Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 17. März 2011
Aktenzeichen: 16 K 259.09

(VG Berlin: Urteil v. 17.03.2011, Az.: 16 K 259.09)

1. Im Falle der Verschmelzung zweier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geht die der übertragenden Gesellschaft erteilte Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nicht auf die aufnehmende Gesellschaft über.

2. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO kann nicht mit Wirkung für einen Zeitraum vor Antragstellung erteilt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer befristeten Ausnahmegenehmigung nach § 57a Abs. 1 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung -WPO- (im Folgenden nur: Ausnahmegenehmigung) sowie hilfsweise die Feststellung, dass sie während eines bestimmten Zeitraums eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nach § 57a WPO (im Folgenden nur: Bescheinigung) besaß.

Die Klägerin ist seit 1989 als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannt. Unter dem 2. März 2007 beantragte sie bei der Beklagten eine Ausnahmegenehmigung zur Durchführung der ihr angetragenen Abschlussprüfung einer mittelgroßen Gesellschaft. Mit Bescheid vom 7. März 2007 erhielt die Klägerin daraufhin eine bis zum 30. Juni 2007 befristete Ausnahmegenehmigung. Mitte 2007 holte sie das Einverständnis der Beklagten ein zwecks Beauftragung eines bestimmten Unternehmens mit der Qualitätskontrolle, zu der es jedoch in der Folgezeit nicht mehr kam.

Auf Grund Vertrages vom 28. Dezember 2007 wurde die RETAG Revisions-, Treuhand-, Wirtschaftsberatungs-AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden nur: RETAG), welcher am 16. März 2007 eine bis zum 15. März 2010 befristete Bescheinigung erteilt worden war, durch Übertragung auf die Klägerin verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 22. Juli 2008 im Handelsregister eingetragen. Die RETAG war zuvor am 24. September 2007 zur Abschlussprüferin zweier mittelgroßer Gesellschaften und am 24. Juni 2008 zur Abschlussprüferin einer weiteren mittelgroßen Gesellschaft bestellt worden. Die jeweiligen Abschlussprüfungen waren von ihr bis zum 22. Juli 2008 noch nicht durchgeführt bzw. abgeschlossen worden. Die Bestätigungsvermerke datieren nach Angaben der Klägerin vom 7. August 2008 bzw. 24. November 2008.

Die Beklagte, der die Verschmelzung nicht bekannt war, erkundigte sich mit Schreiben vom 8. September 2008 bei der Klägerin, ob die Qualitätskontrolle noch durchgeführt werden solle. Dies verneinte die Klägerin mit Schreiben vom 23. September 2008 unter Hinweis auf die erfolgte Verschmelzung, wodurch die Bescheinigung auf sie übergegangen sei. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2008 widersprach die Beklagte dieser Rechtsansicht ausdrücklich und empfahl der Klägerin, falls sie als Abschlussprüferin tätig werden wolle entweder eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen oder eine freiwillige Qualitätskontrolle (§ 57g WPO) durchzuführen. Hierauf beantragte die Klägerin mit am 23. Oktober 2008 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben zur Vermeidung von €weiterem bürokratischen Aufwand€ eine bis zum 30. Juni 2009 befristete Ausnahmegenehmigung. Danach werde sie voraussichtlich keine Abschlussprüfungen mehr vornehmen. Zur erforderlichen Härtefallprüfung bat die Beklagte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 5. November 2008 um ergänzende Angaben. Sie erinnerte unter dem 10. Dezember 2008 und 5. Februar 2009 an die Beantwortung, welche schließlich mit Schreiben der Klägerin vom 13. Februar 2009 erfolgte. In einem Telefonat zwischen den Beteiligten am 18. März 2009 stellte die Klägerin hierzu ergänzend klar, dass sie die beantragte Ausnahmegenehmigung für die von ihr im Jahr 2008 durchgeführten Abschlussprüfungen benötige.

Mit Bescheid vom 29. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag als mangels Bescheidungsinteresses unzulässig ab. Ein Bedürfnis, von der Pflicht zur Qualitätskontrolle befreit zu werden, bestehe nicht, weil die Klägerin zukünftig gar keine Abschlussprüfungen mehr durchführen wolle und somit auch nicht der genannten Pflicht unterliege. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für zurückliegende Zeiträume sei nach § 8 Abs. 2 Satz 1 der Satzung für Qualitätskontrolle -SaQK- nicht möglich. Nach § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO könne die Genehmigung nur mit Wirkung für die Zukunft erteilt werden.

Den dagegen von der Klägerin eingelegten ausführlich begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 als unzulässig zurück. Aus den bereits dargelegten Gründen bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Ausnahmegenehmigung. Diese könne aus den ebenfalls bereits dargelegten Gründen auch nicht rückwirkend erteilt werden. Die Feststellung, ob die Bestätigungsvermerke von der Klägerin rechtmäßig erteilt worden seien, könne nur das zuständige Gericht treffen. Personalisierte öffentlich-rechtliche Befugnisse, wie die Bescheinigung, gingen bei einer Verschmelzung nicht durch zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über. Hierüber hätte sich die Klägerin rechtzeitig informieren können und müssen.

