Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Oktober 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 135/05
(BPatG: Beschluss v. 10.10.2007, Az.: 26 W (pat) 135/05)
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Kostenantrag der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Antragstellerin hat am 11. August 2004 die Löschung der am 27. Juni 2000 für die Waren und Dienstleistungen
"Transportable Bauten, aus Metall; metallische Baumaterialien und Rohre für Bauzwecke; Bodenbeläge aus Metall; Stütz- und Tragkonstruktionen für Bauten aus Markisen aus Metall; metallische Türen und Fenster, einschließlich Tür- und Fensterrahmen, soweit in Klasse 6 enthalten; Schlosser- und Kleineisenwaren; Abstellanlagen für Fahrräder und Mülltonnen aus Metall; Rollläden und Jalousien aus Metall; Markisenkonstruktionen aus Metall; Dusch- und Badekabinen, aus Metall; nichtelektrische Leitungen und Kabel aus Metall; Zäune, Trennwände und Schachtauskleidungen aus Metall; Metalltreppen; Tür- und Fensterbeschläge aus Metall; transportable Bauten, nicht aus Metall; nichtmetallische Baumaterialien und Rohre für Bauzwecke; Pflastersteine, Asphalt und sonstige in Klasse 19 enthaltene Bodenbeläge für Bauzwecke; nichtmetallische Stütz- und Tragkonstruktionen für Bauten und Markisen; Findlinge (Steine); Sand, ausgenommen Formsand; Erde; nichtmetallische Türen und Fenster, einschließlich Rahmen und Füllungen, soweit in Klasse 19 enthalten; Fensterglas; Tür- und Fensterbeschläge, nicht aus Metall; Kanthölzer und Eisenbahnschwellen aus Holz, insbesondere den Garten- und Landschaftsbau; Dusch- und Badekabinen, nicht aus Metall; Trennwände, Zäune und Schachtauskleidungen, nicht aus Metall; vorstehende Waren auch zur Einrichtung von feststehenden Bauten, überwiegend nicht aus Metall, insbesondere Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Rahmen des Baus schlüsselfertiger Immobilien;
Organisationsberatung, Büroarbeiten und Geschäftsführung, insbesondere im Rahmen der Bildung von Arbeitsgemeinschaften (ARGE) im Bauwesen; betriebswirtschaftliche Beratung; Verkaufsförderung, einschließlich der Unterhaltung von Musterbauten und Wohnungen für Verkaufszwecke; Herausgabe von Werbetexten; Personalanwerbung und -vermittlung; Versicherungs- und Finananzierungsberatung; Finanzanalysen; Schätzung von Immobilien; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers und Verwaltung von Immobilien;
Investmentgeschäfte und Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds, insbesondere in Immobilienfonds; Einziehen von Miet- und Pachterträgen; Erstellen von Steuergutachten, insbesondere in Bezug auf Steuersparmöglichkeiten im Zusammenhang mit Baufinanzierung; Übernahme der Aufsicht über Bau-, Reparatur- und Installationsarbeiten; Auskünfte in Bauangelegenheiten; Bauwesen, nämlich Durchführung von Probebohrungen für geologische Gutachten, Reparatur-, Maurer-, Dachdecker-, Maler-, Tapezier- und Klempnerarbeiten, Verlegen von Bodenbelägen im Innen- und Außenbereich; Abdichtung von Häusern gegen eine eindringende Feuchtigkeit; Abbrucharbeiten, Erstellen von Rohbauten und schlüsselfertigen Häusern und Nutzbauten, Verlegen und Instandhalten von Leitungen, Rohren und Kanälen im Erdreich; Ausschachtungen und sonstige Erdbewegungen, Innenausbau, Installation von Elektro- und Sanitäranlagen, Installation von Springbrunnen und sonstigen Wasserspielen; Straßenbau; Pflege und Instandsetzen von Möbeln und Kunstgewerbe, einschließlich der Restauration von Antiquitäten; Gebäudereinigung; Auskünfte in Bauangelegenheiten; Vermietung von Baumaschinen; Dienstleistung eines Architekten, einschließlich Städteplanung und der Dienstleistung eines Landschaftsarchitekten oder eines Innenarchitekten; in Klasse 42 enthaltene gewerbsmäßige Beratung, insbesondere auf dem Gebiet des Bauens und der Architektur; Erstellung von Gutachten in Verbindung mit Architekturwesen, mit Bauwesen und Erstellung von geologischen Gutachten; Planung, Anlage und Pflege von Gärten, Grünanlagen und Parks; Planung, Anlage und Pflege von Wasserspielen, Teichen und sonstigen künstlichen Gewässern; Landvermessung; Konstruktionsplanung; Dienstleistungen eines Möbel-, Produkt- und Industriedesigners"
