Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 90/99

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2001, Az.: 26 W (pat) 90/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren

"Tabak, Tabakerzeugnisse, insbesondere Cigaretten; Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer"

angemeldete Wortmarkeorangewegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem zur Eintragung als Marke angemeldeten Wort handele es sich um eine auch in Deutschland weithin bekannte englischsprachige Farbangabe, die zum einen als Hinweis auf die Gestaltung von Warenverpackungen in Betracht komme und zum anderen unmittelbar die Beschaffenheit der beanspruchten Waren beschreibe. Insbesondere Virginiatabake könnte eine Orangefärbung aufweisen. Außerdem finde Orangenöl als Aromatikum für Zigaretten Verwendung. Es liege für den Verkehr deshalb nahe, in dem Markenwort nur eine beschreibende Angabe zu sehen. Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen von Farbbezeichnungen als Marke berufe, sei keine Vergleichbarkeit gegeben, weil sich die eingetragenen Marken von der hier beanspruchten dadurch unterschieden, daß sie neben der Farbbezeichnung noch weitere Bestandteile enthielten.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, der Verkehr werde die angemeldete Farbbezeichnung bei markenmäßiger Verwendung als solche und nicht nur als Angabe über die Farbe der Ware oder der Verpackung verstehen. Es sei auf dem Gebiet der Tabakerzeugnisse und Raucherartikel nicht üblich, auf die farbliche Gestaltung der Ware oder ihrer Verpackung besonders hinzuweisen, da es sich um Massenartikel handele. Ein Hinweis auf die Verpackungsfarbe sei auch überflüssig, weil diese für den Verkehr keine wesentliche Eigenschaft der Ware sei. Die Farbe der Verpackung sei für den Käufer zudem offensichtlich. Soweit die Markenstelle sich zur Stützung ihrer Rechtsauffassung bezüglich Tabaken darauf bezogen habe, daß es unter diesen auch farbige gebe, habe sie unberücksichtigt gelassen, daß keine Farbmarke, sondern eine Wortmarke angemeldet sei. Die Zurückweisung einer Marke könnten nur solche Umstände begründen, die sich auf die Marke in ihrer konkret angemeldeten Form bezögen. Ein Indiz für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke sei auch die Voreintragungen des Amtes von Marken, die Farbbezeichnungen enthielten.

Die Anmelderin hat das Warenverzeichnis der Anmeldung beschränkt auf

"Zigaretten; Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer"

und beantragt, den Beschluß der Markenstelle 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 1998 aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren nicht entgegen.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich für diese Waren nicht um eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Nach der genannten Bestimmung sind zwar auch solche Angaben vom Markenschutz ausgeschlossen, die noch nicht als beschreibende Angabe verwendet werden, sofern sie gegenwärtig für eine solche Verwendung geeignet erscheinen (EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee). Die Zurückweisung einer angemeldeten Wortmarke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt jedoch voraus, daß es sich bei dieser um eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage handelt, die auf eine bestimmte für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS). Voraussetzung für eine Schutzverweigerung ist ferner, daß der beschreibende Inhalt der als Wortmarke beanspruchten Bezeichnung eindeutig ist (BGH MarkenR 1999, 400 f. - FÜNFER).

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, daß die angemeldete Marke für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren zur Bezeichnung von deren Eigenschaften iSd § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann.

Die von der Markenstelle für die Zurückweisung der angemeldeten Marke u.a. angeführte Begründung, die Farbe "orange" spiele bei den Verpackungen der beanspruchten Waren eine bedeutende Rolle, vermag die getroffene Entscheidung schon deshalb nicht zu tragen, weil nach der oa Bestimmung des Markengesetzes nur solche Wörter von der Eintragung ausgeschlossen sind, die zur Bezeichnung von Eigenschaften der Ware selbst dienen können.