Zur Begründung der dagegen am 7. August 2009 erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

Die Bescheinigung der RETAG sei durch die Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Es handele sich dabei um kein höchstpersönliches Recht, sondern um eine einer juristischen Person verliehene organisationsbezogene Berechtigung. Diese sei nicht rechtsformabhängig, sondern knüpfe allein an der Qualität der Betriebsorganisation an. Werde, wie hier, bei der Verschmelzung die gesamte Betriebsorganisation übernommen, so dass es zu keinen Änderungen in den Strukturen und Arbeitsabläufen komme, gehe mangels Missbrauchsgefahr auch die Bescheinigung über. Diese sei auch keine personenbezogene Erlaubnis, die einzelnen Wirtschaftsprüfern erteilt werde und an bestimmte, nur von einer natürlichen Person erfüllbare Voraussetzungen (z.B. Zuverlässigkeit) anknüpfe. Ohnehin seien aber alle Mitarbeiter und Vorstände der RETAG mit übergegangen. Sie, die Klägerin, habe vor der Verschmelzung gar keine Mitarbeiter gehabt, sei nicht operativ tätig gewesen und habe nur einen Personengesellschaftsmantel dargestellt. Die Verschmelzung sei daher wirtschaftlich ein reiner Rechtsformwechsel gewesen. Aus den von der Beklagten angeführten Kommentierungen ergebe sich nichts Gegenteiliges. Der Gesetzgeber habe etwaige Ausnahmen vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge positiv regeln müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Auch gelte nach dem Wirtschaftsprüfer-Handbuch 2006 bei einer Verschmelzung der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit nur eingeschränkt, so dass z.B. bei laufenden Abschlussprüfungen die Neubestellung des Abschlussprüfers nach Verschmelzung regelmäßig nicht erforderlich sei. Bei dieser Sachlage stelle das Verlangen nach Neuerteilung der Bescheinigung einen unnötigen, kostenintensiven Formalismus und einen unzulässigen Eingriff in die grundrechtliche Berufsfreiheit dar, die auch sie als inländische juristische Person und rechtsfähige Personengesellschaft mit ausschließlich natürlichen Personen als Kommanditisten beanspruchen könne. Ein solcher Eingriff sei nur dann materiell verfassungsgemäß, wenn er im Interesse des Gemeinwohls erforderlich und verhältnismäßig sei. Dies sei nur bei einer wesentlichen Veränderung der für die Bescheinigung maßgeblichen Verhältnisse zu bejahen. Daran fehle es aber vorliegend.

Zumindest habe sie aber Anspruch auf rückwirkende Ausnahmegenehmigung, von der die Ordnungsgemäßheit der 2008 erteilten Bestätigungsvermerke abhänge. Das Gesetz schließe die rückwirkende Erteilung nicht aus. § 8 Abs. 2 Satz 1 SaQK stelle keine dem Gesetzesvorbehalt des Artikels 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes genügende Eingriffsgrundlage dar. Ob hier überhaupt eine Rückwirkung vorliege, sei fraglich, weil der frühere Schriftwechsel zwischen den Beteiligten als Antragstellung vor der Verschmelzung zu verstehen bzw. umzudeuten sei. Auch seien die Voraussetzungen des § 57a Abs. 1 Satz 2, 3 WPO hier erfüllt, insbesondere liege ein Härtefall vor. Sie habe davon ausgehen dürfen, wegen der Verschmelzung gar keine Ausnahmegenehmigung zu benötigen. Auch seien die fraglichen Abschlussprüfungen schon vor der Verschmelzung in Auftrag gegeben und von der RETAG begonnen worden. Nach der Verschmelzung hätten sie fortgeführt werden müssen. Auch könne sie sich auf Vertrauensschutz berufen. Nach dem Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 2008 sowie der gängigen Verwaltungspraxis habe sie, wie zuvor im Jahr 2007, auch 2008 mit schneller unbürokratischer Erteilung rechnen dürfen, zumal die Alternative der freiwilligen Qualitätskontrolle für sie mangels eigener Prüfungstätigkeit gar nicht in Betracht gekommen sei. Die Beklagte habe auf Grund des Antrags vom 22. Oktober 2008 sowie eines Gesprächs am 2. Februar 2009 auch erkennen müssen, dass sie, die Klägerin, damals noch mit mindestens einer Abschlussprüfung befasst gewesen sei und sich daher in einer Zwangslage befunden habe. Nur dann habe der Antrag auf Ausnahmegenehmigung überhaupt einen Sinn.

Der Hilfsantrag sei zulässig. Insbesondere sei der Verwaltungsrechtsweg auch insoweit gegeben, denn der Antrag beziehe sich auf ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 29. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2009 zu verpflichten, ihr die befristete Ausnahmegenehmigung nach § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO für die Zeit vom 22. Juli 2008 bis zum 10. August 2009 zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, dass sie in der Zeit vom 22. Juli 2008 bis zum 15. März 2010 über eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nach § 57a WPO verfügte.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Falls die Klägerin eine Bescheinigung gehabt habe, sei der Hauptantrag unzulässig. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn die Bescheinigung werde als personalisierte, höchstpersönliche öffentlich-rechtliche Genehmigung der jeweiligen juristischen Person erteilt, sei an diesen Rechtsträger gebunden und gehe € genauso wie die Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (§ 33 WPO) € mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelung nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG über. Der Übergang der Bestellung zum Abschlussprüfer betreffe keinen vergleichbaren Sachverhalt und erfolge auch nur, wenn der aufnehmende Rechtsträger die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 HGB erfülle. Der pragmatische Argumentationsansatz der Klägerin gehe fehl, denn der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, die Bescheinigung zur Vermeidung von Missbrauch einem bestimmten Rechtsträger bzw. einer bestimmten Rechtspersönlichkeit und nicht einer Praxisorganisation zu erteilen. Sie könne z.B. auch keiner Sozietät ausgestellt werden. Ferner handele es sich vorliegend eben nicht lediglich um einen Rechtsformwechsel nach § 190 Abs. 1 UmwG, sondern um die Verschmelzung zweier Rechtsträger.