eingetragenen Marke 300 12 126 gemäß § 50 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beantragt. Die Markeninhaberin, der der Löschungsantrag am 7. September 2004 zugestellt worden ist, hat der Löschung am 29. September 2004 widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "AREAL" für alle oder für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen worden ist, beschreibend sei, denn die angegriffene Marke sei in ihrer für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Gesamtgestaltung weder als beschreibende Angabe freihaltungsbedürftig noch fehle ihr insgesamt jegliche Unterscheidungskraft. Die in der Marke enthaltene Grafik dominiere diese der Größe nach und sei als schutzbegründend zu bewerten. Auch wenn sie den Buchstaben "A" andeuten sollte, sei sie hinreichend charakteristisch und erschöpfe sich nicht in einer bloßen Verzierung oder einfachen Werbegrafik.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie ist weiterhin der Ansicht, die angegriffene Marke habe nicht eingetragen werden dürfen. Das in ihr enthaltene Wort "AREAL" weise jedenfalls für einen Teil der maßgeblichen Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Bedeutung auf und sei deshalb freihaltungsbedürftig sei. Angesichts seines beschreibenden Begriffsgehalts fehle ihm auch jegliche Unterscheidungskraft. Der in der Marke enthaltene Bildbestandteil könne deren Schutzfähigkeit ebenfalls nicht begründen, weil er sich in einer stilisierten Darstellung des Buchstabens "A" erschöpfe, wie sie im Verkehr bereits anzutreffen sei. Dem Bildbestandteil fehle damit die erforderliche Eigenart und Prägnanz. Je mehr ein innerhalb einer Marke enthaltenes Wort einen beschreibenden Begriff verkörpere, desto höher müsse der Grad an grafischer Eigenart sein, damit der Verkehr in der Kombination ein betriebliches Unterscheidungsmittel sehe. Außerdem tendiere der Verkehr bei Wort-Bild-Marken dazu, dem Wortbestandteil mehr Beachtung zu schenken als dem Bildbestandteil.
Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Sie ist der Ansicht, schon der Wortbestandteil "AREAL" der angegriffenen Marke sei für die Waren und Dienstleistungen der Eintragung nicht glatt beschreibend und deshalb schutzfähig. Jedenfalls werde aber die Gesamtmarke nicht zur beschreibenden Verwendung benötigt und es fehle ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft, weil ihr Gesamteindruck maßgeblich durch das in ihr enthaltene grafische Element geprägt werde, das auf Grund seiner Größe und seiner ornamentalen Gestaltung eine eigenständige bildhafte Wirkung entfalte, die den Verkehr erkennen lasse, dass es sich bei der angegriffenen Marke nicht nur um die beschreibende Verwendung einer Sachangabe handele. Die Gestaltung der angegriffenen Marke sei mindestens ebenso eigenartig und prägnant wie bei anderen vom Bundespatentgericht für schutzfähig erachteten Wort-Bild-Marken.
II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin erweist sich als unbegründet. Die Markenabteilung hat den gemäß §§ 50 Abs. 2 S. 2, 54 Abs. 1 MarkenG zulässigen Löschungsantrag zu Recht zurückgewiesen, weil der Eintragung der angegriffenen Marke zum maßgeblichen Eintragungszeitpunkt keines der von der Antragstellerin behaupteten Schutzhindernisse entgegenstand.
Die angegriffene Marke besteht nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist die angemeldete Marke als Ganzes (EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 96 - Postkantoor; GRUR 2004, 943, 944, Nr. 28 - SAT.2). Deshalb ist die Schutzunfähigkeit eines einzelnen Markenbestandteils nicht geeignet, die Schutzversagung für eine aus mehreren Einzelbestandteilen bestehende, kombinierte Marke zu begründen.
Hiervon ausgehend stand der Eintragung der angegriffenen Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch dann nicht entgegen, wenn zu Gunsten der Antragstellerin von der Schutzunfähigkeit des in der Marke enthaltenen Wortes "AREAL" für die Waren und Dienstleistungen für sämtliche in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausgegangen wird, weil jedenfalls der in der Marke weiterhin enthaltene und diese größenmäßig dominierende Bildbestandteil nicht zur Bezeichnung von Merkmalen der maßgeblichen Waren und Dienstleistungen geeignet ist. Dieser Bildbestandteil, der aus einem in seiner Grundlinie nicht geschlossenen weißen Dreieck vor dem Hintergrund eines schwarzen Quadrats besteht, mag zwar von einem Teil der mit der Marke konfrontierten inländischen Durchschnittsverbraucher wegen des darunter stehenden Wortes "AREAL" als eine stilisierte Darstellung von dessen Anfangsbuchstaben "A" verstanden werden. Jedoch ist, soweit feststellbar, weder der Buchstabe "A" als solcher noch - erst recht - eine stark vereinfachte und stilisierte Darstellung dieses Buchstabens geeignet, irgendeine Eigenschaft der Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen, für die die Eintragung der Marke seinerzeit erfolgt ist. Die angemeldete Marke besteht somit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht "ausschließlich" aus zur Beschreibung der fraglichen Waren und Dienstleistungen geeigneten und deshalb für die Allgemeinheit freizuhaltenden Angaben und Zeichen.
