Bundesgerichtshof:
Urteil vom 20. Dezember 2001
Aktenzeichen: I ZR 152/99

(BGH: Urteil v. 20.12.2001, Az.: I ZR 152/99)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. April 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, über die von ihr erzielten Umsätze Auskunft zu erteilen.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 12. August 1998 abgeändert. Die Klage wird insoweit abgewiesen.

Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges haben die Klägerin 1/20 und die Beklagte 19/20 zu tragen.

Die Kosten der Revision werden der Klägerin zu 7/40 und der Beklagten zu 33/40 auferlegt.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Beide Parteien betreiben am westlichen Stadtrand von München Einzelhandelsgeschäfte, in denen sie unter anderem Geräte der Unterhaltungselektronik und Elektrohaushaltsgeräte anbieten.

Das Geschäftslokal der Beklagten war im September 1997 wegen Umbauarbeiten für drei Tage (Montag, Dienstag, Mittwoch) geschlossen. Dies gab die Beklagte in mehreren Tageszeitungen durch eine Reihe von Anzeigen sowie - nach Wiedereröffnung - durch eine Werbebeilage bekannt. Die erste Anzeige erschien am vorausgehenden Samstag, dem 20. September 1997, mit dem folgenden Text:

"Übermorgen ist endlich geschlossen.

Dann ist hier alles Baustelle. Nächsten Donnerstag sollten Sie dann aber so richtig über unsere Wiedereröffnungsangebote herfallen."

Die nächste (ganzseitige) Anzeige erschien am Dienstag mit der Aussage:

"Blöd, wer morgen sein ganzes Geld ausgibt.

Denn die richtig günstigen Wiedereröffnungsknaller gibt's erst übermorgen."

Am Mittwoch veröffentlichte die Beklagte ebenfalls eine ganzseitige Anzeige:

"Blöd, wer glaubt, daß heute Wiedereröffnung ist.

Denn morgen, 8 Uhr, starten wir ein Feuerwerk an kleinen Preisen."

Schließlich erschien am Freitag eine Werbebeilage mit folgendem Text:

"Nach Umbau: Große Neueröffnung.

Fallen Sie über unsere kleinen Preise her."

Die Klägerin hat die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Ankündigung und Durchführung einer nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässigen Sonderveranstaltung auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat dem Unterlassungs- und dem Feststellungsantrag der Klägerin in vollem Umfang entsprochen. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens hat es die Beklagte auf einen Hilfsantrag unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Werbemaß

nahmen, aufgeschlüsselt nach Werbedatum und Werbemedium, und weiter darüber Auskunft zu erteilen, welche Umsätze sie im Zeitraum vom 25. September bis 2. Oktober 1997 erzielte.

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Senat hat die Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als sie sich gegen die Verurteilung wendet, über die erzielten Umsätze Auskunft zu erteilen. Im Umfang der Annahme verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß sich der Auskunftsanspruch bei Wettbewerbsverstößen im allgemeinen nicht auf den erzielten Umsatz richtet, weil diese Angabe für die gebotene Schadensschätzung nur von untergeordneter Bedeutung ist und es sich um besonders sensible Angaben handelt, an deren Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1964 - Ib ZR 23/63, GRUR 1965, 313, 315 = WRP 1965, 104 - Umsatzauskunft; Urt. v. 14.11.1980 - I ZR 138/78, GRUR 1981, 286, 288 = WRP 1981, 265 - Goldene Karte I; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 38 Rdn. 18 f.; Großkomm.UWG/Köhler, vor § 13 Rdn. B 422; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 405). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, weshalb im Streitfall ein solcher Anspruch ausnahmsweise bestehen soll. Besondere Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß die Umsatzentwicklung bei der Beklagten zugleich wichtige Anhaltspunkte dafür liefern könnte, welcher Schaden der Klägerin durch das beanstandete Verhalten entstanden ist, sind nicht ersichtlich. Solche Umstände könnten etwa darin liegen, daß die Klägerin die einzige ernstzunehmende Wettbewerberin wäre und es sich in der Vergangenheit gezeigt hätte, daß Umsatzsteigerungen des einen immer zu Lasten des anderen gingen. Eine solche Konstellation ist im Streitfall aber weder festgestellt noch vorgetragen. Die zwischen den am westlichen Münchner Stadtrand gelegenen Geschäftslokalen der Parteien bestehende räumliche Nähe genügt für die Annahme eines derart engen Zusammenhangs zwischen möglichen Umsatzerhöhungen auf der einen und Umsatzeinbußen auf der anderen Seite nicht.

Danach ist das angefochtene Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der Annahme der Revision aufzuheben. Die Klage ist insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.






BGH:
Urteil v. 20.12.2001
Az: I ZR 152/99


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