Eine Ausnahmegenehmigung könne nur auf Antrag erteilt werden, der hier erst am 23. Oktober 2008 gestellt worden sei. Dabei sei die laufende Tätigkeit der Klägerin als Abschlussprüferin nicht erkennbar gewesen. Eine Umdeutung von Schriftwechsel in eine Antragstellung vor Wirksamwerden der Verschmelzung sei schon in Ermangelung eines solchen Schriftwechsels nicht möglich. Wie § 8 Abs. 2 Satz 1 SaQK verdeutliche, könne eine Ausnahmegenehmigung nicht rückwirkend erteilt werden, weil auch keine rückwirkende Qualitätskontrolle möglich sei. Eine gegenteilige Regelung sei in den §§ 57a ff. WPO, die den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts gemäß Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes entsprächen, nicht getroffen worden und auch mit deren Sinn und Zweck nicht vereinbar. Danach solle Abschlussprüfer nur sein, wer über ein geprüftes Qualitätssicherungssystem verfüge. Es entspreche daher keineswegs der gängigen Verwaltungspraxis, rückwirkende Genehmigungen zu erteilen. Dies sei auch 2007 nicht geschehen. Ein Vertrauenstatbestand sei durch die damalige Ausnahmegenehmigung nicht entstanden. Ohnehin könne die Klägerin von einer rückwirkenden Genehmigung gar nicht profitieren. Mit der Eintragung der Verschmelzung sei die RETAG erloschen und als bestellter Abschlussprüfer nach § 318 Abs. 4 Satz 2 HGB weggefallen, denn die Klägerin habe damals nicht die Bestellungsvoraussetzungen nach § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB erfüllt. Der Antrag auf Ausnahmegenehmigung genüge dafür nicht. Zudem liege kein Härtefall vor. Die Prüfung von Jahresabschlüssen ohne Befugnis stelle keinen solchen dar. Die Klägerin hätte sich zur Vermeidung von Rechtsirrtümern rechtzeitig informieren und schon vor der Verschmelzung eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen, die sie dann auch hätte erhalten können. Ferner begründe das Schreiben vom 9. Oktober 2008 keinen Vertrauenstatbestand. Es enthalte nur zutreffende rechtliche Hinweise und berühre die Frage der rückwirkenden Genehmigung überhaupt nicht. Schließlich stehe die Erteilung der Genehmigung im Ermessen, so dass allenfalls ein Bescheidungsurteil ergehen könne.

Der Hilfsantrag sei nach § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär und daher unzulässig. Im Übrigen sei für ihn der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, denn er betreffe kein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Etwas anderes gelte nicht schon deshalb, weil in der Sache eine öffentlich-rechtliche Genehmigung oder Erlaubnis erforderlich sei. Die Klägerin sei insoweit ggf. auf die zivilprozessuale Feststellungklage zu verweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten (1 Band) Bezug genommen, die vorgelegen haben und € soweit erheblich € Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung der Kammer gewesen sind.

Gründe

Die Klage hat mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO keinen Erfolg.

Allerdings ist sie mit ihrem Hauptantrag insoweit zulässig, als die Klägerin entsprechend ihrem ursprünglichen Klageantrag die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den Zeitraum vom 22. Juli bis 24. November 2008 begehrt. Insbesondere fehlt der Klägerin dafür nicht das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, denn dieses ist bereits dann zu bejahen, wenn eine Rechtsverletzung durch die mit der Klage angefochtene Versagung der begehrten Begünstigung als zumindest möglich erscheint. Diese Möglichkeit ist hier nicht von der Hand zu weisen angesichts der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Bescheinigung nicht auf die Klägerin übergegangen sei, sowie ferner angesichts des Vorbringens der Klägerin, dass sie in diesem Fall wegen der von ihr im klagegegenständlichen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit als gesetzliche Abschlussprüferin ein Bedürfnis für eine Ausnahmegenehmigung habe und eine solche nach § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO auch tatsächlich beanspruchen könne. Die Frage, ob diese Rechtsauffassungen zutreffen, berührt die Zulässigkeit der Klage nicht, sondern betrifft ihre Begründetheit.

