, sondern lediglich, ob er diesen Charakter aufweist. Im übrigen ist der Begriff "FAJITAS" im Waren und Dienstleistungsverzeichnis der Marke 395 276 128 "Senor Nachos", deren Eintragung am 20. September 1996, also noch vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke bekannt gemacht wurde, bereits im dargelegten Sinne verwendet worden.

2. Daß sich an diesen Tatsachen zur unmittelbar beschreibenden Sachangabe des Begriffes "FAJITAS" für die im Tenor des Beschlusses der Markenabteilung genannten Waren und Dienstleistung auch bis zur Beschlußfassung durch den Senat - ein Jahr nach der Entscheidung durch die Markenabteilung - nichts geändert hat, ist offensichtlich. So stammt die Stellungnahme des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, in der von "ungebrochener Beliebtheit dieser Restaurants und Speisen" gesprochen wird, vom 30. Juni 2000 und bezieht sich in ihrer inhaltlichen Aussage bis auf dieses Datum. Deckungsgleiche Angaben finden sich im GASTRO-GUIDE des Magazins "PRINZ" vom Frühjahr 2000 bei der Beschreibung angebotenen Gerichte in den Münchner Restaurants "Joe Pena's", "JULEPS", "Dillinger" und "ZAPATA" sowie des "TEX-MEX-Bar-Restaurant" im Belgischen Viertel in Köln. Darüberhinaus ist dem Senat aus eigener Lebenserfahrung bekannt, daß mit dem Begriff "FAJITAS" eine Speise bzw ein Gericht bezeichnet wird, welches neben Burritos, Enchilladas, Quesadillas zum Standardangebot jedes mexikanischen bzw TEX-MEX-Restaurants gehört, vergleichbar dem Hamburger bzw Cheeseburger der Fast-Food-Branche. So befinden sich in der näheren Umgebung des Gerichts mehrere Lokale mit dem Angebot von Fajitas-Gerichten. Darüberhinaus ist auch der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Packung "FLOURS TORTILLAS" der Marke "CASA FIESTA", die nur wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung erworben wurde, ein Rezeptvorschlag ua zur Zubereitung von "FAJITAS" aller Art zu entnehmen. Es wird sogar darauf hingewiesen, daß sich die "FAJITAS in der Mikrowelle, dh in einfacher Art und Weise vom Endverbraucher selbst, zubereiten lassen. Üblicherweise werden Zutaten für spezielle Gerichte, zB der Ethno-Küche, erst dann zur Heimzubereitung separat im Handel angeboten, wenn das zuzubereitende Gericht bereits einen größeren Grad an Bekanntheit erlangt hat, weil sonst eine Produkteinführung seitens des Herstellers nicht rentabel wäre.

Der Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach den Mitbewerbern als Synonym für den Begriff "FAJITAS" zur Bezeichnung des gleichen Gerichts bzw der gleichen Speise der Begriff "SIZZLER" zur Verfügung stünde, steht dieser Beurteilung des Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegen. Zum einen ist "Sizzler" kein Synonym für "Fajitas", denn aus den von der Markeninhaberin selbst dem Senat vorgelegten Unterlagen zu "NEW MEXICO SIZZLER" ergibt sich nicht die Verbindung der Fleischstreifen mit der Tortillarolle, wie dies gerade bei FAJITAS charakteristisch ist. Zum anderen ist auch § 23 Nr 2 MarkenG kein Grund, einem Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenzustehen, denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf das zivilrechtliche Wettbewerbsverfahren und bestimmt allein die Schutzschranken des einmal gewonnenen Schutzrechts. Sie stellt nur eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber im Verletzungsprozeß gegenüber einer möglicherweise - wie hier - zu Unrecht eingetragenen Marke dar (BPatG, MarkenR 2000, S. 68 - WALLIS; Beschl. v. 20.7.1999, 24 W (pat) 7/99 - EURO), "dient aber auch dazu, das Risiko für die Benutzer beschreibender Angaben und das von einer eingetragenen Marke ausgehende Einschüchterungspotential in Grenzen zu halten", wie der BGH festgestellt hat (MarkenR 2000, 330 - Bücher für eine bessere Welt). Damit ist ausdrücklich ausgeschlossen, daß mit einer monopolisierten Sachangabe zu Unrecht versucht wird Konkurrenten von ihrer beschreibenden Benutzung durch Abmahnungen oä abzuhalten oder zum Abschluß von Lizenzverträgen zu bewegen.

3. Aufgrund der Tatsache, daß es sich bei dem Wort "Fajitas" um eine unmittelbar beschreibende Sachangabe handelt, ist auch das Vorliegen jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu verneinen. Der Sinngehalt des Wortes erschöpft sich nämlich in der im Vordergrund stehenden Sachangabe für die Waren und in einem im allgemein üblichen Sprachgebrauch vorkommenden Wort zur Bezeichnung eines Gerichts für die beanspruchte Dienstleistung "Verpflegung von Gästen".

4. Die unselbständige Anschlußbeschwerde der Antragstellerin ist gem § 82 Abs 1, Satz 1 MarkenG iVm §§ 521, 577 a ZPO zulässig. Sie ist auch begründet, weil zur Zubereitung von FAJITAS auch die Waren "Speiseöle und -fette; Milch und Milchprodukte" eine Rolle spielen. Dies geht hinsichtlich Pflanzenmargarine insbesondere aus der Rezeptangabe auf der von der Antragstellerin ins Verfahren eingeführten Packung "FLOUR TORTILLAS" hervor sowie bezüglich "Käse" aus der Rezeptbeschreibung von Fajitas im Zusammenhang mit einer Präsentation des Restaurants "Joe Penas" in Frankfurt im Internet. Weitere Rezepte verweisen auf die Verwendung von "Olivenöl" und "sauren Rahm", bzw "creme fraiche" und "geriebenem Käse" bei der Herstellung von Fajitas. Aus diesen Gründen war aufgrund der Anschlußbeschwerde über die bereits ausgesprochene Löschungsanordnung der Markenabteilung hinaus die Löschung der Marke "FAJITAS" auch für die Waren "Speiseöle und fette; Milch und Milchprodukte" anzuordnen.

5. Hinsichtlich der Kostenentscheidung der Markenabteilung betreffend das Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent und Markenamt (§ 63 Abs 1, Satz 1 MarkenG) kann der Senat bereits aufgrund des Ergebnisses des vorliegenden Beschlusses der Senat zu keiner anderen Entscheidung gelangen.

Anlaß für eine vom Grundsatz des § 71 Abs 2, Satz 1 MarkenG abweichende Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren liegt ebenfalls nicht vor.

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BPatG:
Beschluss v. 11.10.2000
Az: 28 W (pat) 170/99


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