Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juni 2009
Aktenzeichen: 7 W (pat) 5/09

(BPatG: Beschluss v. 03.06.2009, Az.: 7 W (pat) 5/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung 103 30 313.8-21 mit der Bezeichnung "Stoßfänger für ein Kraftfahrzeug" ist am 4. Juli 2003 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangen.

Nach Prüfung der Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse B 60 R des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 17. März 2005 gemäß § 48 PatG zurückgewiesen. Im vorausgegangenen Bescheid der Prüfungsstelle war unter Hinweis auf die DE 40 06 455 A1 (E1) der Gegenstand des seinerzeit geltenden Patentanspruchs 1 als nicht neu und daher nicht patentfähig bezeichnet worden. Die Beschwerde der Patentanmelderin vom 3. Mai 2005 richtet sich gegen den Beschluss der Prüfungsstelle.

Die Patentanmeldung wurde von der ursprünglichen Anmelderin, der Adam Opel AG, 65432 Rüsselsheim, die seit 30. November 2005 infolge formwechselnder Umwandlung als A... GmbH firmiert, am 22. April 2009 auf die G... , I... in D, M... umgeschrieben.

Der Vertreter der A... GmbH erklärt in der mündlichen Verhandlung, dass die jetzt eingetragene Anmelderin G..., I... nicht in das Beschwerdeverfahren eintritt, sondern dieses von der früheren Anmelderin, der Fa. A... GmbH, fortgeführt wird.

Die Beschwerdeführerin hat nach einer Zwischenverfügung des Berichterstatters, in der die Druckschrift DE 100 60 636 A1 (E7) zum Stand der Technik ergänzend in das Beschwerdeverfahren eingeführt wurde, mit der Eingabe vom 2. Juni 2009 neue Patentansprüche 1 bis 4 vorgelegt.

Sie beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60R des Deutschen Patentund Markenamtes vom 17. März 2005 aufzuheben und das Patent DE 103 30 313.8-21 mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:

-(Neue) Patentansprüche 1 bis 4 und (geänderte) Beschreibung laut Anlage zum Schriftsatz vom 1. Juni 2009 (Bl. 40 bis 44 GA)

-Zeichnungen laut Offenlegungsschrift.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Stoßfänger (1) für ein Kraftfahrzeug, mit einer von Wandelementen (3, 4, 10) begrenzten Kammer (5), wobei die Wandelemente eine Stirnwand (2, 12) zur Einleitung einer Verformungsenergie bei einem Crash des Kraftfahrzeuges sowie an die Stirnwand (2, 12) angrenzende, dachförmig zumindest geringförmig nach außen weisende Wandelemente (3, 10) mit einer parallel zu der Stirnwand verlaufenden Dachkante (6) umfassen, dadurch gekennzeichnet, dass an den Dachkanten (9) zur Stirnwand (12) und nach außen weisende Schürzen (11) angeordnet sind.

Laut geltender, mit der Eingabe vom 2. Juli 2009 vorgelegter Beschreibung (S. 1, dritter Absatz) liegt dem Anmeldungsgegenstand das Problem zugrunde, einen aus dem Stand der Technik bekannten Stoßfänger so zu gestalten, dass die Gefahr eines Eindringens des stirnseitigen Endes in das Hindernis und hohe Flächenpressungen besonders gering gehalten werden.

Die geltenden, auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen die Vorrichtung des Anspruchs 1 weiter ausgebildet werden soll.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Gegenstand des Patents stellt in der geltenden Fassung keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1bis §5 PatGdar.

2.

Als Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Stoßfängervorrichtungen für Fahrzeuge anzusehen.

3.

Patentanspruch 1 ist zulässig. Sein Gegenstand kann durch die Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Offenlegungsschrift als ursprünglich offenbart angesehen werden.