Der Klagehauptantrag ist hingegen insoweit unzulässig, als er nunmehr € mit Blick auf die erst mit Schriftsatz vom 14. März 2011 vorgelegten Unterlagen - zusätzlich die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für einen weiteren Zeitraum, nämlich die Zeit vom 25. November 2008 bis zum 10. August 2009 zum Gegenstand hat. Es handelt sich dabei um eine Klageänderung in der Form der Klageerweiterung. Eine Klageänderung ist jedoch nach § 91 Abs. 1 VwGO nur zulässig, wenn entweder die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Vorliegend hat es die Beklagte ausdrücklich abgelehnt, in die Klageänderung einzuwilligen, und hat sich demgemäß auch nicht im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen. Die Kammer sieht die Klageänderung auch nicht als sachdienlich an. Dies nicht nur, weil die Klageerweiterung auf der Einführung neuen Prozessstoffes in das Verfahren beruht, zu dem sich die Beklagte schon deshalb nicht hat erklären können, weil sie davon erstmals in der mündlichen Verhandlung erfahren hat. Nicht sachdienlich ist die Klageänderung vielmehr vor allem deshalb, weil der erwähnte neue Prozessstoff, wie sich bei genauerer Prüfung ergeben hat, ersichtlich gar nicht die Klägerin, sondern eine am Verfahren nicht beteiligte €BW PARTNER Bauer Wulf Schätz Hasenclever Stiefelhagen Partnerschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft€ betrifft. Diese € und nicht die Klägerin € wurde am 15. Dezember 2008 zur Abschlussprüferin der Ehinger Energie Wendelin Maunz GmbH bestellt (vgl. Blatt 243 der Streitakte) und erteilte der Gesellschaft am 10. August 2009 den Bestätigungsvermerk (vgl. Blatt 242 der Streitakte). Ein hinreichender Bezug zu dem Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist daher insofern nicht erkennbar.

Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag € soweit dieser zulässig ist € unbegründet. Die Versagung der begehrten Ausnahmegenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn sie hat keinen Anspruch auf Erteilung.

Allerdings scheitert der auf § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO gestützte Klageanspruch nicht schon daran, dass die Klägerin im klagegegenständlichen Zeitraum eine wirksame Bescheinigung im Sinne des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nach § 57a WPO besessen und somit kein Bedürfnis für eine Ausnahmegenehmigung gehabt hätte. Vielmehr verfügte die Klägerin im genannten Zeitraum nicht über eine wirksame Bescheinigung.

Dies deshalb, weil die in diesem Zusammenhang nur in Betracht kommende Bescheinigung, welche am 16. März 2007 der RETAG erteilt worden war, mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht durch die Verschmelzung auf die Klägerin €übergegangen€ ist.

Im Gegensatz zu der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung wird die Bescheinigung insbesondere nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG erfasst, wonach das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Die Bescheinigung stellt bereits keinen Vermögensbestandteil dar. Vielmehr handelt es sich dabei € insoweit vergleichbar der die Teilnahme eines Kraftfahrzeugs an der Hauptuntersuchung dokumentierenden Prüfplakette € lediglich um die hoheitliche Bestätigung eines bestimmten Sachverhalts, nämlich des Umstands, dass sich ein bestimmter Wirtschaftsprüfer oder eine bestimmte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Qualitätskontrolle im Sinne des § 57a WPO unterzogen hat. Unbeschadet der Tatsache, dass diese Bescheinigung nach § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB Voraussetzung für eine Tätigkeit als Abschlussprüfer ist und damit der betreffenden natürlichen oder juristischen Person prinzipiell den Zugang zu bestimmten Erwerbsmöglichkeiten eröffnet, kommt ihr als solcher kein Vermögenswert zu.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ist auf die Bescheinigung auch nicht entsprechend anwendbar, denn die bloße Bestätigung eines in der Vergangenheit liegenden Vorgangs kann € anders als Sachen oder Rechte € schon ihrem Wesen nach nicht von einem auf den anderen Rechtsträger €übergehen€. Die Bescheinigung bezieht sich inhaltlich auch nur auf einen bestimmten, darin benannten Wirtschaftsprüfer bzw. auf eine bestimmte, darin namentlich bezeichnete Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Ihr kommt mithin aus sich heraus keine Aussagekraft hinsichtlich einer natürlichen oder juristischen Person zu, die mit der in der Bescheinigung bezeichneten nicht identisch ist, und sie erfasst nach ihrem Aussagegehalt auch keine sich erst nach ihrer Ausstellung ereignenden Vorgänge.

Die Frage, ob eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die sich € wie die Klägerin € nicht der Qualitätskontrolle unterzogen hat, gleichwohl dann über eine wirksame Bescheinigung im Sinne des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB verfügt, wenn auf sie eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verschmolzen wurde, welche vor ihrem Erlöschen eine noch nicht abgelaufene Bescheinigung besaß, beantwortet sich demnach unmittelbar aus § 319 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 57a WPO und ist nach Auffassung der Kammer zu verneinen.

Es wäre nämlich mit Sinn und Zweck der die erfolgte Qualitätskontrolle dokumentierenden Bescheinigung nicht zu vereinbaren, wenn sich eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Rahmen des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB darauf berufen könnte, dass eine andere, auf sie verschmolzene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zuvor an der Qualitätskontrolle teilgenommen hatte. Die Klägerin selbst hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bescheinigung bzw. die ihr zu Grunde liegende Qualitätskontrolle an der €Qualität der Betriebsorganisation€ anknüpfe und es dafür maßgeblich auf die Organisationsstruktur der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die dortigen Arbeits- und Prüfungsabläufe ankomme. In der Tat ist die Qualitätskontrolle eine Systemprüfung, die eine Aufbau- und Funktionsprüfung mit dem Ziel der Beurteilung der Angemessenheit und Wirksamkeit des von dem Wirtschaftsprüfer bzw. der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft praktizierten Qualitätssicherungssystems zum Inhalt hat (vgl. Hense/Ulrich, WPO Kommentar [2008], § 57a Rd. 41). Es liegt jedoch aus Sicht der Kammer auf der Hand, dass die damit für die Qualitätskontrolle maßgeblichen Parameter nicht notwendigerweise oder auch nur typischerweise von dem durch die Verschmelzung bewirkten Erlöschen des der Qualitätskontrolle unterzogenen Rechtsträgers unberührt bleiben. Im Gegenteil wird ein solcher Vorgang regelmäßig nicht ohne Auswirkungen auf Aufbau und Funktion der Wirtschaftsprüferpraxis bleiben, so dass die unter anderen tatsächlichen Voraussetzungen durchgeführte Qualitätskontrolle damit ihren maßgeblichen Bezugspunkt verliert. Das Unterbleiben negativer Auswirkungen auf das bislang beim übertragenden Rechtsträger praktizierte System der Qualitätssicherung, welches Gegenstand der bescheinigten Kontrolle war, kann somit in diesen Fällen nicht als gewährleistet angesehen werden.