Die für Tabakerzeugnisse vom Senat feststellbaren Bezeichnungen "orange blossom" und "orange oil" sind Gesamtbegriffe, die nur in den jeweiligen Wortverbindungen ihren besonderen Begriffsinhalt aufweisen und deshalb für sich allein betrachtet nicht geeignet sind, ein Freihaltungsbedürfnis an der Bezeichnung "orange" in Alleinstellung zu begründen. Allerdings ergibt sich aus der Tatsache, daß Orangenblüten und Orangenöle zur Aromatisierung von Tabaken verwendet werden (vgl. Voges/Wöber, Tobacco Encyclopedia 1984 S. 224), in Verbindung mit dem von der Markenstelle erbrachten Nachweis des Angebots von Pfeifentabaken mit Aromazusätzen, daß bei einer Verwendung der Bezeichnung "orange" für diese Ware ein Verständnis als Geschmacksangabe deutlich im Vordergrund steht, so daß eine Eintragung für Pfeifentabake nicht in Betracht käme. Auf die Eintragung der angemeldeten Marke für diese Ware hat die Anmelderin mit der Einschränkung des Warenverzeichnisses verzichtet. Für die von den Tabakerzeugnissen allein noch im Warenverzeichnis verbliebenen "Zigaretten" ist hingegen eine aktuelle Verwendung von Orangenölen oder Orangenblüten zur Aromatisierung nicht feststellbar, so daß von einem auf gegenwärtiger Benutzung beruhenden Freihaltungsbedürfnis für diese Ware nicht ausgegangen werden kann. Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine zukünftige Einführung von mit Orangenaromen angereicherten Zigaretten hindeuten könnten, hat der Senat nicht feststellen können, so daß es an den für die Feststellung eines zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses erforderlichen konkreten Tatsachen fehlt.

Zigaretten weisen auch durchweg keine Orangefärbung auf, so daß auch von dieser Seite her kein Bedürfnis bestehen kann, die angemeldete Marke zur Bezeichnung der Beschaffenheit von Zigaretten zu verwenden.

Für die weiteren beanspruchten Waren "Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" ist die Eignung der angemeldeten Bezeichnung "orange" als hinreichend konkrete warenbeschreibende Sachangabe dadurch ausgeschlossen, daß sie für den Verkehr ohne Beifügung klarstellender zusätzlicher Angaben nicht eindeutig erkennen läßt, ob der Kopf oder das Holz der Streichhölzer orangefarbig ist bzw. welche Bestandteile der angebotenen Raucherartikel eine Orangefärbung aufweisen. Für Streichhölzer gilt zudem, daß deren Farbe regelmäßig keine für den Kaufentschluß wesentliche Eigenschaft der Ware darstellt.

Der angemeldeten Bezeichnung fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. die Begründung zum Entwurf des Markenrechtsreformgesetzes, BlPMZ 1994 Sonderheft S. 64). Kann einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH MarkenR 1999, 195, 197 - PREMIERE II).

Die angemeldete Wortmarke "orange" weist, wie zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorstehend dargelegt wurde, in Bezug auf die von der Anmelderin nach Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren in Alleinstellung, dh ohne den Zusatz weiterer klarstellender Begriffe, keinen konkret beschreibenden Begriffsinhalt auf. Darüber hinaus fehlen auch sonstige tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß das Wort "orange" bei einer markenmäßigen Verwendung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden könnte. Eine Verwendung in der Werbung oder durch Mitbewerber der Anmelderin hat für die beanspruchten Waren weder die Markenstelle festgestellt noch der Senat ermitteln können. In Ermangelung konkreter Tatsachen, die den Verkehr daran gewöhnt haben könnten, die in Alleinstellung nicht eindeutig warenbeschreibende Bezeichnung "orange" auch bei einer Verwendung nach Art einer Marke nur noch als bloße Sachangabe oder Warenanpreisung ohne Betriebs- bzw. Produktidentifizierungscharakter zu verstehen, kommt eine Zurückweisung der angemeldeten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft auf der Grundlage der vom BGH (aaO) aufgestellten Rechtsgrundsätze nicht in Betracht.

Umstände, die eine Zurückweisung der angemeldeten Marke wegen weiterer Schutzhindernisse iSd § 8 MarkenG rechtfertigen könnten, liegen ersichtlich nicht vor.

Schülke Kraft Rekerprö






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2001
Az: 26 W (pat) 90/99


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