Der angegriffenen Marke fehlte zum Zeitpunkt ihrer Eintragung auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt ist, als von einem bestimmten Unternehmen kommend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2002, 804 ff., Rdn. 35 - Philips). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den Verbrauchern dieser Waren oder den Empfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen. Auch insoweit gilt, dass Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren die angemeldete Marke als Ganzes ist (EuGH a. a. O. - Postkantoor; EuGH a. a. O. - Sat.2).
Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke dahingestellt bleiben, ob deren Wortbestandteil "AREAL" die erforderliche betriebliche Unterscheidungskraft für alle oder einen Teil der Waren und Dienstleistung aufweist, für die die Eintragung der Marke erfolgt ist; denn jedenfalls der Bildbestandteil der angegriffenen Marke weist diese Fähigkeit auf. Er weist einen hinreichend eigenständigen bildlichen Charakter auf, der genügend weit von üblichen Darstellungen des Buchstabens "A" in gängigen Schriftarten oder in der Werbung abweicht. Auf Grund der Tatsache, dass gegenüber üblichen Wiedergabeformen des Großbuchstabens "A" der jeweilige untere Teil der auf- bzw. absteigenden Linien sowie ein Teil des diese Linien verbindenden waagerechten Strichs fehlt, stellt sich der Bildbestandteil der Marke für den maßgeblichen, normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher zunächst als ein Phantasiegebilde dar. Aber selbst dann, wenn der Durchschnittsverbraucher auf Grund des Markenbestandteils "AREAL" in dem Bildbestandteil der Marke eine stark vereinfachte Darstellung des Großbuchstabens "A" sehen sollte, ist angesichts dessen starker Verfremdung nicht zu erwarten, dass er hierin nur einen die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sachhinweis (welchen€) oder nur ein bedeutungsloses Gestaltungselement sehen wird.
Die von der Antragstellerin zum Nachweis der fehlenden Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke angeführten Drittmarken, die mit dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke mehr oder weniger ähnliche Bildelemente enthalten, sprechen eher für als gegen die Unterscheidungskraft des in der angegriffenen Marke enthaltenen Bildbestandteils, weil die Gewöhnung des Verkehrs an ähnliche Marken(-bestandteile) für diesen bei einer Begegnung mit weiteren ähnlichen Markenelementen eher ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises denn als bloße Sachangabe nahelegt.
Die von der Antragstellerin weiterhin thematisierte Frage, welchem Bestandteil der Verkehr innerhalb einer kombinierten Wort-Bild-Marke mehr Beachtung schenkt, ist eine Frage der Prägung bzw. der selbständig kennzeichnenden Stellung einzelner Markenteile, die zwar für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr solcher Marken in Widerspruchs- bzw. Verletzungsverfahren von Bedeutung, für die Frage der Eintragungsfähigkeit einer kombinierten Marke jedoch rechtlich unerheblich ist.
Sonstige Schutzhindernisse sind weder ersichtlich noch geltend gemacht worden, so dass der Beschwerde der Antragstellerin der Erfolg versagt bleiben muss.
Auch der Antrag der Markeninhaberin, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, kann keinen Erfolg haben.
Für ein Abweichen von dem in § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG normierten Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, bedarf es stets besonderer Umstände, die regelmäßig nur dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 71 Rdn. 11 m. w. N.).
Ein derartiges sorgfaltswidriges Verhalten vermag der Senat auf Seiten der Antragstellerin noch nicht zu erkennen, weil diese mit ihrem Löschungsantrag nicht nur die Frage der Schutzfähigkeit des Wortbestandteils der angegriffenen Marke, sondern auch die Schutzfähigkeit des in ihr enthaltenen Bildbestandteils mit zumindest erörterungsfähigen und -bedürftigen Argumenten zur Überprüfung gestellt hat. Auch wenn ihr Löschungsantrag im Ergebnis erfolglos geblieben ist, durfte die Antragstellerin angesichts eines gewissen Sachbezugs des Wortes "AREAL" zu einem Teil der hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen und einer - wenngleich entfernten - Anlehnung des in der Marke enthaltenen Bildelements an den Großbuchstaben "A" die Frage der Löschungsreife der angegriffenen Marke auch noch einer Überprüfung im Beschwerdeverfahren zuführen.
Reker Kopacek Kortbein Pr
BPatG:
Beschluss v. 10.10.2007
Az: 26 W (pat) 135/05
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