Überdies drängt sich nach Auffassung der Kammer in dieser Frage eine Parallele zu dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall der Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach §§ 28 f. WPO auf. Die Anerkennung ist genauso wie das Vorliegen der hier streitigen wirksamen Bescheinigung gesetzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Tätigkeit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als gesetzliche Abschlussprüferin (vgl. § 319 Abs. 1 Satz 1 und 3 HGB). Genauso wie die Bescheinigung wird die Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von der Beklagten erteilt (vgl. § 29 WPO) und in Form einer Urkunde dokumentiert (vgl. § 29 Abs. 3 WPO). Ebenso wie die Anerkennung nur erfolgt, wenn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nachweist, dass sie die in § 28 WPO im Einzelnen geregelten Voraussetzungen erfüllt, wird die Bescheinigung nur erteilt, wenn der Prüfer für Qualitätskontrolle nach erfolgter Prüfung die Erklärung gemäß § 57a Abs. 5 Satz 3 WPO abgibt, d.h. bestätigt, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein den maßgeblichen Anforderungen genügendes System der Qualitätssicherung unterhält (vgl. § 57a Abs. 6 Satz 7 und 9 WPO). Sowohl die gesetzlich vorgeschriebene Notwendigkeit der Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als auch das gesetzliche Erfordernis der in Form einer wirksamen Bescheinigung bestätigten Teilnahme an der Qualitätskontrolle dienen dabei demselben präventiven Zweck, nämlich insbesondere im öffentlichen Interesse die Einhaltung der Berufspflichten durch die als gesetzliche Abschlussprüfer tätigen Wirtschaftsprüfer zu gewährleisten oder zumindest zu fördern (vgl. Hense/Ulrich, a.a.O., § 28 Rd. 27, 44; vor §§ 57a ff. Rd. 1, 3). Auf Grund der vorgenannten Übereinstimmungen kann nach Ansicht des Gerichts für die Bescheinigung nichts anderes gelten als das, was für die Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft explizit gesetzlich geregelt ist. Letztere erlischt nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 WPO mit Auflösung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, mithin auch im Falle der zum Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers führenden Verschmelzung (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Sie kommt somit unstreitig der übernehmenden Gesellschaft nicht zu Gute.

Der gegen die vorstehenden Erwägungen von der Klägerin erhobene Einwand, dass jedenfalls in ihrem speziellen Fall auf Grund der Eigenart der miteinander verschmolzenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften etwas anderes gelten müsse, vermag nicht zu überzeugen.

Die Klägerin trägt dazu sinngemäß vor, dass sie als übernehmende Rechtsträgerin vor der Verschmelzung gewissermaßen nur eine leere €Unternehmenshülle€ dargestellt habe, in die alle Organisationsstrukturen der RETAG nebst deren Personalbestand gewissermaßen €eingepflanzt€ worden seien, weshalb Änderungen in den für die Qualitätskontrolle maßgeblichen Parametern durch diesen Vorgang eben gerade nicht bewirkt worden seien. Dies mag zwar € für die Kammer allerdings weitgehend nicht nachprüfbar € so gewesen sein, jedoch verbietet sich nach Auffassung des Gerichts die von der Klägerin damit beanspruchte Einzelfallbetrachtung schon aus Gründen der Rechtssicherheit. Die gesetzlichen Regelungen stellen nämlich kein Verfahren für die in einem solchen Fall notwendige verbindliche Feststellung bereit, ob bei einer Verschmelzung ein solcher Ausnahmefall vorgelegen hat oder nicht. Es bliebe somit letztlich der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überlassen, selbst einzuschätzen, ob bei den für die Qualitätssicherung maßgeblichen Parametern in Folge der Verschmelzung eine Veränderung eingetreten ist. Eine solche € zumal in denkbaren Grenzfällen € überaus heikle €Selbstprüfung€ widerspräche jedoch dem System der Qualitätskontrolle im Sinne des § 57a WPO, das aus naheliegenden Gründen den Einsatz unabhängiger Prüfer für Qualitätskontrolle (vgl. § 57a Abs. 4 WPO) sowie die nachvollziehbare Dokumentation des Prüfungsergebnisses vorsieht. Für die Öffentlichkeit und die (potentiellen) Mandanten sowie nicht zuletzt auch für die aus einer Verschmelzung hervorgegangene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft selbst bliebe somit unklar, ob der aufnehmende Rechtsträger, der vor der Verschmelzung keine wirksame Bescheinigung besessen hatte, nunmehr nach der Verschmelzung die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB erfüllt oder nicht. Hieraus würden wiederum für die Mandantschaft der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wie auch für den Rechtsverkehr erhebliche Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit festgestellter Jahresabschlüsse, resultieren, die gerade vermieden werden sollen (vgl. den auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung entsprechend anwendbaren § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG, wonach ein festgestellter Jahresabschluss u.a. dann nichtig ist, wenn er von Personen geprüft wurde, die nach § 319 Abs. 1 HGB nicht Abschlussprüfer sind).