4.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 mag neu sein, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die oberbegrifflichen Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 bilden einen Stoßfänger ab, der aus der DE 100 60 636 A1 (E7) bekannt ist. Diese Druckschrift zeigt einen Stoßfänger für ein Kraftfahrzeug (s. Abs. [0013]), mit einer von Wandelementen begrenzten Kammer (Hohlprofilteil 1), wobei die Wandelemente eine Stirnwand zur Einleitung einer Verformungsenergie (ersatzweise als Kraft F angegeben, Fig. 1) bei einem Crash des Kraftfahrzeuges sowie an die Stirnwand angrenzende, dachförmig zumindest geringförmig nach außen weisende Wandelemente (nach Patentanspruch 4 ist die Querschnittsform des Hohlprofilteils 1 ein gleichschenkliges Sechseck) mit einer parallel zu der Stirnwand verlaufenden Dachkante (6) umfassen. Wie beim Anmeldungsgegenstand erfolgt beim Gegenstand der E7 bei einer Crashsituation eine Verformung des Stoßfängers, wie sie durch die Figuren 1A-1B oder 3A-3B dargestellt ist. Durch eine solche Verformung wird eine Vergrößerung des stirnseitigen, der einwirkenden Kraft, die in der Regel als Flächenlast auftritt, zugewandten Endes erzielt. Dabei verformen sich die an die Stirnwand angrenzenden Wandelemente und biegen sich in erkennbarer Weise aufgrund ihrer dachförmigen Ausbildung nach außen.

Ein im Wesentlichen damit vergleichbareres Verformungsverhalten der an die Stirnwand angrenzenden Wandelemente, die sich aufgrund ihrer Ausbildung nach außen biegen, stellt sich im Crashfall auch beim Stoßfänger der DE 40 06 455 A1 (E1) ein. Neben den stirnseitigen und den an die Stirnseite angrenzenden Wandelementen sind beim Stoßfänger der E1 zusätzlich nach außen weisende Schürzen angeordnet. Diese Schürzen bestehen aus den flächigen Außenflanschen 29 mit Verstärkungsrippen 30. Bei den in den Fig. 7 und Fig. 8 der E1 dargestellten Crashsituationen stellt sich eine Verformung des Stoßfängers ein, durch die auch Bereiche der Schürzen zur Vergrößerung des stirnseitigen, der einwirkenden Kraft bzw. Flächenlast des Stoßpartners zugewandten Endes beitragen und wirksam werden. In der E1, Sp. 4, Zeilen 2 bis 5 wird den Außenflanschen 29 zwar keine wesentliche Rolle für die Energie-Absorbiercharakteristik der Stoßstange zugeschrieben.

Den Aspekt der Energie-Absorbiercharakteristik greift aber das vorliegende Patentbegehren weder durch die Aufgabenstellung noch durch eines der offenbarten Merkmale des angemeldeten Stoßfängers auf, sondern zielt auf eine Verringerung der Flächenpressung durch eine Flächenvergrößerung im Stoßbereich eines Stoßfängers ab.

Der Fachmann erhält aus der E1 den Hinweis, dass sich eine Flächenvergrößerung im Stoßbereich eines Stoßfängers durch das Vorsehen von im Crashfall wirksam werdenden, weil eine Zusatzfläche erzeugende Schürzen erzielen lässt. Im Unterschied zum Gegenstand der Patentanmeldung sind die Schürzen der E1 nicht an einer Dachkante zur Stirnwand weisend angeordnet.

Die Art der Anbindung der im Prinzip aus der E1 bekannten Schürzen an den übrigen Stoßfänger und die räumliche Orientierung der Schürzen fallen jedoch als rein konstruktiv bauliche Umsetzung und somit als untergeordnete Aufgabe des Fachmanns an, wenn er die aus der E1 bekannte Lösung zur Erzielung einer zusätzlichen Flächenvergrößerung und in der Summe der im Crashfall optimal wirksam werdenden Flächen eines Stoßfängers, z. B. bei dem der E7 umsetzen will. Eine erfinderische Tätigkeit ist dafür nicht erforderlich. Damit gelangt der Fachmann in nahe liegender Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1.

5. Die auf den geltenden Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 lassen keine Merkmale erkennen, die für sich oder in Verbindung mit den Merkmalen des Hauptanspruchs eine erfinderische Bedeutung begründen. Entsprechendes ist von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht worden.

6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

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Az: 7 W (pat) 5/09


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