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt darin auch kein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Die Kammer hat zu der grundsätzlichen Pflicht zur Qualitätskontrolle schon in einem früheren Verfahren ausgeführt, dass es sich dabei um eine bloße Regelung der Berufsausübung handelt, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls € hier konkret durch die damit angestrebte Gewährleistung hoher Qualitätsstandards bei allen gesetzlichen Abschlussprüfern und die Festigung des Vertrauens der Öffentlichkeit in deren Tätigkeit € ausreichend legitimiert wird, und die auch nicht unverhältnismäßig ist (vgl. dazu im Einzelnen: VG Berlin, Urteil vom 19. März 2009 -VG 16 K 28.09-, Juris; redaktioneller Leitsatz und Kurzwiedergabe auch im WPK Magazin 2009, Nr. 3, S. 42 ff.). An dieser Rechtsprechung ist nach erneuter Prüfung festzuhalten.

Der vorstehend erörterte Umstand, dass die Klägerin von der für Abschlussprüfer allgemein geltenden Pflicht zur Qualitätskontrolle durch das Gesetz nicht deshalb ausgenommen wird, weil auf sie eine zuvor bereits kontrollierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verschmolzen worden ist, rechtfertigt keine andere verfassungsrechtliche Bewertung. Der Verzicht auf einen solche Konstellationen generell erfassenden Ausnahmetatbestand ist vielmehr ebenfalls durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Auch er dient, wie vorstehend ausgeführt, der durch die gesetzliche Regelung bezweckten präventiven Sicherung hoher Qualitätsstandards und ist auch in atypischen Fällen, wie dem der Klägerin, zumindest aus Gründen der Rechtssicherheit gerechtfertigt. Das Fehlen einer generellen Ausnahmeregelung ist ferner schon deshalb nicht unverhältnismäßig, weil atypischen Konstellationen im Einzelfall durch die gesetzliche Härtefallregelung ausreichend Rechnung getragen werden kann. Dass diese einen rechtzeitigen Antrag voraussetzt, stellt die Verhältnismäßigkeit nicht in Frage, wie nachfolgend noch auszuführen sein wird.

Die nach alledem von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum für ihre Tätigkeit als Abschlussprüferin benötigte Ausnahmegenehmigung nach § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB in Verbindung mit § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO kann der Klägerin jedoch schon deshalb nicht erteilt werden, weil der dafür gemäß § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO erforderliche Antrag von ihr nicht rechtzeitig bei der Beklagten gestellt wurde und eine rückwirkende Ausnahmegenehmigung nicht möglich ist.

Der Antrag auf Ausnahmegenehmigung wurde von der Klägerin erstmals am 23. Oktober 2008 gestellt, dem Tag des Eingangs ihres Schreibens vom 22. Oktober 2008 bei der Beklagten. Ein früherer Schriftwechsel zwischen den Beteiligten, der als früherer Antrag ausgelegt oder €umgedeutet€ werden könnte, ist dem Verwaltungsvorgang der Beklagten nicht zu entnehmen und auch von der Klägerin nicht substantiiert dargetan worden. Vielmehr hatte zwischen den Beteiligten ersichtlich längere Zeit gar kein (Schrift-)Kontakt mehr bestanden, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2007 ihre Absicht bekundet hatte, sich selbst einer Qualitätskontrolle zu unterziehen, und die Beklagte ihr Einverständnis mit dem dafür in Aussicht genommenen Prüfer erklärt hatte. Diese €Funkstille€ wurde dann erstmals von der Beklagten mit ihrer Anfrage vom 8. September 2008 gebrochen. Die Antwort der Klägerin vom 23. September 2008 kann auch bei wohlwollender Betrachtung nicht als Antrag auf Ausnahmegenehmigung interpretiert werden. Die Klägerin führte darin nämlich nur aus, dass sie in Folge der Verschmelzung nunmehr eine wirksame Bescheinigung besitze. Sie brachte somit in dem Schreiben gerade kein Begehren nach einer Ausnahmegenehmigung zum Ausdruck.

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, die sich auf die Zeit ab dem 22. Juli 2008 (Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister) und damit auf einen vor Antragstellung liegenden Zeitraum bezieht, ist unabhängig vom Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einer solchen Genehmigung nicht (mehr) möglich.

Es gilt insoweit zunächst der allgemeine Grundsatz, dass verwaltungsrechtliche Genehmigungen, die € wie hier € einen Antrag voraussetzen, frühestens mit Wirkung vom Zeitpunkt der Antragstellung an erteilt werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 1998, NVwZ 1999, 306 m.w.Nachw., wonach eine Aufenthaltserlaubnis bei Bestehen eines schutzwürdigen Interesses ausnahmsweise €auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach Antragstellung€ beansprucht werden kann). An der Erteilung einer Genehmigung mit Wirkung vor Antragstellung kann regelmäßig € und so auch hier € kein schutzwürdiges Interesse bestehen, denn dem Antragsteller ist grundsätzlich die Möglichkeit der rechtzeitigen Antragstellung entgegenzuhalten.

Die Klägerin kann sich demgegenüber auch nicht mit Erfolg auf einen Rechtsirrtum hinsichtlich des Übergangs der Bescheinigung berufen, denn ein geschärftes Problembewusstsein in diesem Punkt sowie Bemühungen um die rechtzeitige verbindliche Klärung dieser Frage bei fachkundiger Stelle sind ihr als langjährig zugelassener Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zumutbarer Weise abzuverlangen. Ferner hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass die RETAG zur Vermeidung von Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit der geplanten Verschmelzung auf die Übernahme der fraglichen Mandate, mit deren Abschluss vor Wirksamwerden der Verschmelzung nicht sicher gerechnet werden konnte, von vornherein verzichtet hätte. Ebenso hätten die beteiligten Rechtsträger die Möglichkeit gehabt, die Verschmelzung und ihre Umsetzung zeitlich so zu gestalten, dass das Erlöschen der RETAG vor Erteilung der Bestätigungsvermerke vermieden worden wäre.

Eine rückwirkende Genehmigung kommt somit grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sie ausnahmsweise (ausdrücklich) vorsehen. Das ist im hier interessierenden Zusammenhang jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil ergibt sich aus dem einschlägigen § 57a Abs. 1 WPO, dass eine rückwirkende Ausnahmegenehmigung, die zur nachträglichen Legitimierung einer bei Antragstellung bereits laufenden oder sogar schon beendeten Abschlussprüfung dienen soll, ausgeschlossen ist.

Nach § 57a Abs. 1 Satz 1 WPO müssen sich Berufsangehörige in eigener Praxis und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften einer Qualitätskontrolle unterziehen, wenn sie beabsichtigen, gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen durchzuführen und dafür spätestens bei Annahme des Prüfauftrages eine Bescheinigung oder Ausnahmegenehmigung vorliegen muss (Unterstreichungen vom Gericht). Die hervorgehobenen Gesetzesformulierungen verdeutlichen schon aus sich heraus hinreichend, dass eine nachträgliche bzw. rückwirkende Qualitätskontrolle oder Ausnahmegenehmigung vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Denn wer etwas €beabsichtigt€, tut es nicht bereits oder hat es gar schon getan. Etwas liegt nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt bereits vor, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt erst beantragt wird. Der Heranziehung des klägerseits als nicht ausreichende Rechtsgrundlage für die Ablehnung beanstandeten § 8 Abs. 2 Satz 1 SaQK, der lediglich den dargelegten Aussagegehalt der gesetzlichen Regelung wiederholt und verdeutlicht, bedarf es insoweit gar nicht.

Darüber hinaus wäre eine nachträgliche bzw. rückwirkende Qualitätskontrolle oder diese ersetzende Ausnahmegenehmigung auch mit Sinn und Zweck von § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB, § 57a WPO nicht zu vereinbaren. Danach sollen € wie oben bereits erwähnt € im öffentlichen Interesse gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen grundsätzlich nur von solchen Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften übernommen und durchgeführt werden, die auf Grund des geprüften und bestätigten Umstands, dass sie ein den gesetzlichen und satzungsmäßigen Anforderungen genügendes System der Qualitätssicherung unterhalten, eine erhöhte Gewähr für die gewissenhafte Einhaltung der Berufspflichten bieten. Die somit von der gesetzlichen Regelung erkennbar bezweckte €präventive Qualitätssicherung€ wäre gefährdet, wenn Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die diese formalen Voraussetzungen nicht erfüllen, gleichwohl Aufträge für Abschlussprüfungen zunächst einmal annehmen und die Prüfungen durchführen könnten in der bloßen Hoffnung oder Erwartung, im Nachhinein werde die Bescheinigung bzw. Ausnahmegenehmigung von der Beklagten schon noch erteilt werden. Für die betroffenen Kapitalgesellschaften sowie ggf. den Rechtsverkehr hätte dies zudem € wie oben bereits erörtert € eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge, wodurch der Zweck der gesetzlichen Regelung geradezu in sein Gegenteil verkehrt werden würde.

Die somit gesetzlich normierte Notwendigkeit der Antragstellung rechtzeitig vor Aufnahme einer Tätigkeit als gesetzlicher Abschlussprüfer stellt auch keine unverhältnismäßige Regelung der Berufsausübung dar, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Zumutbarkeit rechtzeitiger Antragstellung einerseits und zu der mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zielsetzung andererseits ergibt. Ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht aus Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt darin folglich nicht.

Dem Klagehauptantrag ist auch nicht teilweise stattzugeben. Unbeschadet der oben erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29. September 1998, a.a.O.) kommt hier insbesondere auch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung mit Wirkung ab Antragstellung, d.h. ab dem 23. Oktober 2008, nicht in Betracht.

Dies gilt zunächst deshalb, weil ein schutzwürdiges Interesse an einer auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkenden Genehmigung nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann nicht anerkannt werden kann, wenn der Behörde eine antragsnahe Bescheidung auf Grund der Verletzung von Mitwirkungspflichten durch den Antragsteller gar nicht möglich war. So war es hier, denn die Klägerin ließ das Schreiben der Beklagten vom 5. November 2008, in dem sie um ergänzende Angaben für die im Rahmen des § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO erforderliche Härtefallprüfung gebeten worden war, längere Zeit unbeantwortet. Sie musste zweimal € am 10. Dezember 2008 und 5. Februar 2009 € erinnert werden, bevor sie mit bei der Beklagten am 17. Februar 2009, d.h. erst knapp vier Monate nach Antragstellung, eingegangenem Schreiben Stellung nahm.

Unabhängig davon ist ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Erteilung einer € ohnehin im Ermessen der Beklagten stehenden € Ausnahmegenehmigung ab dem 23. Oktober 2008 hier aber auch deshalb nicht zu bejahen, weil die Klägerin nicht nachvollziehbar dargetan hat, welcher rechtliche Vorteil ihr daraus erwachsen würde. Auch in einem solchen Fall würde sich nämlich an dem Fehlen der Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB im Zeitraum vom 22. Juli 2008 bis zum 22. Oktober 2008 nichts ändern. Dem berufsrechtlichen Vorwurf, durch die Vornahme von gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen im genannten Zeitraum gegen Berufspflichten verstoßen zu haben, sowie den ggf. daran geknüpften Sanktionen wäre die Klägerin somit unverändert ausgesetzt (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2009 -WiL 7/09-, zitiert nach Juris, wonach die Ausnahmegenehmigung während der gesamten Prüfung vorliegen muss und der Pflichtverstoß des Wirtschaftsprüfers durch die spätere Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht geheilt wird). Auch die Frage der etwaigen Nichtigkeit der von der Klägerin im fraglichen Zeitraum geprüften Jahresabschlüsse würde sich bei Vorliegen einer ab dem 23. Oktober 2008 gültigen Ausnahmegenehmigung ersichtlich in gleicher Weise stellen wie bei deren Fehlen. Hinsichtlich der vor dem 23. Oktober 2008 bereits vollständig durchgeführten und beendeten Abschlussprüfungen für die Confiserie Heilemann GmbH und die Confiserie Carl Jaedicke GmbH gilt dies ohnehin. Aber auch betreffend die Abschlussprüfung für die Holz Braun GmbH & Co. KG, die mit der Erteilung des Bestätigungsvermerks am 24. November 2008 (vgl. Blatt 233 der Streitakte) und damit erst nach dem 23. Oktober 2008 beendet wurde, dürfte nichts anderes gelten. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass sich die Formulierung €geprüft worden ist€ in § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG allein auf die Erteilung des Bestätigungsvermerks (§ 322 HGB) bezieht, so dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 HGB zu diesem Zeitpunkt genügen würde. Was zur Prüfung des Jahresabschlusses im Sinne des § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG gehört, bestimmt sich vielmehr nach § 317 HGB. Der Bestätigungsvermerk stellt dagegen nach § 322 Abs. 1 HGB lediglich die Zusammenfassung des Ergebnisses der zuvor durchgeführten Prüfung dar. Bereits während der Prüfung als solcher, die im Falle der Holz Braun GmbH & Co. KG von der Klägerin offenbar ebenfalls ganz oder teilweise vor dem 23. Oktober 2008 vorgenommen wurde, müssen jedoch die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 HGB erfüllt sein. Schließlich bliebe die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ab dem 23. Oktober 2008 auch ohne Einfluss auf die von der Beklagten aufgeworfene € hier nicht näher zu erörternde € Frage, ob die Klägerin überhaupt als im Sinne des § 318 Abs. 1 HGB von den geprüften Gesellschaften wirksam bestellte Abschlussprüferin anzusehen ist oder aber hier der in § 318 Abs. 4 HGB geregelte Wegfall der gewählten Abschlussprüferin anzunehmen ist. Da eine Bestellung der Klägerin nach dem Wirksamwerden der Verschmelzung unstreitig nicht mehr stattgefunden hat, kann es insoweit nur auf die rechtliche Situation am Stichtag des 22. Juli 2008 ankommen, auf die sich eine ab dem 23. Oktober 2008 erteilte Ausnahmegenehmigung jedoch nicht mehr auswirken würde.

Die Klage hat schließlich auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg.

Es bedarf hier keiner näheren Erörterung, ob für einen Feststellungsantrag dieses Inhalts prinzipiell der Weg zu den Verwaltungs- oder aber zu den Zivilgerichten eröffnet ist, denn es handelt sich dabei vorliegend jedenfalls um einen uneigentlichen Hilfsantrag, der hinsichtlich des Rechtswegs das Schicksal des Hauptantrags teilt (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1980, NJW 1981, 675; BAG, Beschluss vom 17. Januar 2001, NJW 2001, 1374 jeweils m.w.Nachw.).

Ebenso kann das Vorliegen der Voraussetzungen eines zulässigen Feststellungsantrags nach § 43 VwGO hier unerörtert bleiben, denn der Hilfsantrag ist jedenfalls unbegründet, wie sich aus den obigen Ausführungen zu der Frage des € hier zu verneinenden € €Übergangs€ der Bescheinigung auf die Klägerin ergibt.

Ein Grund im Sinne des § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO, die Berufung zuzulassen, ist nicht ersichtlich.






VG Berlin:
Urteil v. 17.03.2011
Az: 16 K 259.09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/08da4d580154/VG-Berlin_Urteil_vom_17-Maerz-2011_Az_16-K-